Die Entsendung von Arbeitnehmern nach Österreich

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Die Entsendung von Arbeitnehmern nach Österreich
Die Entsendung von Arbeitnehmern nach Österreich
Ein Merkblatt der Industrie- und Handelskammer Hannover
1. Entsendung von Arbeitnehmern
2. Merkmale einer Arbeitnehmerentsendung
3. Vertragliche Aspekte im Rahmen einer Entsendung
4. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen
5. Meldung des Arbeitseinsatzes
6. Meldebedingungen für Arbeitnehmer auf Baustellen
7. Arbeitsrechtliche Bestimmungen
8. Gewerbeordnung
9. Sozialversicherung
10. Einkommensbesteuerung
11. Literaturverzeichnis
1.
Entsendung von Arbeitnehmern:
Der Weg nach Österreich ist nicht weit. Geografische Nähe und gemeinsame Sprache lassen den
Markteinstieg einfach erscheinen. Österreich wird jedoch als Auslandsmarkt vielfach unterschätzt. Gerade der Arbeitseinsatz deutscher Mitarbeiter in Österreich verlangt genaue Kenntnis über die österreichischen Rechtsgrundlagen in Bezug auf Aufenthalts- und Arbeitsbedingungen, Gewerbe-, Steuer- und
Sozialversicherungsrecht. Dieses Merkblatt soll deutschen Unternehmern eine Orientierungshilfe bieten,
um den grenzüberschreitenden Arbeitseinsatz von Arbeitnehmern in Österreich erfolgreich vorzubereiten und durchzuführen.
2.
Merkmale einer Arbeitnehmerentsendung:
Eine Arbeitnehmerentsendung liegt grundsätzlich dann vor, wenn ein Arbeitnehmer auf Weisung seines
deutschen Arbeitgebers eine Beschäftigung für eine bestimmte Zeit in Österreich ausübt. Die Dauer des
Arbeitseinsatzes in Österreich ist gesetzlich nicht limitiert, muss aber vorab klar definiert werden und
überschaubar sein. Diese Überschaubarkeit kann beispielsweise durch die Dauer des Projektes oder eine
schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gewährleistet werden. Weitere
Merkmale einer Entsendung sind:
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Der entsandte Arbeitnehmer behält in seinem in Deutschland ansässigen Betrieb eine Funktion, die
er nach seiner Rückkehr wieder ausübt.
Der Arbeitnehmer bleibt weiterhin seinem deutschen Arbeitgeber gegenüber weisungsgebunden.
Der Arbeitnehmer erhält sein Arbeitsentgelt während des Auslandseinsatzes weiterhin von seinem
deutschen Arbeitgeber.
Eine Entsendung ist auch dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer im Inland eigens für die Arbeit in Österreich eingestellt wird. Lebt er jedoch bereits in Österreich, beziehungsweise ist dort beschäftigt und
nimmt von dort aus eine neue Beschäftigung auf, wird er als österreichische Ortskraft behandelt. In
diesem Fall liegt keine Entsendung vor. Plant der Arbeitnehmer nach Beendigung seines Auslandseinsatzes nicht nach Deutschland zurückzukehren, handelt es sich auch nicht um eine Entsendung.
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3.
Vertragliche Aspekte im Rahmen einer Entsendung:
Wenn der bestehende Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Entsendemöglichkeit
bereits nicht ausdrücklich vorsieht, sollte vor der Entsendung grundsätzlich eine einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrages zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfolgen. Der Arbeitgeber kann die
Entsendung nicht einseitig aufgrund seines Direktionsrechts anordnen, es sei denn, es handelt sich um
einen sehr kurzen Einsatz mit Dienstreisecharakter. Falls die Entsendedauer einen Monat überschreitet,
hat der Arbeitgeber neben den wesentlichen Vertragsbedingungen, wie Arbeitsort, Arbeitsentgelt oder
Kündigungsfristen, folgende zusätzliche Aspekte schriftlich festzuhalten und dem Arbeitnehmer vor
dessen Abreise auszuhändigen:
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Dauer der Auslandstätigkeit
mit dem Auslandsaufenthalt verbundenes zusätzliches Entgelt und Sachleistungen
Bedingungen für die Rückkehr des Arbeitnehmers
Weitere Punkte, die vertraglich geregelt werden können, sind:
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Beschreibung der Tätigkeit im Ausland
Arbeitszeit, Feiertage, Urlaub
Gehaltskonto
Trennungsentschädigung, Ausgleich von Mehraufwendungen (z. B. Reisekosten, Umzugskosten,
Unterkunft, Heimreisen)
zusätzliche Unfallversicherung, Fortführung der betrieblichen Altersversorgung
Weiterbeschäftigung und Art der Tätigkeit nach der Rückkehr
Kostentragung bei vorzeitiger Rückkehr
auf den Vertrag anwendbares Recht
Falls im Vertrag keine Vereinbarung über das anzuwendende Recht getroffen wird, richtet sich dieses
nach dem gewöhnlichen Arbeitsort des Arbeitnehmers. Der gewöhnliche Arbeitsort liegt im Fall einer
vorübergehenden Entsendung in Deutschland. Hinsichtlich des Arbeitsvertrages bleibt also
grundsätzlich deutsches Recht anwendbar. Zu beachten ist allerdings, dass die im Vertrag
festgehaltenen Bedingungen zu Entgelt, Urlaub und Sozialversicherung den österreichischen
Arbeitnehmervorschriften entsprechen müssen.
4.
Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen:
Aufenthaltserlaubnis
Als Staatsangehörige der EU- und EWR Mitgliedsstaaten genießen deutsche Arbeitnehmer in Österreich
Freizügigkeit. Eine gesonderte Aufenthaltserlaubnis ist somit nicht erforderlich.
Anmeldepflichten
Die österreichischen Behörden fordern von jedem, der in Österreich eine Unterkunft bezieht, eine Anmeldung bei der zuständigen örtlichen Meldebehörde innerhalb von drei Tagen. Auch die Inanspruchnahme einer Unterkunft in einem Beherbergungsbetrieb ist durch das Ausfüllen des Gästeblattes zu
melden. Diese Anmeldung erfolgt durch die Übermittlung eines entsprechenden Meldeformulars nebst
Lichtbildausweis oder Reisepass an das Gemeindeamt oder Magistrat des Einsatzortes. Das entsprechende Meldeformular steht auf dem Internetportal von „HELP.GV.at" zur Verfügung. Zusätzliche Informationen zum Verfahrensablauf der Anmeldung sind ebenfalls vorhanden.
Niederlassungserlaubnis
Sofern der Aufenthalt deutscher Arbeitnehmer länger als drei Monate währt, muss zusätzlich innerhalb
von vier Monaten nach Niederlassung in Österreich eine Dokumentation des Niederlassungsrechts beantragt werden. Als entsprechende Dokumentation wird eine Anmeldebestätigung von der Niederlas-
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sungsbehörde ausgestellt, die für den jeweiligen Wohnsitz zuständig ist. Rechtsgrundlagen und Formulare hierzu sind auf den Internetseiten der Plattform „HELP.GV.at“ vorhanden.
5.
Meldung des Arbeitseinsatzes:
Arbeitnehmer, die in Deutschland niedergelassen sind, haben grundsätzlich freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt und benötigen keine Berechtigung zur Arbeitsaufnahme. Dieses Recht kann mit
einer entsprechenden Bescheinigung dokumentiert werden. Sollen Arbeitnehmer aus Drittstaaten oder
aus Ländern, die weiterhin noch Übergangsbeschränkungen unterliegen, in Österreich eingesetzt werden, muss ihr Einsatz allerdings vorher beim österreichischen Arbeitsmarktservice (AMS) gemeldet
werden. Informationen sind bei den zuständigen AMS-Stellen erhältlich.
Sobald ein deutsches Unternehmen mit eigenen Arbeitnehmern Leistungen in Österreich erbringt, müssen diese Tätigkeiten spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme der „Zentralen Koordinationsstelle
für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung“ gemeldet werden. Diese Meldung kann unter Angabe folgender Daten formlos erfolgen:
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Name und Anschrift des Arbeitgebers
Name des Beauftragten
Name und Anschrift des inländischen Auftraggebers (Generalunternehmer)
Namen, Geburtsdaten und Sozialversicherungsnummern sowie die Staatsangehörigkeit der nach
Österreich entsandten Arbeitnehmer
Beginn und voraussichtliche Dauer der Beschäftigung in Österreich
die Höhe des dem einzelnem Arbeitnehmer gebührenden Entgelts
Ort der Beschäftigung in Österreich
sofern es sich um Bauarbeiten im Sinne der Entsenderichtlinie handelt, die Art der Tätigkeit und
Verwendung der Arbeitnehmer
sofern für die Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl,
das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung
sofern die entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine Aufenthaltsgenehmigung
benötigen, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und
die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung
Wesentlich einfacher als die formlose Angabe der Daten, ist die Datenübermittlung mittels eines entsprechenden Vordrucks. Formulare und Erläuterungen stehen auf den Seiten des österreichischen Bundesministeriums für Finanzen zur Verfügung:
• KIAB 3 Meldung bei einer Entsendung nach Österreich gem. § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG
• Beiblatt zu KIAB 3 für weitere entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
Die Meldung ist an die Zentrale Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen, Erdbergstraße
192-196, 1030 Wien, E-Mail: [email protected] zu richten. Hier wird die Anzeige geprüft, bestätigt
oder untersagt, wenn die Voraussetzungen nicht zutreffen. Während der Ausführung des Auftrags in
Österreich sollte ein Beauftragter die Abschrift der obigen Meldung mit sich führen. Der Unternehmer
oder Weisungsbefugte des Unternehmens ist außerdem gehalten einen „Dienstzettel“ mit sich zu tragen, der folgende Angaben erhalten muss:
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Abschrift der obigen Meldung
Name und Anschrift des Arbeitgebers
Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses
Dauer der Kündigungsfrist
Sozialversicherungsnummer und das Formular A1
Gehalt, Urlaub, Arbeitszeitregelung
gegebenenfalls anzuwendender Kollektivvertrag
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Ausnahmen von der Meldepflicht
Bei kurzfristigen Tätigkeiten, die Einzeltage nicht übersteigen und für die eine Überprüfung der Lohnhöhe bzw. Sozialversicherung oder Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht in Betracht kommt (z.B. kurze Service- und Wartungsarbeiten, Lieferung von Waren oder Material, geschäftliche Besprechungen, etc.) besteht keine Meldepflicht. Nähere Informationen sind bei den regionalen
Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice erhältlich.
6.
Meldebedingungen für Arbeiten auf Baustellen:
Meldung bei der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Ausländerbeschäftigung
Wenn eigene Mitarbeiter auf eine Baustelle nach Österreich entsandt werden, müssen diese, wie zuvor
bereits erläutert, spätestens eine Woche vor Arbeitsbeginn bei der „Zentralen Koordinationsstelle für die
Kontrolle der illegalen Ausländerbeschäftigung“ beim Bundesministerium für Finanzen gemeldet werden.
Das Formular verlangt Angaben zu
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dem Unternehmen
eventuellen Verantwortlichen vor Ort
dem österreichischen Auftraggeber
den entsandten Mitarbeitern sowie deren Sozialversicherungsnummern
dem Beginn und der voraussichtlichen Dauer der Arbeiten
dem Verdienst der einzelnen Mitarbeiter
der Art der Tätigkeit und dem Einsatz der Mitarbeiter auf der Baustelle
den Einsatzorten in Österreich mit genauer Angabe der Adresse
Ein entsprechender Vordruck für die Meldung ist auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Finanzen zu finden. Von hier aus wird die Meldung anschließend weitergeleitet an:
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die zuständige Krankenkasse
die Bauarbeiter-, Urlaubs- und Abfertigungskasse
das Arbeitsinspektorat
Meldung beim Arbeitsinspektorat
Im Rahmen der Bauarbeiterschutzverordnung müssen Arbeiten auf Baustellen unter Umständen zusätzlich beim Arbeitsinspektorat gemeldet werden. Diese Meldung wird notwendig, wenn eines der folgenden Kriterien zutrifft:
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Die Arbeiten dauern länger als 5 Arbeitstage. In diesem Fall muss die Firma, die als erste an der
Baustelle tätigt wird, die Aufnahme der Tätigkeit spätestens eine Woche vorher melden. Als Subunternehmer besteht keine Meldepflicht, sofern es sich nicht um Arbeiten mit besonderen Gefahren
handelt.
Die Dauer der Arbeiten beträgt mehr als 30 Arbeitstage, mehr als 20 Arbeitnehmer werden gleichzeitig beschäftigt und der Umfang der Bauarbeiten übersteigt 500 Personentage. Hier muss die
Vorankündigung der Arbeiten zwei Wochen vor deren Beginn erfolgen.
Arbeiten mit gefährlichen Stoffen (Asbest, anderen krebserregenden, erbgutverändernden oder giftigen Materialien) bedürfen einer Meldung von 30 Tagen vor Beginn der Arbeiten.
Die Beschäftigung von Jugendlichen (2 Wochen vor Beginn, nur wenn Sie an aufeinander folgenden Sonntagen beschäftigt werden sollen) oder Schwangeren (unverzüglich nach Kenntnis von der
Schwangerschaft).
Informationen zu den einzelnen Meldepflichten, entsprechende Formulare und Vordrucke sind auf den
Internetseiten der österreichischen Arbeitsinspektion zu finden. Hier stehen ebenfalls die Adressen der
entsprechenden Arbeitsinspektorate zur Verfügung.
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Meldung bei der Bauarbeiter-, Urlaubs- und Abfertigungskasse
Auf Baustellen entsandte deutsche Arbeitnehmer müssen unter Umständen auch bei der Bauarbeiter-,
Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) gemeldet werden. Die BUAK ist für die Verrechnung von Urlaubsentgelten, Abfertigungen, Winter- und Feiertags- sowie Schlechtwetterentschädigungen für Bauarbeiter zuständig. Zwischen Österreich und Deutschland existiert ein Abkommen zwischen den Kassen, die für Angelegenheiten der Bauarbeiter zuständig sind. Sofern die entsandten Mitarbeiter nachweisen können, dass Beiträge für das Urlaubskassenverfahren an die SOKA-BAU in Deutschland abgeführt werden, besteht die Möglichkeit eine Freistellung bei der BUAK in Österreich zu erwirken. Weitere
Informationen hierzu sind auf den entsprechenden Internetseiten oder bei der BUAK, Frau Khasi Moghadam, Tel.: 0043-57957918198, E-Mail: [email protected] zu erhalten.
7.
Arbeitsrechtliche Bestimmungen:
Gemäß der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlamentes, sind die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gehalten einen so genannten „harten Kern“ klar definierter Schutzbestimmungen vom
Dienstleistungserbringer gegenüber dem ins EU-Ausland entsandten Arbeitnehmer zu fordern. Das
heißt, bei jeder Entsendung – gleichgültig in welcher Branche – müssen vom deutschen Arbeitgeber
wesentliche, in Österreich geltende arbeitsrechtliche Standards eingehalten werden. Bei diesen arbeitsrechtlichen Standards handelt es sich insbesondere um das Arbeitszeitgesetz, die ArbeitsruhegesetzVerordnung, das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz, das Mutterschutzgesetz und das Arbeitnehmerschutzgesetz. Ausführliche Erläuterungen zu den Arbeitnehmerschutzbestimmungen sind auf
den Internetseiten des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu finden.
Ortsübliche Löhne und Gehälter
Für die Dauer der Tätigkeit in Österreich hat der entsandte deutsche Arbeitnehmer Anspruch auf Entgelt. Dieses Entgelt muss in der Höhe mit einem Betrag vergleichbar sein, den ein vergleichbarer österreichischer Arbeitgeber einem vergleichbaren österreichischen Arbeitnehmer zahlt und der zusätzlich
einem gesetzlichen oder kollektivvertraglichen festgelegten Entgelt entspricht. Regelmäßig umfasst das
in Österreich gezahlte Entgelt auch ein 13. und 14. Monatsgehalt. Im Bereich der Bauwirtschaft sind in
diesem Zusammenhang Besonderheiten zu beachten: In Österreich existieren zwei Kollektivverträge,
der Kollektivvertrag für das Baugewerbe und die Bauindustrie und der Kollektivvertrag für das Bauhilfsgewerbe. Beide Kollektivverträge sehen verschiedene Lohnkategorien vor, nach denen sich der zu zahlende Mindestlohn richtet. Informationen zu Kollektivverträgen und Mindestlöhnen sind bei der Deutschen Handelskammer Österreich, Tel.: +43 1 545 14 17, E-Mail: [email protected] abzufragen. Zu Tariffragen speziell für Baustellenberufe gibt die Bauarbeiter-, Urlaubs und Abfertigungskasse Auskunft.
Arbeitszeitregelungen
Die gesetzlich geregelten Arbeitszeiten finden sich in verschiedenen Rechtsvorschriften. Für den Großteil der Arbeitnehmer gilt das Arbeitszeitgesetz (AZG) und das Arbeitsruhegesetz (ARG). Die Arbeitszeit
beträgt acht Stunden am Tag. Pro Woche dürfen maximal 40 Stunden gearbeitet werden. Die Arbeitszeit sollte auf fünf Tage pro Woche verteilt werden. Ausnahmeregeln sind genehmigt, wenn es notwendig erscheint; Überstunden werden extra vergütet. Die Arbeitszeit von Bäckern, Bediensteten in
Krankenanstalten, Lenkern von Kraftfahrzeugen, Jugendlichen und Lehrlingen ist in jeweils speziellen
Gesetzen geregelt. Publikationen zum Thema Arbeitszeit und Arbeitsruhe finden sich auf den Internetseiten der Arbeitsinspektion.
Urlaubsanspruch
Grenzüberschreitend entsandte Arbeitnehmer haben gemäß § 7b Abs. 1 Z 2 AVRAG für die Dauer der
Entsendung zwingend einen Anspruch auf bezahlten Urlaub nach §2 Urlaubsgesetz, sofern das Urlaubsausmaß nach den deutschen Rechtsvorschriften geringer ist. Im Allgemeinen beträgt der Urlaubsanspruch in Österreich 30 Werktage.
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Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
Der deutsche Arbeitgeber hat für die Sicherheit der Mitarbeiter am Arbeitsplatz zu sorgen, wobei er die
berufsbedingten Risiken zu beachten hat, denen Arbeitnehmer während ihres Einsatzes in Österreich
eventuell ausgesetzt sind (Einsatz gefährlicher Maschinen und Werkzeuge, Umgang mit gefährlichen
Arbeitsstoffen, Einrichtungen zur Gefahrenverhütungen). Eine Übersicht über die Bestimmungen des
Arbeitschutzgesetzes gibt die Broschüre „Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz“ des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz. Weitere Informationen sind auf den
Seiten der Arbeitsinspektion einsehbar. Zur Sicherheit und Arbeitsschutz auf Baustellen existiert ein
Merkblatt über sicheres Arbeiten am Bau.
8.
Gewerbeordnung:
In Österreich unterscheidet die Gewerbeordnung (GewO) zwischen sogenannten freien und reglementierten Gewerben. Reglementiert ist ein Gewerbe dann, wenn dessen Ausübung nur bei Nachweis bestimmter Qualifikationen erlaubt ist. Zu den reglementierten Gewerben zählen mehr als 80 verschiedene
Gewerbe in Österreich, wie beispielsweise das Baugewerbe, das Sicherheitsgewerbe, Gas- und Sanitärtechnik, Maler- und Anstreichergewerbe, die Unternehmensberatung oder Immobilienverwaltungen.
Freies Gewerbe
Möchte ein deutscher Unternehmer eine Dienstleistung ausführen, die in Österreich nicht reglementiert
ist, kann er die Tätigkeit in Österreich vorübergehend und gelegentlich ohne weitere gewerberechtliche
Voraussetzungen ausüben.
Reglementiertes Gewerbe
Reglementierte Gewerbe dürfen hingegen nur ausgeübt werden, wenn der Gewerbetreibende über bestimmte nachgewiesene Fähigkeiten verfügt. Will also ein deutscher Dienstleister ein reglementiertes
Gewerbe in Österreich ausüben, bedarf es einer sogenannten Dienstleistungsanzeige. Diese Dienstleistungsanzeige muss mit Hilfe eines Formulars zusammen mit dem Nachweis der Eintragung in die
Handwerksrolle, einer beglaubigten Kopie des Meisterzeugnisses und des Personalausweises beim Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit vor Aufnahme der ersten Tätigkeit erfolgen. Sollte bis zum Ablauf
des zweiten Monats ab Eingang der vollständigen Dienstleistungsanzeige keine Reaktion erfolgen, darf
mit der Tätigkeit begonnen werden. Bei gefahrengeneigten Gewerken, wie Elektrotechniker oder Zimmermeister muss allerdings eine Antwort seitens des Ministeriums abgewartet werden.
Der bei in Österreich reglementierten Gewerben vorgeschriebene Befähigungsnachweis entfällt für
grenzüberschreitende Dienstleistungen, wenn
• die gewerbliche Tätigkeit im Niederlassungsmitgliedstaat reglementiert ist (Artikel 3 Abs. 1 lit. a der
Richtlinie 2005/36/EG) oder
• eine reglementierte Ausbildung (Artikel 3 Abs. 1 lit. e der Richtlinie 2005/36/EG) vorliegt oder
• der Dienstleister die gewerbliche Tätigkeit mindestens zwei Jahre während der vorhergehenden
zehn Jahre im Niederlassungsstaat ausgeübt hat.
Eine Liste über die in Österreich reglementierten Gewerbe kann im Internet eingesehen werden. Ob
bzw. für welche Gewerbe ein Unternehmen eine gültige Dienstleistungsanzeige erstattet hat, ist aus
dem Dienstleisterregister ersichtlich. Auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Wirtschaft,
Familie und Jugend stehen ferner Formulare für die Dienstleistungsanzeige und Informationen über zusätzlich einzureichende Unterlagen bereit.
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Zur Zusammenfassung soll folgende Grafik dienen:
Herkunftsland (Deutschland)
Österreich
Dienstleistungserbringung
sofort nach Dienstleistungsanzeige;
reglementiert
reglementiert
reglementiert
nicht reglementiert
Nachprüfung von Qualifikationen nur bei
Interesse für öffentliche Gesundheit oder
Sicherheit möglich
sofort
Dienstleistungsanzeige + Nachweis von
2 Jahren rechtmäßige Ausübung im
Herkunftsmitgliedstaat während der
nicht reglementiert
reglementiert
vorhergehenden letzten 10 Jahre. Nachprüfung von Qualifikationen nur bei Interesse für öffentliche Gesundheit oder
Sicherheit möglich
nicht reglementiert
nicht reglementiert
sofort
Quelle: Deutsche Handelskammer in Österreich (2008). Informationen zu Österreichischen Gewerbeordnung. S.3 .
9.
Sozialversicherung:
In welchem Land Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten sind, richtet sich grundsätzlich nach dem
Ort, an dem die Arbeiten ausgeführt werden. Eine Sonderregelung gilt für Arbeitnehmer, die im Rahmen
ihres in Deutschland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses vorübergehend nach Österreich entsandt
werden, um dort im Auftrag ihres Arbeitgebers eine Arbeit auszuführen. Nach den Bestimmungen des
Gemeinschaftsrechts (EWG-Verordnung Nr. 1408/71) bleibt es für sie bei der Zuständigkeit der deutschen Sozialversicherung, sofern
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die voraussichtliche Dauer der Beschäftigung in Österreich 24 Monate nicht überschreitet
die arbeitsrechtliche Bindung zwischen der entsandten Person und ihrem Arbeitgeber während der
gesamten Dauer der Entsendung bestehen bleibt
keine Person abgelöst wird, die zuvor nach Österreich entsandt wurde
Arbeitnehmer, die in Österreich arbeiten und für die deutschen Rechtsvorschriften gelten, müssen eine
„Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften“, die sogenannte Entsendebescheinigung
A1 anfordern. Dieser Vordruck dient gegenüber den österreichischen Stellen als Nachweis darüber,
dass für den Arbeitnehmer ausschließlich die deutschen Rechtsvorschriften gelten. Der Vordruck A1
wird in Deutschland von den gesetzlichen Krankenkassen ausgestellt, bei dem der Arbeitnehmer versichert ist. Ist der Arbeitnehmer in Deutschland nicht gesetzlich krankenversichert, erfolgt die Ausstellung über den zuständigen Rentenversicherungsträger. Fragebögen und Anträge zur Festlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften sind im Internet auf den Seiten der DVKA zu finden.
10. Einkommensbesteuerung von Mitarbeitern:
Für die Einkommensbesteuerung von Arbeitnehmern gilt in Anlehnung an das deutsch-österreichische
Doppelbesteuerungsabkommen der Grundsatz, dass Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit nur in
dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem die persönliche Tätigkeit, aus der die Einkünfte herrühren,
ausgeübt wird. Dieser Grundsatz wird außer Kraft gesetzt, wenn die Bedingungen der sogenannten
183-Tage Regelung vorliegen. Das ist immer dann der Fall, wenn:
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der Arbeitnehmer sich in Österreich insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden
Steuerjahres aufhält und
die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht in Österreich ansässig ist und/oder
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die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die
der deutsche Arbeitgeber in Österreich hat.
Das heißt ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland, welches seine Arbeitnehmer für einen Zeitraum
unter 183 Tagen nach Österreich zur Durchführung von Arbeiten entsendet, muss die entsandten Arbeitnehmer weder in Österreich steuerlich anmelden noch Lohnsteuer abführen. Die 183 Tage sind
grundsätzlich für jedes Steuerjahr, beziehungsweise Kalenderjahr, zu ermitteln. Die Bedingungen der
183-Tage-Regel sind immer kumulativ zu betrachten. Entscheidend für die Errechnung der 183 Tage ist
die Anzahl der Aufenthaltstage und nicht die Anzahl der Arbeitstage. So werden beispielsweise Ankunfts-, Abreise und Feiertage mitgezählt.
11. Literaturverzeichnis:
Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) (2005). Meldeverfahren. Verfügbar unter:
http://www.buak.at/servlet/ContentServer?pagename=BUAK/Page/Index&n=BUAK_999_Impressum
[12.07.10].
Bayern Handwerk International GmbH (2009) Arbeiten über die Grenze – Österreich-. Nürnberg: Bayern
Handwerk International GmbH.
Bundeskanzleramt Österreich (2010) Ihr offizieller Amtshelfer für Österreich. Verfügbar unter:
http://www.help.gv.at/Content.Node/118/Seite.1180200.html [13.07.10].
Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Sektion Arbeitsrecht und ZentralArbeitsinspektorat (2009) Die Arbeitsinspektorate in Österreich. Verfügbar unter: http://www. arbeitsinspektion.gv.at/AI/Arbeitsinspektion/Standorte/default.htm [12.07.10].
Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2010). Grenzüberschreitende Entsendung von Arbeitnehmer/innen in der EU. Verfügbar unter: http://www.bmask.gv.at/cms/site
/dokument.html?channel=CH0665&doc=CMS1232527451551[12.07.10].
Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (2010) Gewerbeausübung durch Unternehmen
aus
anderen
EU/EWR-Staaten.
Verfügbar
unter:
http://www.bmwfj.gv.at/Ministerium/Seiten/Impressum.aspx [12.07.10].
Bundesministerium
für
Finanzen
(2010).
EU-Entsendemeldungen.
Verfügbar
unter:
https://www.bmf.gv.at/Betrugsbekaempfung/Steuer/KIAB/ZentraleVerwaltungs_7822/_start.htm
12.07.10].
Deutsche Handelskammer in Österreich (2008). Informationen zur Entsendung von Arbeitnehmern von
Deutschland nach Österreich. Wien: Deutsche Handelskammer in Österreich.
Deutsche Handelskammer in Österreich (2008). Informationen zur Österreichischen Gewebeordnung.
Wien: Deutsche Handelskammer in Österreich.
Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland (DVKA) (2010). Arbeiten in Österreich
http://www.dvka.de/oeffentlicheSeiten/ArbeitenAusland/Auswahl883.
883/04. Verfügbar unter:
htm [12.07.10].
Handwerkskammer für Schwaben (2009). Merkblatt Grenzüberschreitende Handwerksleistungen in Österreich.
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Info-Center Eures Bodensee (1.Dezember 2008). Unternehmen ohne Grenzen – Infos für Grenzgänger.
Verfügbar
unter:
http://www.infocenter.translake.org/index.php?option=com_content&view=article&id=31&It
emid=66 [12.07.10].
Wirtschaftskammer Oberösterreich (2008). Lieferungen und Handwerkleistungen in Österreich.
Wirtschaftskammer Österreich (2009). Herüberarbeiten nach Österreich.
Hinweis:
Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer IHK Hannover - nur erste Hinweise geben und erhebt keinen
Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung
auf die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Stand: August 2010
Autor:
Pia-Felicitas Homann
Abteilung International
Tel. (0511) 3107-5 01
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