Was starke Marken ausmacht

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Was starke Marken ausmacht
INSIDE beauty/focus
Was starke Marken ausmacht
Seit rund zehn Jahren stagniert der Markt der gehobenen Luxuskosmetik. Der Einzelhandel kämpft mit
sinkenden Kundenfrequenzen und etliche Händler versuchen, dies durch teilweise massive Preisreduktionen zu kompensieren. Den Marken kommt vor diesem Hintergrund eine besondere Bedeutung zu.
ie Parfümeriebranche steht für Anspruch und Qualität, für Stil, Genuss und für leidenschaftliche Markenführung. Diese Werte sind in Gefahr!
Der zum Teil ungebremste Discount und
stete Preisreduktionen stellen eine nicht
unerhebliche Gefahr der Banalisierung dar.
D
BRITTA
BARTHOLOMÄ
Geschäftsführerin
La Prairie Group
Deutschland: „Wer
Luxus verkaufen
möchte, kann nicht
auf kompetentes,
serviceorientiertes
Fachpersonal verzichten.“
Frau Bartholomä, wie beurteilen
Sie die aktuelle Situation?
Es ist eine Herausforderung für die exklusiven Marken – und von diesen gibt es bei
weitem nicht so viele, wie wir glauben –
daran zu arbeiten, dass der hohe Anspruch und die einzigartige Qualität
sowie leidenschaftliche Markenführung
erhalten bleiben und das Gefühl von
Luxus transportiert wird. Besondere Erlebnisse sollten Akzente setzen und den
Besuch in der Parfümerie zu einem Einkaufsgenuss machen.
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Es gibt etliche Marken, die auch in
der Krise nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt haben. Was macht
starke Marken aus? Welches sind die
Erfolgsfaktoren Ihrer Marken?
Starke Marken zeichnen sich durch eine
stringente Geschäftspolitik, wirklich selektive Distribution und durch außergewöhnliche Marketingaktivitäten am
Point of Sale aus. Des Weiteren sollte der
von der Parfümeriebranche versprochene
Luxus nicht nur Anspruch sein, sondern
auch gelebt werden. Wir haben in unserem Unternehmen höchste Ansprüche
an Forschung und Produktqualität. Die
Mischung aus diesem wissenschaftlichen
Know-how, höchsten Qualitätsansprüchen
und Exklusivität, verleiht unseren Marken
die nötige Strahlkraft und Begehrlichkeit,
um den Kunden zu überzeugen.
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Durchgestrichene Preise und starke Marken – das verträgt sich per
se nicht. Welche Möglichkeiten nutzen
starke Marken, um auch in schwierigen
Zeiten die Begehrlichkeit der Kunden zu
wecken?
Starke Marken setzen auf besondere
Innovationen. So hat sich La Prairie
mit der Platinum Collection, bestehend
aus Cellular Cream Platinum Rare und
Cellular Serum Platinum Rare, zum ersten Mal in der modernen Hautpflege das
Potenzial von reinem Platin zu Nutze gemacht und ein einzigartiges Pflegegefühl
kreiert. Die MasterCream ist eine Meisterleistung der JUVENA Anti-AgingForschung. Sie erfüllt die Bedürfnisse
nach einer umfassenden Anti-AgingPflege in einer 24-Stunden Creme. Die
neueste Innovation von SBT Skin Biology
Therapy ist Cell Culture Age Care | serum.
Dieses einzigartige Serum basiert auf einer Kombination von Cell Culture Phase
und dem exklusiven Age Care Complex
und verleiht den Gesichtskonturen sofor-
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tige Festigkeit und Spannkraft. Am Point
of Sale setzen wir den Schwerpunkt auf
eine außergewöhnliche Kundenansprache
und auf maßgeschneiderte Kundenevents.
So leben wir gemeinsam mit unseren Handelspartnern den eigentlichen Gedanken
von Fachhandel, wo der Kunde und seine
Wünsche und Bedürfnisse im Mittelpunkt
stehen und Einkaufen ein Erlebnis ist. Die
Aufmerksamkeit des Kunden mit Preisaktivitäten zu erreichen, ist mittel- und langfristig sicherlich der falsche Weg.
In der schleichenden Entwertung
der Marke sehen viele Branchenexperten die große Gefahr für unsere Luxusbranche. Sie auch?
Sich mit Luxus zu umgeben, wird sicher
auch in der Zukunft ein Wunsch der
Konsumenten sein – ein Wunsch, der erfüllt werden muss. Ob uns dies auch weiterhin gelingt, hängt maßgeblich von der
Umgebung ab, in der wir unsere Marken
präsentieren. Der Luxuskunde möchte
sich nicht zwischen Schütten und Rotpreisschildern auf begehrlichen Luxus
einlassen. Die große Herausforderung
für den Handel ist es, herauszufinden wie
breit die Klaviatur des Angebotes sein
darf, um im Einklang mit der eigenen Positionierung zu stehen. Gelingt dies nicht,
verliert man an Kompetenz und Glaubwürdigkeit – und somit den Kunden.
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Der überzogene Discount hat dazu
geführt, dass die Margen dramatisch geschrumpft sind. Welche Folgen
lassen sich beobachten?
Es liegt im Ermessen des Handels, für
welche Marken er sich entscheidet und
welchen Margenverlust er bereit ist zu
akzeptieren.
wohl kaum Einkaufserlebnisse vermitteln. Die selektive Kosmetikbranche ist
gefordert. Wie können Marken und wie
können Fachhändler gegensteuern?
Wer Luxus verkaufen möchte, kann
nicht auf kompetentes, serviceorientiertes Fachpersonal und ein ansprechendes
Luxusambiente verzichten.
Für die Marken bedeutet dies, sich ganz
genau anzusehen, in welches Geschäft
man seine Produkte gibt und ob garantiert werden kann, dass unsere Kunden
so bedient und beraten werden, wie sie es
zweifelsohne erwarten.
Industrie und Handel sind gefordert
Hand in Hand zu arbeiten, damit unser
gemeinsamer Kunde hochzufrieden ist,
sich in seiner Wahl der Einkaufsstätte
bestätigt fühlt und sich somit zu einem
treuen Stammkunden entwickelt.
BART DE BOEVER
Herr de Boever, wie beurteilen Sie
die aktuelle Situation?
Der selektive Kosmetikmarkt in Deutschland stagniert seit rund 10 Jahren. Jeder
nennt dafür andere Gründe: Preis, Drogeriemärkte etc. Meiner Meinung nach
liegt das Problem in einer mangelnden
Dynamik. Handel und Marken verlassen sich seit Jahren immer wieder auf die
gleichen Maßnahmen und begeistern die
Kunden nicht mehr.
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Was macht starke Marken aus?
Starke Marken bleiben ihrem Image
treu. Sie wahren ihre traditionellen Werte
und erfinden sich dennoch immer wieder neu. Starke Marken wie Dior bleiben
nicht stehen. Mit großer Leidenschaft arbeiten wir permanent an unserer Kommunikation und unseren Produkten. So stel-
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In Geschäften, in denen an der
Ausstattung, am Fachpersonal und
am Service gespart wird, lassen sich
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BART DE BOEVER
Geschäftsführer Parfums Christian
Dior: „Starke Marken wahren ihre
traditionellen Werte und erfinden sich
dennoch immer wieder neu.“
len wir zum Beispiel fest, dass es uns dank
dieser konsequenten Maßnahmen gelingt,
auf langjährig bestehenden Produktlinien
Zuwächse zu generieren.
Welche Möglichkeiten nutzen starke Marken, um die Begehrlichkeit
der Kunden zu wecken?
Unsere Kunden wollen begeistert werden!
Hier gibt es noch so viel Potenzial, denn
die klassische, „normale“ Kundin ist nach
wie vor offen für Anregungen, sucht Hilfestellung beim Make-up etc. Eine gute,
fundierte Beratung am Counter oder in
der Parfümerie ist also das A und O, um
die Begehrlichkeit der Kunden zu wecken.
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In der schleichenden Entwertung
der Marke sehen viele Branchenexperten die große Gefahr für unsere
Luxusbranche. Sie auch?
Bei Dior können wir nicht von einer
schleichenden Entwertung der Marke sprechen. Wir verzeichnen weltweit
überdurchschnittliche Zuwächse, weil wir
seit Jahren konsequent an unserem
Luxus-Image arbeiten und gegen PreisMarketing kämpfen. Sicherlich gibt es
nach wie vor noch viele Marken, die dies
leider nicht tun.
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Der überzogene Discount hat dazu
geführt, dass die Margen dramatisch geschrumpft sind. Welche Folgen
lassen sich beobachten?
Der Handel erkennt vielleicht nicht, dass
er im Selektivmarkt am stärksten in teu-
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ren Segmenten, also der Luxuskosmetik,
wächst. Discount im Geschäft – dann
noch vor allem in Billigsegmenten –
bringt nur in den Köpfen, aber nicht in
Zahlen Zuwachs.
In Geschäften, in denen an der
Ausstattung, am Fachpersonal und
am Service gespart wird, lassen sich
wohl kaum Einkaufserlebnisse vermitteln. Die selektive Kosmetikbranche ist
gefordert. Wie können Marken und wie
können Fachhändler gegensteuern?
Wir haben eine Beauty-Crew aus sieben
Make-up-Spezialisten zusammengestellt,
die seit April im Handel so genannte „Beauty-Events“ durchführen. Diese
Make-up-Profis zeigen den Kunden im
Geschäft die Welt des Dior-Make-ups,
lassen sie träumen und begeistern sie.
Und wir zeigen den Verkäuferinnen vor
Ort, dass sie das ebenso können und diesen Zauber auch nach solch einem Event
an ihre Kunden weitergeben können!
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CHRISTIAN WAGNER
Herr Wagner, es gibt etliche Marken, die auch in der Krise nichts
von ihrer Strahlkraft eingebüßt haben.
Was macht starke Marken aus?
Glaubwürdigkeit! Und Glaubwürdigkeit
setzt voraus, dass sich alle Pfeiler, die das
Markenimage transportieren, auf gleichem Niveau bewegen. Eine Discountparfümerie, die Luxusmarken anbietet,
wird das Markenimage schädigen und
eine Luxusparfümerie, die Marken discountet, wird sich selbst das Image ruinieren.
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Mit viel Erfahrung, einem feinen
Gespür für die Wünsche der Kunden und einem darauf abgestimmten
Sortiment sind Ihre Fachgeschäfte zu
einer starken Marke geworden. Was
schätzen die Kunden besonders?
Wir setzen auf das, was sich schon immer
bewährt hat: Qualifizierte Mitarbeiter, Service und Dienstleistung – wir haben fast in
jedem Geschäft angeschlossene Kosmetikkabinen, um Kundenbindung zu generieren. Natürlich gibt es auch eine Kundentreuekarte. Für wichtig halte ich auch einen
guten Personal-Mix, d.h. sowohl junge, gerade ausgebildete Mitarbeiter als auch langjährige Ansprechpartner/innen sind für die
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CHRISTIAN
WAGNER
Geschäftsführender
Gesellschafter Parfümerie Schuback:
„Die Kunden sollen
mit der Parfümerie
Schuback nicht nur
gute Produkte und
eine individuelle Ansprache, sondern
auch schöne Erlebnisse verbinden.“
Kunden da. Uns hilft, dass wir eine sehr
niedrige Mitarbeiterfluktuation haben und
für Verlässlichkeit stehen. Unsere Kunden
sind dankbar, wenn sie nicht immer wechselnde Ansprechpartner haben, sondern
stets von „ihrer Fachkraft“ betreut werden,
die ihre Vorlieben und Wünsche kennt.
Wir tun eine Menge für die Aus- und
Weiterbildung der Mitarbeiter, für deren
Motivation, für deren Persönlichkeit. Wir
zahlen z. B. ein 13. Monatsgehalt, einige
Mitarbeiter haben einen Firmenwagen…
Und wir sind als Inhaberfamilie immer
Ansprechpartner für unsere Mitarbeiter.
Wir haben zwar höhere Personalkosten
als vielleicht in der Branche üblich, aber
das zahlt sich unserer Meinung nach
langfristig durch eine höhere Kundenbindung aus.
Durchgestrichene Preise und starke Marken – das verträgt sich per
se nicht. Welche Möglichkeiten nutzen Sie, um auch in schwierigen Zeiten
„anziehend“ zu wirken?
Dienstleistungen in der Kabine, Kundenkarte, eine exzellente Ansprache und
auch Events tragen dazu bei. Veranstaltungen für unsere Kunden machen wir
regelmäßig, z. B. haben wir eine Bootsfahrt mit unseren treuesten La Mer-
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Kunden durchgeführt. Schöne Momente
mit Schuback! Die Kunden verbinden
mit der Parfümerie Schuback nicht nur
gute Produkte, eine individuelle Ansprache, sondern auch schöne Erlebnisse.
In der schleichenden Entwertung
der Marke sehen viele Branchenexperten die große Gefahr für unsere
Luxusbranche. Sie auch?
Ja, diese Gefahr sehen wir auch. Es gibt
für jede Marke einen Lebenszyklus. Wie
schnell eine Marke aufgeht, aber auch wie
schnell eine Marke „versinkt“, das hängt
vom Markenmanagement ab. Es gibt Marken, die das sensationell machen, die es
schaffen, den Stern ihrer Marke sehr, sehr
lange strahlen zu lassen. Anderen gelingt
das nicht. Ich sehe es als große Gefahr,
wenn man Marken gemeinsam mit dem
Handel groß gemacht und die Kunden auf
diese Marken „eingeschworen“ hat, dann
aber auf andere Marken umschwenken
muss – wo bleibt da die Glaubwürdigkeit?
Wenn tatsächlich Marken an Strahlkraft
verlieren, und vom Kunden nicht mehr
als begehrenswert erachtet werden, dann
trifft das auch uns Händler. Wir müssten
uns von Marken, die in den Discountbereich abfallen, trennen und sie durch neue
starke Marken ersetzen. Wenn dann keine
starken Marken nachkommen, dann sieht
es für die Branche düster aus – aber diese
Gefahr sehe ich momentan noch nicht.
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Der überzogene Discount hat
dazu geführt, dass die Margen
dramatisch geschrumpft sind. Welche
Folgen lassen sich beobachten?
Das ist leider ein Teufelskreis: Wenn
Margen schrumpfen, führt das zum Konzentrationsprozess. Unsere Branche ist ja
dadurch gekennzeichnet, dass wir zwar
einen Marktführer haben, aber ansonsten
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eine sehr kleinteilige Struktur. Das macht
den Charme der Branche aus. Wenn die
Margen sinken, führt das weg von der
Individualisierung hin zu einer Homogenität der Branche. Und das ist die Frage,
ob das der Verbraucher so möchte? Wenn
Margen sinken, muss man anfangen zu
sparen. Dann wird an der Modernisierung der Ausstattung gespart, aber auch
an den Mitarbeitern, vielleicht auch am
Service. Doch das ist der falsche Weg,
denn das sind genau die Faktoren, die
das Fachgeschäft ausmachen. Die Kunst
ist es, sich so aufzustellen, dass man es
trotz eines Margenverfalls schafft, in
Mitarbeiter und in schöne Geschäfte zu
investieren.
In Geschäften, in denen an Ausstattung und Fachpersonal gespart
wird, lassen sich wohl kaum Einkaufserlebnisse vermitteln. Wie können
Fachhändler gegensteuern?
Ich halte es für wichtig, dass nicht dort
gespart wird, wo es der Kunde merkt.
Wenn gespart werden muss, dann bitte
an Dingen, die der Kunde nicht mitbekommt. So können Arbeitsabläufe effizienter gestaltet werden. Auch lohnt es
sich, den Verwaltungs- und Lagerbereich
zu durchleuchten und die Abläufe optimaler zu gestalten. Wenn tatsächlich „an
der Front“ gespart werden muss, dann
empfiehlt es sich z. B. die Arbeitszeiten
an die Frequenz anzupassen, heißt: Wenn
zu Zeiten, in denen nicht viel Kundschaft
kommt, weniger Personal im Laden ist,
passt das. Das ist aber auch die einzige
Stellschraube. Ansonsten bitte nur dort
effizienter gestalten und sparen, wo der
Kunde nicht direkt tangiert ist. Denn das,
was den Fachhandel ausmacht, das sollten wir stets in den Mittelpunkt stellen:
Kompetenz und Service.
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SUMMARY
STRONG BRANDS The perfumery industry stands for ambition and quality, for style and indulgence and for passionate branding. But
these values are in danger – the industry threatens to be dragged down by the rampant discount trade and constant price reductions. In
Germany, the market for high-priced luxury cosmetics has been stagnating for about 10 years. The retail sector has for years been battling
against decreasing customer frequency, and quite a few retailers have been offering - sometimes massive - price reductions as a way of
compensating for this. Brands are particularly important in this situation. Therefore inside beauty has surveyed various industry figures, asking them about the importance of strong brands. Industry CEOs get a chance to speak and name their „brand success factors“. In addition,
the head of a family owned perfume company tells us how he developed his business into a strong brand. Bart de Boever, CEO of Dior Germany, blames the long-time stagnating market on a lack of dynamism: “The industry and brands have been doing the same things for years
and are no longer managing to excite the customers.” He thinks it is important for strong brands to remain true to their image and traditional
values, but also to be constantly re-inventing themselves. “We always work with great passion on our communication and our products”.
Christian Wagner of the perfumery Schuback believes that strong brands are based on reliability. Every element of the brand’s image has to
be consistent. Perfumeries score by offering a good assortment, professional advice, service and a pleasant experience.
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