Was starke Marken ausmacht
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Was starke Marken ausmacht
INSIDE beauty/focus Was starke Marken ausmacht Seit rund zehn Jahren stagniert der Markt der gehobenen Luxuskosmetik. Der Einzelhandel kämpft mit sinkenden Kundenfrequenzen und etliche Händler versuchen, dies durch teilweise massive Preisreduktionen zu kompensieren. Den Marken kommt vor diesem Hintergrund eine besondere Bedeutung zu. ie Parfümeriebranche steht für Anspruch und Qualität, für Stil, Genuss und für leidenschaftliche Markenführung. Diese Werte sind in Gefahr! Der zum Teil ungebremste Discount und stete Preisreduktionen stellen eine nicht unerhebliche Gefahr der Banalisierung dar. D BRITTA BARTHOLOMÄ Geschäftsführerin La Prairie Group Deutschland: „Wer Luxus verkaufen möchte, kann nicht auf kompetentes, serviceorientiertes Fachpersonal verzichten.“ Frau Bartholomä, wie beurteilen Sie die aktuelle Situation? Es ist eine Herausforderung für die exklusiven Marken – und von diesen gibt es bei weitem nicht so viele, wie wir glauben – daran zu arbeiten, dass der hohe Anspruch und die einzigartige Qualität sowie leidenschaftliche Markenführung erhalten bleiben und das Gefühl von Luxus transportiert wird. Besondere Erlebnisse sollten Akzente setzen und den Besuch in der Parfümerie zu einem Einkaufsgenuss machen. 1 50 50 INSIDE INSIDE beauty beauty 3/2010 3/2010 Es gibt etliche Marken, die auch in der Krise nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt haben. Was macht starke Marken aus? Welches sind die Erfolgsfaktoren Ihrer Marken? Starke Marken zeichnen sich durch eine stringente Geschäftspolitik, wirklich selektive Distribution und durch außergewöhnliche Marketingaktivitäten am Point of Sale aus. Des Weiteren sollte der von der Parfümeriebranche versprochene Luxus nicht nur Anspruch sein, sondern auch gelebt werden. Wir haben in unserem Unternehmen höchste Ansprüche an Forschung und Produktqualität. Die Mischung aus diesem wissenschaftlichen Know-how, höchsten Qualitätsansprüchen und Exklusivität, verleiht unseren Marken die nötige Strahlkraft und Begehrlichkeit, um den Kunden zu überzeugen. 2 Durchgestrichene Preise und starke Marken – das verträgt sich per se nicht. Welche Möglichkeiten nutzen starke Marken, um auch in schwierigen Zeiten die Begehrlichkeit der Kunden zu wecken? Starke Marken setzen auf besondere Innovationen. So hat sich La Prairie mit der Platinum Collection, bestehend aus Cellular Cream Platinum Rare und Cellular Serum Platinum Rare, zum ersten Mal in der modernen Hautpflege das Potenzial von reinem Platin zu Nutze gemacht und ein einzigartiges Pflegegefühl kreiert. Die MasterCream ist eine Meisterleistung der JUVENA Anti-AgingForschung. Sie erfüllt die Bedürfnisse nach einer umfassenden Anti-AgingPflege in einer 24-Stunden Creme. Die neueste Innovation von SBT Skin Biology Therapy ist Cell Culture Age Care | serum. Dieses einzigartige Serum basiert auf einer Kombination von Cell Culture Phase und dem exklusiven Age Care Complex und verleiht den Gesichtskonturen sofor- 3 tige Festigkeit und Spannkraft. Am Point of Sale setzen wir den Schwerpunkt auf eine außergewöhnliche Kundenansprache und auf maßgeschneiderte Kundenevents. So leben wir gemeinsam mit unseren Handelspartnern den eigentlichen Gedanken von Fachhandel, wo der Kunde und seine Wünsche und Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen und Einkaufen ein Erlebnis ist. Die Aufmerksamkeit des Kunden mit Preisaktivitäten zu erreichen, ist mittel- und langfristig sicherlich der falsche Weg. In der schleichenden Entwertung der Marke sehen viele Branchenexperten die große Gefahr für unsere Luxusbranche. Sie auch? Sich mit Luxus zu umgeben, wird sicher auch in der Zukunft ein Wunsch der Konsumenten sein – ein Wunsch, der erfüllt werden muss. Ob uns dies auch weiterhin gelingt, hängt maßgeblich von der Umgebung ab, in der wir unsere Marken präsentieren. Der Luxuskunde möchte sich nicht zwischen Schütten und Rotpreisschildern auf begehrlichen Luxus einlassen. Die große Herausforderung für den Handel ist es, herauszufinden wie breit die Klaviatur des Angebotes sein darf, um im Einklang mit der eigenen Positionierung zu stehen. Gelingt dies nicht, verliert man an Kompetenz und Glaubwürdigkeit – und somit den Kunden. 4 Der überzogene Discount hat dazu geführt, dass die Margen dramatisch geschrumpft sind. Welche Folgen lassen sich beobachten? Es liegt im Ermessen des Handels, für welche Marken er sich entscheidet und welchen Margenverlust er bereit ist zu akzeptieren. wohl kaum Einkaufserlebnisse vermitteln. Die selektive Kosmetikbranche ist gefordert. Wie können Marken und wie können Fachhändler gegensteuern? Wer Luxus verkaufen möchte, kann nicht auf kompetentes, serviceorientiertes Fachpersonal und ein ansprechendes Luxusambiente verzichten. Für die Marken bedeutet dies, sich ganz genau anzusehen, in welches Geschäft man seine Produkte gibt und ob garantiert werden kann, dass unsere Kunden so bedient und beraten werden, wie sie es zweifelsohne erwarten. Industrie und Handel sind gefordert Hand in Hand zu arbeiten, damit unser gemeinsamer Kunde hochzufrieden ist, sich in seiner Wahl der Einkaufsstätte bestätigt fühlt und sich somit zu einem treuen Stammkunden entwickelt. BART DE BOEVER Herr de Boever, wie beurteilen Sie die aktuelle Situation? Der selektive Kosmetikmarkt in Deutschland stagniert seit rund 10 Jahren. Jeder nennt dafür andere Gründe: Preis, Drogeriemärkte etc. Meiner Meinung nach liegt das Problem in einer mangelnden Dynamik. Handel und Marken verlassen sich seit Jahren immer wieder auf die gleichen Maßnahmen und begeistern die Kunden nicht mehr. 1 Was macht starke Marken aus? Starke Marken bleiben ihrem Image treu. Sie wahren ihre traditionellen Werte und erfinden sich dennoch immer wieder neu. Starke Marken wie Dior bleiben nicht stehen. Mit großer Leidenschaft arbeiten wir permanent an unserer Kommunikation und unseren Produkten. So stel- 2 5 In Geschäften, in denen an der Ausstattung, am Fachpersonal und am Service gespart wird, lassen sich 6 BART DE BOEVER Geschäftsführer Parfums Christian Dior: „Starke Marken wahren ihre traditionellen Werte und erfinden sich dennoch immer wieder neu.“ len wir zum Beispiel fest, dass es uns dank dieser konsequenten Maßnahmen gelingt, auf langjährig bestehenden Produktlinien Zuwächse zu generieren. Welche Möglichkeiten nutzen starke Marken, um die Begehrlichkeit der Kunden zu wecken? Unsere Kunden wollen begeistert werden! Hier gibt es noch so viel Potenzial, denn die klassische, „normale“ Kundin ist nach wie vor offen für Anregungen, sucht Hilfestellung beim Make-up etc. Eine gute, fundierte Beratung am Counter oder in der Parfümerie ist also das A und O, um die Begehrlichkeit der Kunden zu wecken. 3 In der schleichenden Entwertung der Marke sehen viele Branchenexperten die große Gefahr für unsere Luxusbranche. Sie auch? Bei Dior können wir nicht von einer schleichenden Entwertung der Marke sprechen. Wir verzeichnen weltweit überdurchschnittliche Zuwächse, weil wir seit Jahren konsequent an unserem Luxus-Image arbeiten und gegen PreisMarketing kämpfen. Sicherlich gibt es nach wie vor noch viele Marken, die dies leider nicht tun. 4 Der überzogene Discount hat dazu geführt, dass die Margen dramatisch geschrumpft sind. Welche Folgen lassen sich beobachten? Der Handel erkennt vielleicht nicht, dass er im Selektivmarkt am stärksten in teu- 5 ren Segmenten, also der Luxuskosmetik, wächst. Discount im Geschäft – dann noch vor allem in Billigsegmenten – bringt nur in den Köpfen, aber nicht in Zahlen Zuwachs. In Geschäften, in denen an der Ausstattung, am Fachpersonal und am Service gespart wird, lassen sich wohl kaum Einkaufserlebnisse vermitteln. Die selektive Kosmetikbranche ist gefordert. Wie können Marken und wie können Fachhändler gegensteuern? Wir haben eine Beauty-Crew aus sieben Make-up-Spezialisten zusammengestellt, die seit April im Handel so genannte „Beauty-Events“ durchführen. Diese Make-up-Profis zeigen den Kunden im Geschäft die Welt des Dior-Make-ups, lassen sie träumen und begeistern sie. Und wir zeigen den Verkäuferinnen vor Ort, dass sie das ebenso können und diesen Zauber auch nach solch einem Event an ihre Kunden weitergeben können! 6 CHRISTIAN WAGNER Herr Wagner, es gibt etliche Marken, die auch in der Krise nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt haben. Was macht starke Marken aus? Glaubwürdigkeit! Und Glaubwürdigkeit setzt voraus, dass sich alle Pfeiler, die das Markenimage transportieren, auf gleichem Niveau bewegen. Eine Discountparfümerie, die Luxusmarken anbietet, wird das Markenimage schädigen und eine Luxusparfümerie, die Marken discountet, wird sich selbst das Image ruinieren. 1 Mit viel Erfahrung, einem feinen Gespür für die Wünsche der Kunden und einem darauf abgestimmten Sortiment sind Ihre Fachgeschäfte zu einer starken Marke geworden. Was schätzen die Kunden besonders? Wir setzen auf das, was sich schon immer bewährt hat: Qualifizierte Mitarbeiter, Service und Dienstleistung – wir haben fast in jedem Geschäft angeschlossene Kosmetikkabinen, um Kundenbindung zu generieren. Natürlich gibt es auch eine Kundentreuekarte. Für wichtig halte ich auch einen guten Personal-Mix, d.h. sowohl junge, gerade ausgebildete Mitarbeiter als auch langjährige Ansprechpartner/innen sind für die 2 3/2010 INSIDE beauty 51 INSIDE beauty/focus CHRISTIAN WAGNER Geschäftsführender Gesellschafter Parfümerie Schuback: „Die Kunden sollen mit der Parfümerie Schuback nicht nur gute Produkte und eine individuelle Ansprache, sondern auch schöne Erlebnisse verbinden.“ Kunden da. Uns hilft, dass wir eine sehr niedrige Mitarbeiterfluktuation haben und für Verlässlichkeit stehen. Unsere Kunden sind dankbar, wenn sie nicht immer wechselnde Ansprechpartner haben, sondern stets von „ihrer Fachkraft“ betreut werden, die ihre Vorlieben und Wünsche kennt. Wir tun eine Menge für die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter, für deren Motivation, für deren Persönlichkeit. Wir zahlen z. B. ein 13. Monatsgehalt, einige Mitarbeiter haben einen Firmenwagen… Und wir sind als Inhaberfamilie immer Ansprechpartner für unsere Mitarbeiter. Wir haben zwar höhere Personalkosten als vielleicht in der Branche üblich, aber das zahlt sich unserer Meinung nach langfristig durch eine höhere Kundenbindung aus. Durchgestrichene Preise und starke Marken – das verträgt sich per se nicht. Welche Möglichkeiten nutzen Sie, um auch in schwierigen Zeiten „anziehend“ zu wirken? Dienstleistungen in der Kabine, Kundenkarte, eine exzellente Ansprache und auch Events tragen dazu bei. Veranstaltungen für unsere Kunden machen wir regelmäßig, z. B. haben wir eine Bootsfahrt mit unseren treuesten La Mer- 3 Kunden durchgeführt. Schöne Momente mit Schuback! Die Kunden verbinden mit der Parfümerie Schuback nicht nur gute Produkte, eine individuelle Ansprache, sondern auch schöne Erlebnisse. In der schleichenden Entwertung der Marke sehen viele Branchenexperten die große Gefahr für unsere Luxusbranche. Sie auch? Ja, diese Gefahr sehen wir auch. Es gibt für jede Marke einen Lebenszyklus. Wie schnell eine Marke aufgeht, aber auch wie schnell eine Marke „versinkt“, das hängt vom Markenmanagement ab. Es gibt Marken, die das sensationell machen, die es schaffen, den Stern ihrer Marke sehr, sehr lange strahlen zu lassen. Anderen gelingt das nicht. Ich sehe es als große Gefahr, wenn man Marken gemeinsam mit dem Handel groß gemacht und die Kunden auf diese Marken „eingeschworen“ hat, dann aber auf andere Marken umschwenken muss – wo bleibt da die Glaubwürdigkeit? Wenn tatsächlich Marken an Strahlkraft verlieren, und vom Kunden nicht mehr als begehrenswert erachtet werden, dann trifft das auch uns Händler. Wir müssten uns von Marken, die in den Discountbereich abfallen, trennen und sie durch neue starke Marken ersetzen. Wenn dann keine starken Marken nachkommen, dann sieht es für die Branche düster aus – aber diese Gefahr sehe ich momentan noch nicht. 4 Der überzogene Discount hat dazu geführt, dass die Margen dramatisch geschrumpft sind. Welche Folgen lassen sich beobachten? Das ist leider ein Teufelskreis: Wenn Margen schrumpfen, führt das zum Konzentrationsprozess. Unsere Branche ist ja dadurch gekennzeichnet, dass wir zwar einen Marktführer haben, aber ansonsten 5 eine sehr kleinteilige Struktur. Das macht den Charme der Branche aus. Wenn die Margen sinken, führt das weg von der Individualisierung hin zu einer Homogenität der Branche. Und das ist die Frage, ob das der Verbraucher so möchte? Wenn Margen sinken, muss man anfangen zu sparen. Dann wird an der Modernisierung der Ausstattung gespart, aber auch an den Mitarbeitern, vielleicht auch am Service. Doch das ist der falsche Weg, denn das sind genau die Faktoren, die das Fachgeschäft ausmachen. Die Kunst ist es, sich so aufzustellen, dass man es trotz eines Margenverfalls schafft, in Mitarbeiter und in schöne Geschäfte zu investieren. In Geschäften, in denen an Ausstattung und Fachpersonal gespart wird, lassen sich wohl kaum Einkaufserlebnisse vermitteln. Wie können Fachhändler gegensteuern? Ich halte es für wichtig, dass nicht dort gespart wird, wo es der Kunde merkt. Wenn gespart werden muss, dann bitte an Dingen, die der Kunde nicht mitbekommt. So können Arbeitsabläufe effizienter gestaltet werden. Auch lohnt es sich, den Verwaltungs- und Lagerbereich zu durchleuchten und die Abläufe optimaler zu gestalten. Wenn tatsächlich „an der Front“ gespart werden muss, dann empfiehlt es sich z. B. die Arbeitszeiten an die Frequenz anzupassen, heißt: Wenn zu Zeiten, in denen nicht viel Kundschaft kommt, weniger Personal im Laden ist, passt das. Das ist aber auch die einzige Stellschraube. Ansonsten bitte nur dort effizienter gestalten und sparen, wo der Kunde nicht direkt tangiert ist. Denn das, was den Fachhandel ausmacht, das sollten wir stets in den Mittelpunkt stellen: Kompetenz und Service. z 6 SUMMARY STRONG BRANDS The perfumery industry stands for ambition and quality, for style and indulgence and for passionate branding. But these values are in danger – the industry threatens to be dragged down by the rampant discount trade and constant price reductions. In Germany, the market for high-priced luxury cosmetics has been stagnating for about 10 years. The retail sector has for years been battling against decreasing customer frequency, and quite a few retailers have been offering - sometimes massive - price reductions as a way of compensating for this. Brands are particularly important in this situation. Therefore inside beauty has surveyed various industry figures, asking them about the importance of strong brands. Industry CEOs get a chance to speak and name their „brand success factors“. In addition, the head of a family owned perfume company tells us how he developed his business into a strong brand. Bart de Boever, CEO of Dior Germany, blames the long-time stagnating market on a lack of dynamism: “The industry and brands have been doing the same things for years and are no longer managing to excite the customers.” He thinks it is important for strong brands to remain true to their image and traditional values, but also to be constantly re-inventing themselves. “We always work with great passion on our communication and our products”. Christian Wagner of the perfumery Schuback believes that strong brands are based on reliability. Every element of the brand’s image has to be consistent. Perfumeries score by offering a good assortment, professional advice, service and a pleasant experience. 52 INSIDE beauty 3/2010