Die PEG-Sonde in der Geriatrie
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Die PEG-Sonde in der Geriatrie
6. Dreiländertagung der AKE, der DGEM und der GESKES Ernährung 2007 – Congress Innsbruck Müssen unsere Alten (ver)hungern ? – Strategien gegen Mangelernährung im Alter Ernährung und Altern: Epidemiologie und spezifische Probleme Peter Fasching Wien, 1.6.2007 Weight (kg) and age in 20 000 community-dwelling Austrians Übergewicht in der BRD (laut ARD vom 1.76.2007) Männer: > 70% Frauen: > 55% Alter ? Definition: BMI ? Relative Risks of Mortality by BMI Category and Age Flegal KM et al.: Excess deaths associated with underweight, overweight, and obesity. JAMA 293: 1861-1867, 2005 BMI and Age NIH (2005) BMI kg/m2 Underweight Normal Overweight Obesity < 18.5 18.5-24.9 25.0-29.9 30.0 and above „Metropolitan Life“ tables (1943 – 1983) („desirable“ weights with lowest mortality rates) Age > 65 a BMI 26 – 30 ! ? Geriatric Center Baumgarten Age 80 – 105 a BMI 20 – 25 (25 – 75 Perz.) BMI-Beurteilung nach geriatrischen Kriterien, ab dem 65. LJ (ESPEN 2000) BMI < 22kg/m2 puts an elderly person at risk for malnutrition Malnutrition 16% 21% 8% 8% 13% 13% 37% Schwere Malnutrition <18,5 Risiko für Malnutrition 20-21,9 Präadipositas 27-29,9 leichte Malnutrition 18,5-19,9 Normalgewicht 22-26,9 Adipositas >29,9 FAKTOREN, DIE DAS EIN-JAHRES-ÜBERLEBEN BEI LANGZEITPFLEGEPATIENTEN BESTIMMEN nach Flacker und Kiely (1998), JAGS 46: 1012-5) Risk Ratio Score funktionaler Fähigkeiten* > 4 Gewichtsverlust** Kurzatmigkeit Schluckprobleme Männliches Geschlecht BMI < 22 kg/m2 Herzinsuffizienz Alter > 88 Jahre 2,50 2,26 2,08 1,81 1,76 1,75 1,57 1,48 *Score funktionaler Fähigkeiten (MDS): Bewegung im Bett, Bewegung/Transfer, Fortbewegung, An-/Auskleiden, Essen/Trinken, Toilettenbenutzung, persönliche Hygiene ** 2,5 kg in den letzten 30 Tagen bzw. mehr als 5 kg im letzten halben Jahr Pauly L, Stehle, D.Volkert Nutritional situation of elderly nursing home residents Z Gerontol Geriatr 40: 3-12, 2007 Review: (42 Publikationen 1990 –2006; N= 41 – 6832) Häufigster Parameter: BMI Zielparameter: Ergebnis: Betroffene BMI < 20 kg/m2 (8 Studien) Gewichtsverlust (7 Studien) Albumin < 35g/L (10 Studien) Mini Nutr Ass (MNA; 12 Studien) 10 – 50% 5 – 41% 0 – 50% 2 – 38% (Mangelernährung) 37 – 62% (Risiko f. Mangeler.) Æ Große Variationsbreite ! Funktionell wenig beeinträchtige Gruppen: geringe Prävalenz an ME Funktionell (organ ?/kognitiv) stark beeinträchtigt: hohe Prävalenz Rezente, deutschsprachige Vergleiche: Jeske M: Untersuchung in Innsbrucker Alten- und Pflegeheimen 2006 Betroffene Mangelernährung Risiko f. Mangelernährung Population ? Scores ? 1 8.7% 49.8% Nutritional situation of the elderly nursing home residents long-term-care, Vienna Department of Nutritional Sciences University of Vienna Daniela Kulnik, 2007 MNA-Total Assessment Nursing home residents Vienna (N=245) 48,3 50 37,8 40 30 20 13,9 10 0 satisfactory nutritional status risk of malnutrition malnourished Austria: prevalence of malnutrition in nursing homes due to MNA 14% 37% 19% 49% 31% 50% malnourished well-nourished at risk for Malnutrition N mean age Vienna Tirol (Kulnik) (Jeske et al) 245 267 84,4±8 85,4±8 L.Valentini „nutrionDay 2007“: ? Prävalenz % Häufigkeit der Demenz und der Alzheimer-Krankheit nach Alter 40 Demenz (Jorm et al., 1987) 30 Alzheimer (Bachmann et al., 1992) 36 23.8 18 20 9 10 0 0.4 61-64 3 5 1.8 3.6 65-69 70-74 75-79 0.9 Alter (Jahre) 10.5 80-84 85-93 Ernährung bei dementiellen Erkrankungen • Dementielle Erkrankungen entwickeln sich bis zu ihrer Manifestation über viele Jahre • Änderungen des Essverhaltens und der Gewichtsverlust gehören zu den Erstmanifestationszeichen! Ernährung bei dementiellen Erkrankungen Gewichtsverlust > 4% pro Jahr Einführen des Fadens 2 Gegenüberstellung PEG - nasogastrische Sonde Vorteile PEG Nachteile PEG Effiziente enterale Langzeiternährung Invasiv, Komplikationen Bessere Toleranz als nasogastrische Sonde Perorale Nahrungsaufnahme möglich Erleichtert und fördert Rehabilitation Hohe Akzeptanz beim Pflegepersonal Einfache Handhabung auch ambulant 3 Publikationen zum Thema „PEG-Sonde beim (hochgradig) dementen geriatrischen Patienten“ 1 Finucane TE, Christmas C, Travis K. Tube feeding in patients with advanced dementia. A review of evidence. JAMA 282: 1365-1370, 1999 2 McCann R. Lack of evidence about tube – feeding – food for thought (editorial). JAMA 282: 1380-1381, 1999 3 Gillick MR Rethinking the role of tube feeding in patients with advanced dementia. N Engl J Med 342: 2206-2210, 2000 (sounding board) Keine kontrollierten, prospektiven Studien, sondern Meinungen !!! Ergebnis: Laut derzeit vorliegender Daten 1 Kein gesicherter Vorteil im Überleben (Mortalität) 2.Kein Vorteil in der Aspirationsprophylaxe 3.Keine Verhinderung von Pneumonien (Infektionen) 4.Keine Verhinderung von Dekubitus 5.Kein Nachweis einer Verbesserung der Lebensqualität 6.Mögliche sonden-assoziierte Komplikationen 7.eventuell weniger Pflegezuwendung erhöhter Bedarf nach freiheitsbeschränkenden Maßnahmen u.Sedierung Beispiel: Artikel • Sanders, D. S., M. J. Carter, et al. (2000). "Survival Analysis in Percutaneous Endoscopic Gastronomy Feeding: A Worse Outcome in Patients with Dementia." The American Journal of Gastroenterology 95(6): 1472-1475 In Zahlen (Demenz) • • • • 54% Mortalität/1. Monat 78% Mortalität/3. Monat 81% Mortalität/6. Monat 90% Mortalität/12. Monat Konklusion • „In view of this high mortality in this group [dementia], we may wish to advise against PEG feeding in selected patients.“ Kritische Anmerkungen • Es fehlen (brauchbare) Angaben z.B. zu – – – – Demenzstadium Ernährungszustand/Gewichtsverlauf Komorbiditäten Art und Dauer früherer Ernährungsinterventionen Beispiel: Präsentation • Sedlackova, M., G. R. Sansone, et al. (2004). "Does the Primary Diagnosis Affect the Long Term Survival of Older Patients Being Tube-Fed? Posterpräsentation 3rd Congress of the European Union Geriatric Medicine Society (15th-18th September 2004, Vienna, Austria) Ausgangspunkt und Studiendesign • Weitverbreitete Verwendung von PEG – gesellschaftlicher Kostenfaktor • Knapp 10% der institutionalisierten älteren Patienten haben eine PEG-Sonde (lt. Quellen von 1997-1998) • Retrospektive Untersuchung an 103 Patienten ≥65, die 1997-2003 eine PEGSonde gelegt bekamen Konklusionen • Patients Respiratory Failure and Dementia have the worst survival following PEG tube placement • Better clinical guidelines of selection for PEG tube placement in elderly patients should be developed Einige kritische Bemerkungen • Die zur Verwendung gekommene Einteilung in die 4 diagnostischen Gruppen – z.B. keine Angabe von Komorbiditäten • Keine Klassifizierung des Demenzstadiums (MMSE, Folstein, usw.) • Keine Angabe wichtiger klinischer Parameter zur Beurteilung des Ernährungszustandes Konsequenzen Indikationsstellung zur PEG individuell durchleuchten !!! (Berücksichtigung der Co-Morbidität, Diskussion mit sozialem Umfeld zur Abschätzung des mutmaßlichen Patientenwillens, Aufklärung und Gespräch mit gesetzlich bestimmtem Sachwalter) Patientenverfügung – schriftlich, mündlich; Vertrauensperson) Beobachtung des Patienten und Berücksichtigung der Konsequenzen der PEG auf dessen Wohlbefinden und Lebensqualität (Notwendigkeit freiheitsbeschränkender Maßnahmen und Sedierung; wiederholte Aspiration ?) Alternativen bei der Essenseingabe erwägen („Saugflasche“, Flüssigkeitsverdicker, HNO-bzw. logopädische Begutachtung bei Schluckstörungen) Bei Besserung des AZ „Eßtraining“ und kontinuierliche Überprüfung der Notwendigkeit der PEG. Patientenverfügungsgesetz: (gültig ab 1.6.2006 in Österreich) § 1.(1) Dieses BG regelt die Voraussetzungen und die Wirksamkeit von Patientenverfügungen. § 1.(2) Eine Patientenverfügung kann verbindlich oder eine Orientierungshilfe für die Ermittlung des Patientenwillens sein. § 2(1) ...eine Willenserklärung, mit der ein Pat. eine medizin. Behandlung ablehnt und die dann wirksam werden soll, wenn er im Zeitpunkt der Behandlung nicht einsichts-, urteils- oder äußerungsfähig ist oder nicht. § 2(2) ..die Person kann zum Zeitpunkt der Errichtung erkrankt sein oder nicht. Merke: (nach Beilagen; Materialen zum PatVG) Zu § „ (Begriffe): Gegenstand einer Patientenverfügung kann nur die Ablehnung einer bestimmten medizinischen Behandlung sein; Maßnahmen der Pflege unterliegen nicht dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Deshalb kann der Patient nicht vorweg seine GrundVersorgung mit Nahrung und Flüssigkeit, die Teil der Pflege ist, ausschließen. Auch kann er den Arzt in seiner Verfügung nicht dazu verhalten, eine bestimmte Behandlung vorzunehmen. Anspruch auf eine medizinisch indizierte Behandlung hat der Patient nicht, hier stößt sein Selbstbestimmungsrecht an rechtliche Grenzen. Im Einklang mit den bisher in diesem Bereich geltenden Bestimmungen (§10 Abs.1 Z 7 KAKuG, Art 18 der Patientencharta) kann in einer Patientenverfügung daher nur eine bestimmte Behandlung abgelehnt werden. Zitate aus „Ratgeber Patientenverfügung“ Herausgegeben von NÖ Patienten- u. Pflegeanwaltschaft; Wiener Patientenanwalt Stadt Wien „Kann das Zuführen von Nahrung und Flüssigkeit abgelehnt werden ?“ Die Grundversorgung mit Nahrung und Flüssigkeit ist Teil der Pflege. Sie können daher mit einer Patientenverfügung die pflegerische Grundversorgung nicht ablehnen. Das bedeutet, dass etwa das Ablehnen von Ernährung mit dem Löffel oder das Zuführen von Flüssigkeit mit einer Tasse kein Inhalt einer Patientenverfügung sein kann. Es können aber alle medizinischen Maßnahmen (die das Zuführen von Nahrung und Flüssigkeit bezwecken) abgelehnt werden; wie etwa das Setzen einer PEG-Sonde. Sie können also jede Maßnahme, die einer Ärztlichen Anordnung bedarf, mit einer PatVG ablehnen. Zitate aus „Ratgeber Patientenverfügung“ Herausgegeben von NÖ Patienten- u. Pflegeanwaltschaft; Wiener Patientenanwalt Stadt Wien „Kann ich auch eine Magensonde oder eine subcutane Infusion (Infusion unter die Haut) ablehnen“ Da diese Maßnahmen einer ärztlichen Anordnung bedürfen, können Sie diese Maßnahmen ebenfalls in der Patientenverfügung ablehnen. KONVENTIONELLE UND PALLIATIVE BETREUUNG K P K Betreuungszeit PP Zusammenfassung Beim derzeitigen Stand des Wissens nach Kriterien der „evidence-based“ medicine ist die Indikation zur PEG-Sonde beim hochgradig dementen geriatrischen Patienten kritisch und individuell zu stellen. Gesicherte Indikationen zur PEG-Sonde (z.B. Schluckstörung nach Insult) gelten jedoch ohne Einschränkung auch für den hochbetagten (geriatrischen) Patienten unter Berücksichtigung seiner individuellen Gesamtsituation. (Medizin-) ethische Überlegungen haben in jedem Fall Berücksichtigung zu finden Æ Was ist damit gemeint ??? Danke !