PANDORA 134 DEUTSCH lesen

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PANDORA 134 DEUTSCH lesen
Pandora Infos
Kampf fürs Leben
100 000 Km
Pandora versucht bereits seit
über 20 Jahren, eine klare
Botschaft zum Aufrechterhalten
oder Wiedergewinnen einer
korrekten Gesundheit zu
übermitteln, die die Grundlage zu
einem erfüllten Leben darstellt. Der
Hauptteil dieser Botschaft richtet
sich dabei an das am meisten auf
diesem Planeten verwöhnte Organ:
an unseren Magen, um ihm eine
krankheitsfördernde Gastronomie
zu ersparen und ihm notwendige
Zurückhaltung zu lehren.
Vergebliche Liebesmüh‘ für viele,
ich gebe das unumwunden zu, aber
dennoch eine Quelle des
Wohlbefindens für manche von uns,
die akzeptieren, sich den
Naturgesetzen zu unterwerfen.
Allerdings isst man nicht nur
mit seinem Magen, sondern auch mit
dem SAUERSTOFF seiner Lungen!
Und hiervon möchte ich Ihnen heute
berichten, anhand des Beispiels
vom Laufen. Laufen verleiht einem
ein herrliches Gefühl und radiert
unser Unwohlsein oft einfach aus,
indem es die für unsere zerebrale
Ausgeglichenheit verantwortlichen
Neuronen richtig mit Nährstoffen
versorgt.
Wir können zwar nicht alle
Probleme des Lebens mit Laufen
lösen, aber zumindest aus einem
Himalaya-Gipfel einen sanften Hügel
machen, der weitaus einfacher zu
überwinden ist.
Bei der Lektüre von 100000
km (der Titel meines nächsten
Buchs, aus dem ich Ihnen hier die
ersten Seiten als Leseprobe gebe)
werden Sie fragen, mit welcher
Hilfe ich diese zurückgelegt habe…
Tja, mit meinen beiden Beinen,
dieselben wie Ihre. Ganz normale
Beine, mit einem ganz normalen
„Fahrgestell“. Der Beweis? Ich bin
niemals ein gefeierter Champion auf
den Titelseiten der Zeitungen
gewesen.
Das Eine erklärt sicher das Andere,
da gefeierte Meister normalerweise
die Ausübung des Sports einstellen,
wenn sie sehen, dass ihre
Leistungen nachlassen. Denn wenn
man einmal auf dem Gipfel stand, ist
30€/Jahr
Nr. 134
Januar 2013
Abo gratis ab der 1. Bestellung
es sehr schwer, als Unbekannter im
Hauptfeld mitzulaufen.
Wenn ich auch tatsächlich nie
ganz oben auf dem Siegerplakat
stand, bin ich doch immer recht gut
durchgekommen. Ich habe es
zunächst in meiner Jugendzeit mit
dem Sprinten versucht, wo ich bei
10 Sekunden 90/100 für 100 Meter
lag, weit von dem Jamaikaner Bolt
entfernt! Um die 30 herum habe
ich meine Ernährung und mein Leben
umgestellt und habe mit
Ausdauersport angefangen.
Meine Leistungen waren ganz
anständig. 35 Minuten für 10 km, 17
km/h, 1 Stunde 16 beim SemiMarathon, 2 Stunden 39 beim
Marathon und 8 Stunden für 100
km. Ich habe aber vor allem an
Bergläufen teilgenommen, dem
Vorläufer davon, was heute Trail
genannt wird.
Und dabei habe ich so richtig Spaß
gehabt! Was ich übrigens immer
noch tue und an ungefähr 15
Wettläufen teilnehme.
Das ist fast ein halbes Jahrhundert
Wadentraining, in dem ich nur ein
einziges Mal verletzt war… durch
einen Fahrradsturz! Riss des Fascia
Latta im Oberschenkel, eine sehr
schmerzhafte Verletzung, die Ihnen
bewusst macht, dass das Laufen
oder nur das einfache
Fortbewegen ein echtes
Weltwunder sind.
Heute mit 67 Jahren haben
sich meine Leistungen natürlich
verschlechtert, aber erscheinen mir
trotzdem immer noch ganz
ansehnlich. 10 km in 42 Minuten,
Semimarathon in 1 Stunde 35,
Marathon in 3 Stunden 25, 100 km
in 10/11 Stunden.
Ich gebe Ihnen all diese
Zahlen nicht, um zu zeigen, wie gut
ich bin (auch wenn ich schon einen
gewissen Stolz verspüre, das
geschafft zu haben, was viele
meiner Kollegen aus der
Anfangszeit schon seit Langem
aufgegeben haben), sondern um
Ihnen zu zeigen, dass es möglich ist,
lange zu laufen und gut zu laufen
und sich vor allem in jedem Alter
eine Freude zu bereiten.
Das ist ebenfalls der Beweis
dafür, falls dieser notwendig sein
sollte, dass gesundes Essen
eindeutig die Lebensqualität erhöht.
Hieran muss man denken, wenn
einem der Schweiß herunterläuft!
Der Heilpraktiker, der ja nun
einmal in mir steckt, kann das
Staffelholz des Läufers nur
aufgreifen und Sie dazu ermuntern,
Ihrem nach Bewegung verlangenden
Organismus Vergnügen zu bereiten,
denn Bewegung hilft Ihnen, die
Schicksalsschläge des Lebens
besser zu meistern.
Laufen ist für das
organische Leben ungefähr das,
was Lesen für das Denken ist.
Beides ist nicht nur notwendig,
sondern auch absolut unumgänglich
für alle, die mit einem
Mindestmaß an
Gesundheitsbeschwerden alt
werden wollen.
Ich kann nur bedauern, dass
die gegenwärtige Gesellschaft
durch Autos, Fahrstühle,
Videospiele, Fernsehen usw. zur
Negation der Bewegung an sich
führt…
Ich bin sehr wütend auf die
Regierungen, die sich nicht
ausreichend einsetzen und nichts
dafür tun, um die Jugendlichen
angemessen zu mehr Bewegung zu
animieren. Und ich bin noch
wütender auf die Medizin, die den
Menschen anhand ihrer „chemischen
Hilfen“ in einer augenscheinlichen
Einfachheit hält, die zu
Abhängigkeiten und zu einer
allgemeinen Schwächung des
Organismus führt, wenn sie nicht
sogar noch dieses schreckliche
Doping unterstützt, das alle hohen
Sportniveaus und selbst die
Kategorien der „Sonntagssportler“
betrifft, die zu glänzen versuchen
und zu allem bereit sind, um einige
Sekunden gewinnen zu und selbst
dann noch stolz sind, wenn sie das
Schlusslicht des Pelotons bilden.
Nun gut, ich muss Ihnen
gestehen, dass ich mich selbst dope,
mit rohen Karotten, Spirulina,
Vulkanerde… und natürlich auch (und
hierbei hilft der männliche
Instinkt) durch den Anblick der
jungen Läuferinnen, die vor mir
herspringen! Ich hoffe, dass es
auch in der Hölle noch gemischte
Laufwettbewerbe gibt, denn dort
kommen ja alle Männer hin, egal ob
Schürzenjäger oder nicht!
Da ich aus einer Zeit stamme,
die die unter Zwanzigjährigen nicht
kennen können, muss ich Ihnen mein
Leben ein wenig von Beginn an
schildern.
In meiner Kindheit wurde ALLES zu
Fuß gemacht und die meiste Zeit im
Laufschritt.
Wir gingen zur Schule, den Ball am
Fuß, die Schule war weit entfernt, in
meinem Fall fast zwei Kilometer;
der Heimweg erfolgte
selbstverständlich auf dieselbe
Weise. Viermal am Tag und niemand
beschwerte sich, dass er müde war!
Meine Schwester musste sogar
zwölf Kilometer täglich zurücklegen,
um Lesen und Schreiben zu lernen!
Damit will ich Ihnen nur sagen, dass
die Waden damals noch keine
Viertage-Woche hatten!
Und für die Jungs war das
Asphalttreten damit noch nicht zu
Ende. Zu Hause angekommen
verschlangen wir schnell das belegte
Brot, das Mama uns vorbereitet
hatte, um ein Dreivierteljahr lang
auf dem Gemeindeplatz mit den
Freunden Fußball zu spielen.
Das verbleibende Vierteljahr
diente dazu, mit dem Schlitten im
Schnee zu fahren, der früher noch
weitaus häufiger vorkam als heute.
Kein Fernsehen, keine
Videospiele, nur Bewegung, nichts als
Bewegung. An den Wochenenden
gingen wir in den Wald, bauten uns
Hütten, führten „Krieg“ zwischen
den verschiedenen Dörfern oder
suchten nach Vogelnestern. Später
als Jugendlicher gewann das Fahrrad
mehr an Bedeutung für ziemlich
weite Touren. Zwanzig, dreißig
Kilometer machten uns genauso
wenig Angst, wie das Erklimmen
einiger Bergrücken der Vogesen in
der Nähe oder die dreißig Kilometer
bis zum Rhein, um dort schwimmen
zu gehen. Das Leben bestand aus
körperlicher Betätigung und ein Auto
war für die meisten Eltern
unerschwinglich.
Und wissen Sie was? Wir amüsierten
uns königlich, wir konnten lachen,
ohne Drogen nehmen zu müssen, um
Spaß zu haben oder idiotische
Videospiele, um sich mit irgendeinem
Massaker zu identifizieren!
Wir liefen, ich lief ständig für
alles und nichts: zur Schule, zum
Einkaufen und das tat gut. Mir hat
schon immer das Streicheln des
Windes gefallen, wenn er von Süden
weht und uns die milden
Temperaturen der Provence bringt.
Damals zerzauste er mein kräftiges
Haar.
Heute kann nicht einmal mehr der
stärkste Sturm meine Mähne
durcheinander bringen, denn ich
schneide die mir noch verbleibenden
Haare ganz kurz!
Haben Sie schon einmal versucht,
nachts bei Mondschein zu laufen,
wenn der Wind warm daher weht?
Das mach‘ ich auch heute noch,
wenn ich Gelegenheit dazu habe.
Dabei vergesse ich dann die
unschönen Seiten der Welt, die
Verwahrlosung vieler meiner
Mitmenschen, diese ganze
Zivilisation, die gegen die
Naturgesetze lebt, die wir
geschaffen haben und die uns
unaufhaltsam dem Abgrund
nahebringt.
Und schon werde ich wieder zum
Prinzen der Welt, ohne Grenzen, in
perfekter Übereinstimmung mit der
Schöpfung, von den Bäumen, die
gespensterhafte Formen im
Mondlicht annehmen, bis hin zu den
Tieren, die vor mir flüchten, wenn
ich ein fressendes Reh oder einen
jagenden Fuchs oder auch eine Eule
störe, die sich über meine
Anwesenheit in ihrem Revier
ereifert.
Das Leben gewinnt hier wieder die
Oberhand und akzeptiert mich als
einen der ihren in einer Welt wie aus
Watte, in der ich für die Dauer des
Laufens alles Übrige vergesse.
Im Winter wird es nachts bei
Mondschein und in dem unter meinen
Schritten aufwirbelnden
Pulverschnee nahezu magisch, ein
von jedem Schritt stimulierter
Organismus, das Nirwana, das
förmlich danach schreit, für den
Augenblick dieses nächtlichen
Ausflugs zu währen.
Arbeitersohn leicht zugänglich war,
Turnen in der Schule, Handball und
Volleyball und selbstverständlich
Leichtathletik im Stadion. Ich bin
übrigens stolz darauf, mit drei
Freunden einen elsässischen Rekord
über 4 X 100 Meter aufgestellt zu
haben, der mehrere Jahre nicht
übertroffen wurde.
Nach der Armee, ja,
tatsächlich ging man damals noch zur
Armee, was vielen Jugendlichen, die
sich in ihren Vorort-Wohnburgen
langweilen, heute nur gut tun würde,
habe ich mit dem Skifahren
begonnen, was über fünfzehn Jahr
hinweg zu einer zeitintensiven
Leidenschaft wurde. Das südliche
Elsass, das nicht weit von den Alpen
entfernt ist und von den Vogesen
gesäumt wird, der Schwarzwald und
das Schweizer Juragebirge bieten
sich für winterliche Ausflüge in den
Pulverschnee oder mit Steigfellen
für die Eroberung unberührter
Schneegipfel gerade zu an.
Stets wird die sportliche
Anstrengung von einer damit
einhergehenden Lebensfreude
begleitet.
Ich habe im Laufe der Jahre eine
Gruppe gegründet, mit der ich viele
Wochenenden damit verbrachte, mit
dem Rucksack auf dem Rücken und
den Skiern unter den Füßen oder mit
dem Rad die Berge zu durchforsten.
Depressionen waren bei diesem
Leben nicht möglich.
Wir stellten unser gutes
Durchhaltevermögen auch bei einem
rhythmischen Tango oder einem
teuflisch schnellen mexikanischen
Walzer unter Beweis, was stets für
eine Steigerung der Herzfrequenz
sorgte! Eine durchtanzte Nacht
bringt Schwung in die Arterien und
steht einer Laufstunde in nichts
nach!
Und mit 28 Jahren kam dann
der große Umbruch. Nein, keine
Frau, sondern eine bedeutende
Ernährungsumstellung.
Um Sie sanft wieder aus diesem
Sie wissen das vielleicht nicht, aber
Traum zu reißen, bei dem Sie mich
mein elsässischer Bruder ist kein
begleitet haben, weise ich darauf
Kostverächter… Und ich war da
hin, dass diese 100 000 km die vor
keine Ausnahme. In meiner Familie
meinem Beitritt zur Lauf-Religion
war Essen eine von allen befolgte
zurückgelegten Kilometer nicht
Religion. Sie können sich
berücksichtigen.
dementsprechend den Schock
vorstellen, wenn Sie eines schönen
Bevor ich zum Laufen kam, bin Tages an den Tisch eines
ich anderen Sportarten
Vegetariers eingeladen werden,
nachgegangen: Fußball natürlich, der wenn Sie noch nicht einmal wissen,
einzige Sport, der auch einem
dass es das überhaupt gibt... Die
erste Mahlzeit war wirklich hart.
Ungenießbar ist schon zutreffender.
Die Neugier war hier eine gewisse
Antriebskraft und ich befolgte das
Sprichwort, das besagt: „Der
Meister erscheint, wenn der Schüler
bereit ist“. Wahrscheinlich war ich
bereit, denn 8 Tage später war ich
Vegetarier, mit einigen Tiefschlägen
in den ersten Monaten, Begegnungen
mit anderen Vegetariern und einem
Zufall des Kalenders: ich begann
genau vor einem Wettkampf, den
der vegetarische Verein „Das
Natürliche Leben“ aus Mülhausen
organisierte: ein Marathon in dem
herrlichen Hardtwald, der den Rhein
von Basel bis Strassburg säumt.
Ich habe mich ohne besonderes
Training an den Start dieses
berühmten 42km und ein paar Meter
langen Laufs begeben. Das war ganz
schön hart: für meinen Organismus,
meine Füße und meinen
Sportlerehrgeiz, der sich für
vollkommen und fähig hielt, mit
echten Marathonläufern mithalten
zu können, die die Torturen dieser
legendären Distanz bestens kannten.
Ich bin also mit der Blume zwischen
den Zähnen zusammen mit Typen
gestartet, die weit unter den drei
Stunden lagen und sich unentwegt
Geschichten erzählten und sich
während des Laufens herrlich
amüsierten. Ich konnte 15 km mit
ihrem Rhythmus mithalten, danach
ähnelte das Ganze mehr und mehr
der Schlacht von Beresina und ich
wurde immer langsamer. Meine
Dickköpfigkeit ließ mich noch
weitere zehn Kilometer durchhalten.
Zurück am Startpunkt konnte ich
nicht einmal mehr die Füße heben,
um ins Auto zu steigen! Es hat über
zwei Wochen gedauert, bis ich
wieder mehr oder weniger normal
war.
Dieselbe Erfahrung machte ich bei
den ersten 100 km. Ich war da zwar
schon ein wenig besser trainiert,
aber noch immer nicht ausreichend
für eine solche Distanz.
Und dasselbe Spiel noch
einmal: Die ersten Kilometer
verliefen in der Starteuphorie ohne
Probleme, klar. Bei 25 km ging es
auch noch, bei 50 fing es an, langsam
schwierig zu werden. Muskelkater
natürlich aber vor allem Blasen an
den Füßen. Ich habe durch eisernen
Willen bis zum Kilometer 75
durchgehalten, Amen. Der Körper
hatte seine Gründe, die mein Wille
nicht mehr verstehen konnte. Ein
Bus hat mich zum Start
zurückgebracht und der Busfahrer
musste mich förmlich tragen, um in
den Bus zu steigen.
Man sollte meinen, dass ich
dickköpfig bin. Das hat mich aber
nicht entmutigt, ganz im Gegenteil.
Sondern mir nur ein wenig
Bescheidenheit beigebracht und mir
bewusst gemacht, dass 200 Meter
zu laufen bei Weitem nicht dasselbe
ist, wie beim Laufen respektabler
Entfernungen bis an seine Grenzen
zu gehen.
Ich bin halt ein kleines bisschen
schlauer geworden!
Seitdem ist das Training eine
Notwendigkeit geworden, eine
ebenso wichtige Facette meines
Lebens wie das Atmen. Damals
arbeitete ich bei der
Generaldirektion der elsässischen
Kaliumminen und ging fast jeden Tag
1 1/2 in der Mittagspause mit 2
anderen Verrückten über Berg und
Tal laufen. Selbstverständlich
folgten diesem Rhythmus auch die
Ergebnisse.
Zudem befanden wir uns in den
80-er Jahren, in denen sich die
Langstrecken-Läufe auf ihrem
Höhepunkt befanden. 10km Läufe,
die heute wie Pilze aus dem Boden
schießen, gab es damals so gut wie
noch nicht.
Bergläufe waren die Stars und jedes
Mal ein erneutes Fest, eine Art
Wiedergeburt, selbst wenn einem
bei manchen schrecklichen
Aufstiegen die Luft ausging, hierbei
denke ich an den Grand Ballon im
Elsass, den Sierre Zinal in der
Schweiz oder auch den Montcalm in
den Pyrenäen, Strecken, die eher
zum Klettern geeignet sind und auf
denen man teilweise nur auf allen
Vieren weiterkommt!
In all diesen Jahren lag die pro
Woche durchschnittlich
zurückgelegte Entfernung bei 100
km. Ich muss zugeben, dass mir das
mein Beruf ermöglichte und ich bin
glücklich darüber, da viele meiner
Läuferfreunde dieses Glück nicht
hatten. Abends nach der Arbeit zu
laufen, verlangt einem noch mehr
Motivation ab, vor allem, wenn es
früh dunkel wird.
Manchmal lief ich auch vor der
Arbeit. Damals. Jeden Mittwoch in
den Sommermonaten verließ ich mein
Domizil morgens um 4Uhr30, um die
ca. 35 km zur Arbeit zu laufen! 3 1/2
Stunden Weg. Und manch einer
beschwert sich, wenn er eine halbe
Stunde mit dem Auto fahren muss.
Aber das ist nur Spaß, denn es ist
nicht lustig, sich jeden Morgen in
eine Dose auf vier Rädern zwängen
zu müssen, um sich dann von einem
Vorgesetzten heruntermachen zu
lassen, der auch nicht darüber
hinwegkommt, das warme Heim mit
einer unangenehmen Arbeit
eintauschen zu müssen. Allerdings
kehrte ich nicht laufend nach Hause
zurück!
Da ich in einem kleinen, von Feldern
umgebenen Dorf lebte, ist es mir
mehrfach passiert, den Großteil des
Weges in zentimeterhohem Schnee
zurückzulegen. Das war hart, aber
auch ein Genuss.
Ich betone, dass mein Dorf am Fuße
des Hügellands Sundgau liegt, einem
zum Laufen idealen Gebiet. Recht
steile, aber nicht ganz so unendliche
Steigungen wie in den Alpen, kleine,
sich durch das Grün windende Pfade,
kein Asphalt und somit keine Autos,
unerwartete Begegnungen mit dem
einen oder anderem vom Weg
abgekommenen Reh oder mit
Gämsen, Füchsen, die sich nicht
gleich aus dem Staub machen,
Bussarde, die fast permanent über
einem fliegen, die menschenlose
Stille und die Melodie der Natur,
der Wind in den Ästen, das Knistern
der Blätter unter meinen Schritten.
Ein kleines Stück Natur, das weitaus
angenehmer ist, als wie ein Blöder in
einem Stadion seine Runden zu
drehen, den Blick auf die Stoppuhr
gerichtet und oftmals Kopfhörer im
Ohr.
Man muss sagen, dass ich immer nur
nach Gefühl gelaufen bin, niemals
mit einer Uhr am Handgelenk und
niemals nach einer vorher
festgelegten Zeit. Mein
Laufvergnügen wäre durch diese
zeitlichen Betrachtungen
geschmälert worden. Ich laufe nach
Instinkt. Bevor ich loslaufe, präge
ich mir allerdings einen Weg ein, um
mir ein Ziel zu setzen und ich lege
eine Kreuzfahrtgeschwindigkeit vor,
die je nach Lust und Laune und
Wetter variiert. Manchmal tummele
ich mich königlich bei sanfter Brise,
an anderen Tagen renne ich wie ein
Besessener, weil Harmonie über
meine Zellen herrscht, und die
Maschine ihre Grenzen austesten
möchte.
Ich mag Wettkämpfe, ich mag das
Startfieber, wenn man die
Massageprodukte riecht, man auf
allen Seiten aufgeregte Läufer
sieht, die es alle eilig haben, die
anderen Mitstreiter zu schlagen
oder gelassener nur sich selbst zu
übertreffen.
Beim Training habe ich meinen
offiziellen Begleiter, meinen Hund!
Der Vorteil des Hundes ist, dass er
immer zufrieden ist. In einem
halben Jahrhundert habe ich mehr
als einen „abgenutzt“. Ich sage
„abgenutzt“, aber sie haben dabei
immer Riesenspaß gehabt, mich in
die Berge zu begleiten. Doch, doch,
das haben sie mir gesagt, wenn sie
mir zeigten, dass die Zeit zum
Aufbruch gekommen war, indem sie
so lange an der Leine zerrten, bis
wir am nächsten Unterholz ankamen.
Sie legten hierbei die doppelte oder
dreifache Distanz durch ständiges
Hin- und Herlaufen zurück, ohne
dabei zu vergessen, ununterbrochen
vor Freude mit dem Schwanz zu
wedeln und mir ab und zu einen
mitleidigen Blick zuzuwerfen, da ich
nach ihrem Geschmack nicht schnell
genug war!
Momentan nehme ich einen
kleinen, 5 kg schweren, ganz nassen
Racker mit, Omas Schoßhündin, die
mich tatsächlich durch ihre
Unermüdlichkeit erstaunt. Ich
dachte immer, dass sich diese
kleinen Kläffer nur auf dem Schoß
ihrer Herrin wohlfühlen, wo sie sich
auf skandalöse Weise vollfressen.
Nein, Glöckchen, so heißt sie, steckt
jeden Morgen eine Kerze an, um dem
Hundegott dafür zu danken, dass sie
in einer Familie gelandet ist, in der
mehrere Mitglieder gern laufen.
Papa und Tochter und Tochter und
Tochter und Nichte und Ehemann
der Nichte.
Aber mein bester Laufhund
war ein Appenzeller Schweizer
Sennenhund mittlerer Größe und 35
kg schwer, der mich 18 Jahre lang
ohne Unterbrechung begleitet hat!
Er ist mit 19 Jahren im
Swimmingpool des Nachbarn
ertrunken, immer noch beweglich,
aber natürlich nicht mehr in der
Lage, mich auf meinen zu langen
Läufen zu begleiten.
Ich spreche von meinen
Hunden, weil es manchmal vorkommt,
dass der Mensch (welcher Läufer
kennt das nicht) keine Rechte Lust
zum Laufen hat, es regnet, es ist
grau, zu warm, man hat einen
ätzenden Tag hinter sich und eher
Lust, es sich daheim gemütlich zu
machen? Und genau dann werden Sie
von einer kühlen Schnauze (Zeichen
für gute Gesundheit des Hundes)
aus Ihrer vorübergehenden
existenziellen Trostlosigkeit
gerissen, und die Schnauze bleibt
beharrlich, auch wenn die Stimme
vom Herrchen aggressiver wird. Da
es einfacher ist, seinen Hund
zufriedenzustellen als seinen
Partner, zieht man sich die Schuhe
an und geht los. Und nach einer
Viertelstunde fühlt man sich wie
neugeboren und der Hund, der
spürt, dass sich Ihre Stimmung
aufhellt, kläfft vor Freude, als
würde er sagen „Siehst Du, wenn ich
nicht darauf bestanden hätte…
hoffentlich erweist du dich dafür
erkenntlich! Mit einer Wurst, aber
nur einer!
Ein Hund ist die Garantie für
die Beständigkeit des Trainings. Ein
Hund ist wirklich ein Freund, der
Ihnen Gutes will. Frauen stimmen
darüber ein, wenn sie bestätigen:
„Je häufiger man mit einem Hund
zusammen ist, umso weniger mag
man die Männer!“
Naja, wir wissen es alle, unter uns
Männern gibt‘s auch ein paar ganz
brauchbare Exemplare!
Aber manche sind stressig.
Ich habe immerhin viele Freunde
gekannt, die ununterbrochen über
die Zeit reden, ohne mal einfach nur
auf ihr Herzklopfen zu hören, und
permanent beschleunigen müssen,
wenn sie mal 3 Sekunden verloren
haben. Ich habe mir das Leben mit
solchen Überlegungen nie
verdorben. Ich glaube nicht einmal,
dass das die Leistungen verbessert.
Denn keiner von denen, mit denen
ich zusammentraf, ist jemals Sieger
geworden. Sie werden erwidern,
dass meine „Leichtfertigkeit“ mich
auch nicht weitergebracht hat...
Genau an diesem Punkt werde ich zu
meinem Spezialstoß ausholen, der
uns eine unnötige Diskussion
erspart.
Man kann ruhig versuchen, einen
Esel wie ein Pferd zu ernähren,
aber er wird nie so schnell wie
eins laufen können! Das bedeutet,
dass es spezifischer
Grundeigenschaften und natürlich
harter Arbeit bedarf, um auch nur
ein bisschen Hoffnung zu haben,
eines Tages ganz oben zu stehen.
Meine Lebensauffassung
besteht darin, dass man sein Bestes
geben muss, aber ein glücklicher
Mensch bleiben sollte, der seinen
Sport mit einem Lächeln auf den
Lippen betreibt und nicht immer nur
dem in den Neuronen eingeprägten
Zwang folgt, alles bis zum Äußersten
zu betreiben.
Laufen oder schnelles Gehen
ist nicht nur eine Sportart, sondern
ein NATÜRLICHES Element, das
man nicht vernachlässigen sollte,
wenn man keine ebenso natürliche
Strafe erhalten möchte.
Vergessen wir Bemerkungen wie:
„kein Glück“ oder „das ist Schicksal“.
Heutzutage, wo Gekochtes und
Nahrungs-Schluderigkeiten zur
Regel und zum Zugpferd der
„Zivilisation“ geworden sind, gehört
Bewegung ganz einfach zum
Überlebenstraining.
Wie viele Stunden Tastatur,
Auto, Fernsehen und Sessel
müssen wir heute täglich
kompensieren?

Zu viele für unser Herz und
unsere Arterien

Zu viele für unsere Gelenke
und unsere Osteoporose

Zu viel für unseren
Taillenumfang

Zu viel für Stress und
Alzheimer

Zu viel für Krebs und alle
Degenerationskrankheiten
Bereiten wir unserem Schöpfer
deshalb eine Freude, indem wir die
organische Maschine anheizen! Wir
brauchen nur ein anständiges Paar
Schuhe und werfen alle schlechten
Ausflüchte in den Mülleimer!
Setzen Sie sich für 2013 ein Ziel:
1000 km, ungefähr 20 km pro
Woche, ein Klacks.
Jeden zweiten Tag eine Stunde
Wandern
Setzen Sie das Laufen auf
die Tagesordnung und schon wird
2013 zu einem hervorragenden
Jahrgang!
Da man ja bekanntlich mit
gutem Beispiel vorangehen sollte,
nehmen Bruno und ich am
Marathon von Barcelona, der am
17. März stattfindet, teil.
Falls Sie Lust haben, nehmen wir
Sie gern mit!