Der „Zaubererstuhl“
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Der „Zaubererstuhl“
JUSTIZGESCHICHTE Der „Zaubererstuhl“ Bis ins frühe 18. Jahrhundert wurde bei Hexereiprozessen in der Steiermark, Kärnten und Krain der „Zaubererstuhl“ verwendet. Dieses Folterinstrument führte fast immer zum gewünschten „Geständnis“, sofern der Angeklagte nicht bei der Folter starb. ie nach unten bueschnig. Er galt als geneigte Holzder „letzte Hexenrichbank hatte am ter“ in Kärnten. Daunteren Ende mehrere nach wurde Hexerei Reihen zugespitzte in Kärnten nicht mehr Kanten. Der Angestrafrechtlich verfolgt. klagte wurde mit den Die letzte Hinrichtung Füßen nach oben auf wegen Hexerei in das Holzbrett gesetzt Kärnten dürfte im und mit dünnen Jahr 1726 erfolgt sein Stricken festgebun– es handelte sich um den. Die Fesselung Paul Schäffer, der war so stark, dass die vom Landgericht St. Seile das Fleisch an Leonhard wegen den Beinen oft bis zu „Wolfsbannerei“ festden Knochen zergenommen worden schnitten. Die Arme war. Der Angeklagte wurden hinter dem „gestand“, vom TeuRücken festgebunden. fel einen Bannwolf Die Holzkanten erhalten zu haben, mit „Zaubererstuhl“ bzw. „Hexenstuhl“: Ein Nachbau ist im „Hexenmuseum“ auf bohrten sich in das der Riegersburg in der Steiermark zu sehen. dem er zehn Rinder Gesäß und die Genitahabe reißen lassen. Gefolterten gestanden unter anderem, lien des Gefolterten und verursachten In Kärnten wurden mindestens 140 durch die Luft geflogen zu sein sowie derartige Schmerzen, dass die meisten Hexereiprozesse durchgeführt, mit das Wetter beeinflusst, Schadenzauber Angeklagten schon nach kurzer Zeit rund 250 Angeklagten. Mindestens 110 herbeigeführt und mit dem Teufel gedas gewünschte „Geständnis“ ablegten. Verurteilte wurden hingerichtet. tanzt oder sogar mit ihm geschlafen zu Die Schmerzen führten bei einigen Gehaben. 1735 überlebte ein wegen Diebfolterten dazu, dass sie wahnsinnig Rechtsgrundlage für die Anwenstahls und Raubs in Bleiburg Angewurden und einige von ihnen überlebdung der Folter war die am 27. Juli klagter 24 Stunden auf dem Zaubererten die stundenlange Tortur nicht. Vor 1532 auf dem Reichstag zu Regensstuhl. Da die Delinquenten bei der dieser Dauerfolter wurde der Delinburg unter Kaiser Karl V. zum Reichs„peinlichen Befragung“ andere Menquent „gereckt“: Er wurde mit einem gesetz erhobene „Peinliche Halsgeschen als Zauberer und Hexen beschulGewicht an den Beinen auf der Streckrichtsordnung“ (Constitutio Criminalis digten, führten die „Geständnisse“ bank aufgezogen. Carolina). Es handelte sich um das ersnicht selten zu Massenanklagen. Die Dauer der Folter auf diesem te allgemeine deutsche StrafgesetzDie Folter war auch von der Kirche „Zaubererstuhl“ oder „Hexenstuhl“ gebuch. Die „Carolina“ umfasste 219 Arals Wahrheitsmittel anerkannt, vor alnannten Instrument lag im Ermessen tikel, die sich unter anderem mit Deliklem bei Verdacht auf „Zauberei“. des Blutrichters; in der Steiermark ten wie Hexerei und Zauberei sowie Ein Nachbau eines Zaubererstuhls wurde eine Dauer zwischen 4 und 24 mit Strafen wie Verstümmelung oder ist im „Hexenmuseum“ auf der RieStunden empfohlen. Beim großen HeVerbrennung befassten. Die Folter als gersburg zu sehen. Ein ehemaliger Bexenprozess 1714/15 in Maria Saal in Mittel zur Erlangung von Geständnissitzer der Riegersburg, Graf Johann Kärnten kamen mindestens vier Angesen wurde genauen Regeln unterworErnst Purgstall, war im 18. Jahrhundert klagte bei der Stuhlfolter ums Leben. fen. einer der bekanntesten Hexenrichter in 1721 wurde in Kärnten ein wegen „HeDie landesfürstlichen Bannrichter der Steiermark. Bis zur Mitte des 18. xerei“ angeklagter Bettler elf Stunden und einzelne Landrichter in Kärnten Jahrhunderts gab es in der Steiermark lang auf dem Zaubererstuhl gefoltert, zogen für die Strafverfahren außerdem rund 300 Prozesse gegen „Hexen“ und ehe er ein „Geständnis“ ablegte. die Peinliche Landgerichtsordnung von „Zauberer“. Das „Geständnis“, er hätte an einem Ferdinand III. („Ferdinandea“) aus dem „Hexensabbat“ teilgenommen, war Jahr 1656 heran. Darin war die FeuerIm Herzogtum Kärnten dürfte der fast wortgleich wie die Schilderung eistrafe für Hexerei vorgesehen, auch Zaubererstuhl als Folterinstrument bis nes „Hexensabbats“ des Jesuiten Marwenn ein „Schadenzauber“ nicht nachins frühe 18. Jahrhundert verwendet tin Delrio (1551-1608). Offenbar wurweisbar war. 1776 wurde die Folter in worden sein. 1740 starb der Blut- und de diese „Hexentheorie“ bei der „peinÖsterreich abgeschafft. Bannrichter Dr. Wolfgang von Tschalichen Befragung“ herangezogen. Die Werner Sabitzer FOTO: WERNER SABITZER D ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 7-8/10 33