Verbesserte Versorgung von Wundpatienten

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Verbesserte Versorgung von Wundpatienten
Verbesserte Versorgung von Wundpatienten –
Integrationsversorgungsvertrag und
gesundheitsökonomische Begleitstudie
3. Bremer Pflegekongress,
Bremen 10. Mai 2006
Volker Heuzeroth
Taunus BKK, Frankfurt
Prof. Dr. Heinz J. Janßen, Public Health
Institut für Gesundheits- und Pflegeökonomie
IGP Bremen
Integrationsversorgung und Begleitstudie
Übersicht
1. Begründung zum Integrationsversorgungsvertrag
2. Umsetzung des Vertrages
3. Grunddaten zu BKK Patienten 2004
4. Erste Ergebnisse in der Anlaufphase
© Volker Heuzeroth, Taunus BKK, Frankfurt
Prof. Dr. Heinz J. Janßen, IGP Bremen
Integrationsversorgung und Begleitstudie
Gründe
Unterschiedlichste Behandlungsregime trotz klarer Leitlinien
Fehlende Kostentransparenz für alle an der Behandlung Beteiligte
Hohe Behandlungs- und Folgekosten durch die Wundpatienten
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Prof. Dr. Heinz J. Janßen, IGP Bremen
Integrationsversorgung und Begleitstudie
Epidemiologie
Schätzungen zufolge geht man von 4 Millionen Patienten in Deutschland aus, die
unter verschiedenen Arten von chronischen Wunden leiden
Zu den häufigsten Formen zählen Ulcus cruris („offene Beine“); Dekubitus
(„Druckgeschwüre“) und der diabetische Fuß
Für das Ulcus Cruris wird eine Prävalenz von 1,5-2,0% der Gesamtbevölkerung
veranschlagt
Für Dekubitus wird eine Prävenlenz von 1% veranschlagt.
Für diese beiden Wundarten (Ulcus Cruris / Dekubitus) werden Kosten zu Lasten
der GKV in Höhe von 2 bis 2,5 Mrd. Euro berechnet
Die Krankheitsfolgekosten (einschl. der volkswirtschaftlichen Kosten) sind
gleichsam enorm und werden bislang in Ihrer Vollständigkeit nicht
berücksichtigt (Behandlungskosten, soziale Kosten, Arbeitsausfall etc)
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Prof. Dr. Heinz J. Janßen, IGP Bremen
Integrationsversorgung und Begleitstudie
Ulcus cruris
In der Versorgung des Ulcus cruris finden sich erhebliche wirtschaftliche Spielräume.
Hierzu lassen sich in der Literatur die folgenden Hinweise sichten:
Die ambulante Behandlung in qualifizierten Wundzentren ist der stationären
Behandlung bei unkomplizierten Ulcera wirtschaftlich überlegen
Initial höhere Kosten des modernen Wundmanagements können bei
verkürztem Behandlungsverlauf ökonomischer sein als Produkte der
trockenen Wundversorgung
Eine hohe Patienten-Compliance ist ein wichtiger Faktor für ein gutes KostenNutzen-Verhältnis
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Integrationsversorgung und Begleitstudie
Ökonomie
Kosten-Nutzen-Analyse in der Wundversorgung / Meßparameter
Wundtyp und Grösse der Wunde
Dauer der Therapie bis zur vollständigen Abheilung
Einsatz der Materialien (Art und Verwendung)
Behandlungsprogramm
Personeller Zeit- und Versorgungsbedarf
Patienten-Compliance
Lebensqualität und Gesundheitszustand (SF 36)
Die Modernisierung der Wundversorgung kann ersten Analysen zufolge mit einer
Kostenersparnis von insgesamt ca. 40% kalkuliert werden.
Dies sind bei einem geschätztem Ausgabenvolumen von insgesamt 5 Mrd € knapp 2
Mrd € pro Jahr.
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Integrationsversorgung und Begleitstudie
Ablauf der Planung
1.
2.
3.
4.
5.
Feststellung der ökonomischen Auswirkung der Patienten mit
chronischen Wunden (Anzahl und Kosten)
Entwicklung der Behandlungsstrategie dem der IGV Vertrag zu
Grunde liegt
Planung der Umsetzung der integrierten Versorgung
Schaffung der Patientenanreize
Tatsächliche Umsetzung der integrierten Versorgung
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Prof. Dr. Heinz J. Janßen, IGP Bremen
Integrationsversorgung und Begleitstudie
Strategie der integrierten Versorgung
1.
2.
3.
4.
5.
Zentralisierung der Versorgung der Patienten auf
Kompetenzzentren
Festsetzung von Qualitätsstandards
Einbindung der koordinierenden Hausärzte
Änderung der Vergütungssysteme um Fehlanreize abzubauen
Festlegung klarer (zeitlicher) Behandlungsabläufe
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Integrationsversorgung und Begleitstudie
Umsetzung der integrierten Versorgung
1.
2.
3.
Vertragsabschluß eines Vertrages zu integrierten Versorgung
mit einer Managementgesellschaft (§ 140 b Abs.1 Nr. 4 SGBV)
Bestimmung eines einheitlichen Betrittsverfahrens für Ärzte
und Pflegedienste
Bildung eines gemeinsamen Qualitätsausschuss
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Integrationsversorgung und Begleitstudie
Beitrittsverfahren
für Fachärzte
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Integrationsversorgung und Begleitstudie
Schaffung von Patientenanreizen
1.
2.
3.
Befreiung der Patienten von den gesetzlichen Zuzahlungen
Intensive Patienteninformation und Motivation
Rekrutierung der Fachärzte, die bereits als Wundzentren
etabliert sind
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Integrationsversorgung und Begleitstudie
BKK Grunddaten 2004: Diagnosegruppen
Ambulante Versorgung
1.
2.
3.
4.
Krankheiten der Arterien, Arteriolen und Kapillaren (I79)
Krankheiten der Venen (I80, I83, I87)
Dekubitalgeschwür (L89)
Ulcus cruris (L97)
Stationäre Versorgung
1.
2.
3.
4.
5.
Diabetes mellitus (E10, E11,E14)
Krankheiten der Arterien, Arteriolen und Kapillaren (I70)
Krankheiten der Venen (I80, I83, I87)
Dekubitalgeschwür (L89)
Ulcus cruris (L97)
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Integrationsversorgung und Begleitstudie
BKK Grunddaten 2004 – Chronische Wunden
BKK Versicherte 2004
869.462
Patienten mit chronischen Wunden
16.983
Davon stationär:
629
Prävalenzrate chronische Wunden
BKK Taunus
1,95
Kosten der Versorgung gesamt
7.258,179,23
Davon nur stationär
3.790.186,68
52%
Kosten stationäre Versorgung im
Mittel
6.025,73
2 von 100 Patienten der BKK Taunus sind chronische Wundpatienten
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Integrationsversorgung und Begleitstudie
BKK Grunddaten 2004 – Chronische Wunden
Stationäre Versorgung
Diagnosegruppe
Vorrauss. Wundart
Anzahl der Fälle
2004
Diabetes Mellitus
Diabetischer Fuss
160
976.514,05
6.103,21
Artherosklerose
Ulcus Cruris
303
2.220.783,75
7.329,32
Krankheiten der
Venen
Ulcus Cruris
124
303.636,83
2.448,68
Dekubitalgeschwür
Dekubitus
19
130.622,28
6.874,86
Ulcus Cruris
Ulcus Cruris
23
158.629,77
6.896,95
629
3.790.186,68
6.025,73
Gesamt
Kosten Stationär
Gesamt
Kosten Stationär pro
Fall (Im Mittel)
Zuzüglich der Kosten für Arbeitsunfähigkeit in 2004 (bei 30 Patienten)
= 222.449,62 €
Durchschnittskosten (Krankhauskosten plus Arbeitsunfähigkeitskosten) =
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6.567,33 €
Integrationsversorgung und Begleitstudie
BKK Grunddaten 2004 – Chronische Wunden
Stationäre Versorgung
Prozentanteil der Behandlungsfälle in 2004; Gesamt 629
Dekubitalgeschwür
3%
Krankheiten der
Venen
20%
Ulcus Cruris
4%
Diabetes Mellitus
25%
Artherosklerose
48%
Etwa 70% der Patienten sind der Wundart Ulcus Cruris zuzuordnen und
25% der Wundart „Diabetischer Fuss“
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Integrationsversorgung und Begleitstudie
BKK Grunddaten 2004 – Chronische Wunden
Stationäre Versorgung
Prozentanteil der Kosten Stationäre Behandlung in 2004
Dekubitalgeschwür
3%
Ulcus Cruris
4%
Krankheiten der
Venen
8%
Diabetes Mellitus
26%
Artherosklerose
59%
Etwa 71% der Kosten der Versorgung sind der Wundart Ulcus Cruris
zuzuordnen und 26% der Wundart „Diabetischer Fuss“
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Integrationsversorgung und Begleitstudie
BKK Grunddaten 2004 – Chronische Wunden
Ambulante Versorgung
Diagnosegruppe ICD 10
Vorrauss. Wundart
Kosten Ambulant gesamt
Krankheiten der Arterien
Ulcus Cruris
17.964,60
Krankheiten der Venen
Ulcus Cruris
2.954.665,87
Dekubitus
195.773,32
Dekubitalgeschwür
299.518,76
Ulcus Cruris
Ulcus Cruris
Gesamt
Wundart Ulcus Cruris in etwa 95% der Fälle, Dekubitus in 5% der Fälle
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3.467.992,55
Integrationsversorgung und Begleitstudie
Studiendesign
Kosten-Nutzenbewertung
Parameter:
ICD 10, Wundart, Wundzustand, Wundgrösse, Dauer der Abheilung, Materialien
der Behandlung, Häufigkeit Verbandwechsel, Dauer Verbandwechsel, Kosten
der Behandlung, Rezidivfall, Alter, Geschlecht, Krankenhausaufenthalt
Bewertungsgrössen:
a. Heilungsquotient
b. Nutzenquotient
Population:
BKK Taunus PatientInnen
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Integrationsversorgung und Begleitstudie
PatientenDokumentationsbogen
Grundlage für die
Ermittlung:
a. Heilungsquotient
b. Nutzenquotient
(a) Heilungsquotient = Grösse der Wunde / Dauer der
Abheilung (in Tagen)*100
(b) Nutzenquotient = Kosten / Heilungsquotient
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Integrationsversorgung und Begleitstudie
Umsetzung in der Praxis
Zur Zeit nehmen bundesweit
36
10
50
Fachärzte
Krankenhausambulanzen
Pflegedienste
an der integrierten Versorgung teil.
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Integrationsversorgung und Begleitstudie
Dokumentation und Abrechnung in der Praxis
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Integrationsversorgung und Begleitstudie
Erste Tendenz-Ergebnisse der Abheilung
Abheilung der Patienten nach
Bei etwa 50% der Fälle beträgt die Abheilungsdauer 8 Wochen;
Bei weiteren 25% 12 Wochen
60,00%
50,00%
40,00%
In ¾ der Fälle liegen die Kosten der
Abheilung teilweise deutlich unter
3.000 Euro
30,00%
20,00%
10,00%
0,00%
8 Wochen
12 Wochen
16 Wochen
20 Wochen
24 Wochen
und mehr
n = < 200
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Integrationsversorgung und Begleitstudie
Zusammenfassung
» Die Anforderung zur Optimierung der Versorgungsqualität chronischer Wunden und ökonomische
Ineffizienzen begründen den Entwicklungsschritt einer Integrationsversorgung in der chronischen
Wundbehandlung.
» Zwei von einhundert Taunus BKK Patienten sind chronische Wundpatienten. Damit liegt die Taunus
BKK im oberen Prävalenzbereich.
» Die Durchschnittskosten stationärer Wundbehandlung von Taunus BKK Patienten bei den direkten
Kosten liegen bei 6.600 € je Patient. Hinzukommen indirekte und intangible Kosten.
» Der Integrationsversorgungsvertrag der Taunus BKK findet bei Fachärzten, Ambulanzen und
Pflegediensten grossen Zuspruch. Das Versorgungsmodell wird gleichsam von anderen Versichern
aufgenommen.
» In einer Tendenzanalyse vorhandener Patientendaten konnte ein Abheilungszeitraum von acht Wochen
in knapp 50% der Behandlungsfälle und weiteren 25% in zwölf Wochen ermittelt werden. Gleichsam liegen
so die Kosten der Behandlung in ¾ der Fälle teilweise deutlich unter 3.000 € je Patient.
© Volker Heuzeroth, Taunus BKK, Frankfurt
Prof. Dr. Heinz J. Janßen, IGP Bremen