Arbeits- und Tarifrecht im öffentlichen Dienst

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Arbeits- und Tarifrecht im öffentlichen Dienst
Markus Kuner
Kompetenz. Wissen. Erfolg.
Arbeits- und Tarifrecht im
öffentlichen Dienst
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Grundlagen und Grundbegriffe
Rechtsträger und Rechtsquellen
Begründung des Arbeitsverhältnisses
Durchführung des Arbeitsverhältnisses
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Besondere Beschäftigungsverhältnisse
Kollektives Arbeitsrecht
Arbeitsgerichtsverfahren
BAND 14
Ersteller / Impressum
Ersteller
Rechtsanwalt Markus Kuner,
Jahrgang 1966, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, München
Gegenreferent
Gerhard Brunner,
Jahrgang 1938, Jurist, Ltd. Verwaltungsdirektor a. D., stv. Vorstand der Bayerischen
­Verwaltungsschule a. D.
Impressum
Rechtsstand:
1. Dezember 2011
Herausgeber:
Bayerische Verwaltungsschule (BVS), Ridlerstraße 75, 80339 München,
Telefon 089/54057-0, [email protected], www.bvs.de
Konzept / Satz:
Michael Bauer, BVS München – FIBO Lichtsatz GmbH, Unterhaching
© 2011 BVS
Jede Art der Vervielfältigung ohne schriftliche Genehmigung der BVS außerhalb der
engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist gemäß § 106 Urheberrechtsgesetz
verboten und kann strafrechtlich verfolgt werden.
Bezugsquelle: Dieses Lehrbuch erscheint im Rahmen der Neuen Reihe der BVS.
Weitere Information zu den Schriften der BVS und ein Bestellformular finden Sie im
Internet unter www.bvs.de/schriften
3
Vorbemerkung
Vorbemerkung
Arbeitsrecht ist das besondere Recht der abhängigen Arbeit, das heißt
der Arbeit, die der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber im Rahmen eines
­Arbeitsverhältnisses gegen Entgelt leistet. Das gilt uneingeschränkt auch
für den öffentlichen Dienst.
Das Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst ist kein besonderer Teil des Arbeitsrechts; es ist Arbeitsrecht. Es weist aber eine Reihe von Besonderheiten auf. Insbesondere werden die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst vorwiegend durch Tarifverträge bestimmt. Arbeitsrecht im
öffentlichen Dienst ist deshalb größtenteils Tarifvertragsrecht, genauer:
öffentliches Tarifvertragsrecht.
Das vorliegende Lehrbuch fasst beide Bereiche zusammen: Arbeitsrecht
und Tarifvertragsrecht. Es berücksichtigt in Grundzügen sowohl das allgemeine (überwiegend gesetzlich geregelte) Arbeitsrecht als auch die
wesentlichen Besonderheiten der wichtigsten Tarifverträge für den öffentlichen Dienst. Das Werk beginnt mit einer Darstellung der wesentlichen Grundlagen und Grundbegriffe des Arbeitsrechts. Anschließend
werden die für das Arbeitsrecht relevanten Rechtsträger und Rechtsquellen vorgestellt.
Das Arbeitsverhältnis ist ein Dauerschuldverhältnis. Es ist auf Zeit angelegt. Aus dieser Erkenntnis lässt sich als Grundstruktur eine Zeitachse
ableiten, mit der man die zeitlichen Phasen eines Arbeitsverhältnisses
zusammenfassend wie folgt darstellen kann: Arbeitsverhältnisse werden
zunächst vorbereitet. Hierzu findet eine Bewerberauswahl statt (Anbahnungsphase). Im Anschluss ist das Arbeitsverhältnis zu begründen. Dazu
wird ein Arbeitsvertrag abgeschlossen (Begründungsphase). Während
des Bestehens des Arbeitsverhältnisses entstehen für Arbeitgeber und
Arbeitnehmer vielfältige Rechte und Pflichten, die verwaltet werden
müssen (Durchführungsphase). Und da das Arbeitsverhältnis nicht ein
Leben lang bestehen wird, muss es irgendwann auch wieder beendet
werden (Beendigungsphase). Der Hauptteil des Lehrbuchs enthält deshalb folgende Themengliederung:
• Anbahnung des Arbeitsverhältnisses
• Begründung des Arbeitsverhältnisses
• Durchführung des Arbeitsverhältnisses
• Beendigung des Arbeitsverhältnisses
4
Vorbemerkung
Besondere Beschäftigungsverhältnisse, kollektives Arbeitsrecht und die
Arbeitsgerichtsbarkeit werden jeweils gesondert dargestellt.
Zahlreiche Übersichten, Hinweise, Beispiele und Prüfschemata sollen
den Umgang mit dem Arbeits- und Tarifvertragsrecht erleichtern und
schließlich zu einer sachgerechten Lösung prüfungs- und praxisrelevanter Prob­leme anleiten.
Wie bereits in anderen neu erschienenen Lehrbüchern der Neuen Reihe
haben wir in die aktuelle Fassung des Bandes 6 speziell für die Nutzer
unserer Aus- und Fortbildungslehrgänge sowie für alle Neueinsteiger
eine Orientierungshilfe in Form ­einer dreiteiligen Klassifizierung ( Á B́ Ć )
eingearbeitet. Dabei kennzeichnet die Klassifizierung Á B́ Ć Inhalte, die
überwiegend Basiswissen für ­Anfänger vermitteln. Es empfiehlt sich
also für den Einstieg, sich mit diesen Inhalten vorab und vorrangig zu
befassen. Ausführungen mit der Klassi­fizierung Á B́ Ć bauen größtenteils auf diesem Basiswissen auf, sollten deshalb ebenso wie das mit
Á B́ Ć gekennzeichnete „Experten“-Wissen nicht bereits zum Einstieg
Gegenstand intensiverer Betrachtung gemacht werden.
Gewiss ist das gewählte System in den Grenzbereichen verschiedener
Schwierigkeitsstufen nicht immer trennscharf, der hier eingeschlagene
Weg deshalb nicht ganz unproblematisch. Es kann auch keine Bearbei­
terin und keinen Bearbeiter in der Vorbereitung auf Prüfungen von der
Pflicht entheben, sich intensiv mit den Vorgaben von Stoffgliederungsplänen und Prüfungsordnungen zu befassen. Das Klassifizierungssystem
ist auch keinesfalls deckungsgleich mit den unterschiedlichen Lernzielstufen in den Stoffgliederungsplänen.
Es sollte aber helfen, sich einen Überblick über die notwendigen „Basics“ zu machen und verhindern, dass aus Sorge über die Fülle des
Stoffes frühzeitig die Flinte ins Korn geworfen wird.
Wir wünschen dem Leser Freude beim Durcharbeiten dieses Lehrbuchs.
Für Anregungen und Hinweise sind wir sehr dankbar.
5
Inhalt
Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Schrifttumshinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
6
1
Grundlagen und Grundbegriffe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2
Rechtsträger und Rechtsquellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.1 Arbeitnehmer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.2 Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.3
Besonderheiten im öffentlichen Dienst. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.4
Betriebs- und Personalräte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.5
Tarifvertragsparteien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.6
Rechtsquellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
Kontrollfragen 1 bis 10. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3
Die Anbahnung des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
3.1
Die Ausschreibung von Arbeitsplätzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
3.2
Die Bewerbung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
3.3
Die Bewerberauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
3.4
Das Diskriminierungsverbot nach § 7 AGG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
3.5
Fragerechte des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
3.6
Ärztliche Einstellungsuntersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.7
Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
Kontrollfragen 11 bis 15 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
4
Die Begründung des Arbeitsverhältnisses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
4.1
Der Arbeitsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
4.2
Die Abschlussfreiheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
4.3
Die Formfreiheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
4.4
Das Nachweisgesetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
4.5
Die Gestaltungsfreiheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
4.6
Fehlerhafte Arbeitsverhältnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
4.6.1
Nichtigkeitsgründe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
4.6.2
Anfechtungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
4.7
Vereinbarung einer Probezeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
4.8
Befristete Arbeitsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
4.8.1
Begründung von befristeten Arbeitsverträgen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
4.8.2
Allgemeine Voraussetzungen der Befristung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
4.8.3
Befristung mit sachlichem Grund. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
Inhalt
4.8.4
Befristung ohne sachlichen Grund. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
4.8.5
Ende des befristeten Arbeitsvertrages. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
4.8.6
Prozessuale Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
4.8.7
Tarifvertragliches Sonderrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
4.8.8
Befristung einzelner Vertragsbestandteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
4.8.9
Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
4.9
Teilzeitarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
4.9.1
Begründung von Teilzeitarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
4.9.2
Grundvoraussetzungen für den Teilzeitanspruch nach § 8 TzBfG. . . . . . . . 71
4.10
Das Direktionsrecht des Arbeitgebers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
4.10.1 Direktionsrecht und Gehorsamspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
4.10.2 Direktionsrecht im öffentlichen Dienst. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
4.10.3 Personalgestellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.10.4 Umsetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.10.5 Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
4.10.6 Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
4.11
Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
4.12Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung im Rahmen der Einstelllung. 82
Kontrollfragen 16 bis 40. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
5
Die Durchführung des Arbeitsverhältnisses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
5.1
Vertragliche Pflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
5.2
Ansprüche des Arbeitnehmers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
5.2.1Ansprüche auf Entgeltzahlung (Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers) . 86
5.2.2
Ansprüche auf Entgelt ohne Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
5.2.3
Ausschlussfrist, Verjährung und Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
5.2.4
Nebenpflichten und Ansprüche auf Nebenleistungen. . . . . . . . . . . . . . . . 146
5.3
Ansprüche des Arbeitgebers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
5.3.1
Anspruch auf Arbeitsleistung (Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers). 157
5.3.2
Ansprüche auf Erfüllung von Nebenpflichten (Treuepflichten). . . . . . . . . . 172
Kontrollfragen 41 bis 50. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
6
Beendigung des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
6.1
Tarifvertragliche Regelungen im öffentlichen Dienst. . . . . . . . . . . . . . . . . 181
6.2
Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
6.2.1
Allgemeine kündigungsrechtliche Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
6.2.2
Wirksamkeit und soziale Rechtfertigung der Kündigung. . . . . . . . . . . . . . 189
6.2.3
Allgemeine Prinzipien des Kündigungsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
6.2.4
Personenbedingte Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
6.2.5
Verhaltensbedingte Kündigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
7
Inhalt
6.2.6
Betriebsbedingte Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
6.2.7
Änderungskündigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
6.2.8
Außerordentliche Kündigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
6.2.9
Besonderer Kündigungsschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
6.2.10 Kündigungsschutzverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
6.2.11 Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
8
6.3
Auflösungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
6.3.1
Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
6.3.2
Hinweis-, Aufklärungs- und Belehrungspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
6.3.3
Abfindungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
6.3.4
Stellensuche und Zeugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
6.4
Zeugnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
6.4.1
Form und Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
6.4.2
Zeugnis nach TVöD. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
Kontrollfragen 51 bis 61. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
7
Besondere Beschäftigungsverhältnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
7.1
Arbeitnehmer in der Ausbildung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
7.2
Arbeitnehmer mit Behinderung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
7.3
Mutterschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
7.4
Elternzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
7.5
Pflegezeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
Kontrollfragen 62 bis 72. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
8
Kollektives Arbeitsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
8.1
Tarifvertragsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
8.1.1
Wesen des Tarifvertrages. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
8.1.2
Tariffähigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
8.1.3
Tarifmächtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
8.1.4
Tarifzuständigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
8.1.5
Tarifvertragsrechtliche Bindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
8.1.6
Nachbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
8.1.7
Nachwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
8.1.8
Tarifvertragsauslegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
8.2
Arbeitskampfrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
8.3
Personalvertretungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
8.3.1
Mitbestimmung als Grundprinzip. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
8.3.2
Leitidee der Personalvertretung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
8.3.3
Organisation der Personalvertretung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
8.3.4
Stellung der Personalratsmitglieder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
Inhalt
8.3.5
Allgemeine Grundsätze der Personalvertretung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
8.3.6
Beteiligungsrechte des Personalrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
8.3.7
Beteiligungsformen des Personalrats. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
8.3.8
Grundsätze der Mitbestimmung und Mitwirkung im Einzelnen. . . . . . . . . 248
8.3.9
Durchsetzung der Beteiligungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
8.4
Betriebsverfassungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
8.4.1
Wahl von Betriebsräten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
8.4.2
Grundsätze der Mitbestimmung im Einzelnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252
8.4.3
Beteiligungsformen des Betriebsrats. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
Kontrollfragen 73 bis 87. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
9
Arbeitsgerichtsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
9.1
Aufbau der Arbeitsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
9.2
Arbeitsgerichtliches Verfahren in erster Instanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
9.2.1
Ablauf des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
9.2.2
Urteil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
9.2.3
Ordungsgemäße Klageerhebung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
9.2.4
Rechtsweg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
9.2.5
Örtliche Zuständigkeit des Gerichts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
9.2.6
Berufung und Revision. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
Kontrollfragen 88 bis 96. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
Antworten zu den Kontrollfragen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270
Anhang – Übungsfälle zum Arbeitsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
9
Die Begründung des Arbeitsverhältnisses
4
4 Die Begründung des Arbeitsverhältnisses
Überblick
Das Arbeitsverhältnis wird durch einen privatrechtlichen Vertrag, den Arbeitsvertrag, begründet. Im Arbeitsvertrag werden die gegenseitigen Hauptpflichten festgelegt. Darüber hinaus bestehen Nebenpflichten. Die Arbeitsvertragsparteien
können den Arbeitsvertrag grundsätzlich frei gestalten. Neben dem „normalen“
unbefris­teten Vollzeitarbeitsvertrag spielen in der Praxis besondere Arbeitsverträge eine wichtige Rolle, insbesondere befristete Arbeitsverträge und Teilzeitarbeitsverträge.
Ein Kernelement des Arbeitsvertrages ist das Direktionsrecht des Arbeitgebers.
Das Betriebsverfassungsrecht und die Personalvertretungsgesetze sehen im Zusammenhang mit der Begründung von Arbeitsverhältnissen einige Beteiligungsrechte vor.
4.1
Der Arbeitsvertrag
Der Arbeitsvertrag ist ein Unterfall des Dienstvertrages im Sinne des § 611 BGB und
kommt wie jeder andere privatrechtliche Vertrag auch nach den allgemeinen Rege­
lungen der Rechtsgeschäftslehre durch Angebot und Annahme zustande (§§ 145 ff.
BGB). Der Arbeitsvertrag ist zustande gekommen, wenn sich die Vertragsparteien über
die Hauptpflichten des Arbeitsverhältnisses, die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers und
die Ver­gütungspflicht des Arbeitgebers, geeinigt haben. Mit dem Arbeitsvertrag ent­
steht das Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis zwischen Arbeitgeber und Ar­
beitnehmer, das durch den dauerhaften Austausch von Leistung (Arbeit) und Gegenleis­
tung (Entgelt) gekennzeichnet ist. Neben dieser Rechtsbegründungsfunktion steht die
Klarstellungsfunktion des Arbeitsvertrages. Er stellt klar, welche Rechte und Pflichten
für die Vertragsparteien bestehen.
Arbeitsvertrag
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können Abschluss, Inhalt und Form des Arbeitsvertrages
frei vereinbaren, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften oder Kollektivverein­
barungen, insbesondere Tarifbestimmungen, entgegenstehen (§ 105 GewO). Soweit
die Vertragsbedingungen wesentlich sind, richtet sich der Nachweis nach den Bestim­
mungen des Nachweisgesetzes. Die Begründung des Arbeitsverhältnisses erfolgt also
auf der Grundlage der verfassungsrechtlich geschützten Vertragsfreiheit. Diese um­
fasst die Abschlussfreiheit, die Formfreiheit und die inhaltliche Gestaltungsfreiheit. Zum
Schutz des gegenüber dem Arbeitgeber sozial schwächeren Arbeitnehmers unterlie­
gen die genannten Freiheiten einer Reihe von Schranken. Hinzu kommt eine richterliche
Inhaltskontrolle für allgemeine Arbeitsbedingungen. Durch das Schuldrechtsmoderni­
sierungsgesetz werden die allgemeinen Arbeitsbedingungen in die Inhaltskontrolle
nach den besonderen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB einbezogen. Nahezu alle Arbeits­
gesetze enthalten Beschränkungen der Vertragsfreiheit. Im Übrigen können die für ein
Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge der Vertragsfreiheit zum Teil weitreichende
Grenzen setzen. Das gilt ganz besonders für die Arbeitsverhältnisse im öffentlichen
Dienst, die traditionell stark durch Tarifverträge, insbesondere durch den TVöD beein­
flusst sind.
49
4
Die Begründung des Arbeitsverhältnisses
Abschlussfreiheit
Vertrag ob und mit wem?
Vertragsfreiheit
Formfreiheit
Vertrag wie?
4.2
Gestaltungsfreiheit
Vertrag was?
Die Abschlussfreiheit
Abschlussfreiheit
Die Abschlussfreiheit umfasst die Freiheit, Arbeitsverträge zu schließen oder nicht
zu schließen, sowie die Freiheit, mit wem ein Arbeitsvertrag abgeschlossen wird. Kein
Arbeitgeber kann im Privatrecht grundsätzlich gezwungen werden, einen bestimmten
Arbeitnehmer einstellen zu müssen. Selbst bei einer so starken Rechtverletzung wie
der Diskriminierung nach dem AGG besteht kein Einstellungsanspruch (siehe § 15
Abs. 6 AGG).
Einstellungsansprüche
Im öffentlichen Dienst kann sich ausnahmsweise ein Einstellungsanspruch aus der
besonderen Regelung in Art. 33 Abs. 2 GG ergeben. Durch Art. 33 Abs. 2 GG wird die
Abschlussfreiheit deutlich eingeschränkt. Dieser Anspruch ist aber an strenge Voraus­
setzungen geknüpft. Ein Anspruch auf Einstellung in den öffentlichen Dienst kommt
nur dann in Betracht, wenn sämtliche Einstellungsvoraussetzungen in der Person des
Bewerbers erfüllt sind und dessen Einstellung tatsächlich die einzig rechtmäßige Ent­
scheidung ist, weil jede andere Entscheidung sich als rechtswidrig darstellen würde.
Im Übrigen muss überhaupt eine besetzungsfähige, haushaltsrechtlich abgesicherte
Stelle vorhanden sein. Art. 33 Abs. 2 GG gewährt keinen Anspruch, neue Stellen zu
schaffen oder besetzte Stellen frei zu kündigen.
Nach § 71 Abs. 1 SGB IX sind private und öffentliche Arbeitgeber, die über mindestens
20 Arbeitsplätze verfügen, verpflichtet, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen.
(Anmerkung: In seiner Entscheidung vom 01.10.2004 hat das Bundesverfassungsge­
richt festgestellt, dass die Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen ver­
fassungsgemäß ist.) Diese Vorschrift gibt dem einzelnen schwerbehinderten Menschen
jedoch keinen Einstellungsanspruch. Sie wird nur mittelbar über Ausgleichsabgaben
und Bußgelder sanktioniert (§§ 77, 156 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX).
Die Abschlussfreiheit wird auch begrenzt durch gesetzliche Wiedereinstellungsansprüche. So werden beispielsweise schwerbehinderte Menschen, denen lediglich aus
Anlass eines Streiks oder einer Aussperrung fristlos gekündigt worden ist, nach Be­
endigung des Streiks oder der Aussperrung wieder eingestellt (§ 91 Abs. 6 SGB IX).
Ähnliche Einstellungspflichten können sich aus vertraglichen Wiedereinstellungsan­
sprüchen ergeben. Aus § 242 BGB kann ein Wiedereinstellungsanspruch des Arbeit­
nehmers hergeleitet werden, wenn der Kündigungsgrund vor Ablauf der Kündigungs­
frist entfällt.
Schließlich gibt es Weiterbeschäftigungsrechte, welche die Abschlussfreiheit ein­
schränken. Verlangt ein Auszubildender, der Mitglied in der Jugendvertretung oder des
Betriebsrats ist, gemäß § 78a Abs. 2 BetrVG innerhalb der letzten drei Monate vor
50
Die Begründung des Arbeitsverhältnisses
4
­ eendigung seines Ausbildungsverhältnisses schriftlich die Weiterbeschäftigung, so
B
gilt im Anschluss an die Ausbildung ein Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit be­
gründet. Der Auszubildende übt damit ein einseitiges Gestaltungsrecht aus.
4.3
Die Formfreiheit
Grundsätzlich bedarf der Abschluss eines Arbeitsvertrages keiner bestimmten Form. Er
kann also auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten (Arbeitsaufnahme und tat­
sächliche Beschäftigung) geschlossen werden. Ausnahmen ergeben sich vor allem aus
dem Gesetz sowie aus Tarifverträgen. Viele Tarifverträge ordnen die Schriftform des
Arbeitsvertrages an, so auch der TVöD: Nach § 2 Abs. 1 TVöD wird der Arbeitsvertrag
schriftlich abgeschlossen. Es handelt sich hierbei allerdings nur um eine deklaratorische
(hinweisende) Vorschrift ohne rechtsbegründende Wirkung. In diesen Fällen sind auch
mündlich abgeschlossene Arbeitsverträge voll wirksam. Letztlich gewinnt der Beschäf­
tigte mit einer solchen Regelung einen Anspruch auf eine zweiseitig unterzeichnete
Vertragsurkunde.
Formfreiheit
Auch Änderungen des Arbeitsvertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit grundsätzlich
nicht der Schriftform. Besteht – wie in § 2 Abs. 1 TVöD – eine tarifvertragliche Form­
vorschrift, so bezieht sich diese auch auf alle Änderungen des Arbeitsvertrages.
Sollte ausnahmsweise eine konstitutive (d. h. rechtsbegründende) Schriftformklausel
gegeben sein, ist diese nur dann gewahrt, wenn die Vertragsurkunde von beiden
­Arbeitsvertragsparteien unterzeichnet ist (§ 126 BGB). Die Schriftform ist in diesen
­Fällen zur Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts zwingend erforderlich.
Schriftform
Beachte
§ 2 Abs. 3 TVöD enthält eine konstitutive Schriftformklausel. Danach sind Nebenab­
reden nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart sind. Mündliche Neben­abreden
sind also unwirksam (§ 125 BGB). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bun­
desarbeitsgerichts sind die Begriffe „Hauptabrede“ und „Nebenabrede“ so zu ver­
stehen, dass mit der „Hauptabrede“ die „Hauptsache“, also das Wesentliche des
­Arbeitsvertrages, mit der „Nebenabrede“ dagegen nur Unwesentliches, d. h. Se­
kundäres gemeint ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass § 2 Abs. 1 TVöD,
wonach die Schriftform dort nur deklaratorische Bedeutung hat, den Bereich der
Hauptrechte und Hauptpflichten des Arbeitsverhältnisses, insbesondere Arbeits­
leistung und Arbeitsentgelt erfasst. § 2 Abs. 3 TVöD mit der Folge zwingender
Schriftform betrifft dagegen sonstige Gegenstände, die entweder Sekundärcharak­
ter oder jedenfalls nichts unmittelbar mit den Hauptpflichten und Hauptrechten aus
dem Arbeitsverhältnis zu tun h
­ aben.
Für befristete Arbeitsverträge sieht das Gesetz eine zwingende Schriftform vor. Nach
§ 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages zu ihrer Wirksamkeit der
Schriftform. Wird diese Schriftform nicht eingehalten, ist eine mündlich vereinbarte
­Befristung unwirksam (§ 125 BGB) mit der Folge, dass ein unbefristetes Arbeitsverhält­
nis als begründet gilt (§ 16 TzBfG). Die Schriftform aus § 14 Abs. 4 TzBfG gilt auch für
auflösend bedingte Arbeitsverträge (§ 21 TzBfG) sowie für Änderungen und Verlänge­
rungen der Befristung, nicht aber für den Befristungsgrund selbst oder die Befristung
einzelner Arbeitsbedingungen.
Befristete
­Arbeitsverträge
51
4
Die Begründung des Arbeitsverhältnisses
Fall:
Arbeitnehmer Armin war vom 01.11.2008 bis zum 31.10.2010 als Sachbearbeiter in
der Personalabteilung des Klinikums Rauberg beschäftigt. Im Vorstellungsgespräch
im Oktober 2008 hatte ihm der Personalleiter mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis
für zwei Jahre befristet sei. Nachdem Armin die Arbeit am 01.11.2008 aufgenom­
men hatte, unterzeichneten die Parteien am 10.11.2008 einen schriftlichen Arbeits­
vertrag, der die befristete Beschäftigung bis 31.10.2010 ­vorsah. Nach Fristablauf
wendete sich der Arbeitnehmer gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses
aufgrund der Befristung; diese sei nichtig. Hat der Arbeitnehmer recht?
Lösung:
Nach § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages der Schrift­
form. ­Diese ist nicht gewahrt, wenn die Parteien zunächst nur mündlich einen be­
fristeten Arbeitsvertrag vereinbaren und sie diesen Vertrag einschließlich der Be­
fristungsabrede nach Antritt der ­Arbeit schriftlich niederlegen. Die nur mündlich
vereinbarte Befristung ist mangels Schriftform nach § 125 Satz 1 BGB nichtig mit
der Folge, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht. Die spätere schrift­
liche Niederlegung des Vertrags führt nicht zur Wirksamkeit der Befristung. Das gilt
hier für die zunächst nur mündlich vereinbarte und zehn Tage nach Arbeitsantritt
schriftlich festgehaltene Befristung. Der Arbeitnehmer hat also recht. Aufgrund der
vor Beginn der Beschäftigung nur mündlich vereinbarten Befristung ist zwischen
den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden. Am 10.11.2008 haben
die Parteien keinen neuen befristeten Arbeitsvertrag geschlossen, sondern nur den
bisherigen mündlichen Arbeitsvertrag schriftlich niedergelegt.
4.4
Das Nachweisgesetz
Eine maßgebende Rolle bei der Form des Arbeitsvertrages spielt das Nachweisgesetz.
Es ist im Kern eine (gesetzliche) Formvorschrift für arbeitsvertragliche Abreden. Das
Nachweisgesetz soll durch die Verpflichtung zur schriftlichen Fixierung der wesent­
lichen Arbeitsbedingungen mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Arbeitsver­
hältnis schaffen. Der entsprechende Nachweis dient vor allem der Beweissicherung
über die vereinbarten Arbeitsbedingungen. Das Nachweisgesetz begründet für den
­Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erteilung einer schriftlichen Bescheinigung über die
wesentlichen Vertragsbedingungen. So hat der Arbeitgeber nach § 2 Abs. 1 Satz 1
NachwG innerhalb eines Monats die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich nie­
derzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändi­
gen.
Vertragsbedingungen
52
§ 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG enthält eine Aufzählung der Vertragsbedingungen, die in
die Niederschrift mindestens aufzunehmen sind. Diese Aufzählung kann auch als all­
gemeine Praxis-Checkliste für den wesentlichen Inhalt eines Arbeitsvertrages herangezogen werden:
Die Begründung des Arbeitsverhältnisses
4
1. Name und Anschrift der Vertragsparteien
2. Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
3. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen: Dauer des Arbeitsverhältnisses
4. Arbeitsort bzw. Arbeitsorte
5. Kurze Charakterisierung oder Beschreibung der zu leistenden Tätigkeit
6. Zusammensetzung und Höhe des gesamten Arbeitsentgelts
7. Vereinbarte Arbeitszeit
8. Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
9. Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses
10. Allgemeiner Hinweis auf anzuwendende Tarifverträge/Kollektivvereinbarungen
Es handelt sich hierbei um einen nicht abschließenden Mindestkatalog. Entscheidend
ist, dass nach § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG die wesentlichen Vertragsbedingungen schrift­
lich nachzuweisen sind. Das können beispielsweise auch bestimmte Nebenpflichten
sein, die im Mindestkatalog nicht genannt sind. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 NachwG können
die Angaben nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 bis 9 NachwG ersetzt werden durch einen
Hinweis auf die einschlägigen Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen.
Die Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 NachwG entfällt, wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag
vorliegt und dieser dem Arbeitnehmer ausgehändigt worden ist (§ 2 Abs. 4 NachwG).
Der Arbeitsvertrag muss die nach § 2 Abs. 1 bis 3 NachwG geforderten Angaben ent­
halten. Das Nachweisgesetz verpflichtet jeden Arbeitgeber zwingend, den Inhalt der
vereinbarten wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, und zwar
im Falle der erstmaligen Aufnahme des Arbeitsverhältnisses und auch für alle nach­
folgenden Änderungen (§ 3 NachwG). Nach § 5 NachwG kann von den Vorschriften
des Nachweisgesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.
Das Gesetz ist folglich einseitig zwingend zugunsten des Arbeitnehmers. Daher kön­
nen auch Tarifverträge nicht weniger verlangen, als das Nachweisgesetz vorschreibt.
Nachweiszwang
Für den öffentlichen Dienst hat das Nachweisgesetz keine große praktische Bedeu­
tung, da für Arbeitsverträge und Änderungsverträge gemäß § 2 Abs. 1 TVöD schon eine
umfassende Schriftform vorgeschrieben wird. Damit entfällt die Verpflichtung nach
dem Nachweisgesetz (§ 2 Abs. 4 NachwG). Für befristete Arbeitsverträge gilt mit § 14
Abs. 4 TzBfG eine weitaus strengere gesetzliche Formvorschrift, sodass auch hier das
Nachweisgesetz in den Hintergrund rückt.
53
4
Die Begründung des Arbeitsverhältnisses
Beachte
Sanktionen
Das Nachweisgesetz enthält keine direkten Sanktionsvorschriften. Wird also das
Gesetz nicht beachtet, so folgt daraus keine unmittelbare gesetzliche Sanktion für
den Arbeitgeber. Ein Verstoß gegen die Pflichten aus dem Nachweisgesetz kann
jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Schadensersatzan­
sprüchen des Arbeitnehmers führen (§ 280 BGB und/oder § 823 BGB i. V. m. § 2
Abs. 1 oder § 3 NachwG). Die nicht rechtzeitige bzw. die Nichterfüllung der Nach­
weispflicht begründet im Übrigen ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers
hinsichtlich seiner Arbeitsleis­tung (§ 273 BGB). Schließlich wird dem Arbeitnehmer
im Prozess die Darlegungs- und Beweislast deutlich erleichtert. Diese Erleichterung
kann im Ergebnis einer Beweis­last­umkehr nahekommen. Die Folgen einer Nichtbe­
achtung des Nachweisgesetzes treffen auch den öffentlichen Arbeitgeber, wenn
dieser seine Pflichten nach § 2 Abs. 1 TVöD nicht oder nicht vollständig berücksich­
tigt. Das Nachweisgesetz ist also ganz ­gewiss kein „zahnloser Tiger“.
4.5
Freie Gestaltung
Die Gestaltungsfreiheit
Grundsätzlich können die Arbeitsvertragsparteien den Inhalt des Arbeitsvertrages frei
ausgestalten, insbesondere Arbeitsentgelt, Arbeitszeit, Arbeitsort und Urlaub frei ver­
einbaren (§ 105 GewO). Diese Gestaltungsfreiheit wird einmal dadurch beschränkt,
dass bestimmte Rechte und Pflichten zum zwingenden Inhalt des Arbeitsvertrages
­gehören. Zum anderen kann ein bestimmter Vertragsinhalt (insbesondere gesetzlich
oder tariflich) verboten sein.
Vor allem Tarifverträge enthalten in der Regel alle wesentlichen Arbeitsbedingungen,
insbesondere die, die gemäß § 2 Abs. 1 NachwG als Mindestinhalt schriftlich zu fixie­
ren sind. Vor diesem Hintergrund bleibt dann nicht viel Raum für die individuelle Aus­
gestaltung der Arbeitsverträge. So liegt der Fall im öffentlichen Dienst. Arbeitsverträge
im öffentlichen Dienst beziehen sich regelmäßig auf die umfassenden Tarifwerke des
öffentlichen Dienstes, insbesondere auf den TVöD (Bund und Kommunen) oder den
TV-L (Länder). Dort sind die wesentlichen Arbeitsbedingungen vorformuliert und für alle
Beschäftigte festgeschrieben. Die individuelle Vertragsfreiheit ist hier folglich stark ein­
geschränkt. Echte Gestaltungsfreiheit besteht in der Regel nur noch bei den folgenden Vertragsinhalten:
• Name und Anschrift der Vertragsparteien
• Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
• Dauer des Arbeitsverhältnisses
• Arbeitsort
• Art der Tätigkeit
• Umfang der Arbeitszeit (Teilzeit/Vollzeit/Altersteilzeit)
• Dauer der Probezeit
54
Die Begründung des Arbeitsverhältnisses
4
Arbeitsvertragsmuster (unbefristet)
TVöD – Arbeitsvertragsmuster
(unbefristet, Vollzeit)
Zwischen (Arbeitgeber)
und
, wohnhaft
(Beschäftigte/r)
wird vorbehaltlich dem positiven Ergebnis der Einstellungsuntersuchung) folgender
Arbeitsvertrag
geschlossen:
§1
Frau/Herr wird ab … auf unbestimmte Zeit als Vollzeitbeschäftigter eingestellt.
§2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach der durchgeschriebenen Fassung des
` TVöD-V
` TVöD-K
` TVöD-B
` TVöD-S
` TVöD-F
` TVöD-E
und den dazu ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der
Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich
des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und
zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) in seiner jeweils geltenden Fassung. Darüber hinaus
finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge in der jeweils
geltenden Fassung Anwendung.
§3
Die Probezeit beträgt sechs Monate.
§4
Die/Der Beschäftigte ist in der Entgeltgruppe ––––––––––– eingruppiert. Die Eingruppierung ist vor­
läufig und begründet keinen Vertrauensschutz oder Besitzstand (§ 17 Absatz 3 TVÜ-VKA) – mit Aus­
nahme der in § 17 Absatz 2 TVöD-VKA genannten Eingruppierungsvorgänge.
Ort, Datum – Arbeitgeber
Ort, Datum – Beschäftigter
55
4
Die Begründung des Arbeitsverhältnisses
Arbeitsvertragsmuster (befristet)
TVöD – Arbeitsvertragsmuster
(zeitlich befristet, Vollzeit)
Zwischen (Arbeitgeber)
und
, wohnhaft
(Beschäftigte/r)
wird vorbehaltlich dem positiven Ergebnis der Einstellungsuntersuchung folgender
Arbeitsvertrag
geschlossen:
§1
Frau/Herr wird kalendermäßig für die Dauer von ...… bis …… als Vollzeitbeschäftigter eingestellt.
§2
Der Arbeitsvertrag wird befristet abgeschlossen, weil …… (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. … TzBfG).
oder
Der Arbeitsvertrag wird ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nach § 14 Abs. 2 TzBfG befristet abgeschlos­
sen.
§3
Die Tätigkeit des/der Beschäftigten hätte vor dem 01.01.2005 der Rentenversicherung der Angestellten/Arbeiter
unterlegen. Auf das Arbeitsverhältnis finden sonach die Regelungen für die Angestellten/Arbeiter Anwen­
dung.
§4
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach der durchgeschriebenen Fassung des
` TVöD-V
` TVöD-K
` TVöD-B ` TVöD-S
` TVöD-F
` TVöD-E
und den dazu ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung
der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrages zur
Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangs­
rechts (TVÜ-VKA) in seiner jeweils geltenden Fassung. Darüber hinaus finden die für den Arbeitgeber jeweils
geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.
§5
Die Probezeit beträgt
` sechs Monate
` sechs Wochen
§6
Die/Der Beschäftigte ist in der Entgeltgruppe …… eingruppiert. Die Eingruppierung ist vorläufig und begründet
keinen Vertrauensschutz oder Besitzstand (§ 17 Absatz 3 TVÜ-VKA) – mit Ausnahme der in § 17 Absatz 2 TVöDVKA genannten Eingruppierungsvorgänge.
§7
Der/die Beschäftigte ist verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor Ende des Arbeitsverhältnisses bei der
zuständigen Agentur für Arbeit Arbeit suchend zu melden (§ 38 SGB III). Liegen zwischen der Kenntnis des
Beendigungszeitpunkts und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, so hat die
Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts zu erfolgen. Diese Pflicht besteht
unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeit­
geber in Aussicht gestellt wird. Ein Verstoß gegen diese Meldepflicht kann zu einer Minderung des Arbeitslo­
sengeldes führen. Der/die Beschäftigte ist im Übrigen verpflichtet, bereits frühzeitig vor der Beendigung dieses
Arbeitsverhältnisses eigenverantwortlich nach einer (neuen) Beschäftigung zu suchen.
56
Ort, Datum – Arbeitgeber
Ort, Datum – Beschäftigter
Die Begründung des Arbeitsverhältnisses
4.6
Fehlerhafte Arbeitsverhältnisse
Beim Abschluss von Arbeitsverträgen können wie auch bei anderen Rechtsgeschäften
Fehler vorkommen. Schwere Fehler führen automatisch zur Nichtigkeit des Vertrages,
weniger schwere Fehler zur Anfechtung des Vertrages. Bei einer Anfechtung führt
erst die willentlich erklärte Anfechtung zur Nichtigkeit des Vertrages; der Betroffene
kann also selbst entscheiden.
4.6.1
4
Fehlerhaftigkeit
Nichtigkeitsgründe
Arbeitsverträge können aus allgemeinen Gründen oder aber auch aufgrund arbeits­
rechtlicher Besonderheiten nichtig sein. Allgemeine Nichtigkeitsgründe sind:
• Fehlende Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff. BGB)
• Nichtigkeit wegen Formmangels (§ 125 BGB)
• Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB)
• Verstoß gegen die guten Sitten (§ 138 BGB)
Nichtigkeit
Arbeitsrechtliche Besonderheiten, die zur Nichtigkeit eines Vertrages führen können,
enthalten vor allem spezielle Gesetze zum Schutz besonderer Personen und Beschäfti­
gungsgruppen (z. B. Jugendarbeitsschutzgesetz, Mutterschutzgesetz).
Beim Vertragsabschluss mit Minderjährigen ist zu beachten, dass sie bis zum Ablauf
des siebten Lebensjahrs geschäftsunfähig sind. Die Willenserklärung eines Geschäfts­
unfähigen ist nichtig (§ 105 BGB). Die volle Geschäftsfähigkeit erlangt man mit der
Volljährigkeit (achtzehntes Lebensjahr). Minderjährige zwischen dem siebten und dem
achtzehnten Lebensjahr sind beschränkt geschäftsfähig und bedürfen grundsätzlich der
Einwilligung oder Genehmigung ihres gesetzlichen Vertreters, um eine wirksame Wil­
lenserklärung zum Abschluss eines Vertrages abzugeben. Im Arbeitsrecht werden die­
se allgemeinen Grundsätze durch die besonderen Regelungen in §§ 112, 113 BGB ge­
ändert bzw. erweitert.
4.6.2
Anfechtungsgründe
Die allgemeinen Anfechtungsgründe des Bürgerlichen Rechts gelten auch im Arbeits­
recht (§§ 119, 123 BGB). Die Anfechtung ist ein Gestaltungsrecht. Sie steht gleichbe­
rechtigt neben der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, die ebenfalls ein Gestaltungs­
recht ist. Die Anfechtung ist nur möglich, wenn ein Anfechtungsgrund gegeben ist.
Anfechtungsgründe sind Irrtum (§ 119 BGB), Täuschung oder Drohung (§ 123 BGB). Im
Arbeitsrecht kommt vor allem eine Anfechtung des Arbeitsvertrages in Betracht, wenn
der Arbeitnehmer zulässige Fragen des Arbeitgebers bei der Einstellung unwahr beant­
wortet (siehe dazu die obigen Ausführungen zur Anbahnung des Arbeitsverhältnisses).
Die Anfechtung führt zur Nichtigkeit des Vertrages (§ 142 BGB).
Anfechtungsgründe
Soweit ein nichtiger Arbeitsvertrag noch nicht vollzogen ist, bestehen keine Probleme.
Der Arbeitsvertrag entfaltet für die Gegenwart und die Zukunft keinerlei Rechtswirkung
und wird als null und nichtig angesehen. Problematisch ist die Situation, wenn es be­
reits zu einem Leistungsaustausch gekommen ist, insbesondere Arbeitsleistungen
schon erbracht wurden. In diesem Fall wird zum Schutz des Arbeitnehmers ein nich­
tiger Arbeitsvertrag zumindest für die Vergangenheit als wirksam behandelt (sog. faktisches Arbeitsverhältnis). Der Arbeitnehmer hat damit Anspruch auf Vergütung seiner
bereits erbrachten Arbeitsleistung. Für die Zukunft genießt dieses Arbeitsverhältnis je­
doch keinen Bestandsschutz. Mit Zugang der Anfechtungserklärung wird das Arbeits­
verhältnis wie bei einer Kündigung für die Zukunft beendet.
57
4
Die Begründung des Arbeitsverhältnisses
Arbeitsvertrag
Zustandekommen des Vertrages:
• Zwei Willenserklärungen = Angebot und
Annahme.
• Die Willenserklärungen müssen sich decken,
d. h., Angebot und Annahme dürfen sich nicht
widersprechen.
• Die beiden Willenserklärungen müssen
fehlerfrei (also mangelfrei) sein.
Abgrenzung zu anderen Verträgen:
• Arbeitnehmerüberlassung
• Werkvertrag
• Freier Mitarbeitervertrag
• Dienstvertrag
Mögliche Mängel in Arbeitsverträgen
1. Schwere Mängel, die sofort zur Nichtigkeit führen:
• Geschäftsunfähigkeit, § 104 BGB
• Scheinverträge, § 117 BGB
• Formfehler, § 125 BGB
• Sittenwidrigkeit, § 138 BGB
• Gesetzesverstöße, § 134 BGB
2.Weniger schwere Mängel, die zunächst nur zur Anfechtbarkeit
führen:
• Inhalts-, Erklärungsirrtum, § 119 Abs. 1 BGB
• Eigenschaftsirrtum, § 119 Abs. 2 BGB
• Täuschung oder Drohung, § 123 BGB
4.7
Probezeit
Vereinbarung einer Probezeit
Im Rahmen der Begründung des Arbeitsverhältnisses stellt sich meist die Frage, ob
zunächst eine Probezeit vereinbart werden soll. Die Vereinbarung einer Probezeit im
Arbeitsverhältnis dient dazu, Klarheit gewinnen zu können, ob eine dauerhafte Zusam­
menarbeit tatsächlich möglich erscheint und von beiden Vertragsparteien auch wirklich
gewollt ist.
Bei der Vertragsgestaltung stehen dabei grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Verfü­
gung:
1.Die Vertragsparteien können zum einen im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsvertrages einen bestimmten Zeitraum als Probezeit festlegen.
2.Zum anderen kann ein zum Zwecke der Erprobung befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen werden.
Soweit Tarifverträge eine Probezeit nicht automatisch vorsehen, muss eine solche aus­
drücklich vereinbart werden. Gesetzlich ist eine Probezeit nicht zwingend (Ausnahme:
§ 20 BBiG). Nach § 2 Abs. 4 TVöD gelten die ersten sechs Monate der Beschäftigung
automatisch als Probezeit, soweit keine kürzere Zeit vereinbart ist. Die Vertragsparteien
58