Einkommensteuer und Eigenheimzulage bei
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Einkommensteuer und Eigenheimzulage bei
FamRB 12/2004 FamRB-Beratungspraxis 409 Aktuelle Praxisfragen grenzt.30 Bei der Pfändung durch Unterhaltsgläubiger sind weitere Einkünfte des Schuldners bei der Bemessung des ihm zu belassenden notwendigen Unterhalts schon ohne weiteres zu berücksichtigen.31 Soweit der Gläubiger also erst nach Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses Kenntnis von dem weiteren Einkommen des Schuldners bekommt, kann er nur einen Antrag gem. § 850g ZPO stellen (s.o. unter 4.c). 6. Verhältnis von Unterhaltsgläubigern zu nicht bevorrechtigten Gläubigern Schwierigkeiten bereitet gerade den Arbeitgebern das Zusammentreffen von „normalen“ Lohn- und Gehaltspfändungen mit den Pfändungen für Unterhaltsgläubiger. Soweit aus der Vergangenheit bekannt ist, dass der Schuldner in finanziellen Schwierigkeiten steckt und auch noch anderen Gläubigern Geld schuldet, ist unbedingt darauf zu achten, dass das Pfändungsvorrecht des § 850d ZPO geltend gemacht und vom Arbeitgeber beachtet wird. Das Zusammentreffen von Pfändungen privilegierter Gläubiger mit Pfändungen „gewöhnlicher“ Gläubiger regelt § 850e Ziffer 4 ZPO. Wurde das Arbeitseinkommen zuerst von einem nicht bevorrechtigten Gläubiger gepfändet, steht diesem Gläubiger der gem. §§ 850c, e ZPO zu berechnende pfändbare Teil des Arbeitseinkommens zu. Hierbei muss auch der später in der Position des Gläubigers hinzutretende Unterhaltsberechtigte berücksichtigt werden. 30 31 32 Smid in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 850e ZPO Rz. 26; Stöber, Forderungspfändung, 13. Aufl., Rz. 1154. Stöber in Zöller, 24. Aufl., § 850e ZPO Rz. 3. Stöber, Forderungspfändung, 13. Aufl., Rz. 1276. Nach Zustellung des mit dem Vorrecht des § 850d ZPO ausgestatteten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zugunsten des Unterhaltsgläubigers wird der „gewöhnliche“ Gläubiger nicht verdrängt. Der Selbstbehalt des Schuldners wird aufgrund der verschärften Freigrenzen schmaler, wovon alleine der vollstreckende Unterhaltsgläubiger profitiert. Der Unterhaltsgläubiger kann also beispielsweise „abschöpfen“: y ein Viertel der für Mehrarbeitsstunden gezahlten Vergütung (§ 850d Abs. 1 i.V.m. § 850a Nr. 1 ZPO) y die Hälfte des Urlaubsgelds, Treueprämien etc. (§ 850d Abs. 1 i.V.m. § 850a Nr. 2 ZPO) y Weihnachtsgeld in Höhe von zur Zeit 250 € (§ 850d Abs. 1 i.V.m. § 850a Nr. 4 ZPO) y die Differenz zwischen dem Selbstbehalt des Schuldners nach der Tabelle des § 850c ZPO und dem vom Vollstreckungsgericht festgesetzten Selbstbehalt. Hat zunächst ein bevorrechtigter Unterhaltsgläubiger ohne Geltendmachung seines Vorrechts das Arbeitseinkommen des Schuldners gepfändet, wird grundsätzlich der Unterhaltsgläubiger kraft Gesetzes gem. § 850e Nr. 4 ZPO auf die der Pfändung in erweitertem Umfang unterliegende Teile des Arbeitseinkommens verwiesen.32 Der Drittschuldner kann jedoch trotz dieser Vorschrift bis zu einer anderweitigen Entscheidung des Vollstreckungsgerichts nach dem Inhalt der zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse mit befreiender Wirkung leisten. Auf Antrag eines Gläubigers (auch des Schuldners, nicht aber des Drittschuldners) kann das Vollstreckungsgericht per Beschluss anordnen, dass der bevorrechtigte Gläubiger zunächst aus den gem. § 850d ZPO pfändbaren Teilen des Arbeitseinkommens zu befriedigen ist. Einkommensteuer und Eigenheimzulage bei Lebenspartnerschaften von Rechtsanwältin Susanne Christ, Köln Die zum 1.8.2001 eingeführte Möglichkeit für gleichgeschlechtliche Partner, eine eingetragene Lebenspartnerschaft zu begründen, überstand die gesetzgeberischen Hürden nur durch einen Trick: Nachdem klar wurde, dass der Bundesrat dem Gesetz nicht zustimmen würde, wurde das Gesetz in das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) und das Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz (LPartGErgG) aufgespalten. Im LPartGErG fanden sich all die Regelungen wieder, die der Zustimmung des Bundesrats bedurften, insbesondere die Regelungen zur Besteuerung von Lebenspartnerschaften. Demgegenüber wurden die nicht von der Zustimmung des Bundesrats abhängigen Teile im LPartG zusammengefasst. Das Ergebnis ist bekannt: Das LPartG überstand die gesetzgeberischen und auch verfassungsrechtlichen (s. BVerfG v. 17.7.2002 – 1 Zu den Begriffen: Im Beitrag als Lebenspartner bezeichnete Partner sind solche, die miteinander eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet haben; mit Lebenspartnerschaft ist die eingetragenen Lebenspartnerschaft gemeint. 1 BvF 1/01) Hürden. Das LPartGErgG scheiterte an der fehlenden Zustimmung des Bundesrats. Der Gesetzgeber hat inzwischen eine Novelle zum LPartG verabschiedet, mit der – im zivilrechtlichen Bereich – die rechtliche Gleichstellung homosexueller Lebenspartner mit Ehegatten ausgebaut werden soll (Einzelheiten dazu demnächst im FamRB). Steuerliche Veränderungen wird diese Novelle allerdings nicht mit sich bringen. Weiterhin behandelt also das Steuerrecht Lebenspartner grundsätzlich wie Fremde. Dies ist in der Regel für die Betroffenen nachteilig. Im Folgenden wird im Einzelnen die steuerliche Behandlung von Lebenspartnern im Einkommensteuerrecht und bei der Eigenheimzulage dargelegt. In einem zweiten Beitrag folgen Ausführungen zur Lebenspartnerschaft im Erbschafts- und Schenkungsteuerrecht. I. Einkommensteuer Lebenspartner1 werden bei der Einkommensteuer wie Ledige behandelt. Das hat insbesondere Folgen für die Ver- 410 FamRB-Beratungspraxis FamRB 12/2004 Aktuelle Praxisfragen anlagung und bei der Zuordnung von Steuerklassen. Um es vorwegzunehmen: Für Lebenspartner kommt nur eine Einzelveranlagung in Betracht. In der Regel wird ihnen deshalb auch die Steuerklasse I zugewiesen. Aber: In bestimmten Fällen kann ein unterhaltsverpflichteter Lebenspartner seine Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 oder § 33 EStG steuerlich geltend machen. wem diese Ausgabe entstanden ist. Anders bei der Einzelveranlagung der Lebenspartner: Hier werden Ausgaben demjenigen zugerechnet, der sie tatsächlich getätigt hat. Zu den außergewöhnlichen Aufwendungen zählen neben Krankheitsaufwendungen auch Katastrophenschäden oder bestimmte Aufwendungen zur Beseitigung von Umweltbeeinträchtigungen, wie z.B. eine Dachsanierung wegen Asbestbelastung. 1. Keine gemeinsame Veranlagung 2. Übertragung von Einkünften auf den anderen Partner zur Optimierung der Einkommensteuerlast Weichen die Einkommen der beiden Partner erheblich voneinander ab, kann es Sinn machen, Einkommensquellen, etwa Einkünfte aus Kapitalvermögen, durch Übertragung des Stammrechts auf den anderen Partner zu übertragen. Dann hat dieser die Möglichkeit, noch nicht genutzte Steuerfreibeträge und geringere Steuersätze auszuschöpfen. Zu beachten ist, dass ein solcher Vorgang ggf. Schenkungsteuer auslösen kann, vgl. dazu weiter unten. Eingetragene Lebenspartner werden einkommensteuerlich nicht den Eheleuten gleichgestellt. Das hat zur Folge, dass für sie die Eheleuten gewährten besonderen Veranlagungsformen, die Zusammenveranlagung nach § 26 EStG, das Gnadensplitting nach § 32a Abs. 6 EStG sowie die getrennte Veranlagung nach § 26a EStG, nicht zur Anwendung kommen. Solange beide Lebenspartner über annähernd gleiche Einkommen verfügen, ist dies nicht sonderlich nachteilig. Denn die Zusammenveranlagung führt vor allem in Fällen, in denen die Einkommensunterschiede zwischen den Eheleuten erheblich sind, zu Steuerersparnissen, so dass auch Eheleute, die über ähnlich hohe Einkommen verfügen, keine oder nur geringe Vorteile aus dem Splittingtarif ziehen. Deshalb sind vom Ausschluss der Zusammenveranlagung vor allem Lebenspartnerschaften betroffen, bei denen die Partner unterschiedlich hohe Einkommen erzielen, etwa wenn ein Partner noch studiert oder sich um ein Kind aus einer früheren Partnerschaft kümmert, während der andere Partner der Erwerbstätigkeit nachgeht. Beraterhinweis: Das FG Saarland2 hat Anfang 2004 eine Klage von Lebenspartnern auf gemeinsame Veranlagung mit dem Argument abgewiesen, dass die gemeinsame Veranlagung nur für Ehegatten einer bürgerliche Ehe im Sinne des Zivilrechts gelte. Allerdings ließ das FG die Revision zum BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung zu, was darauf hindeuten mag, dass das FG Saarland eine andere Rechtsauffassung für vertretbar hält. Die Revision ist inzwischen beim BFH anhängig.3 Wer Lebenspartner berät, sollte darauf hinweisen und gegen entsprechende Bescheide Einspruch einlegen. Der LSVD (Lesben- und Schwulenverband Deutschlands) hat auf seiner Homepage (www.lsvd.de) einen Mustereinspruch und eine Musterklage gegen die Ablehnung der gemeinsamen Veranlagung eingestellt. Diese kann bei Bedarf unentgeltlich heruntergeladen werden. Durch das inzwischen beim BFH anhängige Verfahren ist es nur noch notwendig, gegen entsprechende Bescheide Einspruch einzulegen. Gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO wird das Einspruchsverfahren wegen des laufenden Verfahrens bis zur Entscheidung ruhend gestellt. Dies geschieht von Amts wegen. Allerdings sollte sicherheitshalber bereits bei Einlegung des Einspruchs auf das beim BFH anhängige Verfahren hingewiesen und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden. Lassen sich Eheleute getrennt zur Einkommensteuer veranlagen, werden die ihnen zusammen erwachsenen außergewöhnliche Belastungen – wenn sie keinen anderen Aufteilungsmaßstab wählen – je zur Hälfte zugerechnet, vgl. § 26a Abs. 2 EStG, und zwar unabhängig davon, a) Arbeitsverhältnisse zwischen Lebenspartnern Ist der besser verdienende Lebenspartner selbständig, besteht die Möglichkeit, den geringer verdienenden Partner als Angestellten im eigenen Unternehmen zu beschäftigen. Dann entstehen bei dem Arbeitgeber-Lebenspartner Betriebsausgaben in Form von Personalkosten, wodurch sein hoher Steuertarif sinkt. Der Arbeitnehmer-Lebenspartner unterwirft die von ihm dadurch erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit seinem – geringeren – persönlichen Steuersatz. Beispiel Die selbständige Computerfachfrau M und die Studentin H begründen eine eingetragene Lebenspartnerschaft. M betreibt erfolgreich eine selbständige Computerschule, ihr zu versteuerndes Einkommen4 des Jahres 2004 beträgt 100.000 €. H erzielt als Studentin keine Einkünfte. Würde M H als Angestellte, z.B. als Aushilfskraft, bei sich beschäftigen, und ihr dafür 1.000 € monatlich brutto zahlen, würden ihre Personalaufwendungen um 14.400 € steigen (Jahresbruttolohn zzgl. ca. 20 % Arbeitgeberbeitrag zur Sozialversicherung), die als Betriebsausgaben geltend gemacht werden könnten. Damit sänke ihr zu versteuerndes Einkommen um 14.400 €. Bei einem Spitzensteuersatz von derzeit5 45 % würde sie Einkommensteuer in Höhe von 6.480 € sparen. Im Gegenzug muss für H Lohnsteuer gezahlt werden, die Höhe richtet sich aber nach dem für H geltenden Steuersatz. Bei Steuerklasse I wären das monatlich 51,58 €, also im gesamten Jahr 618,96 €. Durch die Anstellung von H ersparen sich die beiden zusammen 5861,04 € Einkommensteuer. Achtung! Bei diesem Beispiel sind sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen nicht berücksichtigt worden. Diese können je nach 2 3 4 5 Vgl. dazu FG Saarland v. 21.1.2004 – 1 K 466/02, NJW 2004, 1268 = EFG 2004, 568. BFH, Verfahren III R 8/04 – eingegangen am 21.4.2004. Das zu versteuernde Einkommen ist die maßgebliche Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags. Rechtslage 2004. Die Berechnung erfolgt aus Gründen der Übersichtlichkeit ohne Berücksichtigung von Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. FamRB 12/2004 FamRB-Beratungspraxis 411 Aktuelle Praxisfragen Sachlage vorteilhaft sein, z.B. um jemanden über die gesetzliche Krankenversicherung abzusichern, aber auch nachteilig sein, etwa, wenn sich durch die Anstellung der Beitrag zur Krankenversicherung erhöht. Im Rahmen der Beratung sollte unbedingt auf diese Aspekte hingewiesen werden und im Zweifel auch auf diesem Gebiet kundige Fachleute zu Rate gezogen werden. Außerdem kann durch eine solche Anstellung die Möglichkeit, Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastungen geltend machen zu können, entfallen. Vgl. dazu weiter unten. b) Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung von Arbeitsverhältnissen zwischen Lebenspartnern Zu beachten ist, dass die Finanzverwaltung gegenüber solchen zwischen Lebenspartnern geschlossenen Arbeitsverhältnissen misstrauisch ist, da es an dem normalerweise zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern anzutreffenden Interessengegensatz fehlt. Ob allerdings die für Ehegattenarbeitsverhältnisse geltenden strengen Anforderungen an die steuerliche Anerkennung solcher Arbeitsverhältnisse auf die Lebenspartnerschaft übertragen werden können, ist zweifelhaft. Zwischen Eheleuten werden Arbeitsverhältnisse steuerlich nur anerkannt, wenn es sich um klare, eindeutige und ernsthafte Vereinbarungen handelt. Diese Vereinbarungen müssen vor Aufnahme der Arbeit getroffen werden und auch wie vereinbart tatsächlich durchgeführt werden. Außerdem müssen die Vereinbarungen dem entsprechen, was auch zwischen Fremden üblich6 ist. Ob diese Regelungen auf Lebenspartner zu übertragen sind, ist bislang – soweit ersichtlich – noch nicht Gegenstand finanzgerichtlicher Entscheidungen gewesen. Nach h.M. werden zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die für Eheleute geltenden Regelungen nicht angewendet, obwohl auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass es an einem Interessengegensatz fehlt. Das bedeutet, dass diese Arbeitsverhältnisse grundsätzlich auch steuerlich anerkannt werden, wenn die für Eheleute geltenden strengen Anforderungen im Einzelfall nicht erfüllt sind. Allerdings gilt dies nicht ausnahmslos: Wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die getroffene Vereinbarung nicht ernsthaft gewollt ist oder bewusst ein überhöhtes Entgelt vereinbart wurde, werden auch zwischen nichtehelichen Lebenspartnern bestehende Arbeitsverhältnisse steuerlich nicht anerkannt. Dann können die damit verbundenen Personalkosten nicht als Betriebsausgaben vom Arbeitgeberpartner geltend gemacht werden. Beraterhinweis: Wer vor Aufnahme eines solchen Arbeitsverhältnisses als Rechtsanwalt beratend tätig wird, sollte darauf hinwirken, dass die für Eheleute geltenden strengen Anforderungen eingehalten werden. Denn dann ist er auf der sicheren Seite, selbst wenn sich die Auffassung durchsetzen sollte, dass die für Eheleute geltenden strengen Anforderungen auch für Lebenspartner gelten sollten. Bis auf den sog. Fremdvergleich sind die Anforderungen im Wesentlichen formaler Natur, deren Beach6 Vgl. dazu im Einzelnen Wolfgang Küttner, Personalbuch 2004, unter B. Lohnsteuerrecht zum Stichwort „Familiäre Mitarbeit“. tung lästig ist, aber nicht wirklich ein Hindernis darstellt. 3. Entlastungsbetrag nur noch für „echt Alleinerziehende“ Bis einschließlich 2003 stand „Alleinerziehenden“ ein Haushaltsfreibetrag nach § 32 Abs. 7 EStG zu. Hier war es nicht schädlich, wenn diese Person mit ihrem eingetragenen Lebenspartner zusammenlebte. Der Haushaltsfreibetrag wurde nur dann nicht gewährt, wenn die Möglichkeit zur Zusammenveranlagung gegeben war, was, wie oben dargestellt, bei Lebenspartnern gerade nicht der Fall ist. Der Haushaltsfreibetrag wurde mit Ablauf des Jahres 2003 abgeschafft. Stattdessen wurde ab 2004 ein Entlastungsbetrag nach § 24b EStG eingeführt. Dieser steht nur noch „echten“ Alleinerziehenden zu, nicht solchen, die mit einer anderen Person in einer Haushaltsgemeinschaft leben. Bei eingetragenen Lebenspartnern, die in derselben Wohnung mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldet sind, wird eine Haushaltsgemeinschaft unwiderlegbar vermutet, vgl. § 24b Abs. 2 letzter Satz EStG. Damit fällt de facto der Entlastungsbetrag für Lebenspartner, die zusammen in einem Haushalt leben, weg. Den Entlastungsbetrag in Anspruch nehmen kann deshalb ein Lebenspartner (mit Kind) nur, wenn er nicht mit seinem Lebenspartner zusammenwohnt. Denn dann entfällt die Vermutung der Haushaltsgemeinschaft. Außerdem muss der Lebenspartner für das Kind/die Kinder Kindergeld erhalten bzw. Anspruch auf den Kinderfreibetrag haben. Der Entlastungsbetrag wird in Höhe von 1.308 € für den Elternteil gewährt, y bei dem das Kind/die Kinder leben („mit dem sie eine Haushaltsgemeinschaft in einer gemeinsamen Wohnung bilden“, vgl. § 24b Abs. 1 Nr. 1 EStG) und y der zusammen mit dem Kind/den Kindern dort mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Zunächst trat mit § 24b EStG eine Regelung in Kraft, nach der der Entlastungsbetrag nur gewährt werden sollte, wenn das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Diese Regelung ist rückwirkend zum 1.1.2004 aufgehoben worden. Nunmehr können Steuerpflichtige den Entlastungsbetrag – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – solange in Anspruch nehmen, wie sie für dieses Kind Anspruch auf Kindergeld/die Freibeträge für Kinder haben. a) Steuerklasse II Lebenspartner, die danach Anspruch auf den Entlastungsbetrag haben, können sich in die Steuerklasse II einstufen lassen. Dann wird der Entlastungsbetrag bereits im Laufe des Jahres bei der Berechnung der Lohnsteuer berücksichtigt. Unterbleibt eine Einstufung in Steuerklasse II, kann der Entlastungsbetrag immer noch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt werden. b) Anspruch auf Kindergeld/Kinderfreibetrag Nach § 32 Abs. 1 EStG steht der Kinderfreibetrag den leiblichen Eltern und Pflegeeltern zu. Außerdem besteht die Möglichkeit, ihn nach § 32 Abs. 6 Satz 7 EStG auf ei- 412 FamRB-Beratungspraxis FamRB 12/2004 Aktuelle Praxisfragen nen Stiefelternteil oder Großelternteil zu übertragen. Kindergeld wird entsprechend den Regelungen der §§ 62 ff. EStG gewährt, d.h. grundsätzlich für Kinder im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG und im Haushalt aufgenommene Kinder des Ehegatten, vgl. § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG. In der Praxis stellt sich häufig die Frage, ob der Kinderfreibetrag/das Kindergeld von beiden Lebenspartnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft beansprucht werden kann, wenn das Kind eines der Lebenspartner in der häuslichen Gemeinschaft der Lebenspartner lebt. Selbstverständlich steht dem leiblichen Elternteil Kindergeld und der Kinderfreibetrag zu. Der andere Lebenspartner hätte Anspruch auf den Freibetrag, wenn das Kind ein „Pflegekind“ oder „Stiefkind“ von ihm ist. Ein Pflegekindschaftsverhältnis setzt aber u.a. voraus, dass das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht. Dies ist in den praktisch bedeutsamen Fällen gerade nicht der Fall, weil der andere Lebenspartner in der Regel leibliche Mutter oder leiblicher Vater des Kindes ist. Nicht ganz so klar ist die Rechtslage bei Stiefkindern. Eine gesetzliche Definition für diesen Begriff gibt es weder im Steuerrecht noch im Bürgerlichen Gesetzbuch. Allgemein wird unter einem Stiefkind das Kind des anderen Ehegatten verstanden. Vor dem Hintergrund dieses Sprachgebrauchs hat der BFH7 entschieden, dass deshalb auch nur Ehegatten im bürgerlichen Sinne Stiefeltern sein könnten. Gegen diese Entscheidung ist Verfassungsbeschwerde beim BVerfG eingelegt worden.8 Für Lebenspartnerschaften ist außerdem zu berücksichtigen, dass es in dem entschiedenen Fall nicht um Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ging, sondern um die Partner einer (nicht eingetragenen) gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft. Ob der BFH genauso entscheiden würde, wenn es sich bei den Partnern um eine eingetragene Lebenspartnerschaft handelt, ist deshalb offen. Allerdings ist zu bedenken, dass in § 63 EStG,9 der die Voraussetzungen für die Kindergeldgewährung normiert, formuliert ist, dass für das Kindergeld die „vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommenen Kinder seines Ehegatten“ berücksichtigt werden. Hier wird, im Gegensatz zu § 32 Abs. 6 Satz 7 EStG ausdrücklich auf den Ehegatten abgestellt. Darunter dürfte auch zukünftig nur ein Ehegatte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches und nicht ein Partner einer Lebenspartnerschaft verstanden werden. Demgegenüber ist die Regelung zum Kinderfreibetrag in § 32 Abs. 6 Satz 7 EStG nicht ganz so klar. Denn dort wird vom Stiefelternteil gesprochen, ohne dass der Begriff näher definiert wird. Beraterhinweis: Wer Lebenspartner mit Kindern berät, sollte auf diese Probleme hinweisen, ohne allerdings zu große Hoffnungen darauf zu wecken, dass es hier zu einer Änderung der bestehenden Praxis, den Kinderfreibetrag und das Kindergeld ausschließlich dem leiblichen Elternteil zu gewähren, kommen wird. Die Novelle des Lebenspartnerschaftsgesetzes sieht vor, dass leibliche Kinder des anderen Lebenspartners adoptiert werden können, § 9 LPartG n.F. Für adoptierte Kinder besteht – soweit die allgemeinen steuerlichen Voraussetzungen erfüllt sind – Anspruch auf Kindergeld bzw. den Kinderfreibetrag. 4. Kein Wahlrecht bei den Steuerklassen Solange Lebenspartnern die gemeinsame Veranlagung verwehrt wird, können sie auch nicht zwischen den Steuerklassenkombinationen III/V oder IV/IV wählen. Damit werden Lebenspartner grundsätzlich in Steuerklasse I eingestuft. Steuerklasse II kann nur beansprucht werden, wenn die Lebenspartner keine gemeinsame Haushaltsgemeinschaft i.S.v. § 24b Abs. 2 Nr. 2 EStG begründen (vgl. dazu im Einzelnen oben unter 3.). 5. Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG Nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG können Unterhaltsleistungen an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person bis zu 7.680 € (bis 31.12.2003: 7.188 €) als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden. Diese Regelung kommt bei Eheleuten wegen der spezielleren Regelungen zur Ehegattenbesteuerung nicht zur Anwendung. Da diese Regelungen nach derzeitiger Rechtslage nicht auch für eingetragene Lebenspartnerschaften gelten, kommt für sie ein Abzug nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG in Betracht. Beraterhinweis: Wer die Anwendung des Splittingtarifs für Lebenspartner im Wege des Einspruchs geltend macht, sollte sicherheitshalber hilfsweise den Abzug von Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG geltend machen; jedenfalls dann, wenn die nachfolgend dargestellten Voraussetzungen bei seinen Mandanten vorliegen. Durch die Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft wurden die Lebenspartner in den Kreis der unterhaltsberechtigten bzw. unterhaltsverpflichteten Personen im Sinne des § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG aufgenommen, wie die die Unterhaltspflichten zwischen Lebenspartnern regelnden §§ 5, 12, 16 LPartG zeigen. Der Abzug von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen setzt insbesondere Folgendes voraus: y Tatsächlich erbrachte Unterhaltsleistungen oder Aufwendungen für die Berufsausbildung. Bei den Unterhaltsleistungen muss es sich um übliche und typische Unterhaltsleistungen handeln, z.B. in Form von Übernahme der Miete oder des laufenden Lebensunterhalt. Dazu zählen auch Krankenversicherungsbeiträge, die der unterhaltsverpflichtete Partner aufwendet. Untypische Unterhaltsleistungen werden angenommen, wenn sich der Unterhalt auf besonders aufwändige oder teure Leistungen, wie z.B. die Anschaffung sehr teurer Haushaltsgeräte bezieht. Oder wenn typische Unterhaltsleistungen für vergangene Zeiträume oder zur Deckung des Unterhaltsbe- 7 8 9 BFH v. 20.4.2004 – VIII R 88/00, BHF/NV 2004, 1103; Vorinstanz FG Hamburg v. 3.5.2000 – VI 135/99, DStRE 2000, 974. BVerfG, Verfahren 2 BvR 1143/04 – eingegangen am 23.8.2004. Vgl. zur Auslegung des § 63 EStG: Niedersächsisches FG v. 4.6.2002 – 6 K 525/98 Ki, EFG 2003, 174. FamRB 12/2004 FamRB-Beratungspraxis 413 Aktuelle Praxisfragen darfs für ein Folgejahr aufgewendet werden.10 Auch Aufwendungen infolge einer Krankheit zählen zu den untypischen Aufwendungen. Diese können aber ggf. als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG – nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung – abgesetzt werden. y y Beraterhinweis: Bei Aufnahme des Unterhaltsberechtigten in den eigenen Haushalt unterstellt die Finanzverwaltung, dass Unterhaltsleistungen in Höhe des Höchstbetrags geleistet wurden.11 Kein oder nur geringes eigenes Vermögen des Unterhaltsberechtigten, § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG. Die Finanzverwaltung hält eigenes Vermögen bis zu einem Verkehrswert in Höhe von 15.500 € für unschädlich. Eigene Einkünfte und Bezüge bis max. 624 € im Kalenderjahr. Liegen die eigenen Einkünfte über diesem Betrag, wird der darüberliegende Betrag vom Höchstbetrag abgezogen und der sich dann ergebende Restbetrag zum steuerliche Abzug zugelassen. Hierzu zählen auch BAföG-Zahlungen oder andere öffentlich-rechtliche Zuschüsse. Beispiel Der Arzt B und der Kenianer F gehen eine eingetragene Lebenspartnerschaft ein und beziehen in Berlin eine gemeinsame Wohnung. F verfügt aus einer Aushilfstätigkeit im Jahr 2004 über Einkünfte in Höhe von 2.000 €. B, der die Miete und die Aufwendungen für den Lebensunterhalt trägt, kann als außergewöhnliche Belastungen im Jahr 2004 5.812 € geltend machen. 7.188 € Höchstbetrag nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG Kürzung nach § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG: 2.000 €–624 € = 1.376 € höchstens abziehbar 5.812 € Das bedeutet, dass nach § 33a Abs. 1 EStG der Unterhaltsverpflichtete keine außergewöhnlichen Belastungen geltend machen kann, wenn der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte in Höhe von 7.812 € erzielt (7.188 € [max. Höchstbetrag] – [7.812 €–624 € =] 7.188 € = 0). Beraterhinweis: Das FG Saarland12 hält es nicht für ausgeschlossen, dass die in § 33a Abs. 1 EStG enthaltenen Höchstbeträge zu niedrig sind, so dass eine Verfassungswidrigkeit dieser Regelung für eingetragene Lebenspartner nicht ausgeschlossen werden kann. In dem ihm vorgelegten Fall waren aber die eigenen Einkünfte des Unterhaltsberechtigten so hoch (sie betrugen ca. 25.000 € jährlich), dass es die Frage nach der Verfassungswidrigkeit als nicht entscheidungserheblich angesehen hat. Deshalb unterblieb auch eine Vorlage der Rechtsfrage zum BVerfG. Reicht das Einkommen des geringerverdienenden Partners nicht für den eigenen Unterhalt aus, sollten auch Unterhaltszahlungen, die über den in § 33a Abs. 1 EStG genannten Beträgen liegen, als außerge10 11 12 Vgl. auch H 190 EStH „Allgemeines zum Abzug von Unterhaltsaufwendungen“. Vgl. OFD Frankfurt/M., DB 1998, 1440. Vgl. FG Saarland v. 21.1.2004 – 1 K 466/02, NJW 2004, 1268 = EFG 2004, 568. wöhnliche Belastungen geltend gemacht werden und gegen die zu erwartenden Ablehnungen Rechtsmittel eingelegt werden. y Und noch ein Aspekt ist an der Entscheidung bemerkenswert! Die Lebenspartner hatten in einem notariellen Vertrag den nachpartnerschaftlichen Unterhalt für die Person des weniger verdienenden Lebenspartners ausgeschlossen. Daraus schloss das FG Saarland, dass auch die beiden Partner davon ausgingen, dass die Einkommen der Partner jeweils für die Bestreitung des Lebensunterhalts ausreichten. Weder der Unterhaltsverpflichteten noch eine dritte Person darf für den Unterhaltsberechtigten Anspruch auf Kindergeld/Kinderfreibetrag haben, vgl. § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG. 6. Eigenheimzulage Die Eigenheimzulage verliert wegen der Reduzierung der Verdienstgrenze immer mehr an Bedeutung. Beanspruchen kann Eigenheimzulage nur derjenige, dessen Gesamtbetrag der Einkünfte im Erstjahr, d.h. in dem Jahr, in dem erstmalig Eigenheimzulage beantragt wird, und im Vorjahr 70.000 € nicht übersteigt. Bei Eheleuten darf der Gesamtbetrag der Einkünfte 140.000 € nicht übersteigen. Diese Regelung gilt nicht für Lebenspartner. Erwerben Lebenspartner gemeinsam eine Immobilie, die sie selbst zu Wohnzwecken nutzen, kann, wenn sie die Einkunftsgrenzen nicht überschreiten, jeder für sich Eigenheimzulage beanspruchen. Allerdings tritt dann auch bei jedem der Partner Objektverbrauch ein. Letzteres dürfte angesichts der ernstzunehmenden Planungen, die Eigenheimzulage zukünftig gänzlich zu streichen, nicht so sehr ins Gewicht fallen. Schmerzlicher ist, dass jedem der Lebenspartner dann auch nur anteilig die Eigenheimzulage zusteht. Haben sie beispielsweise die Immobilie je zur Hälfte erworben, steht jedem Partner Eigenheimzulage in Höhe der Hälfte der gesetzlichen Höchstgrenze zu. Dies ist dann schmerzlich, wenn einer der Partner die Verdienstgrenze überschreitet und deshalb in seiner Person keine Eigenheimzulage erhält. Der andere Partner kann auch in diesem Fall nur entsprechend seinem Anteil Eigenheimzulage beanspruchen. Beraterhinweis: Dies lässt sich nur verhindern, wenn einer der Lebenspartner allein die Immobilie im eigenen Namen erwirbt und dem anderen Partner frühestens nach Ablauf von acht Jahren die Hälfte an der Immobilie verkauft. Denn dann kann der erwerbende Lebenspartner bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen die volle Eigenheimzulage beanspruchen. Allerdings ist zu bedenken, dass der andere Lebenspartners in Bezug auf die Immobilie eine schlechtere Rechtsposition erwirbt. Außerdem wäre im Falle des Todes der volle Immobilienwert der Erbschaftsteuer unterworfen und nicht nur – wie bei gemeinsamer Anschaffung – die Hälfte des Werts.