Vogelgrippe:Freilandverbote überflüssig

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Vogelgrippe:Freilandverbote überflüssig
Voge lg r i p pe
Vogelgrippe: Freilandverbote überflüssig
Unter Schweizer Leitung wird zusammen mit Deutschland und Österreich
das dreijährige Forschungsprogramm
‚Constanze’ zur Vogelgrippe durchgeführt. An einer Tagung im Juni
2008 wurden neue Erkenntnisse präsentiert: Freilandgeflügel tritt kaum
mit wildlebendem Wassergeflügel
in Kontakt – daher sind grossflächige
Freilandverbote unnütz.
nvon Nadja Brodmann
Nach den Vogelgrippefällen im Frühjahr 2006 lancierte das eidg. Bundesamt für Veterinärwesen das interdisziplinäre Forschungsprogramm
‚Constanze’, an dem sich die drei Anrainerstaaten des Bodensees Deutschland, Österreich und die Schweiz
beteiligen. Neben ornithologischen
Daten zum Vogelzug und zum Virusvorkommen in Wasservögeln werden
verfeinerte Bluttests entwickelt und
Infektionsstudien durchgeführt. Modellrechnungen sollen über die Einschleppung der Vogelgrippe und die
wichtigsten Risikofaktoren Auskunft
geben. Mitte Juni 2008 wurden an einer Tagung in Bregenz die bisherigen
Ergebnisse vorgestellt.
Kaum Kontakt zwischen
Wild- und Nutzgefügel
Die Beobachtungen in zwölf Geflügelhaltungen von Oktober 07 bis Januar
08 rund um den Bodensee ergaben,
dass sich zwar immer wieder Spatzen,
Buchfinken und Krähen im Gehege
aufhielten, aber nie wildes Wassergeflügel. Daraus wurde geschlossen,
dass eine Übertragung der Seuche von
Wildvögeln auf Nutzgeflügel sehr selten sein muss.
Die Auswertung von 4000 Fragebögen ergab, dass in Haltungen mit Freilandgeflügel oft Krähen, Klein- und
Greifvögel beobachtet werden, aber
nur in jedem 6. Betrieb ein Kontakt zu
Wasservögeln stattfand. Diese Zahl
war im Winter trotz 10-fachem Wasservogelbestand nicht höher. Zudem
flogen in Gewässernähe kaum mehr
Wasservögel ein als in gewässerfernen
Höfen.
In seenahen Anlagen mit flugunfähigen «Wächterenten» traten zwar wiederholt Grippeviren auf, doch waren
diese stets niedrigpathogen (ungefährlich). Seit den über 100 Vogelgrippefällen rund um den Bodensee
im ersten Halbjahr 2006 wurde in der
Region kein hochpathogenes H5N1Virus mehr nachgewiesen. Auch nicht
im innerschweizerischen Wildvogelmonitoring (Reusenfänge lebender
Wasservögel, Wasservogeljagd und
tote bzw. krank gefundene Tiere).
Die bisherigen Resultate von Constanze belegen, dass die Gefahr einer Ansteckung von Freilandgeflügel
durch wilde Wasservögel sehr gering
ist. Ein grossflächiges Freilandverbot
aufgrund einzelner H5N1-Fälle unter
Wildvögeln ist daher übertrieben. Die
Befunde untermauern die Position von
KAGfreiland, dass primär die globale
Geflügelindustrie für die Verschleppung der Seuche verantwortlich ist.
Schwäne gelten als besonders empfänglich für Vogelgrippe.
Freilandgeflügel tritt kaum je in Kontakt mit
wildlebenden Wasservögeln. Daher müssen
Hühner, Enten, Truten & Co. nicht mehr
unter Dach gehalten werden.
Tier & Konsum Nr. 4 | 2008 9

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