Erfahrungsbericht des Theorieauslandsemesters

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Erfahrungsbericht des Theorieauslandsemesters
Erfahrungsbericht des Theorieauslandsemesters an der Dänischen Technischen Hochschule (DTU) in Lyngby August bis Dezember 2011 Paul Zasche – Studiengang Maschinenbau – Fachrichtung Fahrzeugsystem‐Engineering – Vertiefungsrichtung Karosserie und Anbauten Gliederung 1 Vorbereitung, Planung und Bewerbung bei der Gasthochschule ...................................................... 1 2 An‐ und Unterkunft ............................................................................................................................ 2 3 Studium an der Gasthochschule ........................................................................................................ 2 4 Alltag und Freizeit .............................................................................................................................. 3 5 Fazit ‐ beste und schlechteste Erfahrung ........................................................................................... 4 1 Vorbereitung, Planung und Bewerbung bei der Gasthochschule Nach mündlicher Absprache mit dem Studiengangsleiter und Frau Dorte Süchting vom Büro für Auslandsangelegenheiten bewirbt man sich online an der DTU. Das Formular ist zügig bearbeitet, wird ausgedruckt und zusammen mit einer englischen Notenbescheinigung und einem Nachweis der Fremdsprachenkenntnisse nach Dänemark gesandt. Die Koordination des ERASMUS‐Stipendiums übernimmt Frau Süchting. Nach der Immatrikulation bekommt man prompt den Zugang zum dänischen Campusnet, über den alle weiteren Formalitäten geklärt wurden. So z.B. die Anmeldung zur Einführungswoche und die Kursauswahl und ‐einschreibung. Diese ist bequem über einen Katalog mit Filtern für Fakultäten, Zeitfenster und Kursarten zu bewerkstelligen und klappt in der Regel wie gewünscht, wenn man sich rechtzeitig kümmert. Die Auswahl sollte mit dem Studiengangsleiter abgesprochen werden und zur Studienrichtung passen. Damit die im Ausland erbrachten Leistungen an der DHBW anerkannt werden, sollte man zusätzlich zum Learning Agreement des ERASMUS‐Programmes ein eigenes erstellen in dem die Modalitäten mit dem Studiengangsleiter festgelegt werden. Einzig für den vom sog. Accommodation Office angebotenen Wohnungsmarkt muss man sich postalisch bewerben. Die DTU bietet die Vermittlung von Zimmern wahlweise in verschiedenen Wohnheimen, der Containersiedlung auf dem Campus oder Privatfamilien und ist die beste Möglichkeit, aus der Ferne an eine Unterkunft zu gelangen. Nicht alle haben Glück bei der Auswahl in Bezug auf Lage, Mitbewohnerschaft und Preis, aber in der Regel kann man mit dem Angebot sehr zufrieden sein. Um sprachlich vorbereitet zu sein, besuchte ich bereits einige Monate vor meiner Abreise einen Englischkurs des Anglo‐German Institute. Obgleich ich sicherlich auch ohne einen Sprachkurs zurechtgekommen wäre, war es doch eine gute Übung und ist jedem zu empfehlen. Darüber hinaus beschränkte ich mich mit meinen Vorbereitungen darauf, mein Stuttgarter Zimmer zwischen zu vermieten und Zugfahrkarten zu besorgen. 1 2 An‐ und Unterkunft Mit dem ICE und einem Europa‐Sparangebot der Deutschen Bahn gelangte ich günstig und in guten 12 Stunden über Nacht nach Kopenhagen. Das dortige S‐Bahnnetz ist leicht verständlich und brachte mich zügig an meinen künftigen Wohnort: ein Zimmer im Privathaus von Inga Thaysen, einer auf Anhieb sympathischen Dänin, die mit ihrem 17jährigen Sohn ein Stockwerk eines typischen dänischen Backsteinhauses bewohnt. Ihre beiden erwachsenen Töchter studieren andernorts und so vermietete sie deren Räume an Manuel – den anderen Ankömmling der DH – und mich. Mein Zimmer war möbliert und Inga versorgte mich mit allem Nötigen, zeigte mir die Einkaufsmöglichkeiten, den Weg zur Uni und sorgte dafür, dass ich mich von Anfang an wie zuhause fühlte. Das Programm der Einführungswoche am Campus beinhaltete Spiele, Wettbewerbe, Stadtführungen, Parties, ein wenig Bürokratie und viel Spaß. Die ganze Woche von Anfang bis Ende war perfekt organisiert und hat bei allen sofort ein Gefühl der Zugehörigkeit erzeugt, sodass das Ankommen ein Kinderspiel war. Da wir über 700 Austauschstudenten waren, wurden wir in Gruppen zu je 14 Personen einem dänischen Guide zugeordnet, der uns durch die Woche und das Semester führen sollte. Wir hatten großes Glück, Mathias, einen der engagiertesten und zugleich umtriebigsten Dänen erwischt zu haben. Es zeigte sich schnell, dass er nicht nur die Gruppe mühelos unterhalten konnte, sondern enorm viel über den Campus und Kopenhagen wusste, viele versteckte Orte kannte und obendrein hervorragend kochen konnte! Der Besuch der legendären Kulørbar am zweiten Abend war einer der Höhepunkte der Woche (siehe Foto). Gruppenbild mit dänischem Guide Mathias (8. v. r.) 3 Studium an der Gasthochschule Der Anspruch der Vorlesungen an der DTU ist mit der DHBW vergleichbar. Allerdings konzentriert man sich in Dänemark auf eine kleinere Anzahl an Vorlesungsfächern zur gleichen Zeit. Vielmehr werden jedes Semester einige wenige Kurse belegt, die die jeweiligen Inhalte mit großer Tiefe näherbringen und veranschaulichen. So ist der Wochentag in zwei Unterrichtseinheiten à vier Zeitstunden aufgeteilt. Die erste Hälfte jeder Einheit wird meist intensiv mit theoretischen Inhalten gefüllt, welche in der zweiten Hälfte in Aufgaben und praktischen Übungen von den Studenten aufgearbeitet werden. Meist werden längerfristige Projektaufgaben in Gruppen bearbeitet, die ähnlich den Praxisphasen an der DHBW das zuvor gelernte mit praktischen Anwendungen verknüpfen. Beispielsweise wurde das 2 exzellente Campusnet, also die Internetplattform der Hochschule, über die sämtliche Verwaltungsangelegenheiten, Kommunikation und Evaluationen abgewickelt werden, von IT‐
Studenten programmiert und stetig weiterentwickelt. Vorteilhaft an diesen Projekten ist, dass sie direkt mit der Theorie verwoben sind und sie deutlich nachhaltiger vermitteln als eine Prüfung am Semesterende. So haben die Klausuren an der DTU in den entsprechenden Fächern eher den Zweck, zu überprüfen, was die Studierenden aus den Projekten gelernt haben. So wird ein Teil der Arbeitsbelastung vom Semesterende in die –mitte verschoben und so besser verteilt. Zusätzlich gibt es in den meisten Fächern Fachvorträge von Experten aus der Industrie, Exkursionen und praktische Übungen in den universitären Labors. Im Kurs „Faserverbundwerkstoffe“ hörten wir einen Vortrag über Windkraftanlagen – Dänemark ist in diesem Zweig der Forschung führend – und deren Auslegung und Konstruktion. Gegen Ende der Vorlesungszeit hatten wir die Gelegenheit, auf Basis unserer Projektarbeiten ein mehrlagiges Faserverbund‐Teststück zu laminieren und in Materialversuchen zu analysieren. Auch hier überraschte mich die hohe Verzahnung von Theorie und Praxis, die ich an einer „normalen“ Universität nicht vermutet hätte. 4 Alltag und Freizeit Jeder zweite Kopenhagener fährt mit dem Fahrrad zur Schule oder Arbeit. Da die Straßen absolut eben und hervorragend auf Radfahrer ausgelegt sind, es eine Menge Geld spart und um nicht aufzufallen besorgte ich mir alsbald ein Fahrrad. Auf eine verkehrssichere Ausstattung ist unbedingt zu achten; während betrunkenes Radeln größtenteils toleriert wird, muss man beim Fahren ohne Licht mit empfindlichen Geldbußen rechnen. Von meinem Wohnort dauerte es jeweils gute 20 Minuten zur DTU, zum Meer und in die Innenstadt. Dabei kann das Fahrrad problemlos in den öffentlichen Verkehrsmitteln transportiert werden. Seine Freizeit kann man überall sehr gut verbringen: die DTU bietet ein breites Programm an Clubs an, in denen man praktisch jedem Hobby nachgehen kann. Fitnesscenter, Joggingstrecke, Fußballplatz und Kletterwand befinden sich auf dem Campus, das Schwimmbad direkt daneben. Darüber hinaus gibt es in vielen Fakultäten und Wohnheimen Studentenbars, die an unterschiedlichen Wochentagen geöffnet haben und erschwingliche Getränke anbieten. Das Wochenende verbringt man meist im Zentrum von Kopenhagen wo es unendlich viele Clubs, Bars und Discos gibt, die zwar recht teuer, aber allesamt besuchenswert sind. Unsere „Introduction Group“ traf sich regelmäßig freitagabends, um gemeinsam zu kochen und dann in die Stadt zu fahren und zu feiern. Es gibt auch gute Restaurants, in denen man sich meist am Buffet bedient. Zwischen den Mahlzeiten: Bauchtanzunterricht. 3 Bauchtänzerin im „Ankara“ ft. José (v .r. n. l.) Generell ist das Leben in Dänemark erheblich teurer als in Deutschland. Da ich mein Zimmer in Stuttgart zwischenvermieten konnte, blieb mir nur der Differenzbetrag der Miete zu zahlen. Trotzdem stiegen meine Ausgaben enorm. Der krumme Wechselkurs – ein Euro entspricht etwa 7,5 Kronen – führt dazu, dass man gar nicht allzu sehr über die Preise nachdenkt – in meinen Augen ein Vorteil, schließlich will man während eines solchen Aufenthaltes nicht ständig herumrechnen. Der öffentliche Verkehr ist eine Ausnahme. Für ähnliche Preise wie in Stuttgart kann man den gesamten Großraum Kopenhagen befahren, dieser reicht bis an die Nordküste Seelands und die Stadt Roskilde im Westen. Vor allem die Küsten und deren Städte sind sehenswert. Über die Öresundbrücke ist man schnell in Malmö und ganz Schonen; die schwedischen Landschaften und Städte stehen den dänischen in ihrer Schönheit in nichts nach. Verwechslung in Malmö – doch nicht Karl XI. 5 Fazit ‐ beste und schlechteste Erfahrung Ich habe mich vor Antritt meiner Reise gewundert, warum alle Erfahrungsberichte von Austauschstudenten an der DTU so überschwänglich ausfallen. Jetzt schließe ich mich an: mein Auslandsemester in Dänemark war eine sensationelle Erfahrung und sicherlich die schönste Zeit meines Studiums. Das Beste daran war kein einzelnes Ereignis sondern die Aneinanderreihung herausragender Erlebnisse und Begegnungen. Fachlich, kulturell und persönlich habe ich viel 4 dazugelernt und empfehle jedem, diese Möglichkeit wahrzunehmen und sich nicht von den finanziellen Nachteilen abschrecken zu lassen. 5