Jesus allein stillt den Hunger

Transcription

Jesus allein stillt den Hunger
Jesus allein stillt Hunger und Durst der Seele wirklich
Jes. 55,1-3
Ein Blick in den Kalender sagt mir: in drei Tagen liegt ein Geburtstag an, jemand aus
dem weiteren Freundeskreis. Eine Grußkarte ist zu schreiben. Ungefähr 10x15 cm
weißer Karton schauen mich fragend an und warten auf die Niederschrift einiger
freundlicher, phantasievoller und intelligenter Zeilen. Was wünsche ich jemandem,
der schon alles hat? Was wünsche ich jemandem, dem ich schon seit über 20 Jahren
jedes Jahr wieder etwas Gutes gewünscht habe, möglichst ohne mich zu wiederholen? Was braucht der Mensch? Irgendwelche wertvollen Dinge oder die Erfüllung
überdrehter Wünsche oder so anrüchige Dinge wie Reichtum und Erfolg mag man ja
schon mal gar nicht wünschen. Dafür sind wir doch alle viel zu bescheiden. Also besser die Dinge, die so schön geläutert klingen wie Gesundheit oder Zufriedenheit.
Aber was macht den Menschen denn zufrieden? Macht man es sich nicht etwas zu
einfach, wenn man schreibt: „Ich wünsche Dir Zufriedenheit“, und in Gedanken dazu
setzt: „was Dich zufrieden macht, weißt Du ja selbst am besten“. Und wann und womit ist der Mensch überhaupt zufrieden? Ist er jemals zufrieden?
Da werden Menschen, die am Beginn ihres Ruhestandes stehen, befragt, was sie
sich denn am meisten für ihren Lebensabend wünschen. Über 80% antworten als
erstes: Zufriedenheit! Nun ja! Menschen mit einer Lebenserfahrung von 60, 65 Jahren müssten es ja wissen, was wirklich zählt. Also doch Zufriedenheit. Was bekäme
man wohl zur Antwort, würde man weiter nachbohren? Womit wären Sie denn zufrieden? Was müsste es sein?
Wann ist der Mensch zufrieden? Gibt es das überhaupt? Auf jeden Fall scheint Zufriedenheit eine fundamentale Sehnsucht des Menschen zu sein. Die menschliche
Seele leidet, so wird es in der Bibel beschrieben, unter Hunger und Durst. David ruft
in Psalm 63,2: „Gott, mein Gott bist du; nach dir suche ich. Es dürstet nach dir meine
Seele, nach dir schmachtet mein Fleisch in einem dürren und erschöpften Land ohne
Wasser“.
Diese Sehnsucht der Seele ist eine große Kraft. Sie bringt den Menschen dazu, alles
dafür zu tun, um sie zu stillen. Es scheint, als würde fast alles, was der Mensch tut,
irgendwie mit diesem Hunger und Durst der Seele zu tun haben und mit dem verzweifelten Streben, ihn zu stillen. Auf der einen Seite glaubt er zu wissen, was den
Hunger und den Durst seiner Seele stillen kann, auf der anderen Seite: wer zeigt mir
einen Menschen, dessen Seele satt ist?
Schon ein kleines Kind kennt diese quälende Unzufriedenheit. Es hat bei einem
Freund ein bestimmtes Spielzeug gesehen. Und woher es das auch immer weiß, es
ist zutiefst überzeugt davon, dass es genau dieses Spielzeug unbedingt braucht. Die
Eltern sind da anderer Meinung. Also wird diskutiert, argumentiert und zäh verhandelt. Zum Schluss kommt dann das ultimative Angebot des Kindes: Wenn ich das
bekomme, dann will ich auch nie wieder etwas haben. Dann werde ich völlig zufrieden und glücklich sein und nichts anders mehr brauchen. Erfahrene Eltern sind da
skeptisch, nicht wahr? Aber ein Kind, das sich zum ersten Mal in einer solchen Situation befindet und noch nicht die Erfahrung gemacht hat, dass man nie nie sagen sollte, glaubt vermutlich ganz fest daran, dass es so sein wird. Es wird in alle Zukunft
wunschlos glücklich sein, seine Seele wird satt sein.
Doch man muss nicht Kind sein, um dieser selbstgemachten Illusion ernsthaft zu
glauben. Ein junges Ehepaar ist fest davon überzeugt, dass sie wirklich glücklich und
zufrieden sein werden, wenn sie ein großes, elegantes und komplett ausgestattetes
Haus besitzen. Sie gehen bei ihrer Kostenkalkulation an die äußerste Grenze und
noch ein bisschen darüber hinaus. Irgendwie werden wir’s schon wuppen. Doch leider haben sie keinen Festpreis ausgehandelt. Nun kommen die unvermeidlichen
Preiserhöhungen und Extrakosten. Dann verliert sie ihre Arbeitsstelle. Der neue Job
ist deutlich schlechter bezahlt. Schulden stauen sich auf, die Bank mahnt, es reicht
vorn und hinten nicht mehr.
Schließlich reihen sie sich ein in die lange Schlange derjenigen, deren gerade fertiggestellte Häuser zwangsversteigert werden. Statt des erhofften Glücks Gespräche
bei der Schuldnerberatung, Verzicht auf jede Annehmlichkeit für viele Jahre, Wut und
Enttäuschung, an der schließlich die Beziehung zugrunde geht. Wenn ich das nur
habe, dann werde ich zufrieden sein.
Ein Mann stellt fest, dass seine Frau doch den einen oder anderen Mangel aufweist.
Das findet er ungerecht, schließlich wollte er doch eine Frau, die perfekt zu ihm
passt. Dann lernt er eine andere Frau kennen, die diese Schwächen und Fehler nicht
hat. Also lässt er sich scheiden, denn er ist überzeugt: mit seiner Frau wird er auf
Dauer unglücklich sein, vor allem deshalb, weil es mindestens eine gibt, mit der er
vollständig glücklich wäre. Nach der Hochzeit dauert es diesmal nur wenige Wochen,
bis er eine Frau kennenlernt, die doch tatsächlich noch weniger Fehler hat und noch
besser zu ihm passt. Weit über die Hälfte aller Ehen von Geschiedenen geht wieder
in die Brüche. Dennoch bringen es manche auf 5, 6 oder noch mehr Versuche und
sind auch beim nochsovielten Male felsenfest überzeugt: diesmal ist es für immer,
diesmal werde ich Erfüllung erleben.
Die Sehnsucht nach Zufriedenheit und Glück ist so stark, dass der Mensch sich seine
lächerlichsten Lügen glaubt. Da kann ihn die Erfahrung noch so oft das Gegenteil
lehren, er glaubt dennoch, in der Erfüllung seiner Wünsche endlich irgendwann Zufriedenheit zu finden.
Alle kennen das Märchen vom Fischer und sien Fru, auch bekannt unter dem Namen
„Mann und Frau im Essigkrug“. Die Frau, die es in der armseligen Behausung nicht
mehr aushält, darf sich etwas wünschen. Doch je mehr sie bekommt, je größer der
Luxus und der Reichtum ist, desto ungenießbarer und unzufriedener wird sie.
Schließlich kommt sie an den Punkt, wo sie nur noch einen Weg sieht, um wirklich
zufrieden zu sein: sie muss sein wie Gott. Auf plakative Art wird uns in diesem Märchen die ganze Tragik des unerlösten Menschen vor Augen gemalt.
Sein wollen wie Gott, das war schon Adam und Eva zum Verhängnis geworden und
hat sie in dieses Leben gestürzt, das wie das berühmte Fass ohne Boden ist. Es ist
nie genug, um die Leere vollständig aufzufüllen. Die Seele des Menschen bleibt unersättlich.
Als das Volk Israel nach Jahrhunderten bitteren Frondienstes in Ägypten endlich in
die Freiheit geführt wurde, dauerte es gerade mal drei Tage, bis sie das erste Mal
etwas zu meckern hatten: Was sollen wir trinken! Und weitere zwölf Tage später kam
dann die große Klage: „Hätte der HERR uns doch getötet, als wir noch in Ägypten
waren! Dort saßen wir vor vollen Fleischtöpfen und konnten uns an Brot satt essen.
Aber ihr habt uns herausgeführt und in diese Wüste gebracht, damit die ganze Gemeinde verhungert!“ (2.Mos.16,3)
Das große Glück der Freiheit brach in sich zusammen, weil sie nicht bereit waren,
sich für die Zeitdauer einer Reise ein wenig einzuschränken. Sie waren mit Sicherheit
alle zusammen überzeugt davon gewesen, dass die Befreiung aus der Sklaverei und
die Rückkehr in die Heimat sie zu glücklichen und zufriedenen Menschen machen
würde. Doch schon die ersten Unbequemlichkeiten ließen sie alles vergessen, was
sie in Ägypten erlitten hatten. Sie wollten lieber zurück in ihre Lehmhütten am Nil, als
noch einen Tag länger dieses Manna zu essen.
Wann ist der Mensch zufrieden? Ist er überhaupt jemals zufrieden? Die Sehnsucht
der Seele ist eine große Kraft. Sie bringt den Menschen dazu, alles dafür zu tun, um
sie zu stillen. Die ganze Werbeindustrie basiert auf dieser Triebkraft. Kein Mensch
würde irgendetwas kaufen, mal abgesehen von den Grundnahrungsmitteln, wenn
man ihm nicht unentwegt einreden würde, dass es ihm besser gehen wird, wenn er
dieses oder jenes Produkt besitzt. Eine schier unendliche Zahl von Versprechen, seinem Glück und seiner Zufriedenheit ein kleines oder auch großes Stück näher zu
kommen. Nur zu gern glaubt er diesen Versprechen. Nicht allen, aber doch den
meisten. Er ist bereit, sein sauer verdientes Geld dafür auszugeben, Schulden zu
machen, geizig zu sein.
In dieses blindwütige Streben nach Zufriedenheit hinein hören wir den Ruf Gottes
durch den Mund des Propheten Jesaja: „Warum gebt ihr euer Geld aus für Brot, das
nichts taugt, und euren sauer verdienten Lohn für Nahrung, die nicht satt macht?“
Warum? Warum? Welch ein Schmerz steckt hinter dieser Frage! Es ist ja nicht so,
dass Gott die Antwort nicht weiß und deshalb fragt, warum. Es ist auch nicht so, dass
er hier wie ein Marktschreier auftritt, der in der Fülle der Angebote versucht, sich Gehör zu verschaffen und seine Ware an den Mann zu bringen. Nein! Hier fragt der liebende Schöpfer, der sein Geschöpf genau kennt und der das Dilemma kennt, in dem
es sich befindet. Hier fragt der, der die Voraussetzungen geschaffen hatte für ein Leben in tiefer Zufriedenheit und Ausgeglichenheit. Hier fragt der, der nach wie vor die
richtige und einzige Adresse ist, an die sich der Mensch wenden sollte wegen des
Hungers seiner Seele.
Die Prophezeiung des Jesaja hat sich längst erfüllt. Der liebende Schöpfer sandte
seinen hungrigen und durstigen Geschöpfen das Brot und das Wasser, das sie allein
satt machen kann. Jesus Christus, sein Sohn, unser Erretter und Erlöser. Er ist es,
der von sich bezeugte: „Ich bin das Wasser des Lebens, ich bin das Brot des Lebens.
Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungrig sein. Wer sich zu mir hält, wird keinen
Durst mehr haben.“ (Joh.6,35) Er sagte der Frau am Jakobsbrunnen: „Wer von dem
Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird in Ewigkeit keinen Durst mehr haben.
Ich gebe ihm Wasser, das in ihm zu einer Quelle wird, die bis ins ewige Leben weitersprudelt.“ (Joh.4,14)
Es klingt so einfach, so unglaublich einfach: Komm her, wer Durst hat! Hier gibt es
Wasser! Auch wer kein Geld hat, kann kommen! Kauft euch zu essen! Es kostet
nichts! Kommt, Leute, kauft Wein und Milch! Zahlen braucht ihr nicht!
Klingt es vielleicht zu einfach? Oder warum muss Gott im nächsten Satz diese bittere
Frage stellen: Warum? Warum tut ihr es nicht, obwohl ich es euch so einfach mache? Warum sucht ihr immer wieder aufs Neue dort, wo ihr nicht finden werdet?
Jesus, der als das lebendige, Mensch gewordene Brot zu den Menschen kam, machte keine andere Erfahrung. Er war das Person gewordene Geschenk Gottes, er war
das Wasser und das Brot, der Wein und die Milch, die es in unbegrenzter Fülle kostenlos für jeden gab. Doch die Menschen wollten weiter ihr sauer verdientes Geld
ausgeben für Brot, das nicht satt macht.
Wir kennen alle den Bericht von der Speisung der Fünftausend. Mit einer Menge von
Nahrungsmitteln, die normalerweise für 2-3 Familien reichte, sättigte er fünftausend
Männer, dazu Frauen und Kinder. Ein machtvolles Wunder, ein Zeichen seiner göttli-
chen Vollmacht. Die Menschenmenge war immerhin tief beeindruckt. Am folgenden
Tag suchten sie ihn und fanden ihn schließlich am anderen Ufer des Sees Genezareth in der Synagoge von Kapernaum. Doch Jesus durchschaute sie - wie immer und erkannte ihre wahren Motive. Jesus antwortete: „Wahrlich, ich sage euch: Ihr
sucht mich nicht, weil ihr meine Wunder als Zeichen verstanden habt, sondern weil
ihr von dem Brot gegessen habt und satt geworden seid. Bemüht euch nicht um vergängliche Nahrung, sondern um wirkliche Nahrung, die für das ewige Leben vorhält.“
An dieser Aussage Jesu wird ganz deutlich, warum es die Speisung der Fünftausend
überhaupt gegeben hatte. Es war seine Absicht gewesen, ihnen durch dieses Wunder zu sagen: Seht her, ich bin es, von dem Jesaja gesprochen hat, ich bin das Brot
des Lebens, das euch wirklich satt macht. Es sollte ein Zeichen für sie sein, ein sprechendes Zeichen, das sie dazu einladen sollte, über den Tellerrand ihres irdischen,
begrenzten Lebens hinaus zu sehen, über ihren körperlichen Hunger, den sie an jenem Abend verspürten, hinaus zu blicken auf den Hunger ihrer Seele, den sie alle in
sich trugen. Doch leider war diese Botschaft nicht angekommen:
Ihr sucht mich nicht, weil ihr mein Wunder als Zeichen verstanden habt, sondern weil
euch das Brot satt gemacht hat!
Hier wird deutlich, was die Menschen im Allgemeinen anstreben, wonach ihnen der
Sinn steht: sie wollen eine Verbesserung ihres derzeitigen Lebens. Jesus hatte sich
als jemand erwiesen, der in der Lage war, im Handumdrehen eine große Volksmenge mit Lebensmitteln zu versorgen. Er konnte das aus dem Stehgreif, er benötigte
offenbar keinerlei Vorbereitungen, keinerlei Infrastruktur, keine Lagerhäuser und
Transportmittel. Was könnte man sich mehr wünschen, als einen König, bei dem
nicht mit einer Hungersnot zu rechnen war. Und wer weiß, was er noch alles aus
dem Ärmel ziehen konnte. Doch Jesus ließ sich keinen Millimeter darauf ein: Bemüht
euch nicht um vergängliche Nahrung, sondern um wirkliche Nahrung, die für das
ewige Leben vorhält.
Nun gut, so schnell wollten sie Jesus nicht von der Angel lassen. Also ließen sie sich
zunächst auf seine Erwiderung ein. Was müssen wir tun, um dieses Brot zu bekommen? Jesu Antwort ist klar und kompromisslos: Gott verlangt nur eines von euch: Ihr
sollt den anerkennen, den er gesandt hat! Genau dies war die Grenze, über die zu
treten sie nicht bereit waren. Sie wollten Brot, gern auch Brot, das in Ewigkeit den
Hunger stillt, aber sie wollten nicht diesen Menschen Jesus als das Brot des Lebens
anerkennen.
Deshalb verlegten sie sich wiederum aufs Handeln: Sie erwiderten: „Gib uns einen
Beweis für deine Bevollmächtigung! Lass uns ein eindeutiges Wunderzeichen sehen,
damit wir dir glauben. Unsere Vorfahren aßen das Manna in der Wüste. In den Heiligen Schriften heißt es von Mose: Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen.“ Doch
Jesus gab ihnen die logische Antwort: „Ich bin das Brot, das Leben schenkt. Eure
Vorfahren aßen das Manna in der Wüste und sind trotzdem gestorben. Hier aber ist
das Brot, das vom Himmel herabkommt, damit, wer davon isst, nicht stirbt.“
Aufs Neue konfrontierte er sie mit der erforderlichen Entscheidung: Er forderte ihren
Glauben. Derart in die Enge getrieben murrten sie und gerieten in Streit miteinander.
Sie weigerten sich beharrlich, diesen Schritt zu gehen. Wir kennen letztlich nicht ihre
genauen Motive, die sie den Glauben verweigern ließen. Es werden verschiedene
gewesen sein. Doch sie hatten die Möglichkeit, alle diese Hindernisse zurückzustellen und Jesus im Glauben als den Herrn und als das Brot des Lebens anzuerkennen,
sonst hätte Jesus diese Entscheidung nicht konsequent von ihnen gefordert.
Obwohl ihr meine Taten gesehen habt, schenkt ihr mir keinen Glauben. Damit brachte er das Dilemma der Menschen auf den Punkt. Und dann hält er ihnen aufs Neue
vor Augen, was Gottes Absichten mit ihnen sind: Alle, die mein Vater mir gibt, werden zu mir kommen, und niemand, der zu mir kommt, wird von mir abgewiesen. Ich
bin vom Himmel gekommen, nicht um zu tun, was ich will, sondern um zu tun, was
der will, der mich gesandt hat. Und er will von mir, dass ich niemand von denen verliere, die er mir gegeben hat. Vielmehr soll ich sie alle am letzten Tag zum Leben
erwecken. Mein Vater will, dass alle, die den Sohn sehen und sich an ihn halten,
ewig leben. Ich werde sie am letzten Tag vom Tod auferwecken.
Doch das schien die wenigsten wirklich zu interessieren. Für sie zählte nur das, was
sie von Jesus wussten, was sie mit eigenen Augen gesehen hatten: Wir kennen doch
seinen Vater und seine Mutter! Er ist doch Jesus, der Sohn Josephs! Wie kann er
behaupten: Ich komme vom Himmel! Punkt - aus - Ende!! Das waren Tatsachen, die
standen unerschütterlich fest. Alles andere konnten nur Hirngespinste sein. Wie kann
ein Handwerkersohn sich anmaßen, Sohn des Allerhöchsten zu sein. Für sie war es
nichts anderes als eine maßlose Gotteslästerung und letztlich dann die Anklage, die
zu seiner Kreuzigung führte.
Und wie reagiert Jesus auf ihren Starrsinn? Nicht anders, als er es jedes Mal in solchen Situationen getan hat. Er macht keine Kompromisse, um sie doch zu gewinnen.
Vielmehr fasst er seine Botschaft nochmals mit noch deutlicheren Worten zusammen: „Wahrlich, ich sage euch: Ihr habt keinen Anteil am Leben, wenn ihr das Fleisch
des Menschensohns nicht esst und sein Blut nicht trinkt. Wer mein Fleisch isst und
mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn am letzten Tag vom Tod
erwecken. Denn mein Fleisch ist die wahre Nahrung, und mein Blut ist der wahre
Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, bleibt mit mir verbunden und ich mit
ihm. Der Vater, von dem das Leben kommt, hat mich gesandt, und ich lebe durch
ihn. Genauso wird jeder, der mich isst, durch mich leben. Das also ist das Brot, das
vom Himmel herabgekommen ist. Es ist etwas ganz anderes als das Brot, das eure
Vorfahren gegessen haben. Sie sind gestorben, wer aber dieses Brot isst, wird ewig
leben.“
Das hatte zur Folge, dass sich die meisten von ihm abwandten und kopfschüttelnd
davongingen - auch viele von denen, die ihm bislang nachgefolgt waren. Was er da
redet, geht zu weit! So etwas kann man nicht mit anhören! Sie hatten sich doch nur
eine Möglichkeit erhofft, für den Rest ihres Lebens von der Sorge um das tägliche
Brot befreit zu sein. Es wäre doch so schön gewesen. Was wollte man mehr, als einen solchen wundertätigen König, der das Land zu Wohlstand und Zufriedenheit führen konnte.
Und ihr, fragte Jesus seine Jünger, wollt ihr auch gehen? Nein, sie wollten nicht gehen. Sie hatten erkannt und glaubten, dass seine Worte Worte des ewigen Lebens
waren. Daran wollten sie festhalten. Und es gab ja auch weitere, die sich auf das
Wagnis des Glaubens einließen. Doch müssen wir bis zum heutigen Tage zur
Kenntnis nehmen, dass die meisten Menschen nicht bereit sind, zu glauben, dass
Jesus das Brot des Lebens ist, das ihre Seele wirklich satt macht. Stattdessen sind
wir umgeben von Menschen, die ihr sauer verdientes Geld ausgeben für Nahrung,
die sie nicht satt machen kann. Wir kennen doch seinen Vater und seine Mutter! Er
ist doch Jesus, der Sohn Josephs! Wie kann er behaupten: Ich komme vom Himmel!
Warum gebt ihr euer Geld aus für Brot, das nichts taugt, und euren sauer verdienten
Lohn für Nahrung, die nicht satt macht? Die Antwort dieser Menschen lautet: Wir
glauben nur, was wir sehen. Wir können uns nicht auf etwas verlassen, was lediglich
auf einer Behauptung beruht, die nicht zu beweisen ist. Wir sind überzeugt, dass wir
den Hunger unserer Seele nur dort stillen werden, wo wir mit unserem gesunden
Menschenverstand hingelangen können.
Es gibt weitere Hindernisse, die Menschen davon abhalten, das kostenlose Brot des
Lebens anzunehmen. Ich denke an den reichen Jüngling. Auch er stand vor der Entscheidung, das aufzugeben, worauf er bislang sein Leben gebaut hatte, seinen
Reichtum, um dafür das ewige Leben zu gewinnen. Doch er wollte nicht. Er wusste
zwar, dass er nicht das hatte, wonach seine Seele dürstete, sonst hätte er sich nicht
vor Jesus auf die Knie geworfen vor all den Leuten. Doch ob dieses Brot am Ende
wirklich in Ewigkeit satt machen würde, das konnte man ja leider nicht überprüfen.
Das musste man zunächst mal glauben. Aber für so eine unsichere Sache sie Sicherheit des Geldes wegwerfen? Das wäre fahrlässig!
Ein anderes Beispiel: Der König Herodes Antipas war eine ganz tragische Figur. Es
wird berichtet, dass Johannes der Täufer ihm heftig ins Gewissen redete, weil er in
Sünde lebte. Er hatte seinem Halbbruder Philippus die Frau weggenommen und sie
geheiratet. Herodes fühlte nur zu deutlich, dass Johannes Recht hatte mit seiner
Mahnung. Er war im tiefsten Herzen selbst sehr unzufrieden mit seinem Lebenswandel. Obwohl Johannes diese wunde Stelle in seiner Seele schonungslos aufdeckte
und immer wieder berührte, ließ Herodes ihn immer wieder aufs Neue holen, um sich
seine Botschaft anzuhören. Man könnte sagen, dass er auf der Schwelle zum Reich
Gottes stand, doch den einen letzten Schritt ging er nicht. Er war nicht bereit, mit seiner Sünde zu brechen. Die Befriedigung seiner Lust war ihm wichtiger als der Glaubensgehorsam, den Gott fordert. So wählte er das Brot, das nicht satt macht, sondern immer nur größeren Hunger erzeugt.
Warum gebt ihr euer Geld aus für Brot, das nichts taugt, und euren sauer verdienten
Lohn für Nahrung, die nicht satt macht?
Diese Beispiele sind sehr krass und offensichtlich. Meistens geschieht diese Suche
nach dem falschen Brot mehr im Verborgenen. Ich befürchte, dass die allermeisten
Christen neben ihrer aufrichtigen Bereitschaft, das Brot des Lebens im Glauben anzunehmen, doch noch so eine dunkle Stelle in ihrem Leben haben, wo sie ihr Herz
an eine falsche Sicherheit gehängt haben wie der reiche Jüngling, oder wo sie von
einer Sünde nicht lassen wollen wie Herodes. Das führt dann dazu, dass der Glaube
kraftlos wird und das Leben in der Nachfolge mühevoll und von Rückschlägen gekennzeichnet ist. Und leider führt es auch bei vielen dazu, dass das falsche Brot an
Bedeutung gewinnt und schließlich die Überhand bekommt. So viele Namen könnten
wir nennen von Menschen, die die Hand Jesu losgelassen haben, weil sie diesen
Spagat nicht mehr länger leben konnten und sich am Ende gegen ihn, gegen das
lebendig machen Brot, entschieden haben.
Der Apostel Paulus mahnt uns: „Daher, wer zu stehen meint, sehe zu, dass er nicht
falle!“ (1.Kor 10,12) Deshalb lass dir diese so schmerzliche und doch so liebevolle
Frage des Herrn gefallen: Warum gebt ihr euer Geld aus für Brot, das nichts taugt,
und euren sauer verdienten Lohn für Nahrung, die nicht satt macht? Lass den Heiligen Geist deine Seele durchleuchten, so wie David betete: Durchforsche mich, Gott,
sieh mir ins Herz, prüfe meine Wünsche und Gedanken! Und wenn ich in Gefahr bin,
mich von dir zu entfernen, dann bring mich zurück auf den Weg zu dir!
Thomas Mundt 16.06.02