Jesaja 43,1-3a: You`ll never walk alone

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Jesaja 43,1-3a: You`ll never walk alone
Jesaja 43,1-3a: You'll never walk alone (J. Röhl; 29.3.15)
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Jesaja 43,1-3a: You'll never walk alone
Liebe Ruth! Lieber Joshua! Liebe Gemeinde!
Ihr seid nicht allein! Ihr seid eingebettet in eine Gemeinschaft von Christen und Gott geht mit euch,
was auch kommt. Das möchte Gott euch heute mit dieser Predigt zusprechen. Für uns Menschen
ist diese Gewissheit nicht allein zu sein, ein sehr tröstendes und hilfreiches Wissen.
Vor einiger Zeit habe ich eine Reportage über den Fussballverein Borussia Dortmund gesehen.
Verschiedene aktive und ehemalige Spieler haben von eindrucksvollen Erlebnissen erzählt. Für
alle war und ist es eine besondere Erfahrung, wenn sie vor der Südtribüne stehen und von 25.000
Fans angefeuert werden. Als Zeichen ihrer Unterstützung singen die Fans vor dem Spiel die Fußballhymne: „You'll never walk alone!“ - Du gehst niemals alleine den Weg. Da läuft es sogar den
Fußballprofis eiskalt den Rücken runter.
Dieses Lied stammt eigentlich aus einem Musical aus dem Jahr 1945. Doch seit den 60ern ist es
vor allem in den Fußballstadien dieser Welt bekannt. Schon zu dieser Zeit wurden vor den Spielen
Lieder über die Stadionlautsprecher gespielt. Der Legende nach fiel vor einem Spiel in Liverpool in
England die Lautsprecheranlage aus, während gerade dieses Lied gespielt wurde. Der Fan-Block
sang daraufhin lautstark ohne musikalische Begleitung das Lied weiter. Seit diesem Tag wird bis
heute in Liverpool das Lied vom Publikum angestimmt. Mit der Zeit übernahmen es auch andere
Vereine. Es bringt die Zusammengehörigkeit von Fans und Fußballern zum Ausdruck. „You'll never
walk alone“ - auch wenn ein Spiel mal nicht so gut läuft, auch wenn ein einzelner Spieler einen
Fehler macht: Du bist nicht allein. Wir stehen zusammen.
Gott hat auch seinem Volk Israel einen ähnlichen Zuspruch gegeben. Israel hat so manche schwere Zeiten durchstehen müssen. In eine dieser Situationen spricht Gott durch seinen Propheten Jesaja: „Und nun spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel:
Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist
mein! Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, daß dich die Ströme nicht ersäufen sollen; und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen. Denn ich bin der HERR, dein Gott, der Heilige Israels, dein Heiland.“ (Jesaja 43,1-3a)
Gott sagt: Was auch passiert, hab keine Angst, ich bin bei dir. „You'll never walk alone!“ Das gilt
nicht nur dem Volk Israel, sondern auch uns. Er ruft jeden von uns mit Namen. Er will jeden einzelnen von uns auf unserem Lebensweg begleiten. Er will jeden von uns segnen. Euch beiden, Ruth
und Joshua, wird das heute in besonderer Weise zugesprochen. Gott kennt euch beim Namen, er
ruft euch und er will euch begleiten.
Dabei ist es wichtig, bei diesem Zuspruch genau hinzuhören. Gott verspricht uns nicht, dass uns
niemals etwas Schlimmes passieren wird. Nein, er verspricht uns, dass er bei uns sein wird – egal
was passiert. Ausdrücklich ist in diesem Text ja davon die Rede, dass wir durchs Feuer gehen werden und dass das Wasser uns bedrohen wird. Feuer und Wasser stehen hier für elementare Bedrohungen unseres Lebens. Gott räumt diese Bedrohungen nicht einfach beiseite, er lässt es zu,
dass sie uns treffen. Aber er verspricht uns, dass er an unserer Seite ist.
Ich hoffe, dass das für euch auch im Kirchlichen Unterricht deutlich geworden ist. Glaube heißt
nicht, dass mit Gott immer alles glatt und problemlos läuft. Nein, Glaube heißt, dass Gott auch und
gerade in schwierigen Situationen bei uns ist. Wir haben uns mit so manchen biblischen Geschichten und Personen beschäftigt und ihr habt gemerkt, dass auch unsere biblischen Glaubensvorbilder meist kein einfaches und problemloses Leben geführt haben.
Jesaja 43,1-3a: You'll never walk alone (J. Röhl; 29.3.15)
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Da war z.B. Abraham, der lange Zeit warten musste auf die Erfüllung von Gottes Zusagen, dass er
einen Sohn bekommen wird. Oder Mose, der jahrelang mit störrischen Israeliten durch die Wüste
wandern musste. Auch Jesu Jünger im Neuen Testament sind nicht einfach auf Wolke Sieben
durchs Leben geschwebt. Aber entscheidend war für alle, dass sie auf Gott vertraut haben und
sich letztendlich von ihm gehalten wussten. Sie wussten in allem: „You'll never walk alone!“
Ihr seid noch relativ jung. Ihr steht jetzt an der Grenze zum Erwachsen werden. Ihr habt noch viele
Träume und Pläne. Und das ist auch gut so. Das ist wichtig. Lasst euch eure Träume nicht zu
schnell nehmen. Aber zum Erwachsenwerden gehört auch dazu, dass wir von manchen Träumen
Abschied nehmen müssen. Nicht alles was wir uns vom Leben erhoffen und erträumen, wird auch
Wirklichkeit werden. Auch mit Gott an unserer Seite wird es Enttäuschungen geben. Manche Hoffnungen werden im Feuer verbrennen. Manche Träume versinken in den Fluten des Wassers. Zum
Erwachsenwerden gehört es dazu, mit solchen Enttäuschungen umgehen zu lernen und trotzdem
eine positive Einstellung zu behalten. Ich bin der festen Überzeugung: Wenn wir Gott an unserer
Seite wissen, dann wird uns das leichter fallen.
In der Nationalgalerie in Washington hängen vier Gemälde von Thomas Cole. Die Bilderserie aus
dem 19. Jh. trägt den Titel: „Die Reise des Lebens“. Jedes Gemälde steht für einen Abschnitt im
Leben eines Menschen: Kindheit, Jugend, Erwachsensein und das Alter.
Das erste Gemälde stellt die Kindheit dar. Man sieht einen Berg mit einer dunklen Höhle an seinem Fuß. Aus der Höhle fließt ein Fluss. Auf dem Fluss gleitet sanft ein Boot in eine friedlich blühende Landschaft hinein. Im Boot sitzt ein lachendes Baby und dahinter steht ein leuchtender
Schutzengel. Das Gemälde zeigt die Kindheit als eine Zeit der Freude und des Staunens.
Im zweiten Gemälde geht es um die Jugend. Wir sehen dasselbe Boot weiter Stromabwärts. Das
Baby ist zu einem Jugendlichen herangewachsen. Er steht im Heck des Bootes und steuert zuversichtlich auf ein weißes Schloss in der Ferne zu. Die Ufer sind immer noch saftig grün und wir sehen den Schutzengel im Rücken des Jungen am Ufer stehen. Das Bild verdeutlicht die Jugend als
Zeit der Zuversicht und der Zukunftsträume.
Auf dem dritten Gemälde hat
sich die Szene dramatisch verändert. Der Jugendliche ist zu
einem Mann herangewachsen,
der Fluss ist zu einem reisenden Strom angeschwollen und
der Himmel hat sich verdunkelt. Das Traumschloss ist nirgends mehr zu sehen und das
Ruder des Bootes ist zerbrochen. Mitten im Fluss erheben
sich scharfkantige Felsen. Der
Mann im Boot wird von Kräften
hin- und hergeworfen, die er
nicht mehr beherrschen kann. Alles was er noch tun kann ist, in den Himmel zu schauen und zu
beten. Der Schutzengel ist weit von ihm entfernt, versteckt in einer dunklen Wolke. So sieht der
Maler das Erwachsensein: Die Zeit der unbeschwerten Freude ist vorbei. Schwierige und tragische
Erfahrungen machen das Leben hart und die unerschütterliche Zuversicht der Jugend ist ins Wan-
Jesaja 43,1-3a: You'll never walk alone (J. Röhl; 29.3.15)
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ken geraten.
Das letzte Gemälde trägt den Titel: „Das Alter“. Das geschundene Boot hat endlich den Ozean erreicht. Die dunklen Wolken sind noch da, aber das Wasser ist wieder ruhiger geworden. Der Reisende im Boot ist zu einem alten Mann geworden. Er schaut voraus auf die Wolken, die von einem
himmlischen Licht durchbrochen werden. Er sieht dort in der Ferneeinen Engel aus dem Himmel
herab steigen. Und zum ersten mal ist auch der Schutzengel, der ihn begleitet hat nicht in seinem
Rücken, sondern für ihn sichtbar vor ihm und zeigt ihm den Weg.
Die Reise des Lebens. Von der Geburt bis hin zur letzten Reise in die himmlische Heimat. Jeder
von uns ist auf solch einem Fluss unterwegs. Die Bilder sehen bei uns vielleicht etwas anders aus,
als bei Cole. Aber bei jedem von uns wird es auch stürmische Zeiten geben, in denen sich der
Himmel verdunkelt. Es läuft nicht immer harmlos und einfach ab in unserem Leben. Beides gehört
zum Leben dazu: Situationen, in denen wir voller Zuversicht in die Zukunft schauen. Aber auch Situationen, in denen wir nicht mehr weiter wissen und verzweifelt zum Himmel schauen.
Das schöne bei dieser Bilderserie von Cole ist, dass auf jedem Bild ein Engel mit dabei ist. Der
Engel steht hier für die Gegenwart Gottes in den schönen, wie auch in den schweren Zeiten. Der
Mann im Boot kann diesen Engel nicht immer sehen, er steht meistens in seinem Rücken. Und
doch ist er von Anfang bis Ende da. So ist es mit Gott: Er ist da!
„Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist
mein! Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, daß dich die Ströme nicht ersäufen sollen; und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen. Denn ich bin der HERR, dein Gott, der Heilige Israels, dein Heiland.“ You'll never walk alone!
Amen
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Bildquelle: Thomas Cole [Public domain], via Wikimedia Commons