Anpassungsgeld

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Anpassungsgeld
Rentenausschuss
Neue Anpassungsgeld-Richtlinien
ab 01. Januar 2009
Volker Achenbach, Bochum*
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat am
12.12.2008 die neuen Richtlinien
zur Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen des Steinkohlenbergbaus erlassen. Sie wurden
am 24.12.2008 im Bundesanzeiger Nr. 196, Seite 4697, veröffentlicht und sind am 01.01.2009
in Kraft getreten. Die Richtlinien
gelten bis zum 31.12.2027. Die
Deutsche Rentenversicherung
Knappschaft-Bahn-See, die auftragsweise in das Bewilligungsund Leistungsverfahren des
Bundesamtes für Wirtschaft und
Ausfuhrkontrolle (BAFA) eingebunden ist, wird den Personalanpassungsprozess im Steinkohlenbergbau weiterhin begleiten. Im
Folgenden werden im Überblick
wesentliche Regelungen der neuen Richtlinien, insbesondere für
den Zugang in Anpassungsgeld,
dargestellt.
Allgemeines
Die neuen Richtlinien haben ihre Wurzeln in dem Gesetz zur Finanzierung der
Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus zum Jahr 2018 (Steinkohlefinanzierungsgesetz) vom 20.12.2007 [1]
sowie in den vorangegangenen „Eckpunkten einer kohlepolitischen Verständigung“
vom 07.02.2007 des Bundes und der Länder Nordrhein-Westfalen und Saarland
und der zwischen dem Bund, den genannten Ländern und der RAG Aktiengesellschaft geschlossenen Rahmenvereinbarung „Sozialverträgliche Beendigung des
subventionierten Steinkohlenbergbaus in
Deutschland“ vom 14.08.2007. Ausfluss
hieraus ist - neben den neuen Richtlinien –
auch eine Ergänzung der Vorschriften des
§ 216 b SGB III. Nach dem mit Wirkung
vom 01.01.2009 eingefügten neuen Abs.
Volker Achenbach
Deutsche Rentenversicherung
Knappschaft - Bahn - See
Abteilung II - Rentenversicherung
Pieperstraße 14-28
44781 Bochum
4a dieser Vorschrift haben Arbeitnehmer
des Steinkohlenbergbaus vor der Inanspruchnahme des Anpassungsgeldes
Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld.
Diese Regelung stellt sicher, dass die betroffenen Bergleute im Vorfeld des Anpassungsgeldes für einen Zeitraum von bis zu
einem Jahr Transferkurzarbeitergeld erhalten können, und zwar ohne dass die weiteren Voraussetzungen des § 216b Abs. 1
bis 4 SGB III erfüllt werden müssen.
Bereits im Rahmen der kohlepolitischen
Verständigung wurde vereinbart, die subventionierte Förderung der Steinkohle
sozialverträglich zu beenden. Der vereinbarte Zeitraum für den Auslaufprozess bis
2018 stellt zunächst sicher, dass betriebsbedingte Kündigungen im Steinkohlenbergbau vermieden werden können. Darüber hinaus wird der Anpassungsprozess
durch das Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus flankiert
[2]. Gesetzliche Grundlage für die Anpassungsgeld-Richtlinien ist § 5 des Steinkohlefinanzierungsgesetzes. Danach kann
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern,
die unter Tage beschäftigt, mindestens 50
Jahre alt oder über Tage beschäftigt und
mindestens 57 Jahre alt sind, aus Mitteln
des Bundeshaushalts Anpassungsgeld für
längstens 5 Jahre als Überbrückungshilfe
bis zur Anspruchsberechtigung auf Leistungen der knappschaftlichen Rentenversicherung gewährt werden, wenn sie aus
Anlass einer Stilllegungs- oder Rationalisierungsmaßnahme bis zum 31.12.2022
ihren Arbeitsplatz verlieren. Die Kosten
für das Anpassungsgeld werden mit rd.
2,1 Mrd. € veranschlagt; hiervon trägt der
Bund, wie in der Vergangenheit auch, zwei
Drittel und die beiden Länder NordrheinWestfalen und Saarland tragen zusammen ein Drittel [3].
Die Geltungsdauer der Richtlinien bis
zum 31.12.2027 resultiert aus dem Endzeitpunkt der subventionierten Steinkohleförderung mit Ablauf des Jahres 2018. An
diesen Zeitpunkt schließt sich eine dreijährige Nachlaufzeit an, innerhalb derer
die abschließenden Stilllegungsarbeiten
durchgeführt werden. Unter Berücksichtigung einer zwölfmonatigen Bezugszeit
von Transferkurzarbeitergeld werden die
letzten Arbeitsverhältnisse im Steinkoh-
lenbergbau mit Ablauf des Jahres 2022
beendet sein, sodass die letzten Zugänge
in Anpassungsgeld zum 01.01.2023 erfolgen werden. Bei einer fünfjährigen Anpassungsgeldbezugsdauer wird somit längstens bis zum 31.12.2027 Anpassungsgeld
gewährt.
Gewährung des
Anpassungsgeldes
Anpassungsgeld wird in Form von Zuwendungen gewährt; sie umfassen auch
die Beitragszuschüsse zur Krankenversicherung (vgl. Ziffer 1.1 der Richtlinien).
Die Zuwendungen werden geleistet an Arbeitnehmer-/innen eines Unternehmens,
das in der Bundesrepublik Deutschland
Steinkohlenbergbau betreibt, sowie an
Arbeitnehmer/-innen der so genannten
Bergbau-Spezialgesellschaften, wenn sie
im oder für den deutschen Steinkohlenbergbau tätig und knappschaftlich versichert sind (Ziffer 2.1 der Richtlinien). Ein
genereller Anspruch auf Gewährung der
Zuwendungen besteht nicht. Vielmehr
werden die Zuwendungen nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der zur
Verfügung stehenden haushaltsmäßigen
Ermächtigungen des Bundes und der jeweiligen Länder geleistet (Ziffer 1.2 der
Richtlinien).
Grundsätzliche
Anspruchsvoraussetzungen
Die Gewährung von Anpassungsgeld
setzt zunächst voraus, dass
● die Antragsteller vor dem 01.01.2023
aus Gründen entlassen worden sind,
die nicht in ihrer Person liegen (Ziffer
3.1.1 der Richtlinien)
● die zur Entlassung führende Maßnahme eine Stilllegungs- oder Rationalisierungsmaßnahme ist (Ziffer 3.3 der
Richtlinien)
● das Beschäftigungsverhältnis des jeweiligen Antragstellers vor dem 01.01.2006
(Stichtag) begründet worden ist (Ziffer
3.1.1 der Richtlinien) und
● die Antragsteller in den 2 ihrer Entlassung vorangegangenen Jahren ununterbrochen im deutschen Steinkohlenbergbau beschäftigt gewesen sind, es
sei denn, dass eine Unterbrechung auf
Gründen beruht, die nicht in ihrer Person liegen (Ziffer 3.1.5 der Richtlinien).
Besondere Bedeutung kommt der Stichtagsregelung (01.01.2006) zu. Sie wird
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vom Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie sowie vom BAFA dahin gehend
verstanden, dass das vor diesem Zeitpunkt
begründete Beschäftigungsverhältnis bis
zur Entlassung durchlaufend bestanden hat.
Vor diesem Hintergrund kommt der Voraussetzung der ununterbrochenen zweijährigen
Beschäftigung vor der Entlassung im Regelfall praktisch keine Bedeutung zu.
Rentenrechtliche
Voraussetzungen
Die Gewährung von Anpassungsgeld
ist ferner an den Anspruch auf eine Rente
nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) geknüpft. Die Antragsteller
müssen - bei einer unterstellten Fortführung ihrer bisherigen Beschäftigung - in
längstens 5 Jahren nach dem Tag ihrer
Entlassung die Anspruchsvoraussetzungen für eine Altersrente oder die Knappschaftsausgleichsleistung (KAL) erfüllen
(Ziffer 3.1.2 der Richtlinien). Das Anpassungsgeld wird also mit Zielrichtung auf
eine bestimmte Rente der Gesetzlichen
Rentenversicherung gewährt. Vorrangig
bedeutsame Zielrenten sind die KAL für
Untertagebeschäftigte und die Altersrente
für langjährig Versicherte für Übertagebeschäftigte; Anpassungsgeld kann ferner
gewährt werden mit Zielrichtung auf die
Altersrente für schwerbehinderte Menschen, die Regelaltersrente, die Altersrente für besonders langjährig Versicherte, die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit
oder nach Altersteilzeitarbeit, die Altersrente für Frauen sowie die Altersrente für
langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute (vgl. Ziffer 3.1.2 der Richtlinien).
Unter Ziffer 3.1.3 der Richtlinien wird mit
Blick auf das Entlassungsdatum und den
Beginn des Anpassungsgeldes bestimmt,
dass grundsätzlich auf eine abschlagsfreie (Alters-)Rente abzustellen ist. Die
Betroffenen können sich allerdings damit
einverstanden erklären, dass die Entlassung zu einem Zeitpunkt erfolgt, von dem
an gerechnet in längstens 5 Jahren eine
Altersrente lediglich vorzeitig und damit
abschlagsbehaftet in Anspruch genommen
werden kann. Eine solche Einverständniserklärung ist schriftlich abzugeben und
unwiderruflich. Anpassungsgeldfälle von
Übertagebeschäftigten, die auf eine abschlagsfreie Altersrente abzielen, dürften
allerdings eher die Ausnahme bilden, denn
bislang schon hat dieser Personenkreis in
aller Regel sein Einverständnis mit dem
frühestmöglichen Eintritt in Anpassungsgeld und in der Folge mit dem frühestmöglichen Beginn der sodann gegebenenfalls
mit dem maximalen Abschlag belegten
Rente erklärt.
Für Anpassungsgeldbezieher gelten jedoch im Zusammenhang mit der Neure-
gelung der Altersgrenzen durch das RVAltersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.
04.2007 [4] besondere Vertrauensschutzregelungen; Anpassungsgeldbezieher, die
vor dem 01.01.1964 geboren sind, bleiben
von den Anhebungen der Altersgrenzen
weitestgehend ausgenommen.
Die Höhe des Anpassungsgeldes wird
nach den Berechnungsvorschriften des
SGB VI, die für die jeweilige Zielrente gelten, ermittelt. Zugrunde gelegt werden die
maßgebenden rentenrechtlichen Zeiten,
die bis zum Zeitpunkt der Entlassung zurückgelegt worden sind. Für das Anpassungsgeld wird der Zugangsfaktor 1,0
angesetzt, sodass das Anpassungsgeld
stets abschlagsfrei geleistet wird.
Das Anpassungsgeld wird für längstens 5 Jahre gewährt (Ziffer 4.1.3 der
Richtlinien). Nach Beendigung der Anpassungsgeldzahlung erfolgt der tatsächliche
Wechsel in die zu Grunde gelegte Rente
der Gesetzlichen Rentenversicherung.
Knappschaftsausgleichsleistung
Für Untertagebeschäftigte kommt in erster Linie das Anpassungsgeld mit Zielrichtung KAL (§ 239 SGB VI) in Betracht. Der
Anspruch auf die KAL ist gegeben, wenn
ein Versicherter nach Vollendung des 50.
Lebensjahres aus Gründen, die nicht in
seiner Person liegen, aus einem knappschaftlichen Betrieb ausscheidet, bis zur
Vollendung des 55. Lebensjahres Anpassungsgeld bezieht und die Wartezeit von
25 Jahren mit Beitragszeiten auf Grund
einer Beschäftigung unter Tage erfüllt hat
(§ 239 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI).
Die Anpassungsgeldbezugszeit wird auf
die Wartezeit von 25 Jahren angerechnet,
wenn zuletzt vor dem Ausscheiden oder
vor dem Bezug von Transferkurzarbeitergeld eine Untertagebeschäftigung ausgeübt worden ist. Anpassungsgeld kann demzufolge frühestmöglich gewährt werden,
wenn der Betreffende nach Vollendung
des 50. Lebensjahres entlassen wird und
- bei Ausscheiden aus einer Untertagebeschäftigung - 20 Jahre mit Beitragszeiten
auf Grund einer Beschäftigung unter Tage
zurückgelegt hat. War der Betreffende zuletzt über Tage beschäftigt, kann Anpassungsgeld nur gewährt werden, wenn im
Zeitpunkt des Ausscheidens bereits 25
Jahre mit Beitragszeiten auf Grund einer
Untertagebeschäftigung zurückgelegt sind.
Anpassungsgeld mit Zielrichtung KAL kann
ferner gewährt werden, wenn ein zuletzt
über Tage Beschäftigter, der 25 Jahre mit
knappschaftlichen Beitragszeiten (nicht jedoch 25 Untertagejahre) hat, seine frühere
Untertagebeschäftigung aus gesundheitlichen Gründen aufgeben mußte (§ 239
Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b SGB VI) ; eine
spätere Inanspruchnahme der Altersren-
te für langjährig unter Tage beschäftigte
Bergleute ist jedoch ausgeschlossen.
Unter Berücksichtigung des in den
Richtlinien festgelegten spätestmöglichen
Ausscheidens zum 31.12.2022 kommt
die Gewährung von Anpassungsgeld mit
Zielrichtung KAL für die Beschäftigten der
Geburtsjahrgänge 1972 und älter in Betracht.
Gleichzeitiger Anspruch auf Rente für
Bergleute
Für den Personenkreis der Anpassungsgeldbezieher mit Zielrichtung KAL sind die
Regelungen unter Ziffer 3.2 der Richtlinien
von besonderer Bedeutung. Hat ein Versicherter die Anspruchsvoraussetzungen für
eine Rente für Bergleute nach langjähriger
Untertagebeschäftigung und Vollendung
des 50. Lebensjahres (§ 45 Abs. 3 SGB
VI) erfüllt, muss er die Rente parallel zum
Anpassungsgeld beantragen. Für diese
Rente werden allerdings im Vergleich zum
Anpassungsgeld (KAL) erhöhte Anforderungen an die bisherige Dauer der Untertagebeschäftigung gestellt. Der Rentenanspruch erfordert, dass eine Wartezeit von
25 Jahren mit Beitragszeiten auf Grund
einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage erfüllt ist (§ 45 Abs. 3 Nr. 3,
§ 51 Abs. 2 SGB VI). Ist die Wartezeit für
die Rente für Bergleute erfüllt, ist naturgemäß auch die Wartezeit für die KAL bzw.
das Anpassungsgeld gegeben. Mit dem
Ausscheiden nach dem vollendeten 50.
Lebensjahr kann daher Anpassungsgeld
mit Zielrichtung KAL gewährt werden, daneben besteht ein Anspruch auf die Rente für Bergleute. Die Rente für Bergleute
wird in diesem Fall nach Ziffer 4.1.2 der
Richtlinien auf das Anpassungsgeld angerechnet.
Höhe und Dauer des Anpassungsgeldes
und der Folgerenten
Das Anpassungsgeld wird nach den
Berechnungsregelungen des § 239 Abs. 3
SGB VI für die KAL berechnet. Somit werden nur Rentenanwartschaften der knappschaftlichen Rentenversicherung berücksichtigt, nicht dagegen Versicherungszeiten
in der allgemeinen Rentenversicherung.
Ebenfalls unberücksichtigt bleibt der in §
85 SGB VI geregelte Leistungszuschlag. Im
Rahmen der Berechnung der im Anschluss
an den Wegfall des Anpassungsgeldes tatsächlich zu leistenden KAL wird die Anpassungsgeldbezugszeit von 5 Jahren zusätzlich berücksichtigt.
Den Leistungszuschlag und evtl. Rentenanteile aus der allgemeinen Rentenversicherung erhält der Versicherte erst mit
dem Leistungswechsel in eine Altersrente.
Regelmäßig wird der KAL-Bezieher die
Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute in Anspruch nehmen.
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Rentenausschuss
Hierfür wird vorausgesetzt, dass die Wartezeit von 25 Jahren mit Beitragszeiten für
eine Beschäftigung mit ständigen Arbeiten
unter Tage erfüllt ist. Hat der Versicherte
zuvor bereits die Rente für Bergleute nach
§ 45 Abs. 3 SGB VI bezogen, sind die
wartezeitrechtlichen Voraussetzungen für
diese Altersrente ohne Weiteres gegeben.
Da die Anpassungsgeldbezugszeit auf die
Wartezeit für die Altersrente angerechnet
wird, wenn zuletzt eine Untertagebeschäftigung ausgeübt worden ist (§ 238 Abs. 3
SGB VI), ist die Wartezeit auch dann erfüllt, wenn bis zum Ausscheiden mit dem
50. Lebensjahr insgesamt 20 Jahre mit
ständigen Arbeiten unter Tage zurückgelegt wurden und die Rente für Bergleute nach § 45 Abs. 3 SGB VI nicht beansprucht werden konnte.
Die Altersrente für langjährig unter Tage
beschäftigte Bergleute kann für Versicherte des Geburtsjahrgangs 1963 und
ältere Versicherte nach Vollendung des
60. Lebensjahres in Anspruch genommen
werden (§ 238 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 3
SGB VI). Für jüngere Versicherte ab dem
Geburtsjahrgang 1964 gilt, dass sie diese
Altersrente erst nach Vollendung des 62.
Lebensjahres beanspruchen können (§ 40
SGB VI); in diesem Falle muss die KAL für
die Dauer von 7 Jahren bezogen werden.
Altersrente für langjährig unter
Tage beschäftigte Bergleute
Das Anpassungsgeld mit Zielrichtung
Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute hat im Rahmen des
Personalanpassungsprozesses nur eine
untergeordnete Bedeutung. Da die Altersrente frühestens nach Vollendung des
60. Lebensjahres in Anspruch genommen
werden kann, ist bei Ausscheiden nach
dem 55. Lebensjahr bereits ein Anspruch
auf die KAL gegeben, wenn die Wartezeit von 25 Jahren mit Beitragszeiten auf
Grund einer Beschäftigung unter Tage
erfüllt ist. Für diesen Fall bestimmt Ziffer
5.1 Buchstabe a) der Richtlinien, dass
Anpassungsgeld nicht gewährt werden
kann; vorrangig ist also ggf. die KAL in
Anspruch zu nehmen. Das Anpassungsgeld mit Zielrichtung auf die besondere
Altersrente für Bergleute kommt daher nur
dann in Betracht, wenn im Zeitpunkt des
Ausscheidens (nach dem 55. Lebensjahr)
25 Jahre mit Untertagearbeiten noch nicht
zurückgelegt worden sind.
Das Anpassungsgeld kann Beschäftigten des Geburtsjahrgangs 1963 und
älteren Beschäftigten frühestens nach
Vollendung des 55. Lebensjahres gewährt
werden; für diesen Personenkreis besteht
– bei Erfüllung der 25-jährigen Wartezeit
– Anspruch auf die Altersrente mit Vollendung des 60. Lebensjahres (§ 238 Abs. 2
Satz 3 SGB VI). Vor dem Hintergrund des
spätesten Eintritts in Anpassungsgeld zum
01.01.2023 wird Anpassungsgeld darüber
hinaus auch für Beschäftigte der Geburtsjahrgänge 1964 und 1965 sowie für die am
01.01.1966 Geborenen gewährt. Für diese
Beschäftigten gelten jedoch die besonderen Vertrauensschutzregelungen für Anpassungsgeldbezieher nicht, sodass die
Altersrente frühestens nach Vollendung
des 62. Lebensjahres und das Anpassungsgeld demzufolge frühestens nach
Vollendung des 57. Lebensjahres geleistet
werden kann.
Die Altersrente für langjährig unter Tage
beschäftigte Bergleute wird im Übrigen mit
dem Zugangsfaktor 1,0 berechnet und somit abschlagsfrei gezahlt.
Altersrente wegen Arbeitslosigkeit
oder nach Alterteilzeitarbeit und
Altersrente für Frauen
Für die Übertagebeschäftigten des
Steinkohlenbergbaus hat der Zugang in
das Anpassungsgeld mit der Zielrichtung
auf die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit und das
Anpassungsgeld mit der Zielrichtung auf
die Altersrente für Frauen seine Bedeutung praktisch verloren. Beide Altersrenten kommen nur noch für Beschäftigte in
Frage, die vor dem 01.01.1952 geboren
sind; es ist davon auszugehen, dass dieser Personenkreis grundsätzlich bereits
nach Vollendung des 55. Lebensjahres
in Anpassungsgeld eingetreten ist. Selbst
wenn ausnahmsweise noch Beschäftigte
der insoweit relevanten Geburtsjahrgänge
unter der Herrschaft der neuen Richtlinien ausscheiden, ist - ausgehend von dem
Übergang in die tatsächliche Leistung
der Altersrente mit dem vollendeten 60.
Lebensjahr und dem damit verbundenen
18-prozentigen Rentenabschlag – der Bezug von Anpassungsgeld mit Zielrichtung
in diese Altersrenten die von der Leistungshöhe ungünstigste Variante. Allenfalls werden einzelne Beschäftigte, die die
wartezeitrechtlichen Voraussetzungen für
das Anpassungsgeld mit der Zielrichtung
Altersrente für langjährig Versicherte nicht
erfüllen (30 Jahre mit rentenrechtlichen
Zeiten), noch Anpassungsgeld mit der
Zielrichtung auf die beiden o.a. Altersrenten beantragen.
Regelaltersrente und Altersrente
für besonders langjährig
Versicherte
Von untergeordneter Bedeutung sind
auch das Anpassungsgeld mit Zielrichtung
Regelaltersrente und das Anpassungsgeld
mit Zielrichtung auf die (zum 01.01.2012 in
Kraft tretende) Altersrente für besonders
langjährig Versicherte. Nach der gesetzlichen Regelung wird die Regelaltersgren-
ze von 65 Jahren nicht angehoben für
Beschäftigte, die vor dem 01.01.1964 geboren sind und Anpassungsgeld bezogen
haben (§ 235 Abs. 2 Satz 3 SGB VI), sodass der Eintritt in Anpassungsgeld nach
Vollendung des 60. Lebensjahres möglich
ist. Da unter Berücksichtigung des spätestmöglichen Ausscheidens am 31.12.2022
das Anpassungsgeld mit Zielrichtung Regelaltersrente nur den Beschäftigten offensteht, die bis zum 01.01.1963 geboren
sind, verbleibt letztlich für das Anpassungsgeld mit Zielrichtung auf die neue Altersrente für besonders langjährig Versicherte
kein eigenständiger Anwendungsbereich.
Auch das Anpassungsgeld mit dieser Zielrichtung kann nur Beschäftigten, die bis
zum 01.01.1963 geboren sind, gewährt
werden; der Übergang in die tatsächliche
(abschlagsfreie) Altersrente erfolgt hier
ebenfalls mit dem 65. Lebensjahr.
Für beide Varianten gilt im Übrigen,
dass die wartezeitrechtlichen Voraussetzungen im Zeitpunkt des Ausscheidens
bereits erfüllt sein müssen (Ziffer 3.1.4 der
Richtlinien).
Altersrente für langjährig
Versicherte
Das wichtigste Instrument der Personalanpassung für die Übertagebeschäftigten des Steinkohlenbergbaus ist das
Anpassungsgeld mit Zielrichtung auf die
Altersrente für langjährig Versicherte.
Nach den rentenrechtlichen Vorschriften
der §§ 36 und 236 SGB VI ist grundsätzlich
eine Heraufsetzung der Altersgrenze vom
65. auf das 67. Lebensjahr vorgesehen
für Versicherte, die nach dem 31.12.1948
geboren sind; die vorzeitige Inanspruchnahme ist nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich. Für Anpassungsgeldbezieher, die vor dem 01.01.1964 geboren
sind, gelten hiervon abweichend jedoch
besondere Vertrauensschutzregelungen.
Danach wird für diesen Personenkreis die
Altersgrenze von 65 Jahren für eine abschlagsfreie Altersrente nicht angehoben.
Ferner wird für Versicherte, die in der Zeit
vom 01.01.1948 bis 31.10.1949 geboren
sind, die Altersgrenze für die vorzeitige
Inanspruchnahme der Altersrente vom 63.
auf das 62. Lebensjahr schrittweise abgesenkt. Anpassungsgeldbezieher, die nach
dem 31.10.1949 geboren sind, können die
Altersrente für langjährig Versicherte ab
dem vollendeten 62. Lebensjahr vorzeitig
in Anspruch nehmen.
Für den Eintritt in Anpassungsgeld mit
Zielrichtung in diese Altersrente bedeutet
dies Folgendes: Beschäftigte der Geburtsjahrgänge 1952 bis 1963 können frühestens nach Vollendung des 57. Lebensjahres Anpassungsgeld erhalten; nach
Vollendung des 62. Lebensjahres wird die
Altersrente für langjährig Versicherte mit
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einem Abschlag von 10,8 % geleistet. Beschäftigten, die in der Zeit vom 01.11.1949
bis 31.12.1951 geboren sind und unter
der Herrschaft der neuen Richtlinien ausscheiden, kann Anpassungsgeld ebenfalls
bis zum 62. Lebensjahr gewährt werden;
nach Vollendung des 62. Lebensjahres erfolgt der Wechsel in die mit dem Abschlag
von 10,8 % behaftete Altersrente.
Von der Geltungsdauer der Richtlinien
werden ferner die Beschäftigten des Geburtsjahrgangs 1964 und die am 01.01.1965
geborenen Beschäftigten erfasst. Für diesen Personenkreis gelten die besonderen
Vertrauensschutzbestimmungen für Anpassungsgeldbezieher nicht, sodass sie frühestens nach Vollendung des 58. Lebensjahres
in Anpassungsgeld eintreten können und
im Anschluss nach Vollendung des 63. Lebensjahres die Altersrente erhalten; in diesem Fall ist die Altersrente jedoch mit einem
Abschlag von 14,4 % belegt.
Die Gewährung von Anpassungsgeld
mit Zielrichtung auf diese Altersrente setzt
voraus, dass im Zeitpunkt des Ausscheidens 30 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt worden sind. Die für den
nachfolgenden Altersrentenanspruch erforderliche 35-jährige Wartezeit ist sodann
unter Einschluss der Anpassungsgeldbezugszeit (Anrechnungszeit nach § 252
Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) erfüllt.
Altersrente für schwerbehinderte
Menschen
Für Beschäftigte, die als schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 2 Abs. 2
SGB IX anerkannt sind, kommt die Gewährung von Anpassungsgeld mit Zielrichtung
auf die Altersrente für schwerbehinderte
Menschen in Betracht. Grundsätzlich gilt
auch hier im Rentenrecht (§§ 37, 236a
SGB VI), dass die Altersgrenze von derzeit 63 Jahren schrittweise auf das 65. Lebensjahr angehoben wird, und zwar für die
ab dem 01.01.1952 geborenen Versicherten. Parallel hierzu wird die Altersgrenze
für eine vorzeitige Inanspruchnahme vom
60. auf das 62. Lebensjahr schrittweise
angehoben. Für Versicherte ab dem Geburtsjahrgang 1964 sind die schrittweisen
Anhebungen vollzogen, sodass die Rente vorzeitig ab dem 62. Lebensjahr - mit
einem Abschlag von 10,8 % - oder abschlagsfrei ab dem 65. Lebensjahr in Anspruch genommen werden kann.
Für Anpassungsgeldbezieher, die vor
dem 01.01.1964 geboren sind, sieht § 236a
Abs. 2 Satz 3 SGB VI wiederum eine Vertrauensschutzregelung vor, wonach die Altersgrenzen von 60 Jahren bzw. 62 Jahren
nicht angehoben werden. Die Nichtanhebung ist jedoch an eine weitere entscheidende Voraussetzung geknüpft: der Anpassungsgeldbezieher muss bereits am
01.01.2007 als schwerbehinderter Mensch
anerkannt gewesen sein. War der Anpassungsgeldbezieher erst zu einem späteren
Zeitpunkt als schwerbehinderter Mensch
anerkannt, greift die Vertrauensschutzregelung nicht.
Hieraus folgt für die Gewährung von
Anpassungsgeld, dass Beschäftigte der
Geburtsjahrgänge 1952 bis 1963, die am
01.01.2007 als schwerbehinderte Menschen anerkannt waren, nach Vollendung des 55. Lebensjahres Anpassungsgeld erhalten . Nach Vollendung des 60.
Lebensjahres wird die Altersrente für
schwerbehinderte Menschen geleistet.
Bei Beschäftigten derselben Geburtsjahrgänge, die am Stichtag noch nicht als
schwerbehinderte Menschen anerkannt
waren, folgt die Eintrittsmöglichkeit in
Anpassungsgeld der stufenweisen Anhebung der Altersgrenze von 60 Jahren auf
62 Jahre; Anpassungsgeld kann dementsprechend 5 Jahre vor Beginn der Altersrente gewährt werden.
Das Anpassungsgeld mit Zielrichtung
auf die Altersrente für schwerbehinderte
Menschen setzt voraus, dass im Zeitpunkt
des Ausscheidens 30 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt worden
sind. Die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch muss im Übrigen beim Ausscheiden vorliegen und Gültigkeit haben
bis zum Beginn der späteren Altersrente;
dies ist immer dann der Fall, wenn ein
unbefristeter Schwerbehindertenausweis
vorliegt.
Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass bei Beschäftigten, die vor dem
01.01.1951 geboren sind, der Altersrentenanspruch auch dann besteht und somit
auch Anpassungsgeld gewährt werden
kann, wenn an Stelle der Anerkennung
als schwerbehinderter Mensch Berufsoder Erwerbsunfähigkeit nach dem am
31.12.2000 geltenden Recht vorliegt.
Anpassungsgeld
und Hinzuverdienst
Hinzuverdienstmöglichkeiten zum Anpassungsgeld sind nur sehr eingeschränkt
gegeben. Sofern der Anpassungsgeldempfänger eine mehr als geringfügig entlohnte Beschäftigung im Sinne von § 8
Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 SGB IV oder eine
mehr als geringfügig entlohnte selbständige Tätigkeit ausübt, entfällt für die Dauer
ihrer Ausübung der Zahlungsanspruch auf
Anpassungsgeld in voller Höhe (Ziffer 5.7
der Richtlinien). Die Aufnahme jedweder
Beschäftigung in einem knappschaftlichen
Betrieb (§ 134 SGB VI) oder in einer Bergbau-Spezialgesellschaft führt dagegen
sogar zum Wegfall des Grundanspruchs
auf Anpassungsgeld (Ziffer 5.1 Buchstabe b der Richtlinien); dies gilt auch, wenn
es sich um eine geringfügig entlohnte Beschäftigung handelt. Unschädlich für den
Bezug von Anpassungsgeld ist daher nur
ein Hinzuverdienst von höchstens 400,- €
monatlich, sofern er nicht in einer bergbaulichen Beschäftigung erzielt wird.
Quellen
[1] Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 68, Seite 3086
[2] Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung
zum Steinkohlefinanzierungsgesetz, Bundesrats-Drucksache 557/07 vom 10.08.2007,
Seiten 3/4, und Begründung A. Allgemeiner
Teil, Seite 7).
[3] Bundesrats-Drucksache 557/07 vom
10.08.2007, Seite 4, und Begründung B. Besonderer Teil, Seiten 11 und 19.
[4] Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 16, Seite 554
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