Hallo liebe Welt, vor kurzem sah ich den Kinofilm „Das Schicksal ist

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Hallo liebe Welt, vor kurzem sah ich den Kinofilm „Das Schicksal ist
Hallo liebe Welt,
vor kurzem sah ich den Kinofilm „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“. Es ist der Film zum
gleichnamigen Buch von John Green. Das Buch kannte ich bis dato nicht und daher ging ich
völlig unwissend in diesen Film.
Oft täuscht mich mein Gefühl, z.B. bei Vorstellungsgesprächen. Aber das grobe Thema des
Film kannte ich und wusste, es wird mich bewegen.
Eins vorweg. Ich weine selten, selbst wenn ich mir etwas gebrochen habe, eigentlich selten.
Dazu später mehr.
Der Film kam zur Hälfte an und die erste Träne kullerte mein Gesicht herunter. Es war im
Laufe des Films nicht die Einzige. Szene auf Szene folgte, welche mich so mitgerissen haben,
dass ich hemmungslos weinte.
So sehr hat mich dieser Film bewegt.
Liebe Welt, ich danke dir, dass ich auf und mit dir leben darf. Der liebe Gott hat mir für mein
Leben eine besondere Aufgabe mitgegeben. Die Glasknochenkrankheit.
Die bekommt man nicht zufällig, wie Krebs. Man führt also zuvor kein „normales“ Leben.
Man erbt die Glasknochen weil ein Verwandter in der Familie (bei mir nicht der Fall) bereits
OI (Osteogenesis imperfecta) hat bzw. eben wie bei mir. Keiner war betroffen und ich bin
„der Erste“.
Erst im Nachhinein, nach dem Film, habe ich Parallelen zu mir gezogen.
Ich habe in den letzten 30 Jahren nicht Fußball spielen können, reiten, waghalsige
Achterbahnen erleben können usw. wie alle Krebskranken bevor sie ihre Diagnose bekamen.
Aber Gott hat mir ein Leben mit der normalen Lebenserwartung geschenkt. Dies ist den
Protagonisten und alle anderen, die Krebs haben, leider nicht vergönnt.
Auch wenn die Glasknochen so manche schwere Tage bzw. Wochen an Nerven, Geduld und
Schmerzen gekostet haben und sicherlich weiterhin tun werden. Ich kann ein relativ normales
Leben führen. Meine Eltern haben mich zu einem selbstständigen Jungen erzogen. Über die
„Behinderung“ wurde möglichst wenig Rücksicht genommen. Keine Extrawurst für Rouven.
Sie nahm schon Zeit in Anspruch, wenn die Familie in heller Aufruhr war, weil ich mir
wieder was gebrochen hatte. Sei es im Kindergarten, zu Hause oder der Schule. So normal
wie möglich, so unkompliziert wie nur machbar. Das praktiziere ich heute auch. Bei
Vorstellungsgesprächen will ich durch Leistung überzeugen, nicht das es für meine
Einstellung Zuschüsse für den Arbeitgeber gibt. Meine Wohnung muss nur einen Aufzug und
eine gescheite Dusche haben – mehr brauche ich nicht. Feiern gehen, why not? Ein paar
Stufen sind kein Problem, es finden sich immer nette & hilfsbereite Mitmenschen, die einem
jeden Weg ebnen.
Klar muss ich bei Reisen auf dieses & jenes achten, bedingt durch den schon sehr kompakten
Rollstuhl. Aber ich will nicht auf die Behinderung reduziert werden. Ich bin Rouven und nicht
„der junge Mann im Rollstuhl“.
Deshalb habe ich geweint. Weil ich weiter leben kann & darf, während andere am
Schilddrüsen, Lungenkrebs oder anderen Krebsarten sterben müssen. Geweint deshalb, weil
viele in meinem Alter bzw. noch viel jünger sind. Sie haben noch halbe Leben vor sich. Mir
geht es im Vergleich zu denen gut.
Dafür danke ich dir, liebe Welt.

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