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Erziehungsfragen sind ganz natürlich
Eine Elterninformation der MAG ELF – Amt für Jugend und Familie der Stadt Wien
Die liebe Not mit dem Taschengeld
Dr. Belinda Mikosz
Klinische- und Gesundheitspsychologin
Die Erziehung im Umgang mit Geld kann nicht früh genug beginnen. Viele Kinder haben überhaupt
keine Vorstellung was Geld verdienen bedeutet und erleben die Eltern oft nur als ungerecht, wenn
sie ihre Wünsche nicht erfüllen können oder wollen. „Du bist gemein!“ tönt es da schon aus dem
Mund des Fünfjährigen in Richtung Mutter, die sich gerade geweigert hat, das auserwählte Spielzeug
zu bezahlen.
Sparen ist kein Ersatz für Taschengeld
Immer wieder erhalten Kinder kleine Geldgeschenke, die sie aber nicht verwenden dürfen, sondern
sparen müssen. Das Geld, das in der Sparbüchse verschwindet oder als Einlage auf dem Sparbuch
landet, ist für Ihr Kind nicht wirklich vorhanden, es kann nicht zur unmittelbaren Wunschbefriedigung
genützt werden. Die Vorstellung für später zu sparen ist selbst noch für Schulkinder zu abstrakt, weil
sie in anderen Zeitdimensionen als die Erwachsenen denken.
Beginn und Höhe des Taschengeldes
Das Taschengeld sollte weder zu niedrig noch zu hoch ausfallen, denn das Kind braucht einen
gewissen Spielraum und die Höhe des Betrages darf nicht zur Überforderung führen.
Bekommen Kinder Taschengeld, lernen sie wie man vernünftig mit Geld umgeht. Sie begreifen
allmählich, dass man sich nicht jeden Wunsch sofort erfüllen kann, sondern auf teurere Dinge auch
sparen muss. Sobald Kinder wissen, dass man zum Einkaufen Geld braucht und mit Zahlen etwas
anfangen können (zählen bis fünf, bis zehn) sollten sie Taschengeld erhalten. Die Höhe des
Taschengeldes müssen sich Eltern individuell überlegen, sie hängt vom Alter des Kindes und natürlich
auch stark vom Familienbudget ab.
Taschengeld gehört für den persönlichen Bedarf
Immer wieder versuchen Eltern darauf Einfluss zu nehmen, was mit dem Taschengeld gekauft wird
und verhindern damit den für das Kind wichtigen Lernschritt selbst darüber zu entscheiden. Mit den
Folgen ihrer Entscheidung müssen Kinder lernen fertig zu werden. So kann ein Kind die Erfahrung
machen, dass die Süßigkeiten gar nicht so gut schmecken, dass das Spielzeug rasch kaputt geht, dass
es lange dauert bis man wieder Geld zur Verfügung hat und dergleichen mehr. Aus diesem Grund ist
es ratsam nicht mit Zuschüssen auszuhelfen. Es ist besser beim wöchentlichen Einkauf die eine oder
andere Nascherei, die Sie als verträglich ansehen, mitzukaufen als eine außerordentliche
Geldzuwendung zu geben.
Servicetelefon der MAG ELF: 4000 – 8011
Impressum: Medieninhaber und Herausgeber: Stadt Wien – MAG ELF – Amt für Jugend und Familie
1030 Wien, Rüdengasse 11
Erziehungsfragen sind ganz natürlich
Eine Elterninformation der MAG ELF – Amt für Jugend und Familie der Stadt Wien
Geld ist kein Belohnungs- oder Druckmittel
Taschengeld sollte es nicht für Wohlverhalten, Mithilfe im Haushalt oder für gute Noten geben. Das
Kind erhält einen bestimmten Betrag unaufgefordert und regelmäßig (jüngere Kinder jede Woche,
ältere monatlich). Taschengeld ist keinesfalls ein Erziehungsmittel, es ist auch nicht dazu da,
Schulmaterial, Kleidung oder Grundnahrungsmittel zu kaufen.
Kleine Jobs bei Nachbarn oder Freunden annehmen
Ältere Kinder verdienen sich gern mal etwas dazu, indem sie kleine Aufgaben übernehmen, wie z.B.
Zeitungen austragen, Babysitten, Auto waschen, einkaufen gehen, Hund spazieren führen etc. Dieses
zusätzlich verdiente Geld dient zur Aufbesserung des Taschengeldes und sollte auch selbst verwaltet
werden dürfen.
Geldgeschenke von Verwandten
Höhere Geldbeträge sollten nach Abzug einer kleinen Summe, die man dem Kind gleich zur
Verfügung stellt, auf ein Sparbuch eingezahlt werden. So erhält man dem Kind die Freude am
Geschenk und stellt gleichzeitig sicher, dass das Geld nicht verschwendet wird. Es kann vielleicht
später verwendet werden, um einen bestimmten Wunsch des Kindes, z.B. nach Markenjeans,
mitzufinanzieren.
Die Eltern sind Vorbilder im Umgang mit Geld
„Meine Mama borgt sich von mir immer Geld aus und gibt es mir nicht mehr zurück,“ sagt Yvonne
und man merkt ihr an, wie sehr sie das stört. Das Beispiel der Eltern ist wichtig, d.h. wie sie mit ihrem
Budget umgehen, ob sie z.B. für den Urlaub sparen, Geld für den Notfall zur Seite legen oder ob sie
ständig auf Schulden einkaufen. Weil Mama und Papa mit Geld nicht umgehen können, hat auch
Yvonne das Nachsehen. Sie wird ihr Geld in der Zukunft vielleicht nur deshalb schnell ausgeben, um
selbst etwas davon zu haben.
Zur Gelderziehung gehört die Anerkennung von Eigentum
Dazu gehört, dass die vom Kind gesammelten Steine, Murmeln, Muscheln oder anderer Krimskrams
nicht einfach entsorgt werden, sondern von den Eltern als Eigentum des Kindes anerkannt werden.
Kinder müssen schrittweise den Umgang mit Geld erlernen und dazu gehört auch, dass sie den Wert
einer Sache bestimmen. Nicht nur Geld verkörpert einen bestimmten Wert, es ist vielleicht auch die
kleine Schatzsammlung, die sich das Kind angelegt hat. Gemeinsam mit Ihrem Kind können Sie
überlegen, was davon unbedingt aufgehoben werden muss und was entsorgt werden darf. Das Kind
erlernt so früh eine Auswahl zu treffen. Später kann es sich dann vielleicht auch leichter entscheiden
wofür es sein Taschengeld ausgeben möchte und wofür eher nicht. Bei diesem Entscheidungsprozess
dürfen Eltern selbstverständlich auch beratend zur Seite stehen, natürlich ohne die eigenen
Wertvorstellungen durchzusetzen. Es geht vielmehr um die Vor und Nachteile eines Kaufes
abzuwägen und vielleicht zu beschließen, noch ein bisschen zu sparen, um später das bessere Stück
erwerben zu können.
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Erziehungsfragen sind ganz natürlich
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Die Macht der Werbung und die Verführung der Warenwelt
Beide darf man keinesfalls unterschätzen, denn Kinder sind diesen Einflüssen ständig ausgesetzt.
Wünsche werden geschürt und Bedürfnisse geweckt und plötzlich muss man die Kleidung oder das
Spielzeug haben, um in der Gruppe der Gleichaltrigen bestehen zu können. „Mein Sohn hat sich
aufgeführt wie ein Verrückter, weil ich ihm keine Monster gekauft habe und er der Einzige in der
Klasse war, der keine hatte“, klagte eine Mutter.
„Mit diesen Jeans kann ich mich in der Schule nicht blicken lassen, da bin ich sofort im Out“, erzählt
eine Vierzehnjährige glaubhaft! Was kann man tun? Muss man sich erpressen lassen? Kann man
standhaft bleiben und sich dem Konsumdruck verweigern?
Wertentscheidung und Willenskraft
Sind wir doch einmal ehrlich! Können Erwachsene immer richtig entscheiden und sich der Wirkung
der Werbung ganz entziehen? Kaufen wir nicht alle manchmal unnötige Dinge, die wir gar nicht
wirklich bräuchten? Nur einfach deshalb, weil wir modisch wirken wollen. Die heimlichen Verführer
gibt es auf Schritt und Tritt und Eltern sollten den Kindern gegenüber ehrlich bleiben, zugeben, dass
Manches vielleicht unnötig, aber trotzdem wichtig ist und hin und wieder auch Kompromisse
schließen. Wenn Sie das Eine kaufen, um Ihrem Kind zu helfen, dass es in der Schule mit den anderen
mithalten kann, ist es vielleicht auch möglich auf das Andere zu verzichten.
Schulden machen ist keine Lösung
Wer Wünsche nicht aufschieben kann, wird später eher Schulden machen als sparen. Es ist daher
notwendig Kindern schon früh beizubringen, dass man Geld nicht nur ausgeben kann, sondern dass
es verdient werden muss. Viele Kinder wissen kaum mehr vom Geld, als dass sie irgendwie dazu
kommen müssen – etwa um die Handyrechnung oder ihr Freizeitvergnügen bezahlen zu können. Sie
sind in ihren Forderungen an die Eltern maßlos. Stoppt man diese Entwicklung nicht, stürzen sie sich
durch Ratenkäufe, Kleinkredite und unbezahlte Telefonrechnungen in Schulden, die sie sehr schnell
in den finanziellen Ruin treiben. Schulden zurück zahlen ist wesentlich schwerer, als die unmittelbare
Wunscherfüllung aufzuschieben und sich später an den selbst erworbenen Gütern zu erfreuen.
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