Ethisches Fehlverhalten

Transcription

Ethisches Fehlverhalten
Lehrstuhl für Human Resource Management
Fehlverhalten am Arbeitsplatz
Prof. Dr. Bruno Staffelbach
© Lehrstuhl Human Resource Management
1
Fehlverhalten: das Problem
Ethisches Fehlverhalten – Kosten Kartellgesetzverstoss
© Lehrstuhl Human Resource Management
2
1
Fehlverhalten: das Problem
Ethisches Fehlverhalten – Kosten Korruption
1. Siemens (Germany):
$800 million in 2008
2. KBR/Halliburton (USA):
$579 million in 2009
3. BAE (UK):
$400 million in 2010
4. Snamprogetti/ENI (NL/Italy):
$365 million in 2010
5. Technip S.A. (France):
$338 million in 2010
6. Daimler AG (Germany):
$185 million in 2010
7. Alcatel-Lucent (France):
$137 million in 2010
8. Panalpina (Switzerland):
$81.8 million in 2010
9. ABB Ltd. (Switzerland):
$58.3 million in 2010
10. Pride (USA):
$56.1 million in 2010
… and these are only FCPA violations
© Lehrstuhl Human Resource Management
3
Ziele
• Bedingungen ethischen Fehlverhaltens in Unternehmen kennen
• Strategien gegen moralisches Fehlverhalten im Unternehmen
skizzieren
© Lehrstuhl Human Resource Management
4
Fehlverhalten am Arbeitsplatz
1
Das Problem
2
Warum verhalten sich Menschen ethisch falsch?
21 Strategie/Struktur/Kultur: der institutionelle Rahmen
22 Gruppe: sozialpsychologische Fallen
23 Personen: Bad Leaders & Bad Followers
24 Denken: toxische Muster
3
Fehlverhalten am Arbeitsplatz in der Schweiz?
31 Fehlverhalten am Arbeitsplatz
32 Courage & Schweigen
33 Schweizer HR-Barometer: Fazit
4
Was kann man tun?
41 Punktuelle Empfehlungen
42 Compliance-Management-Systeme
43 Integrity
© Lehrstuhl Human Resource Management
5
21
Institutioneller Rahmen: Beispiel
© Lehrstuhl Human Resource Management
6
21
Institutioneller Rahmen
Strategische Lage
• Erfolgsdruck (Wettbewerb, finanziell, persönlicher Ruf…)
• Zeitknappheit
 Stress, Überforderung…
Organisationsstruktur
• Tiefe der Aufbauorganisation, Outsourcing (Verantwortungsdiffusion)
• Arbeitsteiligkeit und Spezialisierung
 Organisierte Verantwortungslosigkeit
Organisationskultur
• Risikobewusstsein, Sicherheit verlernt
• Strenge, Gruppen- bzw. Konformitätsdruck
 Selektive Wahr-Nehmung, Mitentscheidung wider besseren Wissens…
© Lehrstuhl Human Resource Management
7
22
Sozialpsychologische Fallen (1/2)
Faktoren, u.a.
- Gehorsamsbereitschaft
- Wissenschaftliche Autorität
- Unmittelbarkeit Feedback
- Meinungsein- und -vielfalt
Das Experiment: Milgram, St.
(1974). Das Milgram-Experiment.
Hamburg: Rowolth.
Le jeux de la mort…
© Lehrstuhl Human Resource Management
8
22
Sozialpsychologische Fallen (2/2)
Das Experiment: www.prisonexp.org
Faktoren, u.a.
• Bereitschaft zur Rollenübernahme, durchlässige
Grenze zwischen Rolle und Identität
• Anonymität (Opfer und Täter)
• Soziale Konstruktionen  Bilder machen von Betroffenen 
Entmenschlichung  Framing-Effekt
• Bedürfnis zur Gruppe zu gehören
• Bedürfnis nach Konsistenz zwischen privaten Überzeugungen und
öffentlichem Verhalten  moralische Abkoppelungen (Bandura):
- (schädigendes) Verhalten wird neu definiert
- direkter Zusammenhang mit Verhalten und Effekt wird minimiert
- Folgen werden umgedeutet
- Re-Konstruktion der Opfer
© Lehrstuhl Human Resource Management
9
23
Bad Leader & Bad Followers
Schlechte Führungspersonen
• Fachlich schlechte: inkompetente, sture, unbeherrschte
• Ethisch schlechte: gefühllose, korrupte, rücksichtslose, böse
Schlechte Führungspersonen brauchen schlechte Gefolgsleute
• Naive: profitieren von schlechten Führungspersonen und wollen keinen
moralischen Stress
• Zuschauer
• Täter
• Diener
Beurteilung
• Führung = Führungsbeziehung  Verantwortung Followers + Leaders
• Personalisiert
(Quelle: Kellerman, B. (2004). Bad Leadership – What It Is, How It Happens, Why It Matters. Boston: Harvard Business School Press)
© Lehrstuhl Human Resource Management
10
24
Denken: Toxische Muster
Wahrnehmungsprobleme
… wenn Handlungskonsequenzen
• eingeschränkt sichtbar
• zeitlich verzögert
• eingeschränkt verantwortet
• sozial wenig sanktioniert sind
Bei entsprechenden Vorbildern …
Alltagstheorien
© Lehrstuhl Human Resource Management
11
3
Fehlverhalten am Arbeitsplatz: Schweiz
Kernfragen
1. Wie häufig und wie
schwerwiegend verhalten
sich Beschäftigte fehl?
2. Welche Bedingungen
begünstigen ein
Fehlverhalten im
Unternehmen?
3. Wann werden Probleme
angesprochen und wann
nicht?
4. Warum wird geschwiegen?
www.hr-barometer.uzh.ch
© Lehrstuhl Human Resource Management
12
31
Fehlverhalten am Arbeitsplatz
Produktionsschädigung
Eigentumsschädigung
Politische
Abweichung
Aggressionen
Robinson, S. & Bennett, R. (1995). A typology of deviant workplace behaviors: A multidimensional scaling study, in: Academy of Management Journal 2/1995, S. 555-572.
© Lehrstuhl Human Resource Management
13
31
Fehlverhalten am Arbeitsplatz: gering
Grote, G. & Staffelbach, B. (2012). Schweizer HR-Barometer: Fehlverhalten und Courage, Zürich 2012, S. 23.
© Lehrstuhl Human Resource Management
14
31
Fehlverhalten am Arbeitsplatz: schwer
Grote, G. & Staffelbach, B. (2012). Schweizer HR-Barometer: Fehlverhalten und Courage, Zürich 2012, S. 24.
© Lehrstuhl Human Resource Management
15
31
Fehlverhalten am Arbeitsplatz: Faktoren
© Lehrstuhl Human Resource Management
16
32
Courage am Arbeitsplatz
Grote, G. & Staffelbach, B. (2012). Schweizer HR-Barometer: Fehlverhalten und Courage, Zürich 2012, S. 32.
© Lehrstuhl Human Resource Management
17
32
Courage am Arbeitsplatz
Grote, G. & Staffelbach, B. (2012). Schweizer HR-Barometer: Fehlverhalten und Courage, Zürich 2012, S. 34.
© Lehrstuhl Human Resource Management
18
32
Schweigen am Arbeitsplatz
Grote, G. & Staffelbach, B. (2012). Schweizer HR-Barometer: Fehlverhalten und Courage, Zürich 2012, S. 36.
© Lehrstuhl Human Resource Management
19
33
Schweizer HR-Barometer: Fazit
1. Weniger Fehlverhalten bei leistungsstarken und arbeitsmarktfähigen
Beschäftigten, die Probleme am Arbeitsplatz offen ansprechen
können und die Vertrauen in das Unternehmen haben.
2. Geschwiegen wird v.a. aus resignativen Gründen und weil man die
Zusammenarbeit mit anderen nicht gefährden will.
3. Schwächere und Verängstigte schweigen.
4. Partizipation und gute Führungsbeziehungen stärken die
Bereitschaft, auf Missstände hinzuweisen.
5. Variable Löhne verleiten zum Schweigen – aus Angst vor negativen
Konsequenzen für die Prämie.
© Lehrstuhl Human Resource Management
20
41
Was tun? Punktuelle Empfehlungen
Ethisch-normative, z.B.
• von Religionen (katholische Soziallehre, evangelische Sozialethik…)
• von Professionen (hippokratischer Eid, ehrbarer Kaufmann…)
Praktisch-normative, z.B.
• Leitbilder, Kodizes, Ethical Code of Conduct…
• Beauftragte, Kommissionen, Ethical Committee…
• Reportings, Ratings, Zertifizierungen…
Empirisch-induktive, z.B.
• Kellerman: für Leaders/Followers: günstige Voraussetzungen zur
Vermeidung Bad Leadership ( ethische Tugenden: Auswahl,
Training)
• Zimbardo: für Angehörige von Gruppen: gegen Kolonialisierung durch
Gruppen und für Stärkung Zivilcourage (www.LuciferEffect.com)
• Grote/Staffelbach: www.hr-barometer.uzh.ch
© Lehrstuhl Human Resource Management
21
42
Was tun? Compliance-Management
Zweck: (Kriminal-) Prävention zwecks Vermeidung direkter finanzieller
Verluste und indirekter Reputationsschäden
Grundlage: Modell zur Erklärung devianten Verhaltens
Quelle: Grundei, J. & Talaulicar, T. (2009). Corporate Compliance. Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 38(2), S. 74.
Person
Qualifikation
(Unvermögen)
Motivation
(Unwilligkeit)
Compliance - Verhalten
Situation
Norm (Erwartung)
Option
(Gelegenheit)
Gefahren: - überbordende Bürokratie
- Korrumpierung individueller und kultureller Tugenden
- Erziehung zu Gehorsamsmoral
© Lehrstuhl Human Resource Management
22
42
Was tun? Integrity
Problem: Compliance-Programme als „Regeleinhaltungssysteme“
(«interne Polizei») sind nicht hinreichend
© Lehrstuhl Human Resource Management
23
Literatur
Pflichtliteratur
Staffelbach, B., Feierabend, A. & Arnold, A. (2014). Managementethik,
moralisches Fehlverhalten und finanzielle Anreize. In U. Pekruhl, R.
Spaar & M. Zölch (Hrsg.), Human Resource Management – Jahrbuch
2014 (S. 91-120). Zürich: WEKA.
Weiterführende Literatur
• Prentice, R.A. (2012). Good directors and bad behavior. Business
Horizons 55(6). 535-541.
• Paine, L.S. (1994). Managing for Organizational Integrity. Harvard
Business Review 72(2). 106-117.
© Lehrstuhl Human Resource Management
24