10. Jersey Marathon St. Helier (JEY) 2015

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10. Jersey Marathon St. Helier (JEY) 2015
10. Jersey Marathon St. Helier (JEY) 2015
Sonntag, 04. Oktober 2015 Start: 09:00 Uhr Diesen Bericht zu schreiben, fiel mir beson‐
ders schwer, und selten war mir dabei so bewusst, wie viel im Leben wichtiger ist, als Marathon zu laufen. Kurz nach meiner Ankunft auf der Insel Jersey im Ärmelkanal erreicht mich die traurige Nachricht vom Tod eines jungen, lieben Menschen. Max ist nicht mehr! Max, ein junger, hochbegabter Student aus meinem Dorf, mit vielen Ideen und Plänen. Max, den ich von klein auf für viele Jahre als Lauftrainer begleiten durfte, und den ich im‐
mer mehr zu schätzen gelernt habe. Max war kein Lauftalent, doch der Fleißigste von allen. Max hat nie gewonnen, er ist trotzdem immer weiter gelaufen, er hat gelächelt und nie auf‐
gegeben. Max hatte eine wichtige Rolle in unserer Gruppe inne und wurde immer mehr zum Vorbild für andere. Wie oft wurde er wohl auf unseren wöchentlichen Runden um unse‐
ren kleinen Weiher von uns überrundet? Wie oft sind wir miteinander gelaufen? Wie oft habe ich ihn ermuntert? Wie oft sind wir nach dem Training zufrieden gemeinsam nach Hause gefahren? Jersey, neben Guernsey eine von zwei selbstständigen Kanalinseln Nun bin ich in Saint Helier und warte eigentlich nur darauf, dass ich endlich wieder abreisen und so schnell wie möglich nach Hause fahren kann. Meine Stimmung ist auf dem Boden. Ich wohne direkt neben dem Howard Davis Park, Seit längerem hatte ich ein Treffen mit den genau das Richtige, um in mich zu gehen Marathonglobetrotters fest eingeplant. Ich gehe zwar zum Treffen, bei dem Neuwahlen anstehen. Ursprünglich hatte ich mich darauf gefreut, wieder neue Bekanntschaften in der Welt der Marathonländersammler zu schlie‐
ßen, mich auszutauschen und neue Ideen aufzunehmen. Es soll anscheinend vier Gruppen geben, die Marathonländer sammeln und auflisten. Eine davon ist der Country‐Marathonclub, dann die Marathonglobetrotters und was weiß ich wer noch. Doch das ist heute alles nicht wichtig. Irgendwie macht es keinen Sinn, ich bin zwar Danke für die Aufmunterung, dabei und doch abwesend. doch heute erreicht sie mich nicht Copyright 2015 Hartmann Stampfer
Das Treffen auf bekannte Gesichter und mit Läufern aus der Szene geht an mir recht teil‐
nahmslos vorbei. Endlich Sonntagmorgen, ich gebe mein Reisegepäck bei Start und Ziel ab, denn nach dem Marathon will ich schnell weg. Start zur Inselbesichtigung, zuerst am Meer entlang, dann biegen wir links ab. Es steigt stetig an, bis auf 360 Fuß, klingt recht viel, doch bis ins Ziel sind nur 200 Höhenmeter zu bewältigen. Ich laufe, mache ein paar Bilder, doch heute ist alles traurig. Die vereinzelten Die letzen Kilometer, Anfeuerung‐ und Aufmunterungsrufe nehme nur noch ins Ziel und ab nach Hause ich zwar wahr, doch irgendwie gehen sie mir auf die Nerven. Ich kann mich schon an einen Marathon erinnern, wo meine Stimmungslage ähnlich war, doch heute ist es wieder anders. Meine Gedanken kreisen um Max: „Warum?“ Ich begreife es nicht. Ich spule meinen Marathon pflichtbewusst ab und lande gedankenverloren im Ziel. Dort treffe ich noch einen Laufbekannten, um mich danach von dannen zu machen, auf den langen Weg nach Hause, zuerst mit der Fähre nach Saint‐Malo in der Bretagne, dann quer durch Frankreich und die Schweiz. Die lange Heim‐
reise mit meinem Marathonmobil, das mich (außer einmal) nie im Stich gelassen hat, gedul‐
dig mit mir viele lange An‐ und Rückreisen mitgemacht hat. Am Morgen komme ich zwar gut zu Hause an, doch mir geht es nicht gut. Das sonst übliche mentale Hoch nach einem gelaufenen Mara‐
thon bleibt natürlich aus. Es gibt nun Wichtigere zu tun, Besuch bei den Eltern von Max, versuchen zu verarbeiten, zu begreifen. Und letztlich Max auf seinem letzten Weg zu begleiten. Max wird vielen Menschen fehlen. Max wird uns am Weiher fehlen. Wir werden ihn nicht mehr laufen sehen, ihn nicht mehr überholen, kein aufmunterndes Wort von uns geben, keinen dankbaren Blick und keine humorvolle Antwort retour bekommen. Doch irgendwie wird mich Max in meinem Herzen weiterhin begleiten. „Danke, Max, du hast mir so viel gegeben, in dem Abschnitt deines Lebens, in dem ich Max war überall mit sehr viel Einsatz dabei dein Lauftrainer sein durfte. Pfiati, Max!“ Copyright 2015 Hartmann Stampfer

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