Feier-Abend Freundeskreis Asyl GP

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Feier-Abend Freundeskreis Asyl GP
Unterstützung für Flüchtlinge und Geduldete
25 Jahre Freundeskreis Asyl Göppingen
Zum „Feier-Abend“ des Freundeskreises Asyl Göppingen fanden am
Mittwochabend über 100 Gäste den Weg in die Göppinger Stadtkirche. Keinen
Abend mit Zahlen und Fakten wollten die Initiatoren verbringen, sondern ein
Fest der Begegnung für und mit Menschen, die sich engagieren und mit denen,
die Hilfe brauchen.
Göppingen. 25 Jahre Freundeskreis Asyl Göppingen – das bedeutet vielfältige
Unterstützung für Flüchtlinge und Geduldete. Ganz praktische: bei
Behördengängen oder als Vermittler – und auch emotionale: als Beistand für
verzweifelte und teils traumatisierte Menschen, die aus ihrem Heimatland
flüchten und nicht wissen, ob sie hier bleiben dürfen. Beim Feier-Abend gaben
Ehemalige, haupt- und ehrenamtliche Mitstreiter der Asylarbeit, Asylbewerber
und anerkannte Flüchtlinge Einblick in ihre Erlebnisse und Erfahrungen mit dem
Freundeskreis und mit der Situation als Unterstützende oder Betroffene. Zuvor
begann der Abend mit einer liturgischen Feierstunde.
Die Anfangszeit der Arbeit des Freundeskreises war durch den Fall des eisernen
Vorhangs Ende der 1980er Jahre und die Jugoslawienkriege geprägt von hohen
Flüchtlingszahlen. Gisela Jöster von der Göppinger Amnesty-InternationalGruppe, wichtige Partnerin für den Freundeskreis und ehrenamtliche
Sprachlehrerin im Konversationsprojekt der Migrationsberatung von Diakonie
und DRK, erinnert sich: „Wir trafen bosnische Flüchtlinge, die sich einfach nur
freuten, dass man sie freundlich anguckte.“ Es war auch eine Zeit zahlreicher
Abschiebungen. Margarete Kauderer vom Asylkreis Heiningen sagte, es sei
immer wieder vorgekommen, dass Menschen einfach weg waren: „Wir wollten
sie besuchen, und sie waren nicht mehr da – wir wussten nichts über ihr
Schicksal. Das war das Schlimmste.“
Die Menschen nicht allein lassen, im biblischen Sinne Gastgeber sein und ihnen
helfen – das ist für viele Ehrenamtliche Antrieb und ethischer und moralischer
Maßstab ihres Engagements. Auch die Israeliten seien Fremde in Ägypten
gewesen, sagte Pfarrer Siegfried Hösch, Kirchenbezirks-beauftragter für
Flüchtlingsfragen im evangelischen Kirchenbezirk. Asylsuchende seien in
christlichem Verständnis unsere Gäste. „Empfinden wir sie nicht als Last.“
Niemand verlasse seine Heimat ohne Grund, betonte er. 2010 seien über 40
Millionen Menschen auf der Flucht gewesen, 80 Prozent davon aus
Entwicklungsländern. Wer von den wenigen es nach Deutschland geschafft
habe, den erwarte aufgrund restriktiver Gesetze und der Abschottungshaltung
eine „Entwürdigung des Menschen“.
Sich für menschenwürdige Lebensumstände von Flüchtlingen und Geduldeten
einzusetzen, das hat sich der Freundeskreis Asyl auf die Fahnen geschrieben.
Monika Maichl, die als langjährige Ehrenamtliche bereits viele Personen und
Familien begleitete, beschrieb die Ziele so: Abschaffung der
Zwangsunterbringung in Gemeinschaftsunterkünften sowie der Residenzpflicht
und ein Ende der Abschiebungen in offensichtliche Kriegsgebiete.
Familie Ghalavand aus dem Iran erzählte von den Zuständen in ihrer Unterkunft
in der Göppinger Pappelallee: Zwei Zimmer für die vierköpfige Familie und eine
Küche, die sie sich mit fünf anderen Familien teilen muss. „Wir können dort
nicht gut leben“, sagt der Vater leise. Die Familie hofft darauf, hier bleiben zu
können. Für sie hängt die Zukunft noch in der Schwebe, wenige andere haben
eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Alle Beteiligten stellten am Mittwoch
aber das Positive in den Vordergrund. Frustration gebe es zwar oft, aber es
zählten doch die bereichernden Momente. Etwa Geschichten wie die von Taire
Pattella aus dem Kosovo, die 1990 nach Deutschland kam, lange Zeit nicht die
Schule besuchen durfte und gleichermaßen Ablehnung wie Zuwendung durch
ihre Umgebung erfuhr. „Man hat Wunden, aber die verheilen“, sagt sie mit
einem Lächeln. Die zweifache Mutter ist dankbar für ihr Leben in Freiheit und
familiärer Geborgenheit und engagiert sich selbst ehrenamtlich in der
interkulturellen Theatergruppe „global players“, einem erfolgreichen
Integrationsprojekt der Diakonie, das der Freundeskreis Asyl ebenfalls praktisch
unterstützt.
Darüber hinaus engagieren sich die Ehrenamtlichen momentan regelmäßig in
der direkten Betreuung, in der Sprachförderung und Hausaufgabenbetreuung.
Bereits zum zweiten Mal läuft an der VHS ein Sprachkurs für interessierte
Asylbewerber. Gerne würde die Gruppe – die sich monatlich unter Leitung von
Diakonie-Sozialpädagoge Joachim Scheufele-Leidig in der Zentralen Beratungsstelle für Zugewanderte trifft, die Diakonie und DRK gemeinsam in Göppingen
betreiben – mehr auf die Beine stellen: eine Kinderspielgruppe oder ein
Sportangebot etwa. Dafür sind weitere ehrenamtliche Helfende willkommen.
Info: Der Freundeskreis Asyl feiert am Sonntag, 9. Oktober, weiter: Um 20 Uhr
findet im Alten E-Werk in Göppingen ein Konzert mit „Chinaza“ statt. Die
Berliner Sängerin mit afrikanischen Wurzeln präsentiert ihr Afro-Jazz-Album
„Home“. Eintrittskarten sind an der Abendkasse erhältlich.
Foto-Hinweis: Engagierte des Freundeskreises und Flüchtlinge berichteten beim
Feier-Abend von ihren Erlebnissen. Von links nach rechts: Monika Maichl,
Ehrenamtliche im Freundeskreis Asyl Göppingen; Familie Ghalavand aus dem
Iran (mit Kind); Fatou Sanneh aus Gambia; Ulrike Zemmrich, ehemalige Kreisausländerbeauftragte/Freundeskreis Asyl; Ute Bader, ehemalige Flüchtlingsberaterin des Landratsamtes Göppingen; Pfarrer Siegfried Hösch, Kirchenbezirksbeauftragter für Flüchtlingsfragen im evangelischen Kirchenbezirk
Göppingen.
Text und Fotos: Kathrin Schoch/zebra

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