Gut aufgestellt mit innovativen Produkten

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Gut aufgestellt mit innovativen Produkten
Das mitteldeutsche Wirtschaftsmagazin
w w w. w i r t s c h a f t s j o u r n a l . d e
Nr. 12/2009 | 19. Jahrgang | Preis: 2,00 € | ISSN: 1617-6669
HÖHEPUNKTE
DES JAHRES I Seiten 12 – 24
POLITIK I Seite 5
Mit Anstand durch die Krise
STANDPUNKTE I Seite 26
„Qualität statt Quantität“
Titel I Seiten 8 – 9
Gut aufgestellt mit innovativen Produkten
Roth & Rau AG durch Forschungs- und Entwicklungs-Aktivitäten weiter gestärkt
Management
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Gute Noten für Initiative
Interview mit Ministerialrat Martin Weiland, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Prof. Dr. Michael Behr,
Friedrich-Schiller-Universität Jena, und Dr. Pia Findeiß, Oberbürgermeisterin von Zwickau und Botschafterin des
Beschäftigungspaktes zur ARGE-Initiative „Beschäftigungspakt 50plus“
Wirtschaftsjournal: Mit
der „Initiative 50plus“
will die Bundesregierung die Beschäftigungschancen Älterer
verbessern. Welche Ergebnisse wurden bisher erreicht?
Martin Weiland: Die
Ministerialrat Martin Weiland vom Beschäftigungsquote der
Bundesministerium für Arbeit.
Älteren hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Sie lag mit 56,8
Prozent im II. Quartal 2009 deutlich über dem Lissabonziel
von 50 Prozent. Ein Element der „Initiative 50plus“ ist die
Wiedereingliederung älterer Hilfebedürftiger in den Arbeitsmarkt durch das Bundesprogramm „Perspektive 50plusBeschäftigungspakte in den Regionen“. Im Rahmen dieses
Bundesprogramms ist es bundesweit alleine im Jahre 2009
gelungen, rund 30.000 Ältere wieder in Beschäftigung zu
bringen. Über die gesamte bisherige Programmlaufzeit seit
2005 sind es rund 70.000 langzeitarbeitslose Ältere, denen
das Programm ermöglicht hat, wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt im Rahmen von sozialversicherungspflichtiger Arbeit
Fuss zu fassen.
WJ: Welche arbeitsmarktpolitischen Instrumente
hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales
auf den Weg gebracht, um die Wiedereingliederung
Älterer in den Arbeitsmarkt zu fördern?
Martin Weiland: Zum einen wurden 2007 gesetzliche
Änderungen beschlossen, um die Beschäftigung Älterer
attraktiver zu gestalten und Einstellungshürden zu reduzieren. Dazu gehören ein spezieller Eingliederungszuschuss
für Unternehmen, die Ältere einstellen. Daneben die gezielte Förderung von beruflicher Weiterbildung Älterer, die Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer/-innen und die Erleichterungen im Teilzeit- und Befristungsgesetz. Speziell zur
Wiedereingliederung von älteren Langzeitarbeitslosen wurde
Ende 2005 das Bundesprogramm „Perspektive 50plus“ ins
Leben gerufen. Mittlerweile läuft das Programm in der zweiten Programmphase und hat sich erheblich ausgeweitet.
Ab 2010 werden sich mehr als dreiviertel aller Grundsicherungsstellen an der Umsetzung des Programms beteiligen. Entscheidend für den Erfolg des Programms ist es, dass
das BMAS den Regionen die Mittel und Freiräume gibt, um
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Wirtschaftsjournal I Dezember 2009
regionale Lösungen zu entwickeln, wie die älteren Arbeitssuchenden am besten vermittelt werden können.
WJ: Wenn Menschen länger arbeiten sollen, muss
ihnen auch die Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit
geboten werden. Aber gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Situation droht eine erhöhte Arbeitslosigkeit. Könnte daran Ihre Initiative letztendlich
scheitern?
Martin Weiland: Ich stimme Ihnen zu: Wenn wir sagen,
dass die Menschen länger arbeiten sollen, dann müssen wir
ihnen auch dabei helfen, dies tun zu können. Letztlich muss
ein Bewusstseinswandel in den Köpfen stattfinden. Die
aktuelle Wirtschaftskrise darf nicht zu einer neuen Frühverrentungspraxis führen, so dass das Erreichte wieder verpufft. Ich bin jedoch guter Hoffnung, dass wir den angefangenen Weg weiter beschreiten werden. Der demografische Wandel kommt und mit Ihm die Notwendigkeit zu einer
längeren Lebensarbeitszeit. Nicht nur die Arbeitsmarktpolitik muss sich darauf vorbereiten. Auch die Unternehmen
müssen erkennen, dass sie zukünftig nicht auf die Potenziale der Älteren verzichten können, wenn sie langfristig
Erfolg haben wollen.
WJ: Herr Behr, warum
kann die Wirtschaft bei
einem Überangebot an
Arbeitskräften nicht
auf die Generation 50
plus verzichten?
Prof. Dr. Michael Behr:
So einfach ist das mit dem
Überangebot nicht. Ein Teil
der Arbeitslosen verfügt
Prof. Dr. Michael Behr, Friedrich- nicht über die QualifikaSchiller-Universität Jena. Behr ist tionen, die bei den Unterwissenschaftlicher Begleiter des
nehmen gefragt sind. Viele
Beschäftigungspaketes.
jüngere Langzeitarbeitslose hatten keine Möglichkeiten zum Erwerb einer qualifizierten Ausbildung und wenig Arbeitserfahrung. Viele der
älteren Arbeitslosen verfügen dagegen über langjährige
Berufserfahrung, sie wollen arbeiten und sich einbringen.
Im Übrigen: Angesichts des starken Rückgangs des Erwerbspersonenpotenzials in Sachsen wird man es sich kaum leisten können, auf irgendeine arbeitswillige Gruppe zu verzichten.
Mehr Informationen finden Sie
unter www.pakt50plus-vogtlandkreis-zwickau.de oder mailto:
[email protected]
oder bei den regionalen
Ansprechpartnern:
Vogtlandkreis:
Frau Schulke/Frau Rannacher
Tel. 03741 232468
Plauen:
Frau Kempe
Tel. 03741 232495
Zwickau Stadt
Herr Reichardt
Tel. 0375 6060123
Chemnitzer Land
Frau Holzmüller
Tel. 03763 776 127
Bildungsinstitut
PSCHERER gGmbH
Herr Kretzschmar
Tel. 037606 39113
Management
„Auch
die Unternehmen müssen erkennen, dass sie zukünftig nicht auf die Potenziale
der Älteren verzichten können, wenn sie langfristig Erfolg haben wollen.“
Martin Weiland vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Stichwort
„Perspektive 50 plus“
„Perspektive 50plus – Beschäftigungspakete für Ältere in den
Regionen“ ist ein Programm des
Bundesministeriums für Arbeit
und Soziales. Es soll die Beschäftigungsfähigkeiten und -chancen
älterer Langzeitarbeitsloser verbessern. Das Bundesprogramm
basiert auf einem regionalen
Ansatz und wird von 62 regionalen Beschäftigungspakten unterstützt. Dieser Ansatz erlaubt es,
gezielt auf die regionalen
Besonderheiten einzugehen.
www.perspektive50plus.de
wirtschaftsjournal.de/id09124001
WJ: Auf welche Resonanz ist denn die Initiative in
den Unternehmen gestoßen?
Prof. Dr. Michael Behr: Das Projekt Vital ab 50 ist von
den Unternehmen sehr gut angenommen worden. Die Projektverantwortlichen werden ausdrücklich gelobt. Das gilt
für das koordinierende Institut, das für Coaching, Qualifizierung und Vermittlung verantwortlich ist, das Bildungsinstitut PSCHERER gGmbH und dessen Partner, die Fortbildungsakademie der Wirtschaft in Plauen und die Bildungsund Managementgesellschaft R. Langer mbH in Zwickau,
wie für den Projektträger, die ARGE Agentur für Arbeit Vogtlandkreis und deren Projektpartner, die ARGE Zwickau
-Stadt. Die meisten Unternehmen empfehlen das Projekt
weiter. Besonders gute Noten gibt es für die unbürokratische Unterstützung und die sehr gute Vorbereitung der
Beschäftigten. Besonders erfreulich ist die hohe Zufriedenheit mit den Beschäftigten. Dies gilt für Arbeitseinsatz, Verfügbarkeit und abrufbarer Qualifikation. Erfreulich positiv
bewerten auch die Beschäftigten die gute Integration durch
die Kollegen. Sie empfinden die geförderten Kollegen nicht
als Konkurrenz, sondern sind froh, über jede helfende Hand,
die ihnen Entlastung bringt.
WJ: Wie lange braucht es Ihrer Ansicht nach, um
einen Mentalitätswechsel zugunsten der Generation 50 plus herbeizuführen?
Prof. Dr. Michael Behr: Die erfahrenen Mitarbeiter werden ja keineswegs schlecht angesehen. Im Gegenteil: Viele
Unternehmer, die große Anteile von älteren Beschäftigten
haben, sind voll des Lobes über ihre loyalen und engagierten Mitarbeiter. Deren Arbeitsmoral und gute „DDR-Qualifikation“ wird – teilweise in Abgrenzung zu den Jungen –
positiv herausgestellt. Das Problem sind aus Sicht der Unternehmer Personen, die längere Zeit arbeitslos waren. Wenn
diese dann noch älter als 50 Jahre alt sind, wachsen die
Befürchtungen, diese seien nicht mehr zu integrieren oder
der Aufwand lohne sich nicht mehr. Die Erfahrungen im Projekt sind andere. Ich bin sicher, dass solche Projekte ganz
wesentlich zu einem Einstellungswandel in der altersbezo-
genen Rekrutierungspolitik beitragen. Unternehmen, die in
diesem Feld Kompetenzen entwickeln, verfügen in Zeiten
knapper Fachkräfte über einen breiteren Ansatz der Personalgewinnung.
WJ: Frau Dr. Findeiß,
Was hat die Initiative
der Stadt Zwickau gebracht?
Dr. Pia Findeiß: 245 Bürger der Stadt Zwickau, die
wieder einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen könDr. Pia Findeiß, Oberbürgermeis- nen, die damit die umfanterin von Zwickau und Botschaf- greichen kulturellen Angeterin des Beschäftigungspaktes.
bote der Stadt Zwickau
intensiver nutzen können und die natürlich auch über eine
höhere Kaufkraft verfügen.
WJ: Wie sehen Sie das mit dem Mentalitätswechsel zugunsten der Generation 50?
Dr. Findeiß: Es handelt sich dabei um einen laufenden
Prozess, der sich nicht durch ein konkretes Datum oder einen
feststehenden Zeitraum abbilden lässt. Einer erfreulichen
Veränderung in Deutschland hinsichtlich der Beschäftigungsquote Älterer über 55 von 2003 39,9 Prozent, auf
2008 53,8 Prozent steht beispielsweise eine Vergleichszahl
Schweden mit 2008: 70,4 Prozent gegenüber und lässt
damit noch großen Spielraum nach oben. Grundsätzlich
kann jedoch der Mentalitätswechsel als bereits eingetreten bezeichnet werden. Deutliches Zeichen im Rahmen des
Bundesprogramms 50+ ganz konkret in Zwickau ist dafür
der Anstieg der Integrationen Älterer im Vergleich zwischen
2008 und 2009 trotz der Wirtschaftskrise.
WJ: Wie wollen Sie sich diesbezüglich einbringen?
Dr. Pia Findeiß: Der hohe Stellenwert des Programms und
seiner Zielgruppe sollte mit einem Botschafter untermauert werden, der im öffentlichen Interesse steht und der auf
Grund seiner Position für alle relevanten Beteiligten des
Programms, das heißt Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen als Bezugsperson dient. Die Repräsentanz auf zahlreichen Veranstaltungen ermöglicht eine Popularisierung
des Programms in allen gesellschaftlichen Bereichen der
Stadt Zwickau und darüber hinaus.
Gespräch: Wolfgang Baltzer
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