2500 Jahre Athen-Marathon - + Text plus Konzept + Ursula Thomas
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2500 Jahre Athen-Marathon - + Text plus Konzept + Ursula Thomas
21. Oktober 2011 Athen ist schön – und kann anstrengend sein In der griechischen Hauptstadt protestieren Tausende gegen politische Reformen, ein Besuch lohnt trotzdem. Zumal, wenn man den Original-Marathon mitläuft. Auf in den Kampf: Marathoni auf dem harten Weg nach Athen. Foto: PR Athens Classic Marathon Athen hat eine schlechte Presse – als Krisenhauptstadt und Schuldenmetropole. Menschen gehen seit Monaten auf die Straße, um gegen die geplanten Reformen ihrer Regierung zu demonstrieren. Allen Protesten zum Trotz lohnt ein Besuch der griechischen Hauptstadt. Sportliche können ihn gar mit einem Klassiker verbinden – dem Original-Marathonlauf. Im vergangenen Jahr feierte er runden Geburtstag – 2500 Jahre nach der Schlacht von Marathon im Jahr 490 vor Christus. Das Jubiläum begingen die Athener mit mehr als 12 500 Marathonis aus aller Welt, mit am Start war unsere Autorin Ursula Thomas-Stein. "Hier sehen Sie lauter Kopien, die Originale des Parthenon-Frieses stehen im neuen AkropolisMuseum. Beziehungsweise im Britischen Museum, das bis heute die Herausgabe verweigert." Nicht nur unser Stadtführer Nikos findet das ärgerlich. Es ist ein nationales Anliegen, das seit der Eröffnung des Museums 2009 mit Nachdruck verfolgt wird. Am Vortag des Laufes stehen wir um acht Uhr morgens – vor dem großen Touristenandrang – auf den Stufen der Propyläen, dem monumentalen Eingang der Akropolis. Im Blick: der frisch restaurierte Athene-Nike-Tempel. Fast zehn Jahre lang Baustelle, seit wenigen Wochen gerüstfrei. Das Neue: Die weiß glänzenden Ersatzsteine stammen aus denselben Steinbrüchen wie der antike Marmor mit seiner heutigen Patina, erklärt Nikos. Aber die neuen Steine werden nicht mehr auf alt getrimmt, sie werden sich mit der Zeit natürlich anpassen. Auch am Parthenon und Erechteion ergibt sich ein Puzzle aus Alt und Neu. In der Ferne der Hafen von Piräus, unter uns und um uns herum: Groß-Athen. "Über 40 Kilometer! Es ist verrückt, das zu laufen. Das wollen wir noch nicht einmal mit dem Auto fahren", sagt Markos, mein deutsch-griechischer Freund. Er lebt in Athen und hat die Strecke von Marathon schon oft erlebt – im Stau. Der Verkehr ist eines der großen Themen. An geraden Tagen dürfen nur Autos mit gerade endendem Nummernschild in die Stadt fahren und umgekehrt. Markos ist Reggae-Musiker, aber seine Wurzeln hat er – wie jeder Grieche – im Rembetico, dem griechischen Blues. Wir gehen in die "Halle der Unsterblichen – Stoa Athanaton" mitten in Athen. Hier wird schon seit Stunden musiziert. Ein Marathon für die Musiker, ein Genuss für die Gäste. Alt und Jung tanzen, Tabletts mit frischen Obststücken und griechischem Rotwein werden serviert. Es wird spät. Ob die Anmeldung zum Lauf eine gute Idee war? Ein paar Stunden später, nach zehn Wochen Training und wenige Minuten vor dem Start gibt es kein Zurück mehr. Die Sonne scheint warm auf das internationale Läuferfeld. Passend zum Jubiläum sind auch Lauflegenden eingeladen wie Joan Benoit, 54, die erste Olympiasiegerin im Marathonlauf, oder Kathrine Switzer, 64, die erste Frau, die sich zu einem Marathon anmeldete und den Frauenlauf revolutionierte. Meilenweit ist das "Grenglisch" des griechischen Stadionsprechers zu hören. Er erzählt vom Jubiläum und mit vor Glück sich überschlagender Stimme verkündet er, was inzwischen alle Anwesenden wissen: Vor 2500 Jahren gewannen die Griechen hier die Schlacht gegen die Perser. Ein Bote namens Pheidippides soll die rund 40 Kilometer nach Athen gelaufen sein, um zu berichten: "Nenikekamen – wir haben gesiegt!" Dann fiel er tot um, eine Legende war geboren. Der Sprecher hat alles gegeben, jetzt sind wir dran: 42,195 Kilometer laufen und Original-Marathoni werden. Anders als beim legendären Lauf rennen wir nicht mit Rüstung quer durch die Berge, sondern erstmal gemächlich durch den Ort, und drehen eine Ehrenrunde um das Grabmal der 192 vermutlich hier bestatteten Athener Krieger. Dann geht es an der Küste entlang: durch den Badeort Néa Mákri, das Hafenstädtchen Rafína. Rechts die Hügel des Pentelikon, links ab und zu das glitzernde Meer. Man sieht sie nicht – aber da unten am Strand müssen sie sein: Leute, die an diesem Morgen ein erfrischendes Bad im Meer nehmen. Für uns gibt es vorerst nur das Bad in der Menge. Eine frische Brise macht die Sonne erträglich, 17 Grad kühl ist es, aber es soll noch heißer werden. Alle paar Kilometer: Wasser, Verpflegung und erste Hilfe gegen die ersten Krämpfe. Bedürftige finden sich von Anfang an genug. "Geht’s?", fragt mich ein Mitläufer. "Ja, aber es läuft nicht." Also mit Seitenstechen bergauf und bergab über die Hügel der Halbinsel Attika. Am Straßenrand: vereinzelt Bäume, zweistöckige Häuser, Geschäfte. Und: kein Schatten, nirgends. Das Läuferfeld ähnelt jetzt einer Wandergruppe. Die einzigen fröhlichen Menschen stehen am Straßenrand: sie winken, klatschen und rufen. Wenn der Applaus stürmisch wird, war es wieder ein Grieche, der mich überholt hat. Aber auch mit mir meinen es die Zuschauer gut: Ich bekomme einen hübschen Lorbeerzweig geschenkt, der mich ins Ziel begleiten soll. Einfach wird das nicht. Stunden sind vergangen, in die Mittagshitze hinein. Meine Sonnenbrille beschlägt von innen. Noch gut zehn Kilometer zu laufen. Möglichst unauffällig. Wenn ich so aussehe, wie ich mich gerade fühle, nehmen die Sanitäter mich glatt aus dem Rennen. Bei Kilometer 32 ist der höchste Punkt erreicht – Agia Paraskevi, 240 Meter über dem Meer. Darauf ein "Nero!" – Wasser. Endlich geht es abwärts durch die Athener Stadtteile Chalandri und Cholargos. Es wird urban – vorbei an der Amerikanischen Botschaft, dem Hilton Hotel, an den Helikoptern des Kriegsmuseums. Das Ziel ist in Hörweite und dann endlich: Schatten! Ich biege in die Irodou-Attikou-Straße und tauche ein in wunderbar kühles, von Baumkronen gedämpftes Licht. Die letzten zehn Minuten bis ins legendäre Panathinaikon-Stadion sind das Paradies. Die Sieger Rasa Drazdauskaite (Litauen/2:31,06 Stunden) und Raymond Bett (Kenia/2:12,40) sind schon lange da. Egal. Ich habe meinen persönlichen Streckenrekord – und bin stolz darauf. Man muss nicht Marathon laufen, um Athen kennenzulernen. Es ist weniger anstrengend, man kann das Leben ausgiebiger genießen. So oder so bleibt es aber spannend: Während auf dem Syntagma-Platz vor dem Regierungsgebäude praktisch täglich demonstriert wird, tummeln sich keine 500 Meter weiter in der Plaka, der wunderschönen Altstadt am Fuß der Akropolis, Einheimische wie Touristen. Her kommen sie alle zum Flanieren, Shoppen, Essen und Trinken. Für die Veranstaltung am 13. November hat der griechische Leichtathletikverband Segas die Zusammenarbeit mit der Unesco bekannt gegeben. "Wir müssen Ideen haben", sagt Theodore Passas, der griechische Botschafter bei der Unesco. "Trotz der großen Probleme, die wir hier haben, ist Griechenland ein wichtiger Partner für uns." Mit mindestens 100 000 Euro soll nun der Athen-Marathon im November Bildungsprogramme für Mädchen in Afrika unterstützen. Autor: Ursula Thomas-Stein Empfehlen Eine Person empfiehlt das. 0 WEITERE ARTIKEL: REISE Auf der Elbe von Magdeburg nach Litomerice Schöne Landschaften, beeindruckende Kultur: unterwegs auf der Elbe von Magdeburg ins tschechische Litomerice kurz vor Prag. MEHR Dienstag buchen, Donnerstag fliegen Was wissen wir eigentlich übers Fliegen? Einige Mythen und die Fakten dazu. MEHR Harz: Ein wildes Stück Deutschland Früher fürchteten sich die Menschen vor Hexen und Teufeln im Harz – heute gilt er als Deutschlands schönstes Naturwunder. MEHR