Digitaldruckinvestition aus betriebswirtschaftlicher Sicht
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Digitaldruckinvestition aus betriebswirtschaftlicher Sicht
8Focus Digitaldruckinvestition aus betriebswirtschaftlicher Sicht Die Entwicklungen im Digitaldruck bleiben spannend. Die Qualität verbessert sich stetig. Durch den im Vergleich zum Offsetdruck grös seren Farbraum können oftmals originalgetreuere Reproduktionen um gesetzt werden. Die Produktionsgeschwindigkeiten werden ebenfalls regelmässig verbessert, auch wenn die maximalen Maschinenleis tungen des Bogenoffsets noch nicht erreicht sind. Seit der Drupa 2012 wächst die Anzahl der B2-Maschinen zusehends. Dies sind ausreichende Gründe, auch für Akzidenzoffsetdrucker, eine Investition in den Digitaldruck zu prüfen. Aber es sollten nicht die einzigen Gründe für eine Investitionsentscheidung in ein Digitaldrucksystem bleiben. Denn wichtig sind die Bedürfnisse der Marktteilnehmer, denen die Spezifikationen des Digitaldrucks die wirtschaftliche Lösung eines Kommunikationsproblems ermöglichen können. Die Technik liefert nur die Fähigkeit, die Produkte zur Lösung dieser Probleme herzustellen. Daher steht bei einer Investitionsentscheidung neben den technischen Möglichkeiten und dem Aufstellen einer Finanzierungsplanung grundsätzlich eine strategische Analyse an. Zu dieser Analyse gehört neben einer Absatzplanung auch Ulrich Smets eine Produktions- und Kapazitätsplanung. Auch sollten bereits vor einer Investition in ein Digitaldrucksystem Überlegungen zu den Betriebskosten der Anlage vorgenommen werden. Empfehlenswert ist eine Kostenplanung, um abschätzen zu können, ob mit den marktüblichen Preisen für die Produkte auch kostendeckend gearbeitet werden kann. Ohne eine gewissenhafte Betriebskostenschätzung sollte keine Investitionsentscheidung in der Grössenordnung von mehreren 10 000 Franken fallen. Kalkulationssystem anpassen Jeder Schweizer Offsetdrucker, der sein Geschäftsmodell um den Digitaldruck erweitern möchte, sollte sich auch gut überlegen, Zum Autor Ulrich Smets berät als freiberuflicher Experte für Betriebswirtschaft Unterneh men und Verbände der Branche in Deutsch land, Österreich und der Schweiz in betriebswirtschaftlichen Fragen. Seine Kerngebiete sind Controlling, Kosten- und Leistungsrechnung und Internet-Marke ting. 2013 gründete er mit zwei Partnern die Kooperation Kostenrechnung und Con trolling (KoCo). Er war fast zwölf Jahre als Referent für Betriebswirtschaft beim Bun desverband Druck und Medien in Deutsch land zuständig u. a. für die Grundlagen werke zur Kosten- und Leistungsrechnung. Focus 9 ob seine vorhandene Kostenrechnung und sein Kalkulationssystem weiter genutzt werden können oder nicht doch besser eine Anpassung an die Anforderungen des Digitaldrucks notwendig wird. Denn die klassische, im Offset angewendete Kalkulationssystematik ist nur bedingt für den Digitaldruck geeignet. Unpraktisch sind dabei vor allem zwei Punkte: Dies ist erstens der Zeitpunkt der Kalkulation bei Auftragsanfrage und zweitens die Durchführung der Verrechnungssatzkalkulation, die einzelne, dezidierte Leistungsdaten erfordert. Daraus folgt, dass der Kalkulationszeitpunkt verlagert werden muss, weg von der Angebots- und Auftragskalkulation und hin zu anfragenunabhängigen Produkt- und Planungskalkulationen. Diese sollten für alle üblichen Produktvariationen durchgeführt werden. Der zeitliche Schwerpunkt der eigentlichen Kalkulationsleistung verlagert sich so auf eine mindestens jährlich durchzuführende Planungsphase. Das Ergebnis ist eine Liste, Tabelle oder Datenbank mit Kalkulationsergebnissen für alle gewünschten Ausprägungen der mit dem Digitalprintsystem herstellbaren Produkte. Wenn die Kosten dieser Liste – kurz Kostenliste – nun mit Gewinnzuschlägen und Informationen aus der Marktanalyse bewertet werden, erhält man umfangreiche Preislisten oder Preisdatenbanken, aus denen man bei Anfragen anhand der Produktbeschreibung den Preis direkt herauslesen und eine Offerte abgeben kann. In Betrieben mit Webto-Print-Portalen hat sich der Zeitpunkt der eigentlichen Kalkulation bereits verlagert. Denn für jedes Produkt muss bei Web-toPrint-Shops ja ein Preis eingespeist sein. Das angesprochene Verfahren der Verrechnungssatzkalkulation im Offsetdruck ist ebenfalls eine unpraktische Lösung für den Digitaldruck. Denn hierfür werden dezidierte Leistungsdaten für jeden einzelnen Tätigkeitsschritt benötigt, die für jede Produkt ion zusammengestellt und mit dem Stundensatz bewertet werden. Dieses Vorgehen erfordert einen hohen Aufwand, welcher im Digitaldruck nicht notwendig ist, da der Zeitbedarf für die einzelnen Tätigkeiten verschiedener Produktvarianten sich oft nicht wesentl ich unterscheidet. Der Operator muss die Maschinen eigentlich nur überwachen, der Schwerpunkt der menschlichen Arbeit liegt auf den Massnahmen zur Vorbereitung der Druckjobs. Kalkulationsgrundlagen im Digitaldruck wesentlich Dabei bleiben wesentliche Elemente der Kalkulationssystematik gleich. Schwerpunkt bilden die Kalkulationsgrundlagen, die die Zuordnung der entstehenden Kosten der Unternehmung zu der Produkt- oder Leistungserbringung ermöglichen. Einzelkosten können ohne grossen Aufwand direkt den Kostenträgern zugeordnet werden. Die Gemeinkosten dagegen lassen sich nicht ohne weiteres einzelnen Produkten oder Leistungen zurechnen. Das ist im Digitaldruck nicht anders als beim Offsetdruck oder anderen Drucktechnologien. Dabei ist die Zuordnung, welche Kosten als Einzel- und Gemeinkosten definiert bzw. verrechnet werden, nicht zwingend allgemeinverbindlich und kann von Betrieb zu Betrieb variieren. So ist zwar das Papier im Offsetdruck grundsätzlich als Einzelkostenmaterial definiert, im Digitaldruck erfolgt dagegen oftmals eine Verrechnung über die Kostenstellen. Generell tendieren im Digitaldruck die Controller dazu, möglichst alle Kostenarten als Gemeinkosten zu definieren. Auch bei den Clickkosten, die an den Hersteller des Systems zu zahlen sind, kann nicht generell die Behandlung als Einzelkostenart empfohlen werden. Clickkosten als Einzelkosten Denn bei Clickkosten bestehen eine Vielzahl an Abrechnungsverfahren. Lediglich bei dem einfachen Abrechnungsmodell – ein Kosten- wert pro Click, ohne weitere Bedingungen, Grenzen oder Festbeträge – ist eine direkte Weiterberechnung auf den Kostenträger über die Anzahl der Clicks für einen Auftrag möglich. Und das unabhängig, ob die Clickkosten Verbrauchsmaterialien wie Toner oder Flüssigtinte enthalten, lediglich die Wartungskosten abdecken oder eine Art Mietgebühr darstellen – oder eine Kombination aus diesen Varianten. Bei all den anderen Modellen – die etwa einen monatlichen Fixpreis enthalten, die eine gewisse Anzahl an Freiklicks festschreiben und erst darüber hinaus weitere Zahlungen erfordern oder die ab einer bestimmten monatlichen Clickzahl den einzelnen Clickpreis erhöhen oder verringern – wird eine Zwischenrechnung zur Ermittlung der tatsächlichen Kosten pro Click notwendig. All diese Varianten (oder Kombinationen daraus) haben eines gemein: Es bedarf einer möglichst genauen Planung der Clickzahl (Produktionsmenge), um die gesamten Click kosten des Planjahres gleichmässig auf alle Clicks verteilen zu können. Da eine solche Verteilungsaufgabe die Kostenstellenrechnung übernimmt, können bei diesen Abrechnungsmodellen die Clickkosten direkt als Gemeinkosten definiert werden. Gemeinkostenverrechnung Alle weiteren Kosten, die bei Produktion und Verkauf von Digitaldruckleistungen und -erzeugnissen entstehen, können ebenfalls nicht so einfach einem Produkt zugerechnet werden. Hier wird auch im Digitaldruck, vergleichbar mit dem Offsetdruck, eine Platzkostenrechnung benötigt. Dort werden alle relevanten Kosten aus der Abgrenzung zur unternehmerischen Buchführung pro Jahr gesammelt und summiert. Mit der Summe der Jahreskosten wird anschliessend das Verhältnis mit einer Leistungsmenge gebildet, so erhält man Stückkosten. Dieses Vorgehen weicht dabei ab vom traditionellen Ansatz im Offsetdruck. viscom print & communication | Nr. 11 | 2. Juni 2015 10Focus Prozessschritt Einkosten‐ stellenprinzip Mehrkosten‐ stellenprinzip Datenaufnahme/‐ prüfung Datenauf‐ bereitung Digitaldruck‐ einheit Weiterverar‐ beitungsmodul(e) eine Platzkostenrechnung: Stückkosten je beidseitig bedruckter Blätter (bei Aufträgen mit unterschiedlicher Farbigkeit besser: je Anzahl Clicks) Stunden‐ satz Stückkosten je Auftrag Stückkosten je Click Stückkosten je Exemplar Vergleich von Einkostenstellen- und Mehrkostenstellenprinzip. © Ulrich Smets Während die Leistungsgrösse im Offsetdruck die Fertigungsstunden der Mitarbeitenden sind, ist es im Digitaldruck sinnvoll, eine Jahresleistungsmenge zu verwenden. Dies kann die Anzahl der Aufträge, die Anzahl der Exemplare, untergliedert nach einem oder mehreren Parametern (Format, Farbigkeit, Verarbeitung), oder die Anzahl der Clicks sein. Die Entscheidung für eine Variante ist dabei von vielen Faktoren abhängig, etwa dem jeweiligen Digitaldrucksystem, der Menge und der Art der Aufträge, der Inanspruchnahme weiterer Fertigungsschritte oder der Nutzung digitaldruckspezifischer Merkmale wie dem variablen Datendruck. Kostenstellenstrukturierung Wichtig ist auch die Entscheidung, wie die Kostenstellen strukturiert werden. Denn hierdurch wird die Kostenzurechnung erst gesteuert. Sind beispielsweise der zeitliche Aufwand der Datenannahme, Datenverarbeitung und Datenaufbereitung vor dem Druck von Auftrag zu Auftrag nicht arg verschieden, ist es sinnvoll, die Kosten für diese Tätigkeiten und die Arbeitsplätze dazu direkt in die Kostenstelle der Digitaldruckmaschine zu integrieren. Ähnliches gilt für die Weiterverarbeitungsvariationen: Kann inline von Exemplar zu Exemplar die Falzart oder die Bindetechnik umgestellt werden und wirkt sich dies nur minimal auf die eigent liche Fertigungszeit aus, so sollten auch die Module der Weiterverarbeitung der Platz kostenrechnung der Digitaldruckmaschine zugerechnet werden. So erhält man von der Datenannahme bis zum Versand der Produkte einen Stückkostensatz, der allerdings kaum Variationen zulässt. Die- ses Vorgehen birgt die charmante Möglichkeit der Vereinfachung der Kostenrechnung. Sie birgt allerdings auch das Risiko, dass eine Differenzierung in der Kostenrechnung für unterschiedlich aufwändige Produkte nicht mehr ohne weiteres möglich wird. Eine verursachungsgerechte Zuordnung der Kosten wird so erschwert. Bei stark unterschiedlichen Ausführungen der Produkte und Leistungen lohnt es sich daher, für die Datenannahme und -prüfung, die Datenverarbeitung als Aufbereitung für den Druck (Druckserver, RIP usw.), die eigentliche Druckeinheit und die Weiterverarbeitungsaggregate je eine eigene Kostenstelle zu bilden, s. auch die grafische Darstellung. Dies ermöglicht wiederum, jedem Teilbereich der Fertigungsprozesskette eine eigene Verrechnungseinheit zuzuordnen. Differenzierte Stückkostenrechnung So kann etwa die Datenannahme bei unterschiedlich aufwändigen manuellen Eingriffen auf Stundenbasis verrechnet werden, während die Stückkosten für die Datenaufbereitung pro Auftrag ermittelt werden. Schliesslich wird dieser Prozess nur einmal benötigt, unabhängig davon, wie viele gleiche Exemplare gefertigt oder wie viele Clicks beim Druck verbraucht werden. Der Druckprozess wird mit Kosten pro Click weiterberechnet. So deckt man ohne grosse Schwierigkeit auch unterschiedliche Farbigkeiten der Produkte ab, während diese bei der Verarbeitung wiederum keine Rolle spielen, dafür jedoch die Zahl der Exemplare. Daher wird dort für die Stückkostenberechnung die Anzahl der Exemplare pro Jahr, die verarbeitet werden, benötigt. Die letztgenannte Systematik erfordert einen grösseren Aufwand bei der Kostenplanung. Sie ermöglicht jedoch auch eine genauere Verrechnung der Kosten und schafft somit eine stabilere Grundlage für die Preisableitung. Es werden aus den Unternehmungsplanungen jedoch detailliertere Jahresdaten vorausgesetzt. Denn es muss im Vorfeld möglichst realistisch abgeschätzt werden, wie viel in einem Jahr produziert wird, unterteilt nach der Farbigkeit, nach Simplex- oder Duplexdruck (für die Clickzahl), der Formate, der Zahl der Exemplare für jede Verarbeitungsvariante, der Anzahl der Aufträge und dem zeitlichen Fertigungsaufwand bei der Datenprüfung. Hierbei helfen vor allem gute Erfahrungswerte, Durchschnittskennzahlen und Kenntnisse über die Einschätzung des eigenen Marktes. Was bis dahin in der Preisbildung noch nicht berücksichtigt wurde, sind die besonderen Möglichkeiten des Digitaldrucks, angefangen von der Auflage 1 über Personalisierung und Individualisierung bis hin zum variablen Datendruck. Gerade letztgenannte Features erfordern passende Strukturen in der IT. Dies betrifft sowohl ausreichende Serverund Speicherkapazitäten, entsprechende Softwarepakete als auch das entsprechende Know-how der Mitarbeiter. Die diesbezüg lichen Leistungen sollten sich auch entsprechend in den Preisen abbilden. Vor dem Invest in eine Digitaldruckmaschine gibt es somit einiges aus betriebswirtschaftlicher und kostenrechnerischer Sicht zu beachten und zu planen. Aber dies soll einen Druckunternehmer nicht davon abhalten, den Einstieg in diesen Zukunftsmarkt anzugehen. Wesentlich ist jedoch ein passendes Konzept.