IHK Exportforum – 1.10.2015

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IHK Exportforum – 1.10.2015
IHK Exportforum – 1.10.2015
Reihengeschäfte mit Drittländern: Korrekte
Rechnungstellung und Nachweisführung
Dr. Matthias Hiller
The better the question. The better the answer.
The better the world works.
Referent
Dr. Matthias Hiller
Executive Director, Steuerberater
Ernst & Young GmbH,
Theodor-Heuss-Anlage 2,
68165 Mannheim
T: +49 621 4208 12844
F: +49 621 4208 15111
M: +49 160 939 12844
E-Mail: [email protected]
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Page 1
Gliederung
1.
Einführung
3
2.
Grundlagen Reihengeschäft
11
3.
Entwicklung Rechtsprechung Reihengeschäfte
15
4.
Beispiele Drittlandsreihengeschäft
26
5.
Veröffentlichungen des Referenten zum Thema
35
Page 2
Einführung
Page 3
Warenbezug aus dem Drittland
Rechnung
US-Corp.
B-GmbH
(Deutschland)
Import von Waren
(Lieferant aus dem
Drittland)
Warenweg
► B-GmbH
bestellt Ware bei US-Corp.
► Transportbeauftragung
► Warenbewegung
► US-Corp.
durch US-Corp. Oder B-GmbH
endet in Deutschland
erteilt Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis
► Incoterms:
DAP (nicht DDP) è Kunde wird Schuldner der EUSt
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Warenbezug aus dem Drittland
► B-GmbH wird
► Die
zollrechtlich Importeur der Ware.
Zollbehörde setzt EUSt und ggf. Zölle fest (sog. EUSt-Bescheid).
► Für
den Einfuhrvorgang („Das Überführen in den freien Verkehr“) können
Dienstleister eingeschaltet werden.
► Für
den Vorsteuerabzug ist der EUSt-Bescheid vorzuhalten (der EUStBescheid geht elektronisch zu; ALTAS-Verfahren).
Rechtsfolgen aus
Sicht des deutschen
UStG
► Wer
auf der Zollanmeldung als Einführer genannt ist, ist grds. irrelevant;
Aus Sicht des Umsatzsteuerrechts ist alleine entscheidend, wer im
Zeitpunkt der Einfuhr die Verfügungsmacht hatte.
► Die
EUSt muss in dem Deklarationszeitraum abgezogen werden, in dem sie
entstanden ist (Neufassung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG; bisher konnte
lediglich die entrichtete EUSt abgezogen werden).
► US-Corp.
muss eine Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis erteilen (§ 3
Abs. 6 UStG: Ort der Lieferung in Warenabgangsland, hier USA; Sonderfall
§ 3 Abs. 8 UStG: US-Corp. ist Schuldner der EUSt, dann Lieferort im Inland
und Rechnung nach § 14 Abs. 4 UStG mit deutscher Umsatzsteuer).
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Warenlieferungen in das Drittland
Rechnung
A-GmbH
(DL)
Export/Ausfuhr
von Waren in das
Drittland)
Warenweg
► Kunde
bestellt Ware bei A-GmbH
► Transportbeauftragung
► Warenbewegung
► A-GmbH
Kunde
durch A-GmbH / Kunde (DL)
von Deutschland ins Drittland (hier Türkei)
erteilt Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis
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Warenlieferungen in das Drittland
► A-GmbH
Rechtsfolgen aus
Sicht des deutschen
UStG
kann nur dann eine steuerfreie Ausfuhrlieferung ausführen, wenn
►
geeignete Buch- und Belegnachweise
Ausgangsvermerk) vorliegen.
►
Die Rechnung muss ohne Umsatzsteuerausweis erstellt werden und
einen Hinweis auf die Steuerfreiheit enthalten (z.B. „Steuerfreie
Ausfuhr“).
► Deklaration im
(Atlas-Dokument
incl.
Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung in Feld 43
► Hinweis:
Bei Lieferungen in das Drittland sollte nie DDP geliefert werden,
weil hierdurch ggf. eine Einfuhrumsatzsteuerschuld bzw. eine
Registrierungsverpflichtung für die A-GmbH im Bestimmungsland
begründet
werden
könnte
(zudem
Gefahr
einer
definitiven
Steuerbelastung).
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Warenlieferungen in das Drittland
Grundsatz (im Beförderungsfall):
►
Der Nachweis hat über den
Ausgangsvermerk zu erfolgen
(vgl. links).
Alternative (im Versendungsfall):
Belegnachweis für
die Steuerfreiheit
der Ausfuhr
►
Frachtbrief (z.B. CMR)
►
Spediteuerbescheiniung
Vgl. Abschnitt 6.5 UStAE ff.
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Warenlieferungen in das Drittland - Sonderfall
A-GmbH
Rechnung
Kunde
(DE)
Sonderfall – Abholfälle
durch in Deutschland
ansässige Kunden
Drittland
Warenweg
► Deutscher
Kunde bestellt Ware bei der A-GmbH
► Transportbeauftragung
durch
Kunden
(Abholung
durch
Kunden)
► Warenbewegung
► A-GmbH
von Deutschland in das Drittland
erteilt Rechnung mit deutschem Umsatzsteuerausweis
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deutschen
Warenlieferungen in das Drittland
► Obwohl
die Ware durch den deutschen Kunden ins Drittland ausgeführt
wird, kann die Lieferung nicht als steuerfrei behandelt werden (§ 6 Abs. 1
Nr. 2 UStG).
► Das
UStG setzt bei einem Abholfall für die Steuerfreiheit voraus, dass es
sich bei dem Kunden um einen ausländischen Abnehmer handelt.
Rechtsfolgen für den
Sonderfall der Abholung
► Die
Lieferung der A-GmbH ist in Deutschland steuerbar aber nicht
steuerfrei!
► A-GmbH
muss eine Rechnung mit deutscher Umsatzsteuer ausstellen
► Deklaration im
Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung in Feld 81.
► Auseinanderfallen
von Umsatzsteuer- und Zollrecht: Zollrechtlich gibt es
selbstverständlich einen Export, umsatzsteuerlich hingegen nicht!
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Grundlagen Reihengeschäft
Page 11
Introduction
Grundlagen Reihengeschäft
►
Gesetzestext
§ 3 Abs. 6 UStG
(Anmerkung: Es gibt
keine Regelungen
in der MwStSystRL)
§ 3 Abs. 6 UStG bestimmt die Kriterien, nach denen bei einer
Lieferung von der Fortbewegung des Liefergegenstandes,
demnach einer Warenbewegung, auszugehen ist:
(6) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder
einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder
versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder
Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt.
Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands. Versenden liegt vor, wenn
jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen
oder besorgen lässt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des
Gegenstands an den Beauftragten.
Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte
ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung
unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer, ist die
Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen
zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch einen Abnehmer
befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist, ist die Beförderung oder
Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass
er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat.
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Grundlagen Reihengeschäft (EU und Drittland)
Rechnung
Rechnung
A
B
C
Warenweg
Voraussetzungen
Reihengeschäft
►
Voraussetzungen für ein Reihengeschäft (§ 3 Abs. 6 UStG)
►
Umsatzgeschäfte zwischen mehreren Unternehmern
►
Über denselben Gegenstand
►
Gegenstand gelangt direkt vom ersten Lieferanten an letzten
Abnehmer
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Grundlagen Reihengeschäft (EU und Drittland)
Rechnung
Rechnung
A
B
C
Warenweg
Sichtweise der
Finanzverwaltung
(auch im Drittlandsfall)
Abschnitt 3.14 UStAE,
insb. Abs. 14 ff.
►
Transportveranlassung durch A:
grenzüberschreitende Lieferung A->B
►
Transportveranlassung durch C:
grenzüberschreitende Lieferung B->C
►
Transportveranlassung durch B:
Grundfall è grenzüberschreitende Lieferung A->B;
„es sei denn“ B tritt als Lieferer auf (Indiz USt-IdNr. des
Warenabgangslandes (?) + Incoterms (?)
è grenzüberschreitende Lieferung B->C
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Entwicklung Rechtsprechung
Reihengeschäfte
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Rückblick Rechtsprechung EU-Reihengeschäft
Chronologische
Kurzübersicht
Rechtsprechung
EuGH und BFH
►
EuGH: EMAG (Urteil vom 6.4.2006, C-245/04):
Ein Reihengeschäft besteht aus mehreren aufeinander folgenden Lieferungen
mit nur einer Warenbewegung; deshalb kann die grenzüberschreitende
Lieferung nur einer der Lieferungen zugeordnet werden.
►
EuGH: Euro Tyre (Urteil vom 16.12.2010, C-430/09;
Transportveranlassung durch den mittleren Unternehmer): Umfassende
Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls; Entscheidend ist die
Absichtsbekundung der Übertragung der Verfügungsmacht; Indikator UStIdNr.
►
BFH: Urteil vom 11.8.2011, V R 3/10; Transportauftrag durch den letzten
Unternehmer mit Abholvollmacht:
Entscheidend: Absichtsbekundung: „…..der Ersterwerber [hat] im Fall des
Weiterverkaufs die Möglichkeit, durch Mitteilung oder Verschweigen des
Weiterverkaufs die Beförderung oder Versendung der Lieferung an sich oder
seiner eigenen Lieferung zuzuordnen“ (Rz. 18)
►
EuGH: VSTR (Urteil vom 27.9.2012, C-587/10; Mittlerer Unternehmer
(USA) veranlasst Transport und war in keinem EU Mitgliedstaat registriert):
Entscheidend: Verschaffung der Verfügungsmacht, Absichtsbekundung, UStIdNr.
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Rechtsprechung Drittlandsreihengeschäft (2014)
Praxisproblem:
R-GmbH
DE
►
Zuordnung der Warenbewegung
zu einer Lieferung im
Reihengeschäft, wenn der
mittlere Unternehmer die Ware
befördert/versendet
►
Annahme: Lieferung R-GmbH an
S-Ltd. steuerfrei
(DE)
20.000
Handys
S Ltd
FG Münster vom
16.1.2014,
5 K 3930/10 U
Sachverhalt:
(UK)
UK
►
Mittlerer Unternehmer (UK)
veranlasst den Transport der
Ware in das Drittland
►
Mittlere Unternehmer (UK) hat
seine Absicht des Weiterverkaufs
an AE gegenüber der R-GmbH
geäußert.
15.000
Handys
AE
verschiedene
Gesellschaften
(Dubai, AE)
Rechnungsstellung
Warenbewegung
Transportveranlassung durch S Ltd
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Rechtsprechung Drittlandsreihengeschäft
Kernaspekte des Urteils:
FG Münster vom
16.1.2014,
5 K 3930/10 U
►
Aus der EuGH-Entscheidung VStR kann nicht der Schluss gezogen werden, dass
eine Zurechnung der bewegten Lieferung auf den zweiten Liefervorgang nur dann
erfolgen kann, wenn die Verfügungsmacht bereits vor dem Warentransport auf
den Letzterwerber übergegangen ist (entgegen BFH v. 28.05.2013, XI R 11/09,
1. VSTR Folgeentscheidung).
►
Eine solche Zurechnung ist auch möglich, wenn der Ersterwerber dem ersten
Lieferer mitteilt, dass er die Ware an einen dritten Unternehmer in einem anderen
Land weiterverkauft hat (Absichtsbekundung).
►
Hier: steuerfreie Ausfuhrlieferung gem. §§ 4 Nr. 1a, 6 UStG zwischen S Ltd. und
den Endabnehmern.
►
Die USt-IdNr. ist bei Drittlandssachverhalten irrelevant.
►
Fazit: Steuerfreie Lieferung der S-Ltd.; umsatzsteuerliche
Registrierngsverpflichtung in Deutschland
Anmerkung: Relevanz des Urteils (äußerst) fraglich – insbesondere vor dem
Hintergrund der neueren BFH Rechtsprechung; zudem spricht Abschnitt 3.14 Abs.
14 UStAE (Beispiel) gegen das Ergebnis des FG.
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Jüngere BFH Rechtsprechung (Teil I)
Praxisproblem:
►
A-GmbH
DE
(DE)
Zwei
Maschinen
Zuordnung der Warenbewegung
zu einer Lieferung im
Reihengeschäft, wenn der
mittlere Unternehmer die Ware
befördert/versendet
Sachverhalt:
BFH vom 25.2.2015,
XI R 15/14
(2. Folgeentscheidung
EuGH - VSTR)
B
►
(USA)
►
USA
►
Zwei
Maschinen
Finnland
C-Ltd.
(Finnland)
Rechnungsstellung
Warenbewegung
Transportveranlassung durch B
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►
►
2. VSTR Folgeentscheidung
B hatte keine ausländische UStIdNr. , aber die finnische UStIdNr. des C verwendet
A hatte die (verwendete) UStIdNr. auf Richtigkeit überprüft.
Vertragliche Unterlagen für die
Lieferung B an C waren nicht
mehr auffindbar.
B hatte den Transport
veranlasst
Jüngere BFH Rechtsprechung (Teil I)
Kernaussagen des Urteils:
BFH vom 25.2.2015,
XI R 15/14
(Folgeentscheidung
EuGH - VSTR)
►
Es kommt nicht auf eine „Verpflichtung oder Absichtsbekundung“ des
Zwischenerwerbers an. Es kommt vielmehr auf die objektiven Umstände an, d.h. ob
die Ware tatsächlich das Inland verlassen hat bzw. in das EU-Mitgliedsland verbracht
wurde.
►
Hiervon zu trennen ist die Frage des Vertrauensschutzes, d.h. trotz Nichtvorliegens
der objektiven Voraussetzungen für die Steuerbefreiung wird die Lieferung
steuerfrei belassen (aus Gründen der Rechtssicherheit und Verhältnismäßigkeit =
Vertrauensschutz).
►
Die Zuordnung der bewegten Lieferung erfolgt anhand der Verschaffung der
Verfügungsmacht, die eine umfassende Würdigung aller besonderen (objektiven)
Umstände des Einzelfalles erfordert.
►
Grundsätzlich gilt:
►
►
►
Verschafft B an C die Verfügungsmacht außerhalb Deutschlands ist die
Lieferung A an B die grenzüberschreitende Lieferung.
Verschafft B an C die Verfügungsmacht noch in Deutschland ist die Lieferung B
an C die grenzüberschreitende Lieferung.
Im Zweifel ist die grenzüberschreitende Lieferung der ersten (A an B)
zuzuordnen.
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Jüngere BFH Rechtsprechung (Teil II)
Praxisproblem:
►
A
DE
(DE)
►
20 PKW
BFH vom 25.2.2015,
XI R 30/13
B
(UK)
UK
20 PKW
UK
C
(UK)
Rechnungsstellung
Warenbewegung
Transportveranlassung durch C
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letzter Unternehmer veranlasst
den Transport der Ware
Zuordnung igL B an C?
Sachverhalt:
► B hatte eine englische USt UStIdNr.
► A hatte die (verwendete) UStIdNr. auf Richtigkeit (positiv)
überprüft
► C hatte den Transport
veranlasst
► Der Transport wurde durch
weiße
Spediteurbescheinigungen
nachgewiesen
► B veräußerte die PKW unter
Ausweis englischer USt an C
weiter.
► Die Spedition und B waren sog.
Missing Trader. (so die
englischen Finanzbehörden)
Jüngere BFH Rechtsprechung (Teil II)
Kernaussagen des Urteils:
►
Grundsätze analog BFH vom 25.2.2015, XI 15/14
►
Unabhängig von der Transportveranlassung ist alleine entscheidend, wer wann die
Verfügungsmacht an der Ware erhält bzw. an wen verschafft.
►
Die Transportveranlassung als dominantes/entscheidendes Zuordnungskriterium ist
damit nach Auffassung des BFH (XI. Senat) überholt.
BFH vom 25.2.2015,
XI R 30/13
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Neues Prinzip und Hilfestellung des BFH?
Prinzip: Entscheidend ist der Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht:
►
►
Was bedeutet das?
Woran ist die Verschaffung der Verfügungsjacht festzumachen?
Hilfestellung des BFH?:
BFH vom 25.2.2015,
XI R 15/14 und
►
Urteil XI 30/13, Rz. 39: „Wenn alle am Reihengeschäft beteiligten Personen fremde
Dritte sind und übereinstimmend davon ausgehen, die Warenbewegung sei einer
bestimmten Lieferung zuzuordnen, ist dies ein Indiz dafür, dass dies den
tatsächlichen Verhältnissen entspricht.“
►
Urteil XI 17/14, Rz. 70: „In diesem Rahmen kann sich das leistende Unternehmen
zur Minimierung von Risiken z.B. vom Erwerber versichern lassen, dass der
Erwerber die Befugnis, über den Gegenstand der Lieferung wie ein Eigentümer zu
verfügen (Verfügungsmacht), nicht auf einen Dritten übertragen wird, bevor der
Gegenstand der Lieferung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat. Dies zu
tun (oder nicht), liegt derzeit in seiner unternehmerischen Entscheidung.“
BFH vom 25.2.2015,
XI R 30/13
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Kernaussagen der
Rechtsprechung
Page 24
Zusammenfassung
Kernthesen:
►
Die USt-IdNr. ist in Drittlandsfällen grundsätzlich irrelevant.
►
Die Transportveranlassung als dominantes/entscheidendes Zuordnungskriterium
ist womöglich überholt.
►
Zuordnung anhand der Verschaffung der Verfügungsmacht theoretisch
nachvollziehbar. Unklar ist aber wie das (insbesondere bei Massensachverhalten)
operational in der Praxis umgesetzt werden soll/kann? Woran kann festgemacht
werden , wann die Verfügungsmacht verschafft wird?
►
Vorteil: Die überholte Zuordnung anhand der Transportveranlassung eröffnet ggf.
Gestaltungsspielraum (dies kann auch in der Abwehrberatung hilfreich sein).
►
Nachteil: Welche Kriterien in der Gesamtschau relevant sind und untereinander
wie zu gewichten sind, führt zu einer unüberschaubaren Unsicherheit.
►
Am besten ist es, den derzeitigen (noch gültigen) Grundsätzen der
Finanzverwaltung zu folgen, bis diese sich zu den jüngsten Rechtsentwicklungen
geäußert hat.
►
Evtl. erfolgt im Rahmen des Steueränderungsgesetzes 2015 (ehemals
Protokollerklärungsgesetz) eine Anpassung des UStG zum Reihengeschäft.
Kernthesen:
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Beispiele
Drittlandsreihengeschäft
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Abweichung Zoll- und Umsatzsteuerrecht
Rechnung
Rechnung
DE
US 1
US 2
Warenweg
Fall 1
►
►
Sachverhalt:
►
DE Lieferant und zwei Drittlandsabnehmer aus den USA
►
Transportveranlassung durch US 2 (Abholung)
Fragestellung:
►
Welche Lieferung ist die zollrechtliche Ausfuhr?
►
Welche Lieferung ist die umsatzsteuerliche Ausfuhr?
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Abweichung Zoll- und Umsatzsteuerrecht
►
Fall 1
►
Zollrecht:
►
„Als Ausführer im Sinne des Artikels 161 Abs. 5 des Zollkodex gilt die Person, für
deren Rechnung die Ausfuhranmeldung abgegeben wird und die zum Zeitpunkt
der Annahme dieser Anmeldung Eigentümer der Waren ist oder eine ähnliche
Verfügungsberechtigung besitzt.“ (Art. 788 Abs. 1 ZK-DVO)
►
Zudem: Anmelder muss in der EU ansässig sein
►
Hier: Grundsätzlich Zollanmelder (Ausführer) DE (=Export
durch DE)
Umsatzsteuerrecht:
►
Lieferung DE an US 1: Im Inland steuerbar und steuerpflichtig,
Rechnung mit deutscher Umsatzsteuer (§ 14 Abs. 4 UStG)
►
Lieferung US 1 and US 2: Registrierungsverpflichtung US 1 in
Deutschland; steuerfreie Ausfuhr nach § 6 UStG; US 1 muss
sich vom zollrechtlichen Anmelder die Nachweise
(Ausgangsvermerk) übergeben lassen
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Abweichung Zoll- und Umsatzsteuerrecht
Rechnung
Rechnung
DE 1
DE 2
US
Warenweg
Fall 2
►
►
Sachverhalt:
►
Zwei Deutsche Lieferanten und ein Abnehmer aus dem
Drittland (USA)
►
Transportveranlassung durch DE 2
Fragestellung:
►
Welche Lieferung ist die zollrechtliche Ausfuhr?
►
Welche Lieferung ist die umsatzsteuerliche Ausfuhr?
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Abweichung Zoll- und Umsatzsteuerrecht
►
Fall 2
►
Zollrecht:
►
„Als Ausführer im Sinne des Artikels 161 Abs. 5 des Zollkodex gilt die Person, für
deren Rechnung die Ausfuhranmeldung abgegeben wird und die zum Zeitpunkt der
Annahme dieser Anmeldung Eigentümer der Waren ist oder eine ähnliche
Verfügungsberechtigung besitzt.“ (Art. 788 Abs. 1 ZK-DVO)
►
Zudem: Anmelder muss in der EU ansässig sein.
►
Hier: Zollanmelder (Ausführer) DE 2 (=Export durch DE 2)
Umsatzsteuerrecht:
►
Lieferung DE 1 an DE 2: Im Inland steuerbar und steuerpflichtig,
Rechnung mit deutscher Umsatzsteuer (§ 14 Abs. 4 UStG)
►
Lieferung DE 2 and US: Entweder (Alternativ a) nicht steuerbar,
da erste Lieferung die grenzüberschreitende (aber hier
steuerpflichtige) Lieferung; oder (Alternative b) steuerfreie
Ausfuhr nach § 6 UStG; DE 2 muss dann den Ausgangsvermerk
als Nachweis für die Umsatzsteuerfreiheit vorhalten.
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Einfuhr im Reihengeschäft
Rechnung
Rechnung
USA
UK
DE
Warenweg
Fall 3
►
►
Sachverhalt:
►
USA Lieferant, mittlerer Unternehmer aus UK, Kunde aus DE
►
Transportveranlassung durch USA oder UK
►
Einfuhr durch DE
Fragestellung:
►
Zuordnung der grenzüberschreitenden Lieferung?
►
Vorsteuerabzug aus festgesetzter EuSt?
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Einfuhr im Reihengeschäft
►
Zollrecht:
►
►
Zollanmeldung durch DE, EUSt-Bescheid geht an DE
Umsatzsteuerrecht:
►
Lieferung USA and UK: Grenzüberschreitende Lieferung, Ort der
Lieferung im Drittland, d.h. im Inland nicht steuerbar; Rechnung
ohne deutsche Umsatzsteuer.
►
Lieferung UK an DE: Lieferung in DE steuerbar aber nach § 4 Nr.
4b UStG steuerfrei; nach BMF vom 28.1.2004 keine
umsatzsteuerliche Registrierungsverpflichtung für UK in
Deutschland (Rechnung ohne deutsche USt, keine
Nachweispflichten); Alternative: Mittlerer Unternehmer in DE
(nicht UK) ansässig: Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis, mit
Hinweis auf Steuerfreiheit, Nachweis für Steuerfreiheit
(schriftliche Bestätigung seitens DE). Ohne Nachweis:
steuerpflichtige Inlandslieferung.
Fall 3
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Page 32
Zusammenfassung
Page 33
Zusammenfassung
►
Die umsatzsteuerliche Behandlung von Reihengeschäften ist
derzeit im Wandel, ein Einigung in diesem Punkt ist derzeit nicht
absehbar (Zuordnung der grenzüberschreitenden Lieferung
anhand Transportveranlassung oder Verschaffung der
Verfügungsmacht?). Evtl. SteueränderungsG 2015?
►
In Deutschland werden die Reihengeschäftsgrundätze auch auf
Drittlandsfälle angewendet; im übrigen EU-Ausland überlagert
häufig das Zollrecht das Umsatzsteuerrecht.
►
Abweichungen zwischen Zoll- und Umsatzsteuerrecht sind in
Deutschland möglich (EUSt-Abzug steht ggf. nicht dem Anmelder
zu, sondern demjenigen, der die Verfügungsmacht im Zeitpunkt
der Einfuhr hat).
►
Die USt-IdNr. ist in Drittlandsfällen grundsätzlich irrelevant (FG
Münster)
Kernthesen
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Page 34
Veröffentlichungen des
Referenten zum Thema
Page 35
Literatur zum Thema
►
Gibt es einheitliche Grundprinzipien der Besteuerung
grenzüberschreitender Lieferungen in Standard- wie in
Sonderfällen? (Teil 1 und 2), MwStR 2013, S. 572 ff. (Teil 1) und
S. 652 ff. (Teil 2)
►
Die Steuerfreiheit der einer Einfuhr vorangehenden Lieferung –
Eine Zwischenbilanz, UR 2015, S. 45 ff.
►
Die Facet Falle im deutschen Umsatzsteuerrecht – eine Farce,
DStR 2015, S. 621 ff.
►
Kapitel 10: Umsatzsteuerliche Betriebsstätten (zusammen mit
Christian Handke) – in: Handbuch der Besteuerung von
Betriebsstätten, erscheint demnächst im NWB Verlag.
Ausgewählte
Veröffentlichungen
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EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory
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