Live-Übertragungen der Kreistagssitzungen im Internet

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Live-Übertragungen der Kreistagssitzungen im Internet
LANDTAG RHEINLAND-PFALZ
16. Wahlp erio d e
Drucksache 16/
17. 04. 2013
2228
Kleine Anfrage
des Abgeordneten Josef Dötsch (CDU)
und
Antwort
des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur
Live-Übertragungen der Kreistagssitzungen im Internet
Die Kleine Anfrage 1468 vom 22. März 2013 hat folgenden Wortlaut:
Der Kreistag Mayen-Koblenz befasst sich derzeit mit der Möglichkeit, Kreistagssitzungen per Internet-Livestream zu übertragen.
In der Angelegenheit wurde seitens der Kreisverwaltung eine Stellungnahme des Landesbeauftragten für den Datenschutz eingeholt.
In der Stellungnahme wurde offengelassen, inwieweit derzeit eine spezifische gesetzliche Grundlage vorhanden ist, die eine solche
Übertragung erlaubt.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie schätzt die Landesregierung die rechtlichen Möglichkeiten ein, Kreistagssitzungen live im Internet zu übertragen?
2. Gibt es in Rheinland-Pfalz hierfür eine spezifische gesetzliche Grundlage?
3. Wenn nein, beabsichtigt die Landesregierung, eine solche Grundlage zu erarbeiten?
4. Welche Grundlagen existieren nach Kenntnis der Landesregierung in anderen Bundesländern, die eine solche Übertragung ermöglichen?
5. Welche Gründe sind ursächlich, dass die Live-Übertragung des Landtags möglich sind, diese aber bei Kreistagssitzungen kritisch
gesehen werden?
Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben
vom 17. April 2013 wie folgt beantwortet:
Zu den Fragen 1 und 2:
Die Landesregierung teilt die Auffassung des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (LfDI), dass
ohne eine spezifische Rechtsgrundlage Live-Übertragungen von Kreistagssitzungen im Internet derzeit nur mit Einwilligung aller
möglicherweise Betroffenen (Kreistagsmitglieder, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, anwesende zuhörende Personen u. s. w.) nach
vorheriger ausführlicher Information zulässig sind. Ein derartiges Verfahren dürfte in der Praxis kaum umsetzbar sein. Entsprechendes gilt für die Sitzungen der Gemeinde-, Stadt- und Verbandsgemeinderäte.
Die Bestimmungen über die grundsätzliche Öffentlichkeit der Sitzungen der kommunalen Vertretungsorgane (§ 35 Abs. 1 der
Gemeindeordnung – GemO – und § 28 Abs. 1 der Landkreisordnung – LKO –) als Ausfluss des Demokratieprinzips betreffen die
sogenannte Saalöffentlichkeit, also das Recht des Zugangs für edermann im Rahmen der räumlichen Kapazität. Ebenso wie die
Beratungsgegenstände Angelegenheiten der betreffenden kommunalen Gebietskörperschaft sein müssen, ist die Öffentlichkeit
lokal begrenzt. Eine weltweite Zugriffsmöglichkeit bzw. Verbreitung über das Internet kann ohne eine spezifische Rechtsgrundlage diese Öffentlichkeit nicht erweitern.
Hinzu kommt, dass das Recht eines Kreistags- oder Ratsmitglieds auf freie Rede durch die Aufzeichnung und Verbreitung faktisch
beeinträchtigt wird. Wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 3. August 1990 – 7 C 14/90 – (NJW 1991 S. 118, 119)
zu Tonbandaufzeichnungen von Ratssitzungen durch Pressevertreter ausgeführt hat, folgt letztlich aus dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht das öffentliche Interesse daran, dass die Willensbildung des Rates ungezwungen, freimütig und in aller Offenheit
verläuft. Von daher dürfe die Besorgnis nicht vernachlässigt werden, dass weniger redegewandte Ratsmitglieder durch das Bewusstsein des Mitschnitts ihre Spontaneität verlieren, ihre Meinung nicht mehr „geradeheraus“ vertreten oder schweigen, wo sie
sonst gesprochen hätten.
Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 6. Mai 2013
b. w.
Drucksache 16/
2228
Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode
Vor diesem Hintergrund bestimmen auch die Verwaltungsvorschrift Nr. 5 zu § 34 LKO und die Verwaltungsvorschrift Nr. 7 zu
§ 41 GemO, unter welchen Voraussetzungen und zu welchem Zweck (Vorbereitung der Niederschrift, Aufbewahrung zu Archivzwecken) Tonaufzeichnungen von öffentlichen Sitzungen durch die Kommunalverwaltung zulässig sind und dass andere Personen,
darunter auch die Vertreter der Medien, Tonaufzeichnungen nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Kreistags bzw. Rats machen
können, wobei jedes Kreistags- bzw. Ratsmitglied verlangen kann, dass seine Ausführungen nicht aufgezeichnet werden.
Zu Frage 3:
Hierzu gibt es innerhalb der Landesregierung keine Festlegung.
Zu Frage 4:
Nach § 36 Abs. 3 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg kann die Zulässigkeit von Ton- und Bildübertragungen sowie
-aufzeichnungen durch Presse, Rundfunk und ähnliche Medien sowie durch die Kommune selbst in der Geschäftsordnung geregelt
werden. Im Übrigen sind Ton- und Bildübertragungen sowie -aufzeichnungen nur zulässig, wenn alle anwesenden Mitglieder der
Gemeindevertretung zustimmen. Entsprechendes gilt nach § 131 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg für die Kreistage.
Nach § 52 Abs. 3 der Hessischen Gemeindeordnung und § 32 der Hessischen Landkreisordnung kann die Hauptsatzung bestimmen, dass in öffentlichen Sitzungen Film- und Tonaufnahmen durch die Medien mit dem Ziel der Veröffentlichung zulässig sind.
§ 29 Abs. 5 Satz 5 und § 107 Abs. 5 Satz 5 der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern regeln, dass in
öffentlichen Sitzungen der Gemeindevertretung bzw. des Kreistags Film- und Tonaufnahmen durch die Medien zulässig sind,
sofern dem nicht ein Viertel aller Mitglieder der Gemeindevertretung bzw. der Kreistagsmitglieder widerspricht.
Zu Frage 5:
Der wesentliche Unterschied zwischen der Rechtslage für kommunale Vertretungsorgane und der Zulässigkeit von Live-Übertragungen des Landtags liegt darin, dass es sich bei den kommunalen Vertretungsorganen nicht um Parlamente, sondern um Verwaltungsorgane (vgl. § 28 Abs. 1 GemO und § 21 Abs. 1 LKO) handelt und die Kreistags- bzw. Ratsmitglieder im Gegensatz zu den
Abgeordneten ehrenamtlich tätig sind.
Roger Lewentz
Staatsminister

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