Designers` Newsletter, Ausgabe 44, Januar 2008
Transcription
Designers` Newsletter, Ausgabe 44, Januar 2008
Ausgabe 44 / Januar 2008 Markenrecht ............................................. Sabine Zentek „Ohne Dich ist alles doof“ gegen „Mit Dir ist alles toll“ Wort-/Bildmarke Nr. 30563729.0 mit hinzugefügtem Slogan Markenrecht „Ohne Dich ist alles doof“ gegen „Mit Dir ist alles toll“ / Urheberrecht Neue Schutzmöglichkeit für Webdesign / Recht am eigenen Bild Anmerkungen zu der Entscheidung „Der blaue Engel“ / Geschmacksmusterrecht Können eingetragene Geschmacksmuster gelöscht werden? Der Rechtsstreit Dass amüsante Slogans für ernsthafte Auseinandersetzungen sorgen können, zeigt ein aktueller Rechtsstreit vor dem OLG Köln. Die Inhaberin der Wort-/Bildmarke „Ohne Dich ist alles doof“ (unter anderem eingetragen für Kopfkissen und Bettwäsche) ging gegen die Benutzung eines „Mit Dir ist alles toll“-Motivs in der Werbung für die Bettwäschegarnitur „Igels Welt“ vor. Das Motiv „Ohne Dich ist alles doof“ wird von der Markeninhaberin auf 131 verschiedenen Artikeln abgedruckt. Nachdem das Landgericht Köln die Verwendung des Motivs „Mit Dir ist alles toll“ zunächst durch eine einstweilige Verfügung gestoppt hatte, verlief die Berufung gegen den Beschluss erfolgreich. Das OLG Köln wies den von der Markeninhaberin geltend gemachten Unterlassungsanspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurück und hob das gerichtliche Verbot auf. Klangliche und assoziative Ähnlichkeit Nach Auffassung des OLG Köln besteht keine Ähnlichkeit zwischen den beiden Zeichen – weder im Klang noch im (Schrift-)Bild und auch nicht hinsichtlich ihres Bedeutungs- oder Sinngehalts. Dazu wurde zunächst festgestellt, dass nicht einzelne Bestandteile den Gesamteindruck des jeweiligen Zeichens prägen, etwa Wörter oder Bildmotive, sondern nur alle Bestandteile gemeinsam den Wiedererkennungswert und die emotionale Aussage des Motivs ausmachen. Da die Wortbestandteile somit keine eigene prägende Wirkung haben, reicht eine zwischen ihnen bestehende klangliche Ähnlichkeit für sich gesehen nicht aus, um zu einer klanglichen Ähnlichkeit der Zeichen in ihrer Gesamtheit zu führen. Das Gericht sah auch keine Ähnlichkeit unter dem Aspekt des Sinngehalts. Auch hier gilt zunächst, dass eine begriffliche Nähe zwischen den Slogans für sich allein nicht genügt. Denn auch sie bilden wie die Wörter nur einen Teil des Zeichens. Abgesehen davon stellt der Slogan „Mit Dir ist alles toll“ die einfache Umkehrung des Slogans „Mit Dir ist alles doof“ dar. Dasselbe gilt für die weiteren Einzeltexte „Sonne doof, Schmetterlinge doof“ einerseits und „Regen toll, Wurm toll“ andererseits. Die Aussage des schlichten Gegenteils greift von vornherein nicht in den Schutzbereich einer Wortmarke ein. Bildliche Ähnlichkeit Eine bildliche Ähnlichkeit wurde wegen der fehlenden Übereinstimmungen ebenfalls abgelehnt. Statt eines Schafs enthält das Vergleichszeichen einen Igel, der zudem völlig anders aussieht: Er ist aus einer anderen Perspektive gezeichnet und hat – anders als das Schaf in der Marke – eine positive Grundstimmung. Und anstelle eines Baums, einer Sonne und eines Schmetterlings finden sich in dem Vergleichszeichen ein Fußball, ein Wurm und ein Maulwurf wieder. Werbemotiv „Mit Dir ist alles toll“ Quelle: GRUR-RR 2007, 388 Kein Konzeptschutz Zwar räumt das OLG Köln ein, dass beide Zeichen nach dem gleichen Prinzip aufgebaut sind: Im Zentrum steht die Abbildung einer vergrößerten Tierfigur. Darunter befindet sich ein Slogan, dessen Kernaussage sich im Zusammenhang mit weiteren Bildelementen, die halbkreisförmig um das Tier angeordnet sind, wiederholt. Der Zusammenhang zwischen den grafischen und den dazugehörenden textlichen Elementen wird durch Pfeile bewirkt. Es könne jedoch nicht angehen, dass eine solche Design-Idee bzw. ein abstraktes Konzept markenrechtlichen Schutz gegen Nachahmungen erlangt. Daher scheide auch ein Unterlassungsanspruch aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz aus, da auch ein Leistungsschutz nur für die konkrete Gestaltung, nicht aber für ein abstraktes Konzept bestehen kann. OLG Köln, Urteil vom 2. März 2007, GRUR-RR 2007, 388 – Ohne Dich ist alles doof Urheberrecht ............................................. Wolfgang Maaßen Neue Schutzmöglichkeit für Webdesign Recht am eigenen Bild ............................................. Wolfgang Maaßen Anmerkungen zu der Entscheidung „Der blaue Engel“ Zwar wird allgemein anerkannt, dass Webseiten urheberrechtlich geschützt sein können. Bisher ist aber noch nicht abschließend geklärt, ob sie als Sprachwerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG), als Werk der angewandten Kunst (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG), als Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG), als Datenbankwerk (§ 4 Abs. 2 UrhG) oder als Computerprogramm (§ 69 a UrhG) einzuordnen sind. Unklar ist auch, ob bei der Überprüfung der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit auf die Gestaltung der Benutzeroberfläche, die Auswahl der Texte oder die Art der Programmierung abzustellen ist. Das OLG Rostock fügt dieser Diskussion jetzt in einer aktuellen Entscheidung einen interessanten neuen Aspekt hinzu. Zunächst stellt die Rostocker Entscheidung klar, dass ein urheberrechtlicher Schutz als Computerprogramm für Webseiten nicht in Frage kommt. Ein Computerprogramm erfordert eine Abfolge von Befehlen, die zur Kontrolle bzw. zur Steuerung des Programmablaufs benutzt werden. Webseiten verwenden zwar einen HTML-Code, doch bewirkt dieser Code nur, dass eine vorgegebene Bildschirmgestaltung im Internet kommuniziert werden kann. Das reicht nicht aus, um die HTML-Datei, die das Aussehen einer Webseite bestimmt, als urheberrechtlich geschütztes Computerprogramm einordnen zu können. Auch eine Einordnung als Werk der angewandten Kunst lehnt das OLG Rostock ab. Voraussetzung für eine solche Einordnung wäre, dass die Webseiten die für den Urheberrechtsschutz erforderliche Schöpfungshöhe erreichen. Das war in dem Rostocker Verfahren nicht der Fall, denn die Gestaltung der Webseiten ging nicht über das hinaus, was bei der ordnungsgemäßen Erstellung eines Werbeauftritts im Internet handwerklich zu leisten ist. In dem Urteil wird jedoch ein andere Schutzmöglichkeit für Webseiten aufgezeigt, die bisher kaum Beachtung gefunden hat. Der neue Ansatzpunkt ist die Sprache, der bei einer Internetpräsenz eine sehr wichtige Funktion zukommt. Wer im Internet gefunden werden will, muss durch eine besondere sprachliche Gestaltung dafür sorgen, dass seine Webseiten bei der Eingabe bestimmter Suchwörter von den bekannten Suchmaschinen aufgelistet werden und insbesondere bei Google an der Spitze der Suchergebnisse erscheinen. Das ist aber nur durch eine Sprachgestaltung zu erreichen, die berücksichtigt, dass Internet-Suchmaschinen ihre Ergebnisse nach den in den Quelltexten enthaltenen MetaTags sowie dem Auftreten der Suchbegriffe im Dokumententitel oder in den Überschriften sortieren. Eine darauf abgestimmte sprachliche Optimierung der Webseiten bedarf besonderer Kenntnisse und Fähigkeiten. Ein Webdesigner, dem eine solche Optimierung gelingt, kann deshalb für die von ihm gestalteten Webseiten einen urheberrechtlichen Schutz als Sprachwerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) beanspruchen. Nach der Entscheidung des OLG Rostock kommt es also nicht unbedingt auf die Optik der Benutzeroberfläche an. Auch bei einer Oberfläche, die keine besondere visuelle Schöpfungshöhe aufweist, ist das Webdesign geschützt, wenn der Internetauftritt durch eine geschickte Auswahl und Anordnung der Schlüsselwörter so gestaltet wird, dass die Webseiten bei einer Suchabfrage mit Google oder anderen bekannten Suchmaschinen regelmäßig eine Spitzenposition erreichen. Eine solche Textgestaltung erreicht auch dann, wenn es sich bei den Suchbegriffen um Wörter aus der Alltagssprache handelt, die für den Urheberrechtsschutz erforderliche Gestaltungshöhe. OLG Rostock, Urteil vom 27. Juni 2007, GRUR-RR 2008, 1 – Urheberrechtschutz von Webseiten Als Fotokopiergeräte der Firma Toshiba wegen ihrer Umweltfreundlichkeit mit dem Gütesiegel „Blauer Engel“ ausgezeichnet wurden, warb das Unternehmen in Zeitungsanzeigen mit dem Slogan „Vom Blauen Engel schwärmen genügt uns nicht“. Neben diesem Werbespruch war ein Fotomodell in der Aufmachung und der Pose der Lola aus dem Film „Der blaue Engel“ zu sehen, der Ende der 20er Jahre mit Marlene Dietrich in der Hauptrolle gedreht wurde. Nach Auffassung des BGH verletzt die Werbeanzeige das durch § 22 KUG geschützte Recht der Schauspielerin am eigenen Bild. Auch wenn diese Entscheidung allgemein Zustimmung findet, stellt sich die Frage, ob die Sichtweise des BGH richtig ist. Grundsätzlich dürfen Abbildungen von Menschen (in § 22 KUG als „Bildnisse“ bezeichnet) nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Wird eine berühmte Person durch einen Doppelgänger (Double, Lookalike) dargestellt, ist die Abbildung des Doppelgängers – so der BGH – als ein Bildnis des Prominenten anzusehen, falls der Eindruck entstehen kann, dass es sich bei dem Double um die berühmte Person selbst handelt. Unerheblich ist dabei, durch welche Merkmale des äußeren Erscheinungsbildes dieser Effekt herbeigeführt wird. Es müssen also nicht unbedingt die Gesichtszüge übereinstimmen. Andere Merkmale, die für das Erscheinungsbild der dargestellten Person typisch sind, reichen zur Anfertigung eines Bildnisses aus. Bis zu diesem Punkt kann man dem BGH durchaus folgen. Toshiba-Werbeanzeige Szene aus dem Film „Der blaue Engel“ Geschmacksmusterrecht ............................................. Sabine Zentek Können eingetragene Geschmacksmuster gelöscht werden? Wieder gelöscht, weil nicht „neu“: Community design Nr. 000017447-001 Impressum Pyramide Verlag e.K. Dr. Wolfgang Maaßen (v.i.S.d.P.) Kreuzbergstraße 1 40489 Düsseldorf newsletter(at)pyramideverlag.de USt-ID: DE 151500861 Ob allerdings bei einer Schauspielerin tatsächlich von der Wiedergabe ihres äußeren Erscheinungsbildes die Rede sein kann, wenn lediglich eine berühmte Filmszene, in der sie früher einmal zu sehen war, von einer anderen Person nachgestellt wird, erscheint zweifelhaft. Zwar mag bei dem ToshibaWerbefoto, auf dem das Fotomodell in derselben Pose und mit derselben Ausstattung wie Marlene Dietrich in dem Film „Der blaue Engel“ zu sehen ist, eine äußere Übereinstimmung zwischen der von dem Fotomodell dargestellten Figur und der Filmfigur bestehen. Allein daraus, dass beide Menschen dieselbe Figur verkörpern und zu diesem Zweck bestimmte Posen und Bekleidungsstücke verwenden, die für diese Figur typisch sind, lässt sich aber nicht ableiten, dass mit der Abbildung der charakteristischen Merkmale der Filmfigur zugleich auch das Erscheinungsbild der Schauspielerin wiedergegeben wird, die diese Figur früher einmal dargestellt hat. Anderenfalls wäre es nicht möglich, die Rolle der Filmfigur ohne die Einwilligung des Darstellers, der sie bei der ersten Verfilmung gespielt hat, bei einer Neuverfilmung mit einem anderen Darsteller zu besetzen. Ein Bildnis von Marlene Dietrich wäre das Werbefoto nur dann, wenn das Fotomodell außer den Merkmalen der Filmfigur auch Eigenheiten aufweisen würde, die das äußere Erscheinungsbild der Schauspielerin unabhängig von ihrer Rolle in dem Film geprägt haben. Zu den typischen Eigenheiten einer Person gehören vor allem ihre Gesichtszüge. Da sich aber die Gesichtszüge des Fotomodells in dem Fall „Der blaue Engel“ deutlich von denen der Marlene Dietrich unterscheiden, fehlt es bei dem Werbefoto an einer Wiedergabe von individuellen Merkmalen, die der berühmten Schauspielerin als Person zu Eigen gewesen sind. Die Annahme des BGH, das Werbefoto sei ein Bildnis von Marlene Dietrich, erscheint deshalb nicht gerechtfertigt. Der Firma Toshiba kann diese Erkenntnis allerdings nicht mehr helfen, denn das Unternehmen wurde auf der Grundlage der BGH-Entscheidung vom OLG München zur Zahlung von 70.000 € Schadensersatz an die GmbH verurteilt, die seit dem Tod von Marlene Dietrich deren Rechte wahrnimmt. BGH, Urteil vom 1. Dezember 1999, GRUR 2000, 715 – Der blaue Engel OLG München, Urteil vom 17. Januar 2003 – Blauer Engel Von der vor einigen Jahren eingeführten Möglichkeit, mit nur einer Eintragung einen Geschmacksmusterschutz für die gesamte Europäische Union zu erhalten, wird zunehmend Gebrauch gemacht. Vor allem Erzeugnisse, die kaum eine Aussicht auf den strengen urheberrechtlichen Schutz haben, werden beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) in Alicante als Gemeinschaftsgeschmacksmuster angemeldet. Das Amt prüft allerdings nicht, ob es sich bei dem eingereichten Gegenstand tatsächlich um ein „neues“ und „eigenartiges“ Muster handelt. Deshalb kann der Inhaber eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters nicht von einem bestandkräftigen Registerrecht ausgehen. Vielmehr haben Dritte jederzeit die Möglichkeit, in einem sogenannten Nichtigkeitsverfahren die Löschung der Eintragung zu betreiben. Gegenstand eines solchen Verfahrens war vor etwa zwei Jahren eine herzförmige rote Parfumflasche. Der Antragsteller trug fehlende Neuheit des Produktes vor und stützte sich zur Begründung auf einen ebenfalls roten herzförmigen Flakon, der bereits im Jahre 1999 und damit früher als das angegriffene Geschmacksmuster veröffentlicht worden war. Das HABM stellte mit folgender Begründung eine Identität zwischen dem älteren Flakon und dem eingetragenen Muster fest: “All the features of shape and contours specified in the CD are anticipated by the prior design: both concern a heart shaped perfume bottle made of clear red glass with an overcap in red transparent material. Both designs have the same rounded heart shape and the same proportions. An identical trigger pump occupies the same position at the top in the center of both designs. Even the same stylized little heart is designed in the glass at the bottom on the left side of both bottles.” In der Folge wurde die Eintragung der herzförmigen roten Parfumflasche gelöscht. Sie gehört zum vorbekannten Formenschatz, der nicht über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster – auch nicht nur für eine begrenzte Zeit – monopolisiert werden kann. HABM, Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung vom 2. März 2006, Az. ICD 000001576 http://oami.europa.eu/pdf/design/invaldec/ICD_000001576_decision_(EN).pdf Sabine Zentek Wellinghofer Amtsstraße 58 44265 Dortmund Tel. 02 31/1 38 68 68 Fax 02 31/1 38 68 69 Sabine.Zentek(at)t-online.de Dr. Wolfgang Maaßen Kreuzbergstraße 1 40489 Düsseldorf Tel. 02 11/40 40 37 Fax 02 11/40 78 01 mail(at)lawmas.de