Fakten - Grüne Partei der Schweiz
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Fakten - Grüne Partei der Schweiz
Fakten Möbel, Bücher, Türen, Fenster – Holz ist Teil unseres Alltags. Mit der Revision des Umweltschutzgesetzes soll der Import von illegalem Holz verhindert werden. Warum ist das wichtig und weshalb ist die Schweiz alles andere als ein Vorreiter? Dank des Schweizer Waldgesetzes wird hierzulande viel Wert auf eine nachhaltige Forstwirtschaft gelegt. Es darf nur so viel Holz aus dem Wald genommen werden wie nachwächst. Schliesslich sind unsere Wälder ein wichtiger Rückzugsort und Heimat von Tieren und Pflanzen. Ein wesentlicher Anteil unserer Holzprodukte stammt jedoch aus dem Ausland. Im Gebäudebereich wurden im Jahr 2009 acht Mal so viele Holzprodukte importiert wie exportiert. Bei Schlafzimmermöbeln wurden drei Mal, bei Parkett fünf Mal und bei Sitzmöbeln gar zehn Mal so viel importiert wie exportiert.1 Unser ökologischer Fussabdruck für Holzprodukte erstreckt sich daher auch auf andere Länder.2 Die EU Holzhandelsverordnung verbietet den Import von Holzprodukten aus illegalem Einschlag. Der Bundesrat ist bereit, in der Schweiz eine vergleichbare Verordnung zu erlassen. Dafür fehlt jedoch die Gesetzesgrundlage. Im Umweltschutzgesetz bedarf es daher neuer Artikel zum Inverkehrbringen von Rohstoffen und Produkten (Art. 35f), zur Sorgfaltspflicht (Art. 35g) und zur Rückverfolgbarkeit (Art. 35h).5 Teilweise erhaltener Regenwald in Kbal Spean, Siem Reap Province, Kambodscha Geht man in Schweizer Möbel-Discountern einkaufen, entdeckt man zahlreiche Hölzer aus China, Russland, Osteuropa und aus tropischen Ländern wie Vietnam und Malaysia ohne Umwelt-Labels. Bei ihnen ist eine nachhaltige Forstwirtschaft alles andere als gesichert. Bislang besteht in der Schweiz kein Verbot für den Import von Möbeln und anderen Holzprodukten aus illegalem Einschlag.3 Ganz anders ist es in unseren Nachbarländern. Dort ist seit März 2013 die EU-Holzhandelsverordnung in Kraft.4 Diese neuen Artikel sind Teil des indirekten Gegenvorschlags zur Volksinitiative für eine Grüne Wirtschaft. Sie sind allgemein formuliert. So können sie auch für andere Rohstoffe und Produkte angewendet werden, welche die Umwelt erheblich belasten. Beispiele dafür sind Palmöl aus Plantagen, die Regenwälder zerstören, und Torf aus Hochmooren.6 Zur Umsetzung des Importverbots müssen Unternehmen Sorgfaltspflichten erfüllen: 1. Informationen zu Holzart, Herkunft, Lieferant und anderen Aspekten bereitstellen; 2. eine Risikoanalyse in ihren Wertschöpfungsketten durchführen; 3. Massnahmen zur Risikominderung treffen. So wird es derzeit in den EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt. Nationale Behörden kontrollieren nicht jeden einzelnen Import. Vielmehr führen sie Stichproben durch. Unternehmen müssen nachweisen, dass sie ihren Sorgfaltspflichten nachkommen.7 www.gruenewirtschaft.ch Die Schweiz ist weder Vorreiter noch begibt sie sich auf einen Alleingang. Seit 2010 gilt in der Schweiz lediglich eine Deklarationspflicht für Holzart und Herkunftsland.8 Allerdings findet man diese Angaben nicht bei allen Produkten auf dem Markt. Ausserdem sagen sie nichts darüber aus, ob das Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt. Greenpeace wies in einem Fallbeispiel auf die Regulierungslücke Schweiz hin. Im Mai 2013 stellte Greenpeace im Hafen von Antwerpen den Import illegalen Holzes aus der Demokratischen Republik Kongo fest. Der Handel wurde organisiert von der Firma Bois d’Afrique Mondiale mit Sitz in Luzern. Greenpeace informierte das Schweizer Staatssekretariat Seco über den Fall. Dieses gab an, nicht handeln zu können, da die Schweiz sich bislang nicht an der EU-Holzhandelsverordnung beteiligt.9 Der Unterschied zur EU-Regelung ist ungünstig für die Schweizer Holzwirtschaft. Auch Schweizer Exporteure müssen ihren Handelspartnern nachweisen können, dass ihr Holz nicht illegal ist. Zwar gilt Holz aus Schweizer Wäldern als unbedenklich.10 Jedoch wird auch Holz aus der EU importiert und dann wieder in die EU exportiert. Eine analoge Regelung in der Schweiz zur EU-Holzhandelsverordnung würde technische Handelshemmnisse vermeiden.11 Eine Studie des WWF Schweiz aus dem Jahr 2005 schätzte den Anteil illegalen Holzes an allen Importen auf 6-8%.12 Aktuellere Schätzungen existieren nicht. Einige Schweizer Unternehmen stellen freiwillig auf Holz mit FSC-Label um. 13 Beispiele sind Migros (Anteil FSC und Recycling ca. 82%), Coop (Anteil FSC bei 70%) und auch kleinere Schreinereien wie die FSC-zertifizierte Amarena AG bei Bern.14 Der Forest Stewardship Council (FSC) gibt globale Prinzipien für eine umwelt- und sozialverträgliche Waldbewirtschaftung vor, die dann in nationale Standards übersetzt werden. Ferner erlangen holzverarbeitende Betriebe ein Produktkettenzertifikat, das sicherstellt, dass FSC-zertifiziertes Material identifizierbar bleibt. So ist FSC-zertifiziertes Holz ein Weg für Unternehmen, um ihren Sorgfaltspflichten nachzukommen, indem die Rückverfolgbarkeit gewährleistet ist. Gleichzeitig ist das FSC-gelabelte Produkt für Konsumentinnen und Konsumenten eine wichtige Unterstützung beim Kaufentscheid. Allerdings führen längst nicht alle Unternehmen ausschliesslich FSC-zertifizierte Holzprodukte. Insbesondere bei Unternehmen, die durch tiefe Preise nach Wettbewerbsvorteilen streben, ist FSC noch rar. Bei den Lipo Einrichtungsmärkten finden sich beispielsweise nicht-FSC-zertifizierte Möbel aus Indien, Vietnam, China, Ukraine und Malaysia.15 Das Möbelhaus JYSK verkauft Möbel ohne FSC-Label aus China, Russland, Indien und Vietnam.16 Das bedeutet nicht automatisch, dass ihre Möbel aus illegalem Einschlag stammen. Für die Konsumenten ist es jedoch nicht ersichtlich. Rubberwood aus Malaysia ohne FSC-Label. Verkauft in Schweizer Möbelhaus. Schweiz. Die EU-Holzhandelsverordnung nützt bereits Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz. Ein Grossteil der Holzprodukte gelangt über Deutschland, Österreich und andere EU-Länder in die Schweiz. Die Händlerinnen und Händler dort müssen die Vorgaben der EU-Holzhandelsverordnung berücksichtigen. Das senkt die Wahrscheinlichkeit, dass illegales Holz auf den Schweizer Markt gelangt. Dies ist jedoch kein Grund dafür, mit den Schweizer Standards hinterherzuhinken. Es kommt auch auf die Umsetzung der EU-Holzhandelsverordnung an. WWF Deutschland hat im Mai 2014 eine Stichprobe durchgeführt. Fazit war „dass der Ausschluss von illegalem Holz und die vermehrte Nutzung von zertifizierten Produkten aus verantwortungsvoller Waldbewirtschaftung (WWF-Empfehlung: FSC) noch lange nicht selbstverständlich sind“. Dabei stufte der WWF 8 von 13 gekauften Produkten als besonders kritisch ein. Bei einigen wurden Falschdeklarationen der Holzart festgestellt. Ein Beispiel dafür war ein Beistelltisch des dänischen Bettenlagers JYSK.17 Ebenfalls im Mai 2014 hat die Sendung „Markt“ des Westdeutschen Fernsehens eine Stichprobe durchgeführt und Probleme bei der Umsetzung der Holzhandelsverordnung aufgezeigt.18 Solche Tests zur Identifizierung der Holzart- und Herkunft werden beispielsweise durch das Thünen-Insitut durchgeführt, welches Holzproben aus aller Welt lagert. 19 www.gruenewirtschaft.ch Die weltweite Abholzung verursacht etwa 17 Prozent des globalen CO2-Austosses. Das entspricht rund 1.5 Mal den CO2-Emissionen von Luftfahrt, Strassenverkehr, Schienenverkehr und Schifffahrt zusammen.20 Der internationale Waldschutz ist demnach eine globale Angelegenheit. Auch zum Erhalt der Biodiversität und zum Schutz indigener Völker gilt es gegen die zunehmende Abholzung vorzugehen. liege der Anteil gar zwischen 50-90%. Massnahmen für nachhaltigen Holzhandel wie die EU-Holzhandelsverordnung und FSC seien daher notwendig. Um den illegalen Holzhandel einzudämmen bedürfe es jedoch auch zusätzlicher Massnahmen gegen Korruption und Geldwäsche. Der Bericht beschreibt 30 Methoden des illegalen Holzhandels. Darunter fallen die Fälschung von Abholzungs-Erlaubnissen und die Bestechung, um solche zu erlangen. Unternehmen roden des Weiteren ausserhalb ihrer eigentlichen Konzessionen und vermischen illegales Holz mit regulären Plantagenerzeugnissen.25 Der Konsum innerhalb der 28 EU-Mitgliedsländer ist für etwa 10% der weltweiten Abholzung verantwortlich. Das zeigt eine Studie im Auftrag der EU aus dem Jahr 2013. Dabei sind nicht nur der Holzverbrauch, sondern auch Landnutzungsänderungen für Getreideproduktion und Viehzucht relevant.21 Laut einer Weltbank-Studie und dem Chatham House wird alle zwei Sekunden ein Waldstück in der Grösse eines Fussballfelds illegal abgeholzt. Der weltweite Umsatz illegaler Holzhändler wird auf 10-15 Milliarden Dollar pro Jahr geschätzt.22 Oft reichen die Netzwerke des organisierten Verbrechens bis in die höchsten Ränge von Politik und Militär. Grenzüberschreitende Unternehmen und Finanzinstitutionen sind darin verwickelt. Global Witness hat dies im Jahr 2013 am Beispiel der Gummi-Plantagen in Kambodscha und Laos aufgezeigt und die finanzielle Beteiligung der Credit Suisse kritisiert.23 Lukas Straumann, der Geschäftsführer des Bruno Manser Fonds, beschreibt in seinem 2014 erschienen Buch „Raubzug auf den Regenwald“ die Geschäfte des Holzmafia in der Region Sarawak, Malaysia.24 Eine Studie von Unep und Interpol aus dem Jahr 2012 schätzt, dass weltweit etwa 15-30% des Holzes aus illegalem Einschlag stammen. In tropischen Ländern Ehemaliger Urwald in Rattanakiri, Kambodscha, wo nun Kautschuk- und Cashew-Plantagen entstehen (März 2014). Die EU-Holzhandelsverordnung ist ein Baustein in einem breiteren Massnahmenkatalog. In der EU selbst ist sie Teil des Aktionsplans EU Forest Law Enforcement, Governance and Trade (EU-FLEGT). Andere internationale Ansätze sind strafrechtliche Vorgehensweisen in den betroffenen Ländern sowie Finanzierungen im Rahmen der Klimaabkommen (REDD+). Anzumerken ist, dass die USA und Australien analoge Gesetzgebungen in Kraft haben. Seit 2008 ist der Lacey Act in Kraft, der die Einfuhr von Holz und Papier (forest products) aus illegalen Quellen verbietet.26 In Australien ist seit 2012 die Illegal Logging Prohibition Bill gültig. Auch sie verbietet die Einfuhr aus illegalem Holz.27 www.gruenewirtschaft.ch 1 BAFU (2012) Holzendverbrauch Schweiz. S. 46 ff und S. 66 ff. Link. Gemäss Global Footprint Network benötigte die Schweiz im Jahr 2008 pro Person 0.55 globale Hektare (gha) Waldfläche für Holzprodukte und 3.26 gha Waldfläche für die theoretische Speicherung von CO2-Emissionen. Ersteres macht rund 11%, letzteres rund 65% unseres ökologischen Fussabdrucks aus. Die Biokapazität des Schweizer Walds beträgt 0.73gh pro Person. Link. 3 Bundesrat (2014) Botschaft zur Volksinitiative für eine Grüne Wirtschaft, S. 45. Link. 4 Bundesrat (2014) Botschaft zur Volksinitiative für eine Grüne Wirtschaft, S. 45. Link. 5 Bundesrat (2014) Revision des Umweltschutzgesetzes, Art. 35f-h. Link. 6 Ecoplan (2014) Grüne Wirtschaft: Wirkungs- und Kostenabschätzung der Massnahmen zu Konsum und Produktion. Link. 7 EU Kommission, Website zur EU-Holzhandelsverordnung. Link. 8 Eidg. Büro für Konsumentenfragen, Website, Link. 9 Greenpeace, Asti Roesle (9.7.2013) Wie illegales Holz aus dem Kongobecken nach Europa gelangt. Link. 10 BAFU (22.5.2014) Europäische Holzhandelsverordnung. Link. 11 M. Pfannkuch, S.Morard (12-2013) Die neue EU-Holzhandelsverordnung gilt auch für die Schweiz. Die Volkswirtschaft. Link. 12 WWF (März 2005) Illegaler Holzeinschlag und die Schweiz. Analyse der Schweizer Aussenhandelsdaten 2003. Link. 13 Eine vollständige Liste ist FSC-zertifizierten Betriebe ist verfügbar über eine Suchmaschine des FSC. Link. 14 Amarena AG; Migros; Coop 15 Eigene Recherche im Lipo Muri (Feldstrasse 30, 3073 Gümligen) und Website: Stuhl, Schrank, Esstisch aus Mangoholz aus Indien; Stühle, Schrank, Esstisch aus Akazienholz aus Vietnam; Eichenholz aus China und Ukraine; Tisch, Stühle und Kommode aus Shishamholz aus Indien; Esstisch Uno aus Rubberwood aus Malaysia (Bild auf S. 2 des Faktenblatts). In Malaysia wird Regenwald zu Gummi— Plantagen laut Illegal Logging Portal. Das bedeutet jedoch nicht, dass es sich bei dem Tisch um illegales Holz handelt. Die Lipo Einrichtungshäuser (22 Filialen in Schweiz) gehören zu Steinhoff International Holdings. Steinhoff ist nach IKEA zweitgrösste Möbel-Retailer. In der Schweiz gehört das Möbelhaus Conforama zum Konzern. Siehe u.a. Solothurner Zeitung (13.3.14) Unternehmensgruppe aus Südafrika will 220 neue Arbeitsplätze schaffen. Link. 16 Eigene Recherche im JYSK Muri (Thunstr. 235, 3074 Muri bei Bern). Auf Website keine Angaben zum Herkunftsland, nur zur Holzart – Beispiel Tische. Link. 17 WWF (26.5.2014) WWF-Marktrecherchen im Bereich Holz. Link. 18 WDR (26.5.2014) Marktscanner – Woher kommt das Holz? Link. 19 Rabea Weihser (8.10.2013) Dem Terrassenschwindel auf der Spur. Die Zeit. Link. 20 C. Nellemann, Interpol Environmental Crime Programme (2012) Green Carbon, Black Trade: Illegal Logging, Tax Fraud and Laundering in the Worlds Tropical Forests. S. 6. Link. 21 European Commission (2013) The impact of EU consumption on deforestation. Link. 22 World Bank (2012) Justice for Forests. S. vii. Link. 23 Global Witness (Mai 2013) Rubber Barons. Link. Global Witness (13.12.2013) Credit Suisse ignored human rights commitments and became major shareholder in Vietnamese rubber giant 2 weeks after land grab scandal. Link. 24 Lukas Straumann (2014) Raubzug auf den Regenwald. Auf den Spuren der Malaysischen Holzmafia. Herausgegeben vom Bruno Manser Fonds. Salis Verlag, Zürich. 25 C. Nellemann, Interpol Environmental Crime Programme (2012) Green Carbon, Black Trade: Illegal Logging, Tax Fraud and Laundering in the Worlds Tropical Forests. S. 6-9. Link. 26 Siehe US Fish and Wildlife Service – International Affairs, Website, “Lacey Act”, Link. 27 Siehe Australian Government, Department of Agriculture, Website, “Illegal Logging”. Link. 2 www.gruenewirtschaft.ch