Gliederung 1) Zusammenfassung des Inhalts der Szene a) Doktor

Transcription

Gliederung 1) Zusammenfassung des Inhalts der Szene a) Doktor
[email protected]
Gliederung
1) Zusammenfassung des Inhalts der Szene
a) Doktor und Hauptmann begegnen sich, wobei beide versuchen des anderen
Stand zu attackieren.
b) Der Hauptmann greift Woyzeck verbal an und macht ihn auf die Untreue seiner
Geliebten Marie aufmerksam.
c) Der Doktor benutzt Woyzeck als Versuchsobjekt.
2) Analyse des Dialogs
a) äußeres Kommunikationssystem
b) Beziehungsstruktur zwischen den Dialogpartnern
c) Sprache der Dialogpartner
d) Funktion der Regieanweisungen
e) Bedeutung der Szene im Kontext
3) Allgemeine Charakterisierung von Doktor und Hauptmann und deren Funktion im
Drama
a) Charakterisierung und Funktion des Doktors
b) Charakterisierung und Funktion des Hauptmanns
Aufsatz
Der Hauptmann und der Doktor begegnen sich, wobei jeder versucht des anderen
Stand zu attackieren. Da das Wortgefecht aber in einer Pattsituation endet, stürzen
sie sich auf den vorbeieilenden Woyzeck. Der Hauptmann ermahnt Woyzeck, nicht
so zu hetzen, hebt dessen Untergebenenrolle, die er als sein Barbier einnimmt
hervor und informiert ihn genüsslich über die Untreue seiner Geliebten Marie.
Woyzeck, der nun einer enormen Stresssituation ausgeliefert ist, flüchtet sich in
seine verworrene Phantasiewelt. Der Doktor nutzt diese Gelegenheit, um Woyzeck
als Versuchsobjekt der Wissenschaft zu mißbrauchen.
Bis zu dieser Szene sind dem Zuschauer bereits wichtige Bezugspersonen und
Lebensumstände Woyzecks bekannt. Er kennt den Hauptmann, der vom einfachen
Soldaten Woyzeck rasiert wird, Andres, seinen sozial gleichgestellten Kameraden,
den Doktor, von dem Woyzeck sich (aufgrund seines psychischen Leidens) gegen
einen geringen Lohn als Versuchsobjekt benutzen läßt, Marie, mit der Woyzeck ein
Kind hat und die er finanziell unterstützt, sowie den Tambourmajor, einen
eingebildeten Militärangehörigen, der mit Marie ein Verhältnis hat. Es ist ebenso
bekannt, dass Woyzeck von der Untreue Marie etwas ahnt, sogar nach Indizien des
Betrugs sucht, sich dies jedoch nicht eingestehen will. Begünstigt wird seine
Hoffnung auf die Treue Maries durch den Umstand, dass sie selbst die Untreue
leugnet. Des weiteren weiß der Leser, dass Woyzeck ein einfacher Soldat ist, der an
einem psychischen Leiden erkrankt ist und vom Hauptmann sowie vom Doktor
finanziell abhängig ist.
Sehr interessant ist es, sich die Beziehungsstruktur zwischen den Dialogpartnern
anzusehen. Der Hauptmann und der Doktor sind sozial völlig gleichgestellt, was
schon durch die Symmetrie der Dialogführung der beiden in dieser Szene ersichtlich
wird, und sie sprechen sich respektvoll mit „Herr“ an: „... Herr Hauptmann...“ (Zeile 1-
[email protected]
2), „...Herr Doktor...“ (Zeile 4-5). Sehr deutlich wird die soziale Gleichrangigkeit aber
in dem Wortgefecht, das sie sich am Anfang der Szene liefern. Beide versuchen des
anderen Stand zu attackieren: „Was ist das, Herr Hauptmann? - Das ist ein
Hohlkopf, geehrtester Herr Exerzierzagel! „ (Zeile 1-3), woraufhin der Hauptmann
erwidert „...-Das ist Einfalt, bester Herr Sargnagel!...“ (Zeile 5). Dieses Gespräch
endet aber in einer Pattsituation, und weil keiner sich vom anderen - in seiner
eigenen sozialen Überlegenheit unbestätigt - trennen will, stürzen sie sich auf
Woyzeck, der gerade vorbeieilt. Woyzeck ist, schon an der asymmetrischen
Dialogführung des hier beginnenden Teils der Szene zu erkennen, dem Doktor und
auch dem Hauptmann sozial unterlegen. Er ist den Demütigungen der Vertreter der
Oberschicht ausgeliefert, die ihn als Versuchsobjekt missbrauchen und ihn
unmenschlich behandeln. Gleich zu Beginn des Zusammentreffens mit dem
Hauptmann und dem Doktor wird Woyzeck vom Hauptmann ermahnt und erniedrigt,
indem er in der Öffentlichkeit Woyzecks Untergebenenrolle als Barbier hervorhebt.
Die Schmach wird für Woyzeck noch schlimmer, als der Hauptmann ihn genüsslich,
fast schon auf sadistische Weise, auf die Untreue seiner Geliebten Marie
aufmerksam macht. Woyzeck, der die Untreue ahnte, sieht diese nun bestätigt, und
in dieser Stresssituation flüchtet er in seine verworrene Phantasiewelt. Der Doktor
erfreut sich in diesem Moment an Woyzecks „Philosophieren“. Er missbraucht
Woyzeck in dieser Szene, wie auch in Szenen zuvor, als wissenschaftliches
Versuchsobjekt. Ohne auf Woyzecks menschliches Bedürfnis nach Hilfe
einzugehen, analysiert er lediglich, völlig unmenschlich, die Symptome seiner
Krankheit und gibt schließlich eine Gehaltszulage, weil er von der starken
Ausprägung der Erscheinung höchst erfreut ist.
Natürlich ist auch die Sprache der Dialogpartner äußerst interessant. Der
Hauptmann spricht in rohem, anmaßendem Ton mit Woyzeck: „...He,
Woyzeck...Bleib Er doch, Woyzeck!...“ (Zeile 8-11). Der Doktor sieht Woyzeck nur
unter dem Aspekt der Wissenschaft, was sich auch sprachlich äußert: „...Puls! Klein,
hart...“ (Zeile 37-38), „Gesichtsmuskeln starr,...zuweilen hüpfend...“ (Zeile 46-47).
Woyzeck selbst, der psychisch stark erkrankt ist, spricht abgehackt, syntaktisch
fehlerhaft und unlogisch: „...die Erd is höllenheiß - mir eiskalt...die Hölle is kalt...“
(Zeile 39-41). Die vielen Ausrufezeichen an den Enden der Sätze des Hauptmanns
und des Doktors, die Befehle und Anmaßungen ausdrücken sollen, verdeutlichen die
menschenverachtende Haltung ihm gegenüber.
.
Selbstverständlich muß diese Szene als absoluter Wendepunkt und wichtige Stelle
des Dramas angesehen werden. Woyzeck glaubt nicht an ein glückliches Leben
nach dem Tod. Dies erwähnt er schon in der ersten Szene des Fragments, denn er
meint, dass seinesgleichen „...in dieser wie auch in der anderen Welt unselig...“
seien, und dass er, wenn er doch in den Himmel kommen sollte, dort auch noch
arbeiten müßte. Woyzeck bemüht sich also, sein irdisches Dasein so glücklich wie
möglich zu machen. Dieses Streben findet er erfüllt in seiner Beziehung zu Marie
und seinem Kind. Er umsorgt sie liebevoll, obwohl er das gar nicht müßte, denn er
hätte Marie, wie viele andere Väter das damals gemacht haben, mit dem
unehelichen Kind einfach sitzen lassen können, um selbst besser leben zu können.
Doch er unterstützt Marie und sein Kind finanziell und opfert sich dafür bereitwillig
auf. Maries Untreue jedoch zerstört Woyzecks Traum von einem einigermaßen
erfüllten Leben und er gibt alle Hoffnung auf. So nimmt die Tragödie, die mit dem
Mord an Marie endet, ihren Lauf.
[email protected]
Die Figuren in diesem Fragment stellen bestimmte Typen dar. Vor allem der Doktor,
in dem die Wissenschaft karikiert und der Hauptmann, in dem das Militär karikiert
werden, sind äußerst betrachtenswert. Büchner übt gerade durch ihr Verhalten in
diesem Drama heftige Kritik an der damals bestehenden Ständegesellschaft. Die
adelige Militärkaste und die überhebliche Wissenschaft werden als Unterdrücker des
in ärmlichen Verhältnissen lebenden Proletariats dargestellt. Der Hauptmann, der
nur gegenüber Schwächeren nicht ängstlich ist, symbolisiert auch gekonnt das
Schmarotzertum des damaligen Militärs, das sich auf Kosten der Armen ein schönes
Leben machte. Das Menschenverachtende der Oberschicht wird durch den Arzt
widergespiegelt, der ohne Rücksicht und Mitleid den einfachen Soldaten Woyzeck
für seine Versuche missbraucht. Auch Büchners Glaube, dass das Schicksal des
Menschen vorherbestimmt ist, wird durch den Hauptmann und den Doktor
dargestellt, denn sie sind es, die Woyzeck letztendlich in völlige Verzweiflung treiben
und damit den Anlass für den Mord an Marie liefern.
Anmerkung vom Lehrer:
Ein wenig deutlicher hätte man noch auf das Verhalten Woyzecks eingehen können,
der kurzzeitig versucht, die sozialen Schranken zu überschreiten, indem er
gegenüber dem Hauptmann nachgefragt und diesen geradezu attackiert, dann aber
in gewohntes Untergebenenmuster zurückfällt.
Note:
11 Punkte (= Note 2)
Szene:
„Auf der Straße“ Auszug
von: Doktor (hält ihm den Hut hin). Was ist das, Herr Hauptmann?.....
bis: zum Ende Hauptmann. Mir wird ganz schwindlig vor den Menschen...