Bonjour Catherine – Ça vas?

Transcription

Bonjour Catherine – Ça vas?
Cornelia Poletto zu Besuch bei
der Ziegenkäsekönigin Norddeutschlands
Bonjour Catherine – Ça vas?
Text: Hartmann//Koch | Fotos: T. Geisbüsch & P. Kunz
T
otal verfahren. Das
Navi spinnt jetzt
komplett. Was, um
Himmels Willen, soll hier noch kommen? Schon im Morgengrauen sind
wir in Hamburg los. An Buxtehude, Stade und etlichen Radarfallen
vorbei, dann weit, weit nach Westen, bis der Himmel wieder blau wird.
Blau würde – wenn es nicht wie aus
Kübeln regnen würde. Neubachenbruch. Hier muss es irgendwo
sein. Zwischen Wiesen und Mooren soll uns „der beste Ziegenkäse Deutschlands“ erwarten. Und, „watsch!“, durch die nächste
„gefühlt“ knietiefe Pfütze. Und schon sind wir vorbei. Kein Wun-
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der, dass wir die Einfahrt verpasst haben. Irgendwie sieht hier alles ein wenig nach Dornröschen aus. Dornröschen öffnet uns die
Tür und meint „Ça vas?“ Aha – Dornröschen ist französischer
Abstammung, trägt Jeans und einen bordeauxroten Rolli . Charmant, wie es nur Französinnen sein können, Catherine jedoch
in einer verbindlichen Art, die sie sofort sympathisch macht. Ihr
französischer Akzent lässt die düsteren Nordseewolken sofort
vergessen. Vorbei an den wilden Brombeeren, zieht sie uns ins Innere des Hauses, vorbei an den drei neugierigen braunen Nasen
ihrer spanischen Potencos, die nun vor ihr in den Raum hechten.
Liebe auf den ersten Blick
So wie Catherine, so auch ihr Zuhause. Charmant mit Ecken und
Kanten, warm, ungekünstelt – genau so, wie man sich das Haus
hier ein Mädchen den Ton angibt ... Sie spitzen die langen Ohren, wenn Catherine spricht, falls sie nicht gerade Scheinjagd
auf eine der Katzen machen, die ständig um die Beine der Damen schnurren.
Die Suche nach dem ewig Besseren
Inzwischen sind auch Fernsehköchin Cornelia Poletto und die
„ASA SELECTION“-Chefin Yvonne Schubkegel eingetroffen. Sie
möchten endlich einmal die ungekrönte Ziegenkäse-Königin und
deren Preziosen „live“ kennen- und schmecken lernen. Auf Anhieb sind sich die drei Chefinnen sympathisch. Eint sie doch ihre
gemeinsame Qualitätsphilosophie: Die Liebe zum Produkt und
die nimmermüde Suche nach dem ewig Besseren. Cornelia Poletto und Yvonne Schubkegel verbindet neben ihrer Freundschaft
schon mehrere Jahre eine erfolgreiche geschäftliche Kooperation. Cornelia Poletto steht seit 2008 mit ihrem guten Namen für
das gleichnamige Multifunktionsgeschirr 250°C plus POLETTO
aus dem Hause „ASA SELECTION“.
Cornelia will heute einige leckere Ziegenkäserezepte hier in
der rudimentären Küche von Catherine ausprobieren. Nachdem
sie für den ersten Gang schon mal die Wiesenchampignons geputzt und die leckere Füllung vorbereitet hat, erkunden beide
gemeinsam mit der Hausherrin den Ziegenhof. Catherine erläutert während der Ziegenkäseexkursion – von der aseptischen
Käserei, über die Melkstation, vorbei an den fröhlich grunzenden „Bunten Bentheimer Schweinen“ bis zum Ziegenstall – ihre
persönliche Odyssee vom französischen Jura bis in die norddeutsche Tiefebene.
Eine Geschichte wie im Märchen
einer Exilfranzösin in Norddeutschland vorstellt. Auf dem platten
Land, zwischen Weiden, Wiesen, Mooren, Stade und Cuxhaven.
Boden, Wände, Decke – alles echt. Stimmiges Patchwork. Könnte hundert Jahre alt sein. Und mehr. Später erfahren wir, dass das
Haus durch Catherine und ihren Partner Daniel ein komplett
neues Fundament bekommen hat. Davor schwamm das kleine
Haus mehr oder weniger auf den Moorwiesen des Hadelner Landes. Auch die Bodenfliesen scheinen französischen Ursprungs zu
sein. Über Jahre sind sie Raum für Raum aus Abbruchhäusern
zusammengetragen worden und fanden hier ein neues Zuhause.
Und der kleine Wintergarten für die Katzen, das Hygieneschott
zur Käserei, die neuen Stallungen und, und, und ... Alleine Catherines Sanierungsabenteuer könnten ein Buch amüsant füllen.
Die Potencos haben inzwischen ranggemäß ihre Positionen auf
der nach oben führenden Treppe eingenommen. Klar, dass auch
Aufgewachsen in einem kleinen Dorf im Jura, hält es sie nicht
lange in ihrer Heimat. Schon jung findet sie den Weg nach
Deutschland. In Berlin studiert sie Schauspielkunst, genießt
Jugend und die Freiheiten der Metropole, um irgendwann von
Stadt, Lärm und Fremdbestimmung die Nase gestrichen voll zu
haben. Sie und ihr damaliger Partner träumen von einem Leben
auf dem Land. In Neubachenbruch, inmitten von Weiden, Wiesen und Mooren, finden sie das, wonach sie suchen. Im Winter
1986 schenkt ihr eine Freundin eine junge Ziege.
Und hier beginnt eine märchenhafte Geschichte: Die Gesellschaft des Zickleins gibt ihr Mut und die passende Idee, ihr
Schicksal – so, wie sie es schon immer tat – selbst zu lenken.
Und im nächsten Jahr werden es vier Ziegen, dann zwölf, dann
30. Heute beherbergen sie und ihr Gefährte Daniel Denieau neben Schafen, Schweinen, Gänsen, Hühnern, drei Hunden und
unzähligen Katzen zeitweise 300 Ziegen und Zicklein.
„Ziegen sind ganz anders.“
Im Stall staunen uns „nur“ circa 180 Ziegen und Zicklein erwartungsvoll entgegen. Wir haben echt Glück. Es regnet immer
noch! Und keines der Tiere setzt auch nur einen halben Huf vor
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Ziegige Fakten
die Stalltür. Echt zickig! Aber sauber sind sie. Die Haare wie gekämmt. Weich. Und stinken tun sie nur ein wenig. Nach wenigen
Minuten hat sich die Nase an ihr „odeur“ gewöhnt. Sie meckern.
Sind neugierig. Intelligent. Und beharrlich. Daniel meint, dass
sie stets versuchen, gegen alle Widerstände ihren Kopf durchzusetzen. Die Ziegen knabbern unterdes an allem. Cornelias Schürze scheint ganz besonders lecker zu sein ... Sie ist sichtlich von
den gepflegten und streichelzarten jungen Ziegen fasziniert.
„Ziegen“, so Catherine André, „sind ganz anders, als es uns ihr
schlechtes Image weismachen will. Sie sind intelligent, anhänglich und sauber. Mit die saubersten Tiere, die ich kenne.“ Aber
das mit dem Image sei so eine Sache, meint sie, genauso wie beim
Ziegenkäse, der sich seine Wertschätzung auch erst erkämpfen
musste. Neben dem großen Ziegengatter müssen die Böcke in
ihrem kleineren Stall miteinander auskommen. Puuh – der Moschus der Machos ist doch um einiges intensiver als der – dagegen eher zarte – Duft der Damen.
Catherine und Daniel lieben und leben ihre Arbeit, ihren Hof,
ihre Tiere. „Unsere Ziegen sind wie unsere Kinder“, meint Catherine. Bei aller Liebe erlauben sie sich jedoch keine Gefühlsduselei. Neben ihren hoch dekorierten Käsespezialitäten wan-
Es heißt, dass Ziegenmilch gut gegen Stress ist und
außerdem bei Angstzuständen und Konzentrationsstörungen helfen kann.
Entgegen vieler Annahmen wird auf der ganzen Welt
immer noch mehr Ziegen- als Kuhmilch getrunken.
Es wird zwischen drei Arten von Ziegen unterschieden:
der Milchziege, der Fleischziege und der Fellziege. Rassen gibt es jedoch weitaus mehr!
Ziegen können wie Kamele einen Wasserspeicher für
schlechte Zeiten anlegen. So können sie in schlechten
Zeiten einige Tage ohne Wasser auskommen.
Nicht nur Ziegenböcke haben Hörner! Hier unterscheidet
nicht das Geschlecht, sondern die Rasse.
Viele Ziegenrassen sind vom Aussterben bedroht.
dern jedes Jahr etliche Ziegen in den Ziegenhimmel. Fleisch und
Wurstspezialitäten, selbst das Fell findet bei Kennern reißenden
Absatz. Hart. Aber fair! Leben und leben lassen. Land- und Viehwirtschaft, wie sie ursprünglicher kaum sein kann, die auch Slow
Food beeindruckte und zu diversen Veranstaltungen veranlasste.
Ziegen haben keinen Feiertag
Ein liebevoll restauriertes Landhaus. Ställe, Tiere, Weiden, Garten und Selbstversorgung. Ein einziger grüner Traum? Ziegen
haben keinen Feiertag. Und fordern Tribut in harter Arbeit und
Entbehrung. 14 bis 16 Stunden täglich – 7 Tage die Woche. Und
wenn im Winter die Zicklein geboren werden, ist an Schlaf kaum
zu denken. In den ersten Wochen wird mit der Babyflasche gefüttert. Viermal am Tag! Jedes einzeln! In manchem Jahr bis zu
50 Stück auf einmal!
Jede Woche einmal nach Hamburg. Im Sommer wie im Winter. Bei Regen, Schnee und Eis fährt Catherine, um die wertvolle Fracht in der Edelgastronomie abzuliefern. Hier warten schon
die „Chefs“ auf die begehrten Käse-Kleinode. Gelten ihre Erzeugnisse doch als die besten Ziegenkäse der Republik. Catherine berichtet von ihrem letzten Urlaubstag: Ein gemeinsamer Besuch
beim Zahnarzt in Stade und der Luxus, sich nach dem Besuch im
Bistro gegenüber der Praxis einen Kaffee zu gönnen. Die Tiere zu
Hause wurden unterdessen von einem guten Freund „gesittet“.
Ist das noch Landhaus-Romantik?
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Hamburger Kochkunst trifft
auf ursprüngliche Genüsse
Im Haus duftet es inzwischen unwiderstehlich nach den mit Ziegenfrischkäse gratinierten Wiesenchampignons. Yvonne Schubkegel hat nun auch, unter der kundigen Leitung von Daniel, die
rund ums Haus wuchernden Wildkräuter gesammelt, die von
Cornelia in ein bezauberndes Artischocken-Carpaccio mit gezupftem Ziegenkäse und Himbeerdressing eingearbeitet werden. Geräucherte Forelle auf Rote-Bete-Salat, knuspriger Schweinebraten mit Landbrot-Füllung, mit Ziegenbratwurst gefüllte
Wirsingwickel und Clafoutis mit selbst gesuchten Neubrachenbrucher Brombeeren ... Cornelia Poletto ist in ihrem Element.
Schwärmt von diesen herrlich authentischen Lebensmitteln, die
ihr Finish auf dem reinweißen Geschirr finden. Hier trifft Kochkunst und modernes Styling völlig unerwartet auf ursprüngliche Genüsse.
Von Pyramiden und Pferdeäpfeln
Sainte-Maure, La Pyramide, Entre Deux, Crotins ... In Neubachenbruch wird nach französischem Vorbild gekäst. Je nach Jahreszeit tummeln sich bis zu 300 „Deutsche Bunte Edelziegen“
auf dem 18 Hektar großen Gelände. Jede von ihnen gibt in der
besten Zeit durchschnittlich drei Liter Milch pro Tag. 100 Liter
benötigt Catherine für zehn Kilogramm Käse. Die Reifezeit liegt
Ziegige Köstlichkeiten
Nicht nur Heidi und Peter wussten die Produkte ihrer
Ziegen zu schätzen.Wir haben für Sie eine kleine Liste
von Lieferanten zusammengestellt, bei denen Sie die
schmackhaften Köstlichkeiten von „der Kuh des kleinen
Mannes“ bekommen können.
Vulkanhof · Familie Thommes-Burbach
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Zahlreiche Höfe bieten auch Besuchstage an,
also ab in die Gummistiefel und auf ins Ziegengehege.
„Unsere Ziegen sind wie unsere Kinder“ – Catherine
und Daniel lieben und leben ihre Verantwortung. Yvonne Schubkegel und Cornelia Poletto sind sichtlich fasziniert
zwischen drei Wochen und einem Jahr für die – auch „Pferdeäpfel“ genannten – würzig-scharfen Crotins. Und sollte nach Catherines hoher Messlatte wirklich mal etwas daneben gehen, landet der „minderwertige“ Käse schon mal bei den Hausschweinen.
„Lieber dort, als mit schlechter Ware seine Kunden zu verärgern“,
urteilt die Chefin. Yvonne und Cornelia testen Catherines Spezialitäten ausgiebig. Dazu frisches Landbrot und ein Gläschen Rotwein – selbstverständlich französischer Provenienz. Genuss ohne
Reue. Einfachheit, die sich in Lebensfreude äußert.
Der norddeutsche Bindfadenregen hat sich inzwischen verzogen. Blaue Flecken lugen durch die grauen Wolkenmassen. Hin
und wieder blitzt sogar ein Sonnenstrahl über die grünen Weideflächen. Einige Ziegen haben sich schon wieder ein Herz gefasst
und zupfen im Freien an den frischen Kräutern. Doch eine Idylle? Ganz sicher für diejenigen, die mit dieser Art Landleben umzugehen wissen. Catherine und Daniel leben ihren Traum. Einfach. Sinnvoll. Ohne wenn und aber. Faszinierende Menschen
mit fantastischen Produkten. Bleibt zu hoffen, dass sie immer
ihr Auskommen haben und noch viele Kenner den Weg zu ihrer
Idylle in Neubachenbruch finden.
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Brombeer-Clafoutis
mit Honigsahne
Zutaten für 6 Personen
• 600 g Brombeeren
• 160 g Butter
• 180 g Zucker
• 75 g Mehl
• 150 g Mandeln
• Salz
• 1 TL Piment
• Mark einer Vanilleschote
• 2 Eier
• 150 ml Milch
• 50 g Mandelblättchen
• 250 ml Schlagsahne
• 3 EL Lavendelhonig
• Puderzucker
• 4 Stiele Lavendelblüten
Zubereitung
1. 10 g Butter zerlassen, 6 feuerfeste flache Förmchen (12 cm ø)
dünn damit auspinseln und mit etwa 40 g Zucker ausstreuen.
Die Brombeeren darin verteilen.
2. 80 g Butter in einem kleinen Topf erhitzen und leicht bräunen. Mehl, 100 g Zucker, gemahlene Mandeln, 1 Prise Salz,
Piment und Vanillemark in einer Schüssel mischen.
3. Die Eier mit der Milch verquirlen und mit der gebräunten Butter unter die Mehlmischung rühren. Den Teig über
den Brombeeren verteilen. Die restliche Butter zerlassen, mit
Mandelblättchen und dem restlichen Zucker mischen und auf
den Clafoutis verteilen.
4. Clafoutis im vorgeheizten Backofen bei 200°C auf der
2. Schiene von unten 25-30 Minuten backen. Inzwischen die
Sahne nicht zu steif schlagen und den Honig unterrühren.
Clafoutis mit Puderzucker bestäuben. Lavendelblüten abzupfen und über die Clafoutis streuen. Clafoutis noch lauwarm
mit der Honigsahne servieren.
Gratinierte
Wiesenchampignons
mit Ziegenkäse
Zutaten für 4 Personen
• 4 Portobello-Champignons (à ca. 120 g, alternativ:
8 gr. braune Champignons)
• 2 Zweige glatte Petersilie
• 40 g Taggiasca-Oliven
• 20 g Pinienkerne
• 200 g Ziegenfrischkäse
• Fleur de Sel
• frisch gemahlener Pfeffer
• 4 Thymianzweige
• 30 g entrindetes Toastbrot
• 20 g geriebener
Parmesankäse
• 3 EL Olivenöl
Zubereitung
1. Pilze putzen und säubern. Die Stiele aus den Köpfen herausschneiden. Petersilienblätter abzupfen und fein schneiden. Oliven fein
würfeln. Pinienkerne in einer Pfanne ohne Fett anrösten, herausnehmen.
2.Frischkäse, Oliven, Pinienkerne und Petersilie verrühren,
abschmecken. Toastbrot und die Blättchen von 2 Thymianzweigen im elektrischen Zerhacker fein zerkleinern. Mit Parmesan
mischen.
3. Grill des Backofens vorheizen. Pilzköpfe von jeder Seite im heißen Öl mit Thymianzweigen ca. 3 Minuten braten, salzen und
pfeffern. Herausnehmen und mit der Öffnung nach oben in eine
Form setzen.
4. Füllung auf die Pilze verteilen. Bröselmischung darübergeben.
Im Backofen auf der mittleren Schiene einige Minuten goldbraun
gratinieren.
Tipp
Einfacher geht das Petersilienblätterhacken,
indem Sie die Blätter in ein flaches Glas geben
und mit der Schere kreuz und quer darin
herumschneiden – fertig.
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