Moonlight in Wehr, DEGA 4/2005

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Moonlight in Wehr, DEGA 4/2005
MARKT
E
r sei auf der Suche nach
Leuchten für den eigenen
Garten gewesen, beschreibt Oswald den Ausgangspunkt aller Überlegungen. Der
gelernte Fotograf stellte sich eine Beleuchtung vor, die so
leicht wirkt, als sei sie ins Gras
geworfen worden; die sich
tagsüber nicht aufdrängt und
nachts ihre ganze Stärke ausspielt. Dass eine Kugel den Anforderungen am nächsten
kommt, lag auf der Hand. Doch
ein halbes Jahr Recherche im
Fachhandel blieb erfolglos: Obwohl Kugeln in jeder Größe als
Bestandteil von Leuchten angeboten wurden, war bis zu diesem Zeitpunkt noch niemand
auf die Idee gekommen, die
Vorteile der reinen Grundform
ohne störende Anbauteile für
einen in Serie produzierten
Leuchtenkörper zu nutzen.
Das war bereits Anfang der
80er Jahre. Doch es brauchte
noch ein paar Jahre, bis die
Zeit reif war, als Quereinsteiger einen neuen Markt zu betreten. 1995 setzte sich Oswald mit ein paar Ingenieuren
und Elektrikern zusammen,
um das Premierenprodukt
marktfähig zu machen. 1996
folgte der erste Messeauftritt in
Frankfurt. Ein paar Monate
später wagte sich der Badener
mit einem 12 m²-Stand und einer Reihe von Prototypen auf
die GaLaBau in Nürnberg. Die
Resonanz auf beiden Messen
war gigantisch. Nachdem sich
ein passender Firmenname geradezu aufgedrängt hatte, erfolgte 1997 die Gründung von
„Moonlight“.
Moonlight in Wehr
Für immer Vollmond
Kein Produkt im Bereich Außenbeleuchtung hat eine derart steile
Karriere hingelegt, wie die leuchtenden Polyethylenkugel aus
dem südbadischen Wehr. Mit einem Besuch bei Moonlight-Gründer Willi Wolfgang Oswald hat DEGA den Versuch unternommen,
das Geheimnis der genial einfachen Leuchten zu ergründen.
Tagsüber
Granit, nachts
gedämpftes Licht
– Halbkugeln in
der Variation
„Granit hell“
Eigene Herstellung
„Die ersten Leuchten haben
wir in Lohnfertigung herstellen
lassen“, beschreibt Oswald den
Übergang vom Prototyp zur Serienfertigung. „Das war gar
nicht so einfach, denn spätestens als es um die Stückzahl
ging, war bei den meisten Produzenten das Interesse erloschen – 100 Stück waren für
die nicht lukrativ.“ Man sei
sich dann aber doch mit einem
Hersteller einig geworden, der
Moonlight als kleinsten Kunden in die Kartei aufgenommen
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habe, fügt Oswald an. „Im ersten Jahr haben wir 100 Stück
geordert, im darauf folgenden
1 000 und wieder ein Jahr später waren es schon 10 000. Innerhalb von drei Jahren sind
wir vom kleinsten zum größten
Kunden geworden.“
Weshalb Moonlight nach
kurzer Zeit wieder aus der
Lohnfertigung ausstieg, erklärt
Oswald mit dem raschen Firmenwachstum und Qualitätsproblemen. Bis zu diesem Zeitpunkt war Moonlight in erster
Linie eine Entwicklungs- und
Vertriebsgesellschaft. Der Einstieg in die eigene Fertigung
markierte
deshalb
einen
großen Wendepunkt in der
jungen Firmengeschichte. Der
Investitionsbedarf stieg gewaltig, der Bau von Formen und
Maschinen verschlingt Unsummen, bis Geld eingespielt
wird. Alleine bei den Formen
ist Moonlight bereits bei der
dritten Generation angelangt.
Nur die extrem teuren Stahlformen gewährleisten die An-
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Ein Mitarbeiter
bearbeitet die
Kugeln von Hand
nach
Die weißen Leuchten sind nach
wie vor das meistverkaufte
Produkt
Auslastung bis zu 600 Leuchtenkörper am Tag gefertigt
werden. Dazu wird besonders
hochwertiges Polyethylen auf
350 °C erhitzt und in die Form
gegossen. Sind die Gussteile
auf 70° abgekühlt, werden die
Formen aus der Maschine herausgefahren und geöffnet. Ein
Arbeiter schraubt den Körper
von der Gewindeform und bearbeitet ihn von Hand weiter.
Vielfältiges Programm
Eher ein Sonderprodukt:
nachts leuchtender Schneemann
am Eingang des Betriebsgeländes
in Wehr
sprüche, die Oswald an seine
Produkte richtet. Doch auch
den Schritt in die Fertigung
vollzog der Firmengründer erfolgreich und widerlegt damit
gleichzeitig, dass man in
Deutschland nicht mehr produzieren kann. Kurze Wege
und eine leicht durchführbare
Qualitätskontrolle seien nur
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zwei Vorteile, der Herstellung
im eigenen Haus, so der Firmengründer (siehe dazu auch
Interview auf Seite 14).
Mit drei vollautomatischen
Gießmaschinen, die eine namhafte deutsche Maschinenbaufirma für die Produktion der
Kugelleuchten maßgeschneidert hat, können bei voller
Vier Kugelgrößen (25, 35, 55,
75 cm) in je vier Varianten
werden mittlerweile hergestellt: Moonlights zum Aufschrauben, als Aufsatz auf einen Sockel für den Erdeinbau,
als Schwimmleuchten und als
mobile Leuchte ohne Befestigung. Dazu kommen eine frei
hängende Pendelleuchte, eine
Spannleuchte und Halbkugeln
in je drei Größen.
Bis vor kurzem bestanden alle Kugeln aus weißem Polyethylen. Seit einiger Zeit werden auch durchgefärbte „Daylight-Color-Leuchten“ angeboten, und zwar in zweimal 49
Farben (49 reine Farben plus
49 gedämpfte Farben im
„Stonelook“). Außerdem wurde
das Sortiment um die vier Varianten „Granit dunkel“, „Granit
hell“, „Sandstein“ und „Terrakotta“ erweitert. Das sind Kugeln in Grau-, Braun- oder Rottönen, die sich tagsüber mit den
Belags- oder Fassadenmaterialien harmonieren und nachts ein
gedämpftes Licht abgeben.
Mittlerweile hat Moonlight
38 Mitarbeiter und ist ein paar
hundert Meter stadteinwärts
umgezogen. 2002 konnte Oswald Gebäude der Schweizer
Chemiefirma Ciba-Gigy, heute
Novartis, anmieten, die mehr
Platz für Produktion, Lagerhaltung und Versand bietet. Denn
Moonlight fertigt nicht nur die
Leuchtenkörper selbst, sondern
auch die Farbfilter aus Makrolon, welche dafür sorgen, dass
sich auch tagsüber weiße Kugeln, in gelbe, grüne oder rote
verwandeln können. „Eigentlich könnte man so ein Plastikteil an jeder Ecke herstellen
lassen – wenn da nicht die Farbgenauigkeit wäre“, beschreibt
Oswald, weshalb die Firma
auch hier eigene Wege geht.
„Beim Wechsel von einer zu
nächsten Farbe haben wir in
der Produktion 200 Filter Ausschuss, bis die Farbe 100%ig
ist“. Mit dem Spektrometer
wird ständig kontrolliert, ob die
Dichtewerte genau im Rahmen
liegen. Denn Ansehen kann
man dem Filter nicht, in welcher Farbe die Leuchte erstrahlt
– nur die Kombination der richtigen Dichtewerte ergibt die
gewünschte Lichtfarbe. 24 Farben gibt es standardmäßig, optional sind 250 Farben möglich.
KONTAKT
Moonlight GmbH,
Öflinger Straße 41, 79664 Wehr,
Telefon 07762/709-0, Fax -200
[email protected]
www.moonlight.info
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MARKT
Anders funktionieren die Moonlights,
die ihre Farbe mehrfach wechseln können. Hier sorgen farbige LEDs für den
richtigen Ton.
Alle anderen Leuchten brennen übrigens dank herkömmlicher Energiesparlampen. Das reduziert nicht nur
den Stromverbrauch, sondern ergibt
das warme, gemütliche Licht, wie es
die Moonlights emittieren.
Kugel und Halbkugel bleiben die alles beherrschenden Formen. Daran
wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Allerdings werden die Vielfalt
und das Zubehör zunehmen. Mittlerweile können Moonlights auch frei
schwebend im Baum aufgehängt, als
Mastleuchte verwendet und mit einer
Reflexhaube versehen werde.
Dass die leuchtenden Kugeln nicht
aus dem Gedächtnis verschwinden,
liegt allerdings nicht nur an ihrer be-
Wer mag, kann seine Moonlight mit Hilfe
von Filtern in 24 Farben leuchten lassen
stechenden Schönheit und neun Designpreisen. Willi Wolfgang und seine
Frau Heidi Oswald haben ihr Geld bevor es Moonlight gab mit Bildern verdient. Und auch heute noch sorgt die
Agentur Oswald Visuelle Medien im
benachbarten Schwörstadt dafür, dass
die Leuchten aus Wehr immer im richtigen Licht erscheinen. Professionelle
Fotos und spannende Inszenierungen
bringen die Moonlights immer wieder
in die Medien – wie zum Beispiel zum
vierten Mal auf den Titel von DEGA.
Das sichert die Nachfrage und damit
auch den Preis.
Text und Interview: Tjards Wendebourg
Bilder: Moonlight (4), Wendebourg (2)
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KURZINTERVIEW
DEGA sprach mit Willi Wolfgang Oswald über Konkurrenz und Preisdruck bei den
Außenleuchten von Moonlight.
Immer innovativ
MoonlightGründer Willi
Wolfgang
Oswald
DEGA: Herr Oswald, das genial einfache
Prinzip der Moonlight-Leuchte kann auch
zum Fluch werden. Haben Sie Angst, dass
Ihnen irgendwann einmal nichts Neues
mehr einfällt?
Oswald: (lacht) Nein, die Sorge mache ich
mir nicht. Wahr ist natürlich, dass wir permanent innovativ sein müssen und rund um
unsere Produktfamilie nach Marktlücken suchen, die wir mit zu uns passenden Produkten füllen können. Bisher ist uns das immer
gelungen. Wir haben es einmal geschafft,
innerhalb eines Tages von der Idee zum Prototyp zu kommen – das war bei der
Schwimmleuchte. Da kam eine Frau auf den
Messestand und fragte, weshalb es eigentlich keine Moonlights für den Teich gäbe.
Voilà, am nächsten Tag stand der Prototyp.
Unseren jüngsten Coup werden wir ab Ende Januar auf den Markt bringen: eine Kugel, die weiter leuchtet, wenn das Licht
ausgeschaltet wird. Lassen Sie sich überraschen.
Wahr ist allerdings auch, dass wir uns
dauernd gegen Plagiatoren zur Wehr setzen müssen, die versuchen unsere Produkte zu kopieren. Um die 130 Verfahren haben wir schon geführt, einmal kamen an
einem Tag sechs parallel zur Entscheidung! Besonders ärgerlich ist, wenn die
Nachahmer in Konkurs gehen und wir auf
den Verfahrenskosten sitzen bleiben. Offensichtlich machen besonders solche Firmen gute Produkte nach, denen selbst
nichts einfällt und die deshalb bereits in
wirtschaftlicher Schieflage sind.
DEGA: Woher droht Ihrer Meinung nach
die größte Gefahr für heimische Innovationen?
Oswald: Nicht unbedingt aus Fernost jedenfalls, wie viele meinen. Die meisten Plagiatoren sitzen hier zu Lande. Was uns besonders ärgert ist, dass es den Nachmachern so leicht gemacht wird. Wir lassen al-
le Dinge technisch genau durchchecken
und zertifizieren. Das kostet viel Geld, gewährleistet aber auch die hohen Sicherheits- und Qualitätsstandards von Moonlight. Die Nachahmer sparen sich den
ganzen Aufwand, kleben ein CE-Zeichen
auf ihre Produkte und bieten die Dinger
dann für viel weniger Geld an. Wenn mal
einer dabei auffällt, was ohnehin selten genug vorkommt, drohen 87 e Strafe. Ein Weg
den Ideenklau zu bekämpfen, wären strengere Kontrollen und drastische Strafen für
den Missbrauch von Normenaussagen. Da
sind der Gesetzgeber und die Exekutive gefordert. Schließlich verkaufen diese Leute
ihre Produkte unter Vorspiegelung falscher
Tatsachen und gefährden durch Dumpingpreise Firmen, die Innovationen und Arbeitsplätze garantieren.
DEGA: Ist nicht ohnehin der Preisdruck für
Sie ein Problem?
Oswald: Der Logik, dass man Geld mitbringen muss, wenn man in bestimmten Läden
verkaufen möchte, entziehen wir uns ganz
bewusst. Moonlights werden Sie nicht im
Bau- und Gartenmarkt finden. Aus dem
Großhandel halten wir uns ebenfalls raus.
Wir verkaufen auf Messen direkt an exklusive Läden oder über Dienstleister direkt an
den Kunden – im Außenbereich zum Beispiel über Landschaftsgärtner und Landschaftsarchitekten. Schließlich erhalten unsere Kunden ein durchdachtes, langlebiges,
in Deutschland hergestelltes Produkt mit
hochwertiger Ausstrahlung und allen Sicherheitsstandards.
DEGA:
Hört sich nicht so an, als seien Sie auf
dem Absprung nach China ...
Oswald: Wissen Sie, die Banken haben mir
auch vorgerechnet, wie viel mehr ich verdiene, wenn ich meine Produkte fertig irgendwo einkaufe. Aber bei dieser Rechnung
fehlt doch immer die Hälfte. Erstmal habe
ich ja schon hier zu Lande meine Erfahrungen mit fremden Produzenten gemacht –
und da spricht man noch die gleiche Sprache und hat die gleichen behördlichen Rahmenbedingungen. Und zweitens: Was ist
das für eine Einstellung, wenn meine Kunden ihr Geld in Deutschland verdienen müssen und ich lasse dasselbe Geld lieber in
China arbeiten? Da machen es sich viele ein
bisschen einfach.
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