Religionen III: Islam - Katholische Universität Eichstätt

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Religionen III: Islam - Katholische Universität Eichstätt
Magazin der Eichstätter Studierendenschaft · kostenlos · Mai 2009
kuAktuell
Religionen III
Islam
Editorial
Editorial
Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen,
liebe Leser und Leserinnen,
Inhalt
Was wäre der Westen ohne den Osten,
das Morgenland ohne das Abendland?
Wie profitieren von dem Dialog beide
Seiten - nicht nur indem sie sich voneinander abgrenzen, sondern auch, indem
sie aufeinander zugehen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede entdecken? In
dieser Ausgabe werdet ihr viele persönliche Artikel zum Titelthema finden, die
einzelne Facetten einer fremden Kultur
beleuchten, die in den deutschen Medien
vielleicht weniger präsent sind – an dieser
Stelle vielen Dank an alle Gastautoren!
Es geht um den Alltag von Paaren, die
aus unterschiedlichen Kulturen stammen, um Probleme und Kompromisse.
Um Diskussionen mit Familie, Freunden, Kollegen, die vor übertriebener
Anpassung warnen. Um die Erkenntnis,
dass nicht jede kleine Abweichung von
kulturellen Gegebenheiten einen Verlust der kulturellen Identität bedeutet.
Es geht um das das Frühlingsthema
schlechthin: die Liebe. In einer Gesellschaft,
die uns fremd ist und zugleich fasziniert.
Um die Bereitschaft, sich mit einer anderen
Denkweise auseinanderzusetzen und eine
Kultur näher kennen zu lernen, die unsere
eigene seit Jahrhunderten beeinflusst
und das nicht nur in der bildenden Kunst.
Es geht um Angst, ob begründet oder
unbegründet, und um diejenigen, die sie
schüren. Es geht darum, Aussagen zu
einem Thema zur Kenntnis zu nehmen,
über das man sich bereits ein Urteil gebildet hat. Darum, dass es keine Schwäche ist,
seine Meinung zu ändern - frei nach John
Maynard Keynes: „When the facts change,
I change my mind. What do you do, Sir?”
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Editorial
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Das Schwarze Brett
Was Wann Wo?
Was die verschiedenen Bevölkerungsgruppen in der Türkei über den geplanten EUBeitritt denken, wird beispielweise selten
thematisiert. Und wenn Orhan Pamuk
nicht den Nobelpreis gewonnen hätte,
würde sein Buch „Schnee“ auch nicht in
jeder gut sortierten Buchhandlung erhältlich sein. Und Spiegelleser wissen bekanntlich mehr, wer muss da noch auf quantara.de
nachlesen oder aljazeera konsultieren? Es
gibt schließlich genug selbsternannte Islamexperten - aber ob die auch kompetent
sind? Oder qualifiziert? Schwer zu sagen…
Die Teilnehmer der großen Exkursion nach
Syrien und Jordanien hatten jedenfalls die
Gelegenheit, „fernab von Ala­din und seiner Wunderlampe, fliegenden Teppichen
und verschleierten Haremsda­men“ ein
eigenes Orientbild zu entwerfen. Wen die
Situation vor Ort interessiert, kann dem
Türkischen Verein einen Besuch abstatten
oder an dem „Projekt zur Bildungsintegration von Migranten“ teilnehmen. Das
Thema „Bildung“ bewegt auch weiterhin
die Gemüter, sowohl im Hinblick auf die
geplanten Proteste gegen Studiengebühren als auch auf die Präsidentenwahl – es
bleibt spannend.
Mit dieser Ausgabe schließen wir die
Reihe der drei großen Buchreligionen ab:
eine gute Gelegenheit, Lessings Ringparabel zu zitieren, oder auch einfach nur viel
Spaß beim Lesen zu wünschen…
Karen Schewina
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Impressum
Auflage: 500 Exemplare
Herausgeber
Öffentlichkeitsreferat des Konvents der
Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt
Redaktionsleitung für diese Ausgabe
Christopher Knoll, Karen Schewina, V. i. S. d. P.
kuAktuell-Redaktion
Texte: Dorothee Barsch, Robin Baumgartner,
Anne Deremetz, Christian Hübner, Christopher
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Knoll, Tina Riedel, Karen Schewina, Benjamin
Wech und Gastautoren.
Layout: Sebastian Gruber.
Titelillustration: Sebastian Gruber.
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben
die persönliche Meinung der Autoren wieder
und sind als Beitrag zur Meinungsbildung oder
zumindest zur geistigen Erbauung gedacht.
* [email protected]
8 www.ku-konvent.de/kuaktuell
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Titel: Islam
Subjektivität vs. Objektivität am
Beispiel der Weltreligionen
Eine Ehe, zwei Weltreligionen
Gedanken zur Islam-Ausgabe
Halbmond überm
Ochsenbräustadel – die
muslimische Gemeinde in
Eichstätt
Die Liebe im Islam
Die Kunst im Islam
Auf den Spuren des Islam in der
Schatzkammer des Orients
Die Fremdwahrnehmung der
Türkei in Europa: Gegner und
Verfechter des türkischen
EU-Beitritts
La terreur dans l’Histoire
Hochschulpolitik
Interview mit dem Sprecherrat
zum Thema Studiengebühren
und Präsidentschaftswahlen
10 Weltrechte
Campus
Eichstätter GeographieStudenten auf der
Internationalen Tourismusbörse
(ITB) in Berlin
Moderne Begrifflichkeiten,
Folge 3: Kompetenz
Die große Wirtschaft und die
kleine Bildung
Kurzmeldungen
Projekt zur Bildungsintegration
von Migranten
Kultur
Die Buchrezension: W. G. Sebald:
Austerlitz
Das Ende
10 Fragen …
Comic-Suche
Die nächste Ausgabe von kuAktuell
(»Asiatische Religionen«) erscheint im
Juni. Gastartikel sind willkommen!
Mai 2009 kuAktuell
Das Schwarze Brett
Was Wann Wo?
jeder Donnerstag im Semester
Sprechstunde des AK International
Aktuelle Informationen auch auf dem
Schwarzen Brett im Foyer der Zentralbibliothek oder auf der Homepage.
Konventsbüro (KG 1 C) / 13:30–15:30 Uhr
8 www.ku-konvent.de/ak-international
* [email protected]
5. Mai · Dienstag
Sport emotions around the world
Das Sportzentrum lädt zur Sport-Show
ein, um das Angebot vorzustellen.
Eintritt: VVK 2 Euro, AK 3 Euro.
Vorraum der Aula / 19 Uhr: Sektempfang
Aula / 19:30 Uhr: Show
VVK: 27. April bis 4. Mai jeweils von 11–13 Uhr
im Foyer der Aula.
Warum ich wegen des Bologna­
prozesses meinen Lehrstuhl räume
Diskussion mit Prof. Dr. Marius Reiser,
Professor für Neues Testament an der
Universität Mainz.
KHG / 20:15 Uhr
12. Mai · Dienstag
Hilfe Studium!
Gesprächsabend zur Überforderung im
Studium mit Stefanie Potsch-Ringeisen.
KHG / 20:30 Uhr
14. Mai · Donnerstag
Jazz/Funk-Jamsession
Improvisieren und ausprobieren.
Studihaus / 20 Uhr
Instrumentenabsprachen und sonstige Organisationsanfragen an * [email protected].
6. Juni · Samstag
Incoming-Outgoing-Day
Austausch mit ausländischen Studierenden und Informationen aus erster Hand
über ihre Wunschuniversität für Studierende aus Deutschland, die ein Auslandsstudium planen.
Studihaus / 15 Uhr
AK International * [email protected]
kuAktuell Mai 2009
KunstgeschichtsExkursionen
Die Fachschaft Kunstgeschichte organisiert auch dieses Semester wieder
einige Exkursionen in nahegelegene
Museen, Ausstellungen und Galerien.
Die Teilnahme ist auch für alle anderen Mitglieder der Universität möglich.
Fragen, Anregungen oder auch Anmeldung für Exkursionen gerne per Mail
an:
* [email protected]
9. Mai · Samstag
Museum für Konkrete Kunst
Camill Leberer, Anita Stöhr Weber,
Christian Megert.
Eintritt: 3,00 €, ermäßigt 1,50 €
Ingolstadt
8 www.mkk-ingolstadt.de
23. Mai · Samstag
Kunsthalle
Frans Hals und Haarlems Meister der
Goldenen Zeit.
Eintritt: 8,00 €, ermäßigt 4,00 €
München / Abfahrt 8:44 Uhr*
8 www.hypo-kunsthalle.de
8. Mai · Freitag
Der Wert der Menschenrechte
in Europa
Barbara Lochbihler (ehem. Vorsitzende von Amnesty International,
Spitzenkandidatin der Grünen für
die Europawahlen) spricht über
Europas Migrations- und Menschenrechtspolitik.
Studihaus / 10 Uhr
30. Mai · Samstag
Kulturspeicher
Berliner Impressionismus – Corinth,
Liebermann, Slevogt.
Eintritt: 3,50 €, ermäßigt 2,00 €
Würzburg / Abfahrt 8:44 Uhr*
8 www.kulturspeicher.de
20. Juni · Samstag
Museum Brandhorst
Eintritt: 7,00 €, ermäßigt 5,00 €
München / Abfahrt 8:44 Uhr*
8 www.museum-brandhorst.de
4. Juli · Samstag
Glaspalast
Kunstmuseum Walter und Galerie
Noah im Glaspalast.
Eintritt: 6,00 €, ermäßigt 4,00 €
Augsburg / Abfahrt 8:44 Uhr*
8 www.glaspalast-augsburg.de
* Abfahrtsbahnhof ist Eichstätt Stadt.
AK Theater: Stirb langsam
Eine Komödie. Kein Bruce Willis.
Gestorben wird trotzdem.
Aula der Universität
14. Juni (Sonntag)
18 Uhr
16. Juni (Dienstag)
20 Uhr
18. Juni (Donnerstag)
20 Uhr
Allgemeine Hochschulwahlen
Lest dazu auch unser Wahlspezial!
(Erscheint rechtzeitig)
Foyer der Aula
16. Juni (Dienstag)
9–16 Uhr
17. Juni (Mittwoch)
9–16 Uhr
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Titel: Islam
Subjektivität vs. Objektivität
am Beispiel der Weltreligionen
D
ie Ambivalenz zwischen Objektivität
und Subjektivität ist nicht neu, sondern sie existiert seit eh und je. Bis auf ein
paar allgemein anerkannte Tatsachen in
unserem Alltag gilt die Grenze zwischen
objektiver und subjektiver Wahrnehmung
als sehr umstritten. Zum Beispiel steht die
Objektivität der folgenden Aussage außer
Frage: wenn man einige Zeit nicht trinkt
und nicht isst, muss man vom Leben
Abschied nehmen.
Die Sache wird noch komplizierter, je
mehr wir uns aus unserem konkreten Alltag entfernen und desto mehr wir uns mit
abstrakten Gegenständen befassen. Zum
Beispiel bei der Wertung von literarischen
Werken, sprich: Kritik und Rezension. Soll
die Kritik und Rezension nach objektiven
Maßstäben erfolgen, wenn ja, nach welchen objektiven Maßstäben, oder doch
nach subjektivem Maßstab? Gibt es denn
überhaupt eine rein objektive Sichtweise,
wo gar keine subjektive Sichtweise präsent
ist? Das gleiche kann auch bei Geschmack
oder Musik beobachtet werden, in dem
Einige manche Sachen oder Musik »rein
objektiv« ganz toll finden und noch manch
Anderen dagegen von desselben Sachen
wiederum »rein objektiv« gar nichts halten.
Natürlich besitzt jede Gesellschaft und
Kultur ihre ungeschriebenen moralische
Schranken und Werte, die bei der Wertung
und Einordnung der Sachen erheblich beitragen. Aber die Problematik liegt darin,
dass in manchen Gesellschaften und Kulturen einige oder auch viele »objektive«
Sachen gar nicht mehr »objektiv«, sondern
schlicht und einfach als »subjektiv« eingestuft werden und umgekehrt. Vielmehr
scheint aber der »objektive« bzw. »subjektive« Standpunkt auch von der jeweiligen
Perspektive abhängig zu sein.
Genauso passiert es bei den größten
Buchreligionen der Welt: Christentum,
Judentum und Islam, in dem sie »rein
objektiv« nach ihrem Friedenspotential
und Gewaltbereitschaft in einer hierarchischen Skala eingeordnet werden.
Nach dieser Einordnung gewinnt der
Islam eindeutig als »gewaltbereite« und
»friedensferne« Religion unter anderen Buchreligionen, zumindest nach der
öffentlichen Meinung. Man spricht hierfür gelegentlich sogar von »Islamophobie«.
4
Davon zeugt auch die überproportionale
Präsenz des Thema in der öffentlichen
Massenmedien, und zwar mit negativer Konnotation: »Wie gefährlich ist der
Islam?« (Stern-Titel 38/2007), »Der Koran.
Das mächtigste Buch der Welt« (SpiegelTitel 52/2007) oder »Papst contra Mohammed. Glaubenskampf um den Islam, die
Vernunft und die Gewalt« (Spiegel-Titel
32/2006) etc.
Inwieweit sind diese Aussagen einzuschätzen: als »objektiv« oder doch »subjektiv«? – Im Folgenden wird der Aussage
nachgegangen um sie zu verifizieren oder
zu falsifizieren.
Grundsätzlich besitzen alle monotheistischen Religionen sowohl ein Gewaltpotential, als auch einen friedenstiftenden
Charakter. Dies betrifft genauso den Islam,
wie auch das Christentum sowie das
Judentum. Den eindeutig und klar formulierten Suren zu verschiedenen Arten der
Gewalt und deren Ausübung im Koran
stehen die Verse, in denen wiederum
der Krieg und Gewalt, sowie der Kampf
gegen die Ungläubigen als unerwünscht
ausgelegt wird, entgegen (Koran 109,6;
42,15; 6,106f.). Martin Riesebrodt (2000),
der berühmte US-Religionssoziologe, hat
zurecht gesagt, dass man explizite Werturteile über Religionen besser vermeiden
soll, indem man sie nach hierarchischer
Einordnung in gute und schädliche, in
legitime und illegitime oder in höhere und
niedere unterteilt. Diese grundlegende
Widersprüchlichkeit der Religionen hat
Markus Weingardt (2008) am Besten auf
den Punkt gebracht:
»Religionen verfügen über ein Potenzial, das in Konflikten zur Legitimierung,
Mobilisierung und Ausübung von unvorstellbarer Gewalt herangezogen werden
kann – ein Konflikt- und Gewaltpotenzial
also, das auf Beherrschung statt Verständigung, auf Eskalation statt auf Frieden
gerichtet ist. Politische Führer bedienen
sich deswegen der Religionen, und religiöse
Führer bieten sich der Politik willig an, um
gewaltsame Konfliktaustragungsformen
zu unterstützen. Das ist weder neu noch
auf bestimmte Religionen oder Kulturen
beschränkt.«
Und genau diese Zweideutigkeit der
Religionen gibt eine umfassende Möglich-
keit für den gezielten »selektiven« Umgang
mit Quellentexten. Je nach Perspektive
wird entsprechend mit den Quellentexten
»objektiv« oder »subjektiv« umgegangen.
Aufbauend auf der oben erfolgten Argumentation kann gesagt werden, dass die
Aussagen über den Islam mit negativer
Konnotation als »subjektiv« eingeschätzt
werden können, da sie offensichtlich auf
Vorurteile beruhen. Und diesen Vorurteilen liegt die Tatsache zugrunde, dass
nicht alle Muslime Terroristen sind, aber
viele Terroristen konfessionell dem Islam
angehören, und damit eine kleine Zahl der
Gläubigen für die große Masse der Muslime spricht. Hierzu ist noch essentieller
zwischen der Religion »Islam« und dem
»Islamismus« bzw. »islamischer Fundamentalismus«, die mit politischem Islam
gleichzusetzen sind, zu unterscheiden.
Dazu kommen noch gesellschaftliche
und kultursoziologische Ängste von der
zunehmender »Islamisierung« der westlichen Gesellschaften aufgrund der rapiden
demographischen Zunahme des islamischen Bevölkerungsanteils.
Zusammenfassend kann festgehalten
werden, dass die Grenze zwischen »Objektivität« und »Subjektivität« bei konkreten
Dingen ziemlich eindeutig sind, und je
weiter wir uns von den konkreten Dingen entfernen, desto schwieriger wird
es, die Grenze zwischen den Begriffen zu
erkennen. Schließlich hängt die objektive
bzw. subjektive Sichtweise von der Gesellschaftsmoral im jeweiligen Kulturkreis
und von der Perspektive ab.¶
Sanjar Islomov
Sanjar kommt aus Usbekistan und studiert MA Internationale Beziehungen.
Mai 2009 kuAktuell
Titel: Islam
Eine Ehe, zwei Weltreligionen
I
nterkulturelle Kommunikation – was
für manche Studenten als Schlüsselqualifikation auf dem Stundenplan steht,
gehört für andere zum Alltag. Zwei islamisch-christliche Paare erzählen, wie sie
in ihrer Ehe zwei Religionen unter einen
Hut bringen – Gespräche über Schweinefleisch, Feiertage und kulturelle Identität.
Ein gemischtes Kind hat mehr
Feiertage – Natalie, Ali und
Noa
Natalie und Ali lernen sich 2003 in Damaskus kennen. Sie ist für einen Monat in
Syrien, trifft ihn bei Freunden, führt die
Bekanntschaft per E-Mail weiter – und
geht im Auslandssemester nicht wie
geplant nach Kairo, sondern nach Damaskus zurück. Aus acht Monaten wird ein
Jahr, während dem die beiden in Syrien
religiös heiraten – um in Syrien zusammenleben zu dürfen, muss man verheiratet
sein. Als Natalie am Ende des Jahres nach
Berlin zurückkehrt, ist sie schwanger. Die
Schwangerschaft verfolgt Ali per Skype
und Webcam, während Natalie von Amt
zu Amt zieht. Wenn ein Kind auf dem Weg
ist, bedeuten zwei Staatsangehörigkeiten
zuerst einmal eines: Viel Papierkram.
Vier Monate nach der Geburt der kleinen Noa kann Ali nach Deutschland kommen. In diesem Alter werden in Deutschland die meisten Kinder getauft – eine
Entscheidung, die in Noas Fall nicht so
einfach zu treffen ist. Für die Eltern ist
jedoch klar: Noa soll zwar nicht einer Religion zugeordnet werden, aber sie soll an
Gott glauben und beide Religionen nahe
gebracht bekommen. »Das ist im Moment
eher kulturell als religiös. Es ist uns wichtig,
dass Noa etwas darüber erfährt und entscheiden kann, wonach sie später leben will«,
erklärt Natalie.
Als konkrete Handlung gibt Alis Bruder
Natalie den Auftrag, Noa nach islamischem
Brauch den Gebetsruf »allahu akbar« ins
Ohr zu flüstern – und ins andere Ohr das
entsprechende christliche Pendant.
Da Noa noch so klein ist, sind für sie
die zwei Religionen in der Familie eher ein
Vorteil als ein Nachteil: »Noa hat die meisten Feiertage im Jahr!« Sie feiert Ostern
mit der gleichen Begeisterung wie das
Zuckerfest.
kuAktuell Mai 2009
Noa bekommt aber nicht nur die Feiertage aus beiden Kulturen mit, sie hat auch
zwei Namen: Noa und Nur. Noa ist neben
der biblischen Figur auch »der Friedensbringer«, Nur ist arabisch und heißt soviel
wie Blume oder Licht, ist aber nicht die arabische Variante von Noa. Hinter den zwei
Namen steht ein ganz praktischer Grund:
Die syrische Familie kann »Noa« nicht aussprechen, die deutsche Verwandtschaft
hat Probleme mit dem arabischen Namen.
»Die Namensfindung war ganz schön kompliziert«, erklärt Natalie, aber sie findet die
zwei Namen aus beiden Sprachen passend:
»Sie ist ja auch ein gemischtes Kind.« Noa
hat mit ihren zwei Namen jedenfalls keine
Probleme, so wie andere Kinder eben auch
mehrere Spitznamen haben.
Dass das Arrangement mit beiden Religionen funktioniert liegt aber auch daran,
dass beide Eltern nicht streng gläubig sind,
so Natalie: »Wir führen eine eher säkuläre
Beziehung, die Unterschiede liegen eher in
der Sozialisation und weniger in der Religion.
Das klappt dann deswegen, weil wir gleich
gestrickt sind. Schwieriger wäre es nur, wenn
einer religiös wäre und der andere nicht. Konflikte gibt es vor allem, wenn beide auf ihrem
Standpunkt beharren.«
Dass das Aufwachsen mit zwei Religionen für Noa möglicherweise nicht immer
so unkompliziert bleiben wird, dessen ist
sich Nadine bewusst. Für welchen Lebensweg sich Noa später entscheiden wird, ist
schließlich noch nicht abzusehen. »Von
der Vernunft her bin ich entschlossen, sie mit
jeder Entscheidung zu unterstützen. Aber
wie ich dann damit umgehe, wenn sie älter ist
und vielleicht einen anderen Weg einschlagen
will, das wird sich dann zeigen.«
Dann macht er eben schon mal
den Salat – Bettina und Otito
Bettina und Otito sind seit vier Jahren
verheiratet. Die Zeit, die sie zusammen
verbracht haben, können sie in Monaten
zählen: Sie studiert in Berlin, er in Kairo.
Dort haben sich die beiden während ihres
Auslandsjahrs kennengelernt. Noch bevor
Bettina nach Deutschland zurückkehrt,
heiraten sie traditionell muslimisch mit
einem Ehevertrag. Der wird zwar bei
einem Anwalt mit Zeugen unterschrieben,
hat in Ägypten aber keine Rechtsgültig-
keit. Die standesamtliche Hochzeit folgt
im Herbst 2007, ebenfalls in Kairo. Ein
Einreisevisum bekommt Otito erst im
Frühjahr 2009. Neben verschiedenen Heimatländern, Studienplänen und Sprachen
müssen die beiden in ihrer Fern-Ehe auch
zwei verschiedene Religionen unter einen
Hut bringen – er ist gläubiger Moslem, sie
gläubige Christin.
Otito fällt die Trennung zwischen Kultur und Religion leichter. Er lebt und studiert in einem Land, in dem der Islam die
vorherrschende Religion ist. Geboren und
aufgewachsen ist er jedoch im Togo, wo
Christen und Moslems je 30 % der Bevölkerung ausmachen. Die Religionen existieren nebeneinander und miteinander: Als
Kind, erzählt Otito, wurden oft christliche
und muslimische Feste in seinem Dorf
gemeinsam gefeiert. Sein Onkel ist Christ,
und in den Städten rufen Kirchenglocken
und Muezzins gleichermaßen zum Gebet.
Sowohl in Ägypten als auch in Deutschland ist das anders: Die Kultur des Landes
ist eng verwoben mit der vorherrschenden
Religion. Diese Verwobenheit von Religion
und kultureller Identität nimmt für Bettina manchmal absurde Züge an: Soll aus
Rücksicht auf muslimische Schüler kein
Schweinefleisch mehr in Schulmensen
ausgegeben werden, flammen entrüstete
Debatten um bedrohte kulturelle Identität
auf.
Da hilft die Erfahrung aus der Multikulti-Ehe dabei, alles etwas lockerer zu
sehen. Denn: »Eine Schweinefrikadelle
macht noch keinen Christen«, meint Bettina.
Soll heißen: Nicht jede kleine Abweichung
von kulturellen Gegebenheiten bedeutet einen Verlust an kultureller Identität.
Denn oft sind kulturelle Gegebenheiten
nichts anderes als das: Gegebenheiten,
Umstände, die eben nun mal so sind. Oder,
wie Otito sagt: »Kultur ist etwas, was die
Menschen gewohnt sind zu tun, egal ob es gut
ist oder schlecht.«
Sich auf andere Kulturen und Religionen und die damit verbundenen Bräuche
einzulassen, kann manchmal auch bedeuten, Dinge aufgeben oder anpassen zu
müssen. Dazu gehören Fragen der alltäglichen Lebensgestaltung ebenso wie der
besonderen religiösen Bräuche. Bettina
sieht jedoch zum Beispiel das Aufgeben
5
Titel: Islam
von Gewohnheiten nicht pauschal als
Verlust, sondern versucht es in Relation
zu setzen: Da sie sowieso kaum Alkohol
trinkt, macht es ihr wenig aus, darauf
meistens zu verzichten. Denn: »Wenn ich
mich an einem Abend entscheiden muss zwischen einer Flasche Bier trinken und meinen
Mann küssen, dann küsse ich meinen Mann.«
Oft vermuten Bekannte hinter solchen
Handlungen religiöse Motive, warnen vor
übertriebener Anpassung. Dass nur die
Anpassung an religiöse Fragen so kritisch
gesehen wird, ärgert Bettina: »Hätte ich
einen Vegetarier geheiratet, dann wäre das
eben eine Lifestyle-Entscheidung, wenn es
sich aber um eine religiöse Eßvorschrift handelt, dann ist es ein Problem.«
Diese religiösen Unterschiede stellen
für die beiden aber kein großes Problem
dar – das sind eben Aspekte des Ehealltags,
die man in einer Beziehung aushandeln
muss wie andere, nicht religiöse Fragen
eben auch. Neben den Alltagsfragen stellt
eine interreligiöse Ehe aber auch andere
Gewohnheiten in ein neues Licht. So muss
die aus der Kindheit mitgenommene Art,
einen Feiertag zu begehen, neu reflektiert und gestaltet werden. Bettina gibt zu,
dass das schwierig sein kann: Die aus der
Familie mitgenommene Vorstellung vom
gemeinsamen Kirchenbesuch an Ostern
funktioniert nicht mehr:
»Aber man gewöhnt sich daran, und dann
denkt man, gut, dann macht er eben in der
Zwischenzeit schon mal den Salat.« In solchen Dingen käme es darauf an, sich eine
eigene Tradition und Familienkultur zu
schaffen, anstatt auf überlieferten Traditionen zu beharren.
Für Bettina ist das wichtigste in einer
interreligiösen Ehe: »Dass interreligiöse
Kommunikation nur gelingen kann, wenn
man sich nicht bedroht fühlt von der Religiosität des anderen.« Das mußte auch Bettina
erst lernen: Am Anfang hatte sie in der
ägyptischen Gesellschaft das Gefühl, sich
und ihren Glauben verteidigen zu müssen.
Das hat sich jedoch mit der Zeit gelegt.
Die beiden führen viele Diskussionen und
Gespräche: Zum Beispiel über Jesus, der
zwar in beiden Religionen existiert, aber
eine unterschiedliche Rolle spielt. Beide
empfinden die Beschäftigung mit dem
Glauben des anderen als Bereicherung.
»Es gibt keine allgemeinen Wahrheiten oder
Selbstverständlichkeiten, sondern man
beginnt, vieles zu reflektieren, was man vorher nicht reflektiert hat«, so Bettina. Auch
die Art, wie man seinen Glauben nach
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außen vertritt, wird durch die Konfrontation mit dem anderen Glauben in Frage
gestellt. Beide sind oft in der Rolle des
Aufklärers, müssen ihre eigene Religion
und die des Partners erklären.
Neben den kulturell und religiös geprägten Unterschieden zählen in einer Ehe aber
auch, und noch viel mehr, die Gemeinsamkeiten: Gemeinsame Werte, Verhaltensweisen, Vorstellungen vom Leben. Otito
hat in Bettina Qualitäten gefunden, die
zum ihm passen: »Unsere Religion ist verschieden, aber wir haben die gleichen Verhaltensweisen. Bettina verhält sich mehr wie
eine Muslima als viele muslimische Frauen
die ich kenne. Sie passt besser zu mir, deswegen war es sinnvoller, sich für Bettina zu
entscheiden als für eine andere, muslimische
Frau. Wir haben die gleichen Vorstellungen.«
Auch Bettina findet nicht, dass ein
unterschiedlicher Glaube ein Problem sein
muss:
»Man kann auch unterschiedliche Religionen haben und sich trotzdem gegenseitig in
seiner Religion bestärken, indem man es als
Gemeinsamkeit erkennt, überhaupt religiös
zu sein. Das kann man unabhängig von der
Religion teilen, als Sicht auf die Welt.Ǧ
Dorothee Barsch
Gedanken zur
Islam-Ausgabe
Kleiner Bruder Mohammed,
Du weisst wie’s heutzutage steht
gelangest nie zu Weltenruhm,
bist jünger als das Christentum
aber wie’s uns dabei nun geht
Dich zu emanzipieren,
das willst Du nicht kapieren
Du bist einer von uns Dreien
die Anspruch auf die Welt begehren
doch wir werden’s nicht bereuen
nicht Deinen Gott zu ehren
Wir ham ja unsren eigenen,
der wird sich nicht so schnell verzehren
Ihr lebt bei uns in Minderheit
das kann ich Euch beweisen
und wegen der Gerechtigkeit
ziehen wir den weisen
aber ganz bestimmten Schluss,
dass Eure Unterlegenheit
zumindest toleriert werden muss.
Doch nicht des Genierens wegen
muss es ausgesprochen werden,
Euer Paradies auf Erden
bringt den Christen keinen Segen
Eines kann Euch keiner rauben.
Trotz, Eile, Hetze, Mehrheitswahl,
Ihr lebet Euren Glauben
und das wirklich überall.
Ihr brauchet nicht das Gotteshaus,
Ihr brauchet nur die Zeit,
kommt ohne Requisiten aus,
doch auch nicht ohne Streit.
Mohammed, ich bitte Dich,
wir sind doch alle eben
aber Weltanspruch für sich
kann keiner von uns mehr erheben.
Der Glaube, der steckt in der Krise,
Eurer lebt sich zwar nicht schlecht,
und wenn es sich beweisen ließe,
gäb’ ich Eurem sogar Recht.
Uns Sekten gibt’s wie Sand am Meer,
uns allen hoch der Glauben steht
doch einzig all-verbunden wär’s
erst durch Solidarität.¶
Anne Deremetz
Mai 2009 kuAktuell
Titel: Islam
Halbmond überm Ochsenbräustadel –
die muslimische Gemeinde in Eichstätt
D
ie Anträge auf einen deutschen Pass
sind in den letzten Monaten rapide
zurückgegangen. Immigrationswilligen
wird durch die rigiden Einbürgerungstests die Integration nicht gerade erleichtert. Wer die deutsche Staatsbürgerschaft
erlangen möchte, muss sich auf die Verhältnisse hierzulande einstellen, bisweilen
auch umstellen. Dass sich aber durch die
vielen Neuzugänge auch die gesellschaftlichen Verhältnisse ändern, wird in den
Debatten um eine deutsche »Leitkultur«
immer noch gerne totgeschwiegen. Dabei
sind die mehr als drei Millionen Muslime,
die derzeit in Deutschland leben, nicht
mehr zu übersehen. Auch in Eichstätt hat
sich die islamische Gemeinde einen festen Platz im kulturellen Leben der Stadt
geschaffen.
»Kultur ist für mich sehr wichtig«, sagt
Birol Günay, Vorsitzender des türkischislamischen Kulturvereins Ditib Eichstätt.
»Wenn ein Mensch seine Kultur und seine
Herkunft nicht kennt, kann er anderen Kulturen gar nicht behilflich sein. Integration zum
Beispiel. Jeder sagt: Leute, ihr müsst integrieren! Ich und viele meiner Kolleginnen und
Kollegen sagen: um integrieren zu können,
brauchen wir zwei Leute. Also auch die Leute,
die wollen und wünschen, dass wir integrieren, müssen uns entgegenkommen.« Dass
dieses Entgegenkommen auch funktionieren kann, zeigt sich am Hauptgebäude
des türkisch-islamischen Vereins. Der alte
»Ochsenbräustadel« – so der ursprüngliche Name der 1787 errichteten Hopfenscheuer – wurde 1995 von der islamischen
Gemeinde erworben und mit Unterstützung des bayerischen Landratsamts für
Denkmalpflege originalgetreu restauriert.
Beide Seiten, Türken und Deutsche, beteiligten sich an der Instandsetzung des
alten Jurahauses. Nun beinhaltet das Baudenkmal einen türkischen Lebensmittelladen, Aufenthaltsräume für Feste, Vorträge
und Vereinssitzungen und natürlich eine
Moschee. Traditionell getrennt sind die
Gebetsräume für Männer im ersten, für
Frauen im zweiten Stockwerk. Insgesamt
bietet das Gotteshaus rund 1000 Gläubigen Platz.
Den braucht die islamische Gemeinde
in Eichstätt auch. Wenn sie sich unter der
kuAktuell Mai 2009
Der Ochsenbräustadel
in der Weißenburger
Straße
Woche, besonders aber freitags, zum Gebet
versammelt, kommen nicht nur viele Mitglieder der 40 ortsansässigen Familien
herzu, sondern auch zahlreiche Angehörige aus dem ganzen Landkreis. Insgesamt leben derzeit etwa 2500 Muslime in
Eichstätt und Umgebung. Darunter nicht
nur Türken, sondern auch Ägypter, Libyer,
Syrer und viele andere Gläubige aus aller
Herren Länder. »Nationalität spielt hier
keine Rolle«, sagt Birol Günay. »Ob ich jetzt
Deutscher oder Türke bin, das ist uninteressant für mich. Ich bin Türke, ich schließe mich
dem islamischen Glauben an, daran halte ich
mich.« Dass in Eichstätt die Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Muslimen
so gut funktioniert, liegt nicht zuletzt am
gegenseitigen Interesse, dem Willen, miteinander in Dialog zu treten. So treffen
sich christliche und islamische Gemeinde
jedes Jahr kurz vor Weihnachten immer
abwechselnd in einem evangelischen,
einem katholischen Gotteshaus oder der
Moschee, um dort gemeinsam zu beten.
Diese Initiative verdankt sich auch der
Arbeit des türkischen Kulturvereins, der
großen Wert auf gegenseitiges Verständnis legt. Birol Günays Einschätzung fällt
in dieser Hinsicht jedenfalls sehr positiv
aus: »Wir Eichstätter sind glaube ich schon
integriert, ich glaube es nicht, sondern ich
bin sicher, wir sind integriert. Zum Beispiel
haben wir jetzt am 16. und 17. Mai Tag der
offenen Tür, ›Kermes‹, und da kommen auch
Eichstätterinnen und Eichstätter und fragen:
›wann macht’s ihr mal wieder so a Festla?‹«
Über die Kermes hinaus bietet der türkische Verein Ditib Eichstätt mit dem
Jugend-, dem Frauenbund, dem FC Türk-
gücü (einem eigenen Fußballclub) und
dem deutsch-türkischen Elternbeirat eine
Vielzahl an Angeboten, die eigene Kultur
im Dialog mit der deutschen zu gestalten
und zu leben. Man muss also nicht auf
seine ursprüngliche kulturelle Identität
verzichten, um in Deutschland Fuß zu fassen. »Ich fühle mich hier zu Hause, ich habe
meine Familie hier, ich habe meinen Vater
hier, meine Geschwister sind hier, meine
Freunde sind hier«, meint Birol Günay und
lächelt dabei, »ich fühle mich hier zu Hause,
obwohl ich türkischer Staatsbürger bin, einen
türkischen Pass habe.« – Erfolgreiche Integration bedarf nicht unbedingt eines deutschen Ausweises. Trotzdem steckt hinter
der Vergabe dieses Stückchen Papiers viel
mehr, als ein bloßer bürokratischer Akt.
Dass die Ausstellungskriterien nun wieder
verschärft wurden, zeigt, dass noch viel
Arbeit nötig ist, um sich über ein Zusammenleben in Freundschaft und Respekt
zu verständigen. Birol Günay jedenfalls
ist zum Dialog bereit: »Unsere Tür ist für
jedermann offen, jederzeit!«
Weitere Informationen über die islamische Gemeinde und den türkischen
Kulturverein Eichstätt gibt es unter
8 www.ditib-eichstaett.de sowie am Tag
der offenen Tür (16./17. Mai 2009, Weißenburger Str. 28, 12–20 Uhr)¶
Christian Hübner
7
Titel: Islam
Die Liebe im Islam
Ü
ber einhundert verschiedene Wörter
kennt das Arabische für die Liebe,
ihre Spielarten und Seelenzustände und
das beschreibt, wie tolerant und aufgeschlossen die Kultur des Islams ist.
Der Mensch muss nur die Liebe in Gott
und in sich selbst entdecken und diese
beiden Formen der Liebe in Verbindung
bringen, damit er ein friedliches, idyllisches und versöhnliches Leben
leben kann. Rabia al-Adawiyya
al-Qaisiyya, eine islamische
Mystikerin, sagte:
»Alle Liebe zielt auf Einssein. Die höchste Liebe zielt
auf das ewige Einssein mit
Gott. Sie sucht den Geliebten,
nicht seine Geschenke, nicht
»Die Liebe«
Visionen, Wunder und Macht
über die Materie. Liebe ist der
Schlüssel zum Einssein.«
Eine Formungsgrundlage im Islam, wie
in den anderen »himmlischen« Religionen,
ist »Die Liebe für Gott, zu Gott und in
Gott«, die man auch im Christentum
findet. »Gott ist die Liebe« steht
als Hauptdefinition Gottes in der
Bibel. Und im Koran steht: »Er hat
Zuneigung und Barmherzigkeit zwischen euch gesetzt« (Sure 030, Die
Byzantiner (Ar-Rüm)).
Der Islam ist eine unkomplizierte Religion, er feindet die
Liebe nicht an, er bestreitet
sie auch nicht. Im Gegenteil: er diszipliniert sie
und fordert die Geliebten auf, ihre Gefühle zu
bekunden und öffentlich über sie zu reden.
Aber muss alles in
8
einem bestimmten Rahmen und unter
einer Bedingung sein und zwar, dass diese
Liebe heiter und ungetrübt ist und auch
weit weg von den verbotenen Begierden
ist. Ihr einziges Ziel ist die Heirat, da eine
vollendete Gläubigkeit eine Ehe braucht.
Der Mensch im Islam muss auf die Freuden der Liebe keineswegs verzichten. Im
Gegenteil. Selbst der Prophet Mohammed
betonte: »er sei auf Erden drei
Dinge zu lieben gelehrt worden:
die Düfte, die Frauen und das
Gebet.«
Der Islam hat das Thema der
menschlichen Liebe nicht ausgelassen, sowie auch andere
menschliche Bedürfnisse wie
Hass, Trauer, Angst und Hunger nicht, da sie die natürlichen Veranlagungen sind, mit
denen Gott den Menschen geschaffen hat.
Aber er hat sie diszipliniert, und fordert
den Mensch auf, sie nicht einzudämmen,
sondern mit ihnen ideal umzugehen und
sie zu erwidern. Der Islam fordert von
dem verliebten Mensch Ehrlichkeit und
Fairness, und er gibt ihm die einfache
normale Lösung für seinen Zustand
und zwar sich zu verheiraten, um diese
Liebe zu vertiefen und befestigen.
In der Geschichte der muslimisch
geprägten Staaten gibt es Dutzende
von Liebesgeschichten über platonische Liebe und Bücher, die
zeigen, dass der Islam die Liebe
nicht verboten hat, wie manche
Konservative es darstellen.
Das Buch Halsband der Taube, von der
Liebe und den Liebenden von Ibn Hazm ist
eine Liebeslehre in Prosa und Vers. Dem
Buch mangelt es an keiner Facette und
es ist das berühmteste Buch über das
Thema Liebe, das innerhalb des muselmanischen Kulturbereichs in Andalusien
gelebt, gedacht und geschrieben wurde.
Ibn Hazm warnt vor den Leidenschaften
und der Sünde und lobt in seinem Buch
die Keuschheit. Er sagte:
Ein junges Reh, dem vollen Monde gleich,
Der Sonne, die aus Wolken sich enthüllt,
Fing ein mein Herz mit Blicken seufzerreich
Und einem Leib, der Gerte Ebenbild.
Ich beugte mich, wie’s ein Verliebter tut,
hab mich erniedrigt, weil das Herz mir bricht.
Sei meine, Geliebte, doch wie’s recht und gut;
Denn sündhaft dir vereint sein mag ich nicht.
Die Romanze und die leidenschaftlichen
Liebesgedichte zwischen dem Dichterfürsten Ibn Zaydûn und der dichtenden Kalifenprinzessin Wallâda ist auch bekannt.
Er schrieb:
Wie könnt ich dein Gelöbnis brechen
Und wie vergessen dein Versprechen?
Erfüllt in dir ist all mein Hoffen
Und mehr als dich begehr ich nicht.
Ach, fühltest du die Leidenschaft
Für mich, die ich für dich empfinde!
Die Nacht mir fern, sie sei dir lang,
wie fern von dir sie mir sich dehnt!
Verlang mein Leben – du bekommst es!
Wie könnt ich etwas dir verweigern?
Das Schicksal ist mein Sklave, seit
In Liebe ich dein Sklave wurde.¶
Ibrahim Charaf
Mai 2009 kuAktuell
Titel: Islam
Die Kunst im
Islam
E
ntgegen der allgemeinen Ansicht war
es in der islamischen Kunst jederzeit
möglich, Aspekte der illusionistischen
Malerei in ein Bild zu integrieren. Vor allem
im privaten Bereich stellte eine figürliche
Darstellung kein Problem dar (Abb. 1), im
sakralen Raum hingegen war dies nahezu
völlig undenkbar. Sicherlich überwiegt in
der islamischen Tradition die Negation
der realen Wiederholbarkeit, trotzdem gab
es Ausnahmen. Als in der frühchristlichen
Kunst, die sich anfänglich gegen die Abbildung ihrer Heiligen aussprach, längst der
Ikonenkult seinen Siegeszug angetreten
hatten, gelingt es dem Propheten Mohammed Mekka zu erobern. Dort lässt er lediglich einzelne Bilder erhalten: das Mariens
und Abrahams.
Wie das europäische Mittelalter bewegt
sich auch die Bilderwelt des Islams in
einer Spannung zwischen Faszination
und Negation illusionistischer Kunst.
Entscheidet sich die Renaissance für die
Anwendung der Zentralperspektive und
den damit verbundenen Realismus in der
Ausgestaltung, ist die Lebendigkeit der
Figur im Osten weiterhin nicht möglich.
Abbildung 2 zeigt eine Miniatur mit den
Propheten Moses und Mohammed im
Vordergrund, die dem Betrachter scheinbar bereits zu naturalistisch erschien. Zu
einem heute unbestimmbaren Zeitpunkt
wurden die dargestellten Akteure wahrscheinlich im Nachhinein bearbeitet: Im
Bereich des Halses ist bei den Propheten
und Engeln ein Schnitt zu erkennen, der
sie nun geköpft, eben nicht lebendig auftreten lässt.
Eine geometrische, zweidimensionale
Kunst geht im Islam einen anderen Weg,
obwohl ihr die gleichen Mittel zur Verfügung stehen, wie dem europäischen Westen. Allein die Kalligraphie kann als eine
Kombination aus Wort und Bild gelesen
werden. Die riesigen Medaillons in der
islamisierten Hagia Sophia (Abb. 3) zeigen Schriftzüge, die den jeweiligen Stifter
benennen, statt ihn auf einem Porträt zu
Abb. 2
Pia Rudolph
Der Beitrag beruht auf einem Vortrag von Prof. Dr.
Avinoam Shalem (LMU) und dem neuesten Werk von
Hans Beltig: Florenz und Bagdad. Eine westöstliche
Geschichte des Blicks.
Bildquelle: Prometheus-Bildarchiv
Abb. 1: Miniatur: »Fleischerladen im Basar von
Isfahan«, 1590. Museum für Islamische Kunst,
Staatliche Museen zu Berlin.
Abb. 2: Miniatur: »Die Propheten Moses und
Mohammed sowie der Erzengel Gabriel im
Gespräch«, 2. Hälfte 16. Jh. Museum für Islamische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin.
Abb. 3: Innenansicht der Hagia Sophia (Weisheit
Gottes). Istanbul (Türkei), 6. Jh.
Abb. 4: Hagia Sophia, südliche Galerie.
Abb. 1
Abb. 3
kuAktuell Mai 2009
bannen. Wort und Bild verweisen gegenseitig aufeinander, womit eine wechselseitige Beobachtung einhergeht, da das
Gemälde ohne Schrift weniger kontrollierbar scheint. Das Heilige wird vorzugsweise
durch Metaphern repräsentiert, insbesondere durch Licht. Eine Kunst die Schatten
wirft, sollte dabei möglichst vermieden
werden. Vor allem die Skulptur beinhaltet einen zu hohen Grad an Materialisierung. Bereits eine kleine Lampe in einer
Nische versinnbildlicht die Präsenz Gottes (Abb. 4). Das Bild entsteht dabei nicht
auf einer Leinwand, sondern im Kopf des
Betrachters.¶
Abb. 4
9
Titel: Islam
Auf den Spuren des Islam in der Schatzkammer des Orients
Die Große Exkursion nach
Syrien und Jordanien – ein
Reisebericht
ein »Miteinander« der Kulturen zu erleben. Zudem wollten wir das westliche Bild
des Orients hinterfragen, zum Teil waren
-l-l-a-h-u a-k-b-a-r! Blechern nehmen viele von uns noch nie zuvor in einem vom
wir in den frühen Morgenstunden den Islam geprägten Land, und fernab von Alanoch leicht heiseren Gebetsruf des Muez- din und seiner Wunderlampe, fliegenden
zins in der nahegelegenen Moschee wahr. Teppichen und verschleierten HaremsdaEs ist das erste der insgesamt fünf Gebete, men, die authentische orientalische Welt
zu denen er an diesem Tag noch rufen kennenlernen.
wird. Jetzt, kurz
vor Sonnenaufgang,
liegen die Straßen
Aleppos noch ruhig
in der Morgendämmerung. Nur vereinzelt huscht ein
mit einer Thawb,
dem traditionellen
Gewand, bekleideter Einheimischer
durch die engen
Gassen. Unter dem
Arm: ein Stapel
frischgebackenes,
duftendes Fladenbrot. Jetzt sind die Straßen noch fast
Ein wahrer Schmelztiegel der Kulturen
menschenleer, später werden Touristen- ist die syrische Hauptstadt Damaskus.
gruppen, Eselskarren und scheppernde Hier steht die große Omayyaden Moschee,
Mofas sich ihren Weg hindurchbahnen… im 8. Jahrhundert auf den Mauern eines
und auch wir sind dabei, 25 Geographiestu- römischen Jupitertempels erbaut. Hier
denten und unser Professor Dr. Hopfinger, treffen sich auch heute noch Sunniten,
die wir für 18 Tage das noch winterliche Schiiten und selbst Christen, in dem mit
Deutschland hinter uns gelassen haben Marmorfliesen vertäfelten Innenhof. Ja,
und Syrien und Jordanien im Rahmen richtig gelesen.!Auch Christen wird Eineiner Großen Exkursion auf eigene Faust lass gewährt.
erkunden und entdecken möchten.
Männer haben es hierbei jedoch erhebSyrien – einerseits die Wiege der Kultu- lich leichter als Frauen. Sie müssen nur
ren und ein Land, in dem die drei großen am Eingang ihre Schuhe ausziehen. Wir
Weltreligionen scheinbar friedlich zusam- Frauen wurden hingegen mit braunen Kutmen leben. Auf der anderen Seite erwartet ten ausgestattet, verbargen bestmöglich,
einen die »Achse des Bösen«, »Terroris- unser teilweise verräterisch schimmernmus«, »der Nahost-Konflikt«, »Unterdrü- des blondes Haar hinter einem Schal, der
ckung der Frau« oder »der Karikaturen- kurzzeitig als Kopftuch herhalten musste
streit«, Schlagwörter, die in den letzten und durften nur so, dick vermummt, die
Jahren zuhauf unsere Zeitungstitel mehr Moschee betreten.
oder weniger geschmückt haben. Worte,
die eher Stirnrunzeln und Besorgnis her- Die zwei großen
vorrufen, anstatt zukünftige Urlaubst- Glaubensrichtungen des Islam
räume wachzukitzeln. Unser Ziel war es Wie ihr vielleicht wisst, teilt sich der Islam
während unserer Reise, sowohl von der in verschiedene Glaubensrichtungen auf.
fremdartigen Kultur, Tradition und Reli- Diese basieren auf geschichtlichen Hingion zu erfahren, als auch interkulturelle tergründen und Streitigkeiten um die
Begegnungen und Dialoge aufzubauen Nachfolge des Propheten Mohammeds,
und somit nicht einen »Kampf« sondern der Berechtigung zur Führung der Umma
A
10
(also der islamischen Gemeinschaft) und
der Legitimationsfrage islamischer Herrschaft.
Die beiden meist vertretenen Richtungen sind die Sunniten und die Schiiten.
Die Sunniten bilden mit etwa 90 Prozent
die zahlenmäßig größte Gruppierung. Sie
unterteilen sich wiederum in die sunnitischen Rechtsschulen der Hanafiten, Malikiten, Hanbaliten
und Schafiiten.
Die Unterschiede
zur zweitgrößten
Glaubensrichtung,
deren Anhänger als
Schiiten bezeichnet
werden, liegen in
der Überzeugung,
auf welcher Grundlage sich die Herrschaft des obersten
religiösen Führers
(Kalif bei den Sunniten, Imam bei
den Schiiten) gründet. Für die Sunniten ist der Kalif ein religiöser Führer, der von seinen Anhängern
auf Grund seiner weltlichen, administrativen Fähigkeiten gewählt wird. Für die
Schiiten kann der Imam hingegen nur ein
rechtmäßiger Nachfolger Mohammeds
sein und gleichzeitig auch Nachfolger
Alis (des Schwiegersohns Mohammeds).
Während der Kalif also nur ein weltlicher
Verteidiger der Religionsgemeinschaft ist,
stellt der Imam im Glauben der Schiiten
ein unfehlbares und vollkommenes geistliches und mit diviner Macht ausgestattetes Oberhaupt dar. Aus diesen Tatsachen
ergibt sich, dass innerhalb der schiitischen
Gruppierungen dem religiösen Oberhaupt
der Gemeinde eine vielfach größere Autorität zukommt, als bei den Sunniten.
»Islam« bedeutet ins Deutsche übersetzt, die völlige Hingabe an den einen
Gott. Auch hier kann man Unterschiede
zwischen sunnitischer und schiitischer
Glaubensausübung erkennen. Während
den Sunniten nachgesagt wird, ihren
Glauben eher moderat und gemäßigt auszuüben, ist bekannt, dass die Schiiten zu
einer Verehrung neigen, die manches Mal
zu richtigen Trancezuständen während
des Gebets führen kann. Allgemein leben
Mai 2009 kuAktuell
Titel: Islam
sie ihren Glauben nach strengeren Richtlinien aus, besonders fallen die Frauen
durch ihre meist komplett in schwarz
gehaltenen Gewänder auf . Hiervon konnten wir uns auch selbst auf unserer Reise
überzeugen. Unweit von Damaskus, befindet sich ein heiliger, schiitischer Schrein
und wir hatten es uns zum Ziel gemacht,
am Freitag, also an dem Tag, an dem jeder
Moslem versucht am Freitagsgebet der
Moschee teilzunehmen, ausgerechnet eine
schiitische Moschee zu besuchen….Nun ja,
für die acht männlichen Teilnehmer unserer Reise müssen es sehr eindrucksvolle
Minuten gewesen sein, wir Frauen hatten
eher mit unseren Umhängen zu kämpfen,
das Haar unter dem hindrapierten Kopftuch zu bändigen und nicht dazu noch
über die Umhänge und Schleier der zahlreichen, dichgedrängten Besucher dieses
Schreins zu stolpern. Wir hatten doch sehr
großen Respekt vor dieser fremdartigen
Religion und wollten als Eindringlinge an
diesem sehr spirituellen Ort während der
Hauptgebetszeit nicht negativ auffallen.
Ein wirklich zweischneidiges Erlebnis…
Natürlich entdeckten wir im Metzger- Abschiednehmen
souk kein frischgeschlachtetes Schweine- Die 18 Tage vergingen für uns wie im Flug,
fleisch und stiegen ohne Schwierigkeiten die Rufe der Muezzine waren keine »Highin unserer Ernährung auf Lamm- und lights« mehr, sondern wurden eher zu
Zu Besuch beim Großmufti von
Damaskus
Durch die zahlreichen Kontakte unseres
Professors, ergab sich in Damaskus die
einmalige Gelegenheit den dortigen Großmufti persönlich zu treffen. Ein Mufti ist
ein offizieller Erteiler von islamischen
Rechtsgutachten. Er ist also Rechtsgelehrter, der ein islamrechtliches Gutachten (Fatwa) nach juristischen Maßstäben
abgibt und dieses gemäß der von ihm
befolgten Rechtsschule Schari‘a begründet. Der Mufti spielt also bei der Gestaltung des islamischen Gesetzes eine entscheidende Rolle.
Von diesem Treffen kehrten wir einerseits überwältigt von dem modernen,
palastähnlichen Gebäude und dem souveränen, staatsmännischen Auftreten des
Großmuftis und andererseits beeindruckt
von den taktisch geschickten Antworten
auf unsere, zum Teil kritisch formulierten
Fragen zurück. Das Bild eines überlieferten Islams, fernab von Werbematerial,
Internetauftritten und DVDMitschnitten diverser Imamrufe, wurde zumindest
an diesem Tag für uns durch ein neues,
moderneres Bild ersetzt.
Doch kamen wir nicht nur beim Besuch
des Großmuftis in Kontakt mit dieser faszinierenden Weltreligion. Tagtäglich stolperten wir über die islamischen Einflüsse.
kuAktuell Mai 2009
Verkäufer vor der Omayyaden-Moschee
Hühnerfleisch um. Dasselbe galt für alkoholische Getränke. Für den Genuss eines
kühlen Bieres zum Beispiel, hätte man
auf umständliche Art und Weise spezielle Läden aufsuchen oder in der modernen Neustadt zwischen internationalen
Modeketten und Shoppingmalls in einen
der westlichen Pubs oder Bars ausweichen
müssen. Die meisten von uns zogen dann
frische Fruchtsäfte und kühle Pepsi vor…
Unterwegs im traditionellen Gewerbeund Einzelhandelszentrum der orientalischen Altstadt, dem Souk, entdeckten wir
auch zahlreichen Moscheen, die mehr oder
weniger versteckt in dem Gewirr der Gassen und Läden, den Gläubigen Rückzug
boten. Und natürlich die Gespräche der
Einheimischen, in denen die enge Bindung
an Gott ganz selbstverständlich lautstark
verkündet wird. Ausrufe wie »Inschallah«
(also: So Gott will, auf ein Ereignis in die
Zukunft gerichtet), »Hamdullah« (also:
Gott sei Dank! Auf ein Ereignis in der Vergangenheit gerichtet) oder »Bismillah«
(eine Art, sich Gottes Segen sicher zu sein,
bevor man etwas beginnt, egal ob es sich
um die Autofahrt oder eine der Mahlzeiten handelt), wurden treue Begleiter unserer Reise.
einem vertrauten Ritual im Tagesverlauf.
Ein straffes Exkursionsprogramm und
viele besondere Erlebnisse, wie das Nachtlager bei einer Beduinenfamilie mitten in
der syrischen Steppe, fernab von Dusche
und Ledercouch, oder in einem alten ökumenischen Kloster, sowie offizielle Treffen
mit dem Tourismusminister Syriens oder
dem Stellvertretenden Deutschen Botschafter, ließen die Tage schneller vergehen, als uns allen lieb war.
Syrien und Jordanien werden uns allen
jedenfalls sehr eindrucksvoll in Erinnerung bleiben. Wir haben zwei Länder mit
sehr liebenswürdigen, hilfsbereiten und
herzlichen Einheimischen kennenlernen
dürfen, weit entfernt von Islamismus
und den Schreckensnachrichten. Nicht
umsonst heißt ja auch ein altes syrisches
Sprichwort: »Jeder Mensch hat zwei Heimaten. Die Seine und Syrien …«¶
Sabine Weisel.
Sabine studiert im 7. Semester Diplom-Geographie und
nahm an der Großen Exkursion nach Syrien und Jordanien im Frühjahr 2009 teil.
11
Titel: Islam
Die Fremdwahrnehmung der Türkei in Europa:
Gegner und Verfechter des türkischen EU-Beitritts
D
ie veränderlichen Beziehungen zwischen den europäischen Staaten und
dem Osmanischen Reich, bzw. der Türkischen Republik haben auch das Türkenbild
im Laufe der Zeit verändert. Die Medien,
besonders die visuellen Medien waren sehr
wirksam bei der Einprägung und Ausbreitung des Türkenbildes. Sie sind es heute
noch. […] Aber die Neigung des Menschen,
zu verallgemeinern oder zu reduzieren
führte leicht zur Bildung von negativen
Klischees gegenüber den Anderen/Türken,
die schwer zu überwinden sind.
Gerade im Zusammenhang mit dem EUBeitritt lastet dieses von der Komparatistikprofessorin Nedret Kuran-Burçoğlu
negativ skizzierte Bild auf der Türkei.
Die Gegner einer Vollmitgliedschaft der
Türkei – auch Bundeskanzlerin Angela
Merkel zählt zu ihnen – werfen dem EUAnwärter unter anderem Versäumnisse in
der Zypernfrage vor. Ohne eine Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen mit
dem griechischen Südteil der Insel sowie
die Öffnung der türkischen Häfen für die
EU auf Zypern wird es zu keiner EU-Aufnahme der Türkei kommen. Im Fokus der
Öffentlichkeit steht ebenfalls die Menschenrechtsfrage in der Türkei. Dem Land
wird vorgeworfen, mit dem Artikel 31 des
Strafgesetzbuches, dem so genannten
»Türkentum-Paragraph«, die Meinungsfreiheit zu unterbinden. Bevor der Paragraph im April 2008 abgeschwächt, jedoch
nicht abgeschafft wurde, gab es mehrere
Anklagen von nationalistischen (Staats-)
Anwälten, die sich auf diesen Paragraphen
beriefen und dem Angeklagten »Verunglimpfung des Türkentums« vorwarfen.
Unter Anderem wurde auch gegen Orhan
Pamuk Klage eingereicht nachdem er sich
in der Öffentlichkeit kritisch über die Massenmorde an den Armeniern im Ersten
Weltkrieg geäußert hatte. Dieser Vorfall
spiegelt ebenfalls die Minderheitenproblematik in der Türkei wider, zu der auch
die ungeklärte Kurdenfrage zählt. Immer
wieder wurden seit der Gründung der
Kurdischen Arbeiterpartei durch Abdullah Öcalan im Jahre 1978 Anschläge gegen
den türkischen Staat verübt mit dem Ziel,
einen unabhängigen Kurdenstaat bzw.
12
eine Autonomie auf türkischen Staatsboden zu erhalten.
All diesen negativen Wahrnehmungen
zum Trotz gibt es durchaus auch europäische Befürworter eines EU-Beitritts der
Türkei. Zum einen betonen diese die wirtschaftlichen Vorteile, die sich durch eine
Erweiterung in Richtung Osten ergeben
würden. Das Land verbindet die kaspischen und mittelöstlichen Energiequellen
mit Europa. Durch eine Aufnahme in die
EU wäre in Bezug auf die Energieversorgung eine größere Unabhängigkeit von
Russland gewahrt. Des Weiteren stellt die
vergleichsweise junge türkische Bevölkerung eine Bereicherung für die zunehmend
überalterte europäische Gesellschaft dar.
Europa braucht auch immer mehr Arbeitskräfte. Durch den EU-Beitritt der Türkei
würde der Zuzug von geeignetem Personal
erleichtert und die Aufrechterhaltung des
sozialen Gleichgewichts gefördert werden.
Nicht zuletzt sei jedoch die immanente
geostrategische Lage der Türkei in Bezug
auf die Sicherheitspolitik erwähnt. Die
Türkische Republik ist für Europa eine
wichtige Brücke in den Nahen Osten und
in die arabisch-islamische Welt. Sie trägt
somit unweigerlich zur Stabilisierung dieser Region bei. Als NATO-Mitglied ist die
Türkei bereits seit mehreren Jahrzehnten
an der Seite von den Vereinigten Staaten
als militärischer Partner aktiv im Einsatz.
Gesellschaft: Islamisten, Terroristen,
Geheimdienstler, Polizisten und Militärs,
aufrechte Kemalisten und Vorbeter von
Koranschulen, schöne Frauen und heruntergekommene Schauspieler.
[…][Der] Roman von Pamuk beschenkt
uns mit einer akribischen, fast haushälterisch genauen Beschreibung seines Landes – letztlich der Zerrissenheit dieses
Landes zwischen Tradition und Moderne,
zwischen zwei Zivilisationen, zwei Religionen, zwei Haltungen, der islamischen
und der westlich-atheistischen, der mystischen und der technikgläubigen
Pamuks Roman spielt in Kars, einer verschneiten, ostanatolischen Provinzstadt,
Anfang der neunziger Jahre. Erzählt wird
der Roman von einem Ich-Erzähler, einem
Freund des Protagonisten Ka. Ka ist ein
türkischer Schriftsteller aus Istanbul, der
lange Zeit im deutschen Exil gelebt hat. Er
kommt nach Kars um über den Selbstmord
mehrerer verschleierter muslimischer
Mädchen zu schreiben. Es wird vermutet,
dass die Selbstmorde in Zusammenhang
mit dem kürzlich erlassenen Kopftuchverbot an Schulen und an der Pädagogischen
Hochschule stehen, von denen die Selbstmörderinnen verwiesen worden sind, weil
sie dieses Verbot nicht einhalten wollten.
Des Weiteren will Ka über die anstehenden Bürgermeisterwahlen berichten, bei
denen der islamistischen Wohlfahrtspartei
Orhan Pamuks Roman Schnee
große Gewinnchancen prognostiziert werals Spiegelung der türkischen
den und seine große Jugendliebe treffen,
Gesellschaft
um sie nach Deutschland mitzunehmen.
Der 1952 in Istanbul geborene Romancier Während des dreitägigen Aufenthaltes
und Essayist Orhan Pamuk möchte in sei- besucht der Schriftsteller jedoch nicht nur
nen Werken jedoch nicht nur den Teil der die Familien der Selbstmörderinnen und
türkischen Bevölkerung hervorheben, die den Bürgermeisterkandidaten der Wohlwie er aus einem westlich geprägten und fahrtspartei, sondern trifft auch Männer
privilegierten Milieu stammen. Sein in der und Frauen jeglicher politischer und reliTürkei 2002 erschienener Roman Schnee, giöser Strömungen, sowie verschiedener
Pamuks größtes politisches Werk, lässt Volksgruppen.
auch all jene türkischen BevölkerungsDem Titel des Buches kommt eine besongruppen in seinem Roman auftreten, die dere Bedeutung zu. Der türkische Titel Kar
in Europa kaum Gehör finden.
(Schnee) ist nicht nur eine Anspielung auf
Der Lyriker und Intendant der Berliner die Stadt Kars und den Protagonisten Ka.
Festspiele, Joachim Satorius, der längere Denn der Schnee spielt für Pamuk eine
Zeit in Istanbul lebte, fasst Pamuks Roman zentrale Rolle: zum Einen steht er für die
Schnee wie folgt zusammen:
kalte, strenge politische Welt in der Türkei
Das Personal im Roman Schnee […] und zum Anderen ist er ein Sinnbild der
ist ein Aufriss der heutigen türkischen Poesie, eine Art Wunder.
Mai 2009 kuAktuell
Titel: Islam
Die Romanfiguren: ihre
Selbstwahrnehmung und ihre
Stellung zu Europa
als Schauplatz des Romans von Pamuk
gewählt.
Wie es für die beiden Romanfiguren
Die Äußerungen diverser Romanfiguren nicht leicht ist, sich in der Provinzstadt
aus Schnee spiegeln die divergierenden Kars für einen Platz der Türkei in Europa
Einstellungen der Türken zu Europa wider. auszusprechen, so ist es in der heutiGleichzeitig geben sie uns aufschlussreiche gen Türkei ebenfalls nicht leicht, sich zu
Einsichten in ein Land, das von Außen nur Europa zu bekennen. Die türkische Sichtschwer zu begreifen ist. Dieser Gedanke weise für einen EU-Beitritt der Türkei und
wird in einem Dialog zwischen einem die damit verbundene Problematik fasst
jungen türkischen Mann, ein ehemaligen Orhan Pamuk in »Der Blick aus meinem
Koranschüler, und dem Ich-Erzähler, der Fenster« in einer emotional geladenen
die Züge Orhan Pamuks trägt, zur Sprache Äußerung zusammen:
gebracht:
Der Anhänger der Verwestlichung
»Wenn Sie mich in einem Roman vorkom- schämt sich zunächst, weil er kein Euromen lassen, der in Kars spielt, dann möchte päer ist. Dann schämt er sich für das, was
ich dem Leser sagen, er soll nichts von dem er unternommen hat, um Europäer zu werglauben, was Sie über mich, über uns alle den (allerdings nicht immer). Er schämt
geschrieben haben. Keiner kann uns aus sich dafür, daß er das, was er unternomder Ferne verstehen.«
men hat, um Europäer zu werden, nicht
»Es glaubt sowieso keiner so einen zu Ende geführt hat. Er schämt sich, daß
Roman.«
er seine eigene Identität verliert, weil er
»Doch, sie werden das glauben«, sagte er Europäer werden will. Er schämt sich, weil
erregt. »Um sich selbst klug, überlegen und er eine eigene Identität hat und weil er
human zu finden, werden sie glauben wol- keine eigene Identität hat. Er schämt sich
len, daß wir lächerlich und nett sind und für diese Gefühle der Scham, die er von
daß sie uns so verstehen und sympathisch Zeit zu Zeit akzeptiert und die von Zeit zu
finden können. Aber wenn Sie das, was Zeit heftiger werden. Er schämt sich dafür,
ich jetzt sage, schreiben, bleibt bei ihnen daß über diese Schamgefühle überhaupt
wenigstens ein Zweifel zurück.« (S. 511)
gesprochen wird (S. 84).
Nicht nur in Bezug auf den EU-Beitritt nehmen viele Türken die im Dialog erwähnte
Überlegenheit des Westens wahr, die
sich in Ressentiments gegenüber Europa
äußert. Deswegen wählte Pamuk nicht
zufällig für das 31. Kapitel seines Romans
den provozierenden Titel »Wir sind nicht
dumm, wir sind bloß arm« und lässt dort
neben einigen EU-Befürwortern hauptsächlich EU-Gegner auftreten. Auch an
anderen Stellen des Romans wird deutlich,
dass eine wachsende Anzahl von Türken
sich dagegen wehrt, als Volk zweiter Klasse
abgestempelt zu werden. Sie wollen nicht
aufgrund einer radikalen Assimilation an
europäische Standards ihre eigene Kultur aufgeben. Wie bereits erwähnt wurde,
nimmt Pamuk neben Islamisten verschiedene gesellschaftliche Gruppierungen wie
Kemalisten, Kurden, Koranschüler etc. in
seinen Roman auf. All diese Gruppen spiegeln das in der Türkei vorherrschende WirGefühl wider, d.h. den Zusammenschluss
zu Gemeinschaften mit unterschiedlichen politischen und religiösen Ansichten. Gerade in den ländlichen Gebieten
kommt dieses Gefühl stark zum Ausdruck.
Die Stadt Kars wurde gerade deswegen
kuAktuell Mai 2009
Aussichten
Ob nun die Türkei in die EU aufgenommen
wird oder nicht, wird wohl noch länger ein
strittiges Thema in Europa und der Türkei
selber bleiben. Erst Anfang 2008 war der
türkische Ministerpräsident und eigentliche EU-Befürworter Recep Tayyip Erdoğan
mit einem drohenden Verbot seiner Regierungspartei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) negativ in die Schlagzeilen
gekommen Seiner Partei wurde vorgeworfen, in der Kopftuch-Frage in öffentlichen Gebäuden gegen das kemalistische
Prinzip des Laizismus verstoßen zu haben.
Im September dieses Jahres gab es jedoch
im Rahmen des türkisch-armenischen WMQualifikationsspiel eine bis dato einmalige
diplomatische Annäherung der Türkei an
seine armenischen Nachbarn. Als erster
türkischer Staatspräsident bereiste Abdullah Gül auf Einladung des armenischen
Staatspräsidenten Sersch Sarkisjan das
Land, um gemeinsam das Fußballspiel
anzusehen Auch wenn dies noch keine
offizielle türkische Anerkennung des Völkermordes an 1,5 Millionen Armeniern
im Ersten Weltkrieg zur Folge hatte, so
stellt diese Geste einen ersten Schritt der
Türkei auf ihrem Weg nach Europa dar.
Die Wahl Istanbuls als europäische Kulturhauptstadt 2010 wird sich sicherlich
ebenfalls in den nächsten zwei Jahren
positiv auf den Europäisierungsprozess
der Türkei auswirken. Bis 2010 soll auch
das von Orhan Pamuk geplante »Museum
der Unschuld« – ein Museum mit Ausstellungsstücken zu seinem gleichnamigen
2008 erschienen Roman – in Istanbul fertig gestellt werden. Nicht nur die Nachricht, dass Orhan Pamuks Heimatstadt
Istanbul zur europäischen Kulturhauptstadt gewählt wurden, sondern auch die
Tatsache, dass Orhan Pamuks Literatur
spätestens seit der Verleihung des Nobelpreises für Literatur für seinen Roman
Schnee als Weltliteratur angesehen wird
und somit auch zur europäischen Literatur zählt, lässt darauf hoffen, dass sich
diese Fortschritte in der türkischen Europapolitik fortsetzen.¶
Angela Szegedi
Quellen
• Pamuk, Orhan (2006): In Frankfurt und in Kars. Preisrede
anlässlich der Verleihung des
Friedenspreises 2005 des deutschen Buchhandels in Frankfurt.
In: Pamuk, Orhan: Der Blick aus
meinem Fenster. München [u.a.]:
Carl Hanser Verlag.
• Sartorius, Joachim (2006): Die
Welt im Bild des Dichters. Orhan
Pamuks Beschreibungen der
modernen Türkei. In: Haustein,
Lydia: Modell Türkei? Ein Land
zwischen Religion, Militär und
Demokratie. Göttingen: Wallstein
Verlag, S. 104.
• Strittmatter, Kai (2008): FußballDiplomatie. In: Süddeutsche
Zeitung 209, 8. 9. 2008, S. 7.
• Tibi, Bassam (1998): Aufbruch am
Bosporus. Die Türkei zwischen
Europa und dem Islamismus.
München [u.a.]: Diana Verlag.
• 8 www.zeit.de/online/2008/31/ak
p-verbot-abgelehnt-politischer-siegfuerdogan-2
13
Titel: Islam
La terreur dans l’Histoire
De la peur à la terreur : origine
et sens d’un mot
L’avènement de la dimension
politique de la terreur
Dieser Artikel lag wegen ÜberarLa première utilisation du mot terreur En 1793 s’établit en France le régime de La
beitung der Redaktion zu Redak(emprunté au latin classique dans son sens Terreur, terme qui consacre l’avènement
tionsschluss noch nicht übersetzt
originel d’effrayer) a lieu en Provence en d’une dimension politique du mot terreur.
vor, wird aber in Bälde in deutscher
1536. Le phénomène abstrait désigné par Son origine est aujourd’hui encore une
Sprache auf der Website von kuAkce mot existe en réalité depuis le début de source de controverse historique.
tuell erscheinen.
l’humanité puisqu’il va de pair avec l’évoluCertains historiens comme Patrice Guetion des violence physiques et psychiques niffey, pensent que la philosophie contracqui s’abattent sur
l’Homme lors des « Quelle que soit l‘importance des armes, ce
« Il restera toujours la peur. Un homme peut
dans les départepersécutions reli- n‘est pas en elle, Messieurs les Juges, que
détruire toute chose en lui-même, l’amour,
ments des reprégieuses, des guer- réside notre force. Non ! Ce n‘est pas l‘aptila foi, la haine, et même le doute, mais aussi
sentants chargés de
res, des pillages, tude des masses à tuer, mais leur disposition longtemps qu’il tient à la vie, il ne peut pas
contrôler le pays.
des massacres, des à mourir, qui garantira en dernier ressort la
détruire la peur. »
La suite de cette
grandes épidémies victoire de la révolte du peuple. »
— Joseph Conrad
période sanglante
ou même de l’appa- — Léon Trotsky
est mieux connue.
rition dans la reliDans son résumé
gion chrétienne de
du livre de l’histola notion punitive
rien Patrice Guenifd’enfer qui dépossède l’Homme de l’assu- tualiste de Jean-Jacques Rousseau, qui fey, Les origines de la Terreur, une étudiante
rance du paradis.
inspire de nombreux députés dont Robes- en sciences politiques écrit:
Pleinement reliée à la dimension pierre, porte déjà en elle les germes de
« La Terreur est le produit dynamique de la
humaine de vie et de mort physique et la Terreur : la notion d’un contrat social
Révolution française, et peut-être de toute
spirituelle, la terreur possède deux com- garant des libertés indivuelles justifie les
Révolution. En effet, la Révolution franpensantes omniprésentes : la violence et la mesures d’exception ; la liberté des instituçaise se traduit en arrachement à l’ordre
peur. Cette dernière a le pouvoir de tétani- tions fonde le caractère exceptionnel de la
social préexistant par la volonté humaine
ser notre sensibilité et donc de paralyser suspension provisioire de la liberté.
et par la raison. La légitimité n’est plus
partiellement notre conscience.
Pour d’autres historiens comme Timofondée sur la tradition et les usages, elle
Cette peur dont la Terreur émane a aussi thy Tackett, l’origine réelle de cette période
appartient alors à ceux qui se maintienune histoire comme nous le rappelle Corey énigmatique qu’est la Terreur est la tentanent à la pointe extrême du combat contre
Robin dans son ouvrage La Peur : Histoire tive de fuite du Roi à l’étranger le 25 juillet
les ennemis et les traîtres. L’opposition
d’une idée politique :
1791. Les écrits racontent que lors du pasdevient alors une erreur puis un crime face
« La peur, lorsqu’elle surgit – le 11 septembre sage du carrosse royal dans Paris, suite à
à la volonté générale. »
l’a encore montré –, est nimbée d’un halo son arrestation à Varennes, l’ambiance est
Au final, les lois pénales et d’urgence
de présupposés intellectuels, dont certains lugubre, le peuple est silencieux, atterré censées mener la France vers une Constidatent de plusieurs siècles, qui façonnent que le Roi ait pu tenter de fuir. Certains tution envoient à la guillotine 16 594
nos perceptions et nos comportements. En sont armés de couteaux, de sabres. Le personnes, dont 31 % d’ouvriers, 28 % de
tant qu’objet du débat public, la peur prend peuple français se détache de la figure paysans, 25 % de bourgeois, 8,5 % d’aristoforme au sein des élites politiques et cultu- paternaliste du Roi qui lui était pourtant crates et 6,5 % de prêtres. La volonté d’imrelles, qui suivent elles-mêmes dans cette chère. C’est l’incompréhension totale face poser par la force les notions républicaines
voie les élites qui les ont précédées. »
à cette trahison, à ce complot aristocrati- de Liberté, d’Égalité et de Fraternité, finit
Si la peur a une histoire, il ne fait pas de que officialisé. Selon Tackett, c’est à partir dans un bain de sang “terrible”. Le droit et
doute que la terreur aussi.
de ce moment là que l’Assemblée, de peur la morale n’ont pas fait bon ménage.
Au 18è siècle, l’emploi du mot se per- que cet épisode conspirationiste du Roi
sonnifie : « une terreur » vient désigner menace concrètement la Révolution, va Quelle est l’originalité de La
une personne responsable de l’asservisse- commencer à déveloper un autoritarisme Terreur durant la Révolution
ment et des malheurs de la population ; en croissant des pratiques de gouvernement française ?
France c’est le Roi Louis XVI que l’on dési- et de contrôle des administrations publi- Si Terreur et violences semblent indissogne ainsi.
ques ainsi que des citoyens pour mesurer ciables, le récit des violences intenses de
l’état de l’opinion publique. Les Consti- la Terreur a souvent servi à la stigmatiser
tuants acceptent de prendre des mesures en tant que “Terreur”. Pourtant la Terreur
parfois hors de la légalité, de procéder à n’est pas identifiable à un emploi spécifiune première levée en masse et d’envoyer que de violences. La monarchie précédem14
Mai 2009 kuAktuell
Titel: Islam
ment, l’Empire ensuite, mais aussi la Restauration, notamment dans le début de la
colonisation, ont recouru à des violences,
judiciaires ou militaires, qui n’ont rien à
envier à celles qui eurent lieu pendant “la
Terreur”.
En fait, pour la première fois dans l’Histoire, les mesures “terroristes” semblent
légitimées par un consentement populaire
implicite dans la représentation, Cet épisode témoigne pour la première fois des
dérives du pouvoir politique représentatif
et de l’unanimité de la volonté générale
dans un système se voulant démocratique.
Certes, le régime de “La Terreur” et son
procédé politique sont fondés sur la peur,
sur l’emploi des mesures d’exception et de
la violence. Cependant, la dictature politique est relayée par le peuple : les comités
révolutionnaires, institués dans chaque
commune, sont chargés de délivrer des
certificats de civisme, de dresser la liste
des suspects et de procéder aux arrestations. La Terreur touche l’individu dans ses
relations quotidiennes, ce qui fait émerger
celle qu’il a déjà en lui et qui est remise
en scène. En 1794, on utilise la notion de
terrorisme imputée au régime. Puis celle
de terroriste attribuée à ses partisans et
à ses agents et enfin l’anti-terrorisme en
réaction aux journées révolutionnaires
du Thermidor et tout particulièrement
aux Conventionnels du 27 juillet 1794. Par
extension, les termes terrorisme et terroriste s’appliquent aujourd’hui à l’emploi
systématique de mesures violentes dans
un but politique et très couramment à des
actes de violence exécutés pour créer un
climat d’insécurité.
demeure la plus connue de toutes, et, à
mon sens, la plus réaliste dans sa description des processus à l’oeuvre dans les
régimes de terreur totale du 20ème siècle.
Dans son livre La Peur : Histoire d’une idée
politique, Corey Robin écrit à ce propos:
« Ce qui est remarquable dans le regard
d’Arendt sur les victimes des camps, c’est
qu’il rejoint celui qu’elle porte sur la masse
en général. Dans les camps, les hommes
n’ont ni identité, ni volonté, ni indiviudalité. Ils sont réduits, malgré leur diversité,
à l’espèce: l’Homme. Non seulement les
individus disparaissent, mais leur souvenir également ; leur mort est aussi anonyme que leur vie. Chacun de ces éléments
caractérise aussi la société de masse. C’est
comme si les victimes des camps ne faisaient qu’expérimenter une mort dans la
vie qui n’est qu’un peu plus épouvantable
que celle qu’ils vivaient en dehors des camps.
“L’extermination arrive à des êtres humains,
qui, en pratique, sont déjà ‘morts’”, écritelle. C’est ainsi qu’Arendt considère les
existences brisées de la société de masse.
Pour cette raison, conclut-elle, “la terreur
est parfaitement adaptée à la situation de
masses toujours plus nombreuses”.
Comme Montesquieu, Arendt a ainsi été
amenée à suggérer que la terreur totale
possède un ressort souterrain, que les
individus de la société de masse ont laissé
au repos tout au long du XIXè siècle pour
s’abandonner déséspérement à son travail
de destruction au siècle suivant. La civilisation et l’humanité, écrit-elle à plusieurs
reprises, sont des édifices d’une hauteur
inaccessible ; la terreur totale, elle, oeuvre
dans les bas-fonds. (…) La terreur totale
s’épanouit dans le démantèlement de
Quelle a été l’évolution de
l’oeuvre complexe et grandiose de la civilil’utilisation du terme “terreur”
sation, dans la destruction de siècles d’efde la Révolution française à
forts au nom d’un dessein créateur. Si elle
nos jours ?
n’est pas, à proprement parler, naturelle,
Par extension à cette période de la Révolumais l’alliée d’une conception idéologique
tion française, les termes “terrorisme” et
de la nature, la terreur totale fraternise
“terroriste” s’appliquent aujourd’hui à l’emdans avec celle-ci et se nourrit du désir de
ploi systématique de mesures violentes
l’individu de s’immerger tout entier dans
dans un but politique et très couramment
l’anonymat de son mouvement sans fin.
à des actes de violence exécutés pour créer
Comme nous le verrons, Arendt espérait
un climat d’insécurité.
que la lutte contre la terreur totale devienEn science politique, c’est la théorie
drait le grand dessein contre-nature d’une
d’Hannah Arendt, qu’elle exprime dans
humanité régénérée. (…)
son livre Les origines du totalitarisme, qui
kuAktuell Mai 2009
Sansculottes
(Source: Wikipedia)
En soulignant que les exécuteurs de la terreur totale partagent le destin et les traits
caractéristiques de ses victimes, Arendt
élargit la perspective ouverte par Montesquieu, en même temps qu’elle s’en détourne.
D’un côté, elle abolit la distinction que le
penseur français faisait entre le terrorisé
et le terroriste, invalidant l’idée que la terreur vise à satisfaire le plaisir de celui qui
la met en oeuvre. De l’autre, elle porte sur
les bourreaux le même regard que Montesquieu sur les victimes, pour affirmer que
la terreur totale fait de tous ses protagonistes, bourreaux et victimes, les jouets
impuissants d’une existence prédestinée.
Ce faisant, elle développe une intuition de
Montesquieu selon laquelle la terreur n’est
“pas tant quelque chose que les hommes
peuvent redouter qu’un mode de vie.” La
terreur totale n’est pas politique: ce n’est
ni un instrument de gouvernement, ni un
moyen au service d’une fin. Elle exprime
en réalité les penchants les plus profonds
d’une humanité ravalée au rang de bête. Si
la terreur totale est plus effrayante que la
terreur despotique, c’est parce qu’Arendt
pousse la théorie de Montesquieu jusqu’à
son aboutissement logique : la terreur
totale est son propre seigneur et maître, et
des individus aussi puissants que Hitler et
Staline, ses simples instruments. (…). »
Aujourd’hui le sens des expressions “terreur” et “terrorisme” dans le language commun a bien changé. A la Terreur étatique,
répond le terrorisme d’individus, arme
utilisée par des groupes organisés, généralement minoritaires, pour faire triompher
leurs idées ou revendications. Ce procédé
marque la naissance de deux terrorismes,
l’un exercé au nom d’une doctrine révolutionnaire, l’autre exprimant la lutte pour
la reconnaissance politique ou religieuse.
Les réseaux terroristes organisent des
individus pour frapper les populations
15
Titel: Islam
au hasard et en grand nombre – grâce à la
vulgarisation des technologies –, comme
ce fut le cas à New-York ou à Madrid.
La difficulté de définition du
terrorisme dans sa forme
actuelle
La page wikipedia consacrée au terrorisme
rend bien la complexité de définition du
phénomène. Une fois n’étant pas coutume,
j’ai donc décidé d’en retranscire les passages les plus intéressants ci-dessous :
« Une étude de l’armée américaine datant
de 1988 a recensé plus de 100 définitions
du mot “terrorisme”. Le terrorisme est
un crime dans la plupart des pays et il est
parfois défini dans les textes légaux. Des
principes communs parmi les définitions
légales du terrorisme font émerger un
consensus sur la signification du concept
et alimentent la coopération entre les personnels de police de différents pays. Ces
principes communs situent le terrorisme
quelque part entre un acte de guerre en
temps de paix et un crime de guerre commis par un organisme non étatique. Parmi
ces définitions, plusieurs ne reconnaissent
pas la possibilité de l’utilisation légitime
de la violence par des civils dans un territoire occupé et catalogueraient ainsi tous
les mouvements de résistance comme groupes terroristes. D’autres font une distinction entre un usage légal ou illégal de la
violence. Au bout du compte, la distinction
est un jugement politique, qui ne peut être
que biaisé par la conviction que ‚le criminel
c’est l’Autre‘.
La définition du terrorisme est de façon
inhérente sujet à controverse. L’utilisation
de la violence à des fins politiques est commune aux états et aux groupes non-étatiques. La difficulté est d’arriver à un accord
sur une base déterminant quand l’usage
de la violence (dirigée par qui, contre qui
et pour quoi) est légitime. La majorité
des définitions en usage ont été élaborées
par des organes directement associés à
un gouvernement, et ont un biais systématique excluant les gouvernements de
la définition. Certaines de ces définitions
sont si larges, comme le “Terrorism Act
2000”, qu’elles incluent la perturbation
d’un système informatique sans intention
ou conséquence violente.
L’étiquette contemporaine de “terroriste”
est hautement péjorative; c’est un signe
qui dénote un manque de légitimité et de
moralité. Il est important pour les groupes terroristes d’être accepté comme autre
16
chose qu’un groupe terroriste. Des groupes qui se définissent eux mêmes comme
terroristes sont donc pratiquement inconnus. Il est tout aussi important pour les
opposants à un tel groupe que l’étiquette
de “terroriste” soit appliquée. L’appellation
“terroriste” est donc toujours contestée. Les
tentatives pour définir le concept soulèvent
invariablement des débats parce que des
définitions rivales peuvent être employées
en vue d’inclure les actions de certains partis, et d’exclure celles des autres. »
Dans son livre Les origines du terrorisme de 2001, le professeur et intellectuel
américain d’origine palestinienne Edward
W. Saïd dénonce le flou autour de cette
notion :
« “Terrorisme” est devenu synonyme d’antiaméricanisme, qui a son tour est devenu
synonyme de critique des Etats-Unis, qui
à son tour est devenu synonyme d’antipatriotisme. C’est une série d’équations
inacceptable. Et je pense qu’il faudrait
retourner, par exemple, aux débats des
Nations-Unies dans les années 1970 sur
ce qu’est vraiment le terrorisme. Je veux
dire par là qu’on ne peut pas dire que les
mujahideen en Afghanistan qui combattaient les Soviétiques en 1980 étaient des
“combattants de la liberté”, et dire, maintenant qu’ils essayent de se défendre contre
l’incursion d’autres pays en Afghanistan,
qu’ils sont des terroristes. En particulier
puisqu’il semble il y avoir une guerre à moitié déclarée contre les Talibans, qui ne sont
cependant pas des gens très attirants. Je
pense que la définition de la terreur et du
terrorisme doit être plus précise, pour que
nous puissions, en tant que Nations, faire
une différence nette par exemple entre ce
que les Palestiniens font pour combattre
l’occupation militaire israélienne en place
depuis maintenant 25 ans, et la sorte de
terrorisme qui a aboutit aux attaques du
World Trade Center. Par ailleurs, il ne faut
pas oublier que le terrorisme d’Etat existe
toujours. »
« Il est très facile de faire des généralisations
sauvages sur l’Islam. Tout ce qu’il suffit de
faire c’est lire n’importe quelle édition de la
New Republic (magazine américain) pour
voir l’Islam associé au démon radical, et
l’idée que les arables ont une culture dépravée, etc. Ce sont des généralisations impossible à faire sur quasiment aucune autre
religion ou groupe ethnique dans le monde
aujourd’hui, et notamment aux Etats-Unis
où il y a une grande sensibilité, à juste titre,
envers les Africains-américains, les Asiatiques-américains, les Latino-américains, et
ainsi de suite. Mais ici cette pensée persiste,
et une des raisons principales de sa persistance a été l’absence d’un réel engagement
de la part des musulmans et des arabes
dans ce débat. »
En France, cela n’a pas été le cas. Très
tôt, l’écrivain, poète, et professeur de littérature Abdelwahab Meddeb, a voulu faire
connaître l’Islam en occident pour faire
comprendre La maladie de l’Islam qu’est
selon lui l’intégrisme. Meddeb souhaite
arriver à faire comprendre les évènements
qui ont forgé l’histoire duale et duelle de
l’Islam. Pour ce faire, il analyse tout d’abord
l’opposition radicale entre les Mo’tazalites,
(mouvement “rationaliste” qui conteste
quelques dogmes fondamentaux de l’interprétation intégriste du Coran) et les originels “traditionnalistes” (courant qui donnera naissance aux wahhabites d’Arabie
Saoudite). Sur le site vox-populi.net, Jean
Christophe Grellety, analyste de questions
religieuses, commente la démarche intellectuelle de cet auteur :
« Meddeb, ce citoyen appartenant à la
“communauté des croyants”, ose exposer
une analyse globale qui met en cause l’appropriation du Coran par quelques intégristes. Preuve de courage et d’engagement
de la part d’un homme, profondément
croyant, confronté à la logique totalitaire
dominante de certains pays : l’Afghanistan
des Talibans, l’Arabie Saoudite, l’Iran …
(…) Au nom de quelques versets, des torches humaines d’Al-Qaeda sont mortes,
L’amalgame entre Islam et
Oussama Ben Laden ayant su les convainterrorisme.
cre que leurs sacrifices agréeraient Allah et
Depuis les attentats du 11 Septembre 2001,
qu’ils entreraient ainsi dans la maison des
le Coran et le monde islamique sont logiélus : “Dar es Salam”. Si Meddeb nous préquement au cœur de l’attention des pays
sente par ailleurs quelques hommes dont le
occidentaux, gouvernements et citoyens
doux caractère et la volonté de commercer
réunis.
avec leurs frères humains réside dans une
Dans l’entretien avec Edward Saïd prétolérance qui satisfasse l’image d’une piété
cédemment cité, le professeur américain
sincère, digne d’admiration et d’imitation,
explique très clairement le problème, vu
il reconnaît que ces hommes ne dominent
depuis les Etats-Unis :
pas l’Islam du haut de leur stature spiriMai 2009 kuAktuell
Titel: Islam
Le Pentagone en feu.
(Source Wikipedia)
tuelle. Comme il l’admet à regret, “le jour
même où les deux Tours de New-York se
sont effondrées (…) les télévisions ont
montré des scènes de liesse en Palestine, au
Liban (…)”. Il ajoute : “je sais que de telles
images émanent un sentiment et une émotion partagés par nombre de sujets appartenant aux masses d’islam”. Sentiments
effroyables, qui justifient qu’il “essaie de
comprendre par quelles épreuves ou par
quelle éducation est passé le sujet capable de se réjouir du crime”. Dépassant ce
Coran devenu funambule, se maintenant
en équilibre entre tolérance, intolérance,
sérénité, amour et volontés meurtrières,
Meddeb tente d’unifier une critique et une
compréhension causaliste de l’Islam.
Puisqu’il n’est pas encore tout à fait certain
que notre siècle “sera religieux ou ne sera
pas”, il s’agit également pour lui de constater et de reconnaître que les Musulmans
en colère ont des raisons de l’être. A défaut
d’être intelligibles si celles-ci doivent les
enjoindre à s’engager sous la bannière d’un
Djihad mondial, elles ont une pertinence :
les Islams seraient l’objet d’agressions
symboliques dans un monde dominé par
les affaires judéo-palestiniennes et par les
triomphes de l’hyperpuissance américaine.
De même, le dernier chapitre, “l’exclusion
kuAktuell Mai 2009
de mots comme otage, attentat. La notion
de terrorisme est maintenant réduite aux
actions qui suscitent la terreur. On s’intéresse très peu aux hommes ni aux causes
mais aux passages à l’acte, ce qui permet
une condamnation totale de ces derniers
et justifie le contreterrorisme.
Dans son travail intitulé Du bon usage
de la terreur d’avril 2008, le chercheur de
l’INFRI Marc Hecker écrit :
« En mars 1986, peu après l’attentat contre
la galerie Point Show des Champs Elysées,
Charles Pasqua, alors ministre de l’Intérieur français déclare : “Il faut que la peur
change de camp […]. Il faut terroriser les
terroristes”. Cette petite phrase suscite
aussitôt des vocations. En 2000, Vladimir
Poutine se dit résolu à “buter les terroristes
jusque dans les chiottes”. Quant à Moshé
Yaalon, ancien chef d’état-major de Tsahal,
il affirme, dans un article intitulé “Israël :
terroriser les terroristes” qu’il faut traquer
L’ambiguïté de la lutte contre
les terroristes “jusque dans leur lit” et les
le terrorisme
éliminer physiquement quand leur arresEn 1960, le champ lexical du mot “terreur”
tation est impossible. »
s’élargit avec l’appartion de la notion de
Tout cette pensée est transformée en
contre-terrorisme qui utilise des moyens politique générale lorsque Georges Bush
analogues à ceux des terroristes et qui s’ap- lance, après les attentats du 11 septembre,
plique au contexte national et internatio- le processus de guerre des démocraties
nal, en relation avec les valeurs nouvelles contre le terrorisme et la terreur en déclaoccidentale de l’Islam”, est ainsi l’occasion
pour Meddeb de déterminer ses modalités
et son ampleur. Par exemple, la légende
des “Assassins”, serviteurs de Hassan-i
Sabbâh, mérite bien un tel qualificatif
alors même que l’Occident en a fait l’objet de récits prétendument historiques,
même si Meddeb finit par admettre qu’il
s’agit bien d’un mouvement politique réel,
ayant donné naissance au “terrorisme”.
Ouvrage à tiroirs, “La maladie de l’Islam”
peut ainsi satisfaire le lecteur occidental qui se familiarisera avec 14 siècles de
culture mahométane, tout en s’adressant
aux musulmans qui y trouveront une critique raisonnée et prudente des Islams. Ce
livre ouvre avec sérieux et passion l’espace
d’un dialogue sur les principes et les caractéristiques de nos histoires qui se confondent l’une l’autre. Un pont entre deux
cultures … »
17
Titel: Islam
rant : « quiconque abrite des terroristes doit
craindre les Etats-Unis et le reste du monde. »
Marc Hecker poursuit:
« Utiliser le terme générique de terroriste
permet de jeter le discrédit sur l’ennemi et
d’affirmer clairement que coopérer avec ce
dernier revient à franchir une ligne rouge.
Toutefois, ce terme est vague et recouvre
une réalité si diverse – rebelles engagés
dans une guerre révolutionnaire essentiellement rurale, guérilleros urbains, jihadistes posant sporadiquement des bombes
dans des métropoles, etc. – qu’il paraît
pour le moins difficile d’établir une doctrine générale pour lutter contre les “terroristes”, y compris en ce qui concerne la mise
en oeuvre éventuelle d’une stratégie ou de
tactiques utilisant des moyens de terreur.
“Terroriser les terroristes” est donc une
expression sibylline dont le manque de
clarté tient à l’imprécision des mots “terroriste” et “terroriser”. La fermeté sonore de
la formule peut avoir pour seule fonction
de rassurer les civils. Quand le ministre de
l’Intérieur (Charles Pasqua) l’a prononcée,
sans doute voulait-il davantage réaffirmer
un principe – le “monopole [étatique] de
la violence physique légitime” ne saurait
être contesté – que donner un blanc-seing
à l’utilisation de n’importe quels moyens.
Confronté à un adversaire asymétrique –
a priori matériellement plus “faible” – il
peut cependant arriver au “fort” de recourir à des moyens de terreur, même quand
le “fort” est un Etat démocratique qui
condamne habituellement l’emploi de tels
moyens. »
Et c’est bien ce qui est arrivé avec les
prisons de Guantanamo ou encore avec
les traitements de la prison d’Abu Ghraib.
Cette question de la lutte contre le terrorisme consacre l’ambiguïté psychique et
morale de toute la thématique de la terreur, que Marc Hecker explique bien dans
son travail :
« La limite entre les “méthodes coercitives”
et la torture est floue et les critères permettant le passage de l’un à l’autre n’ont jamais
été définis. Un critère informel existe. Il a
donné lieu à une “règle” connue en anglais
sous l’expression de “ticking time bomb
theory”. Comme son nom l’indique, cette
“règle” sous-entend que lorsque plane un
danger imminent et vital, l’utilisation de
la torture est possible.
Pendant la guerre d’Algérie, c’est précisément cet argument qu’ont employé certains officiers français, à l’instar du colonel Trinquier : “Un après-midi, une de vos
18
patrouilles arrête un poseur de bombes. Il
en a encore une. Vous la faites démonter ;
elle est réglée pour exploser à 18h30. Il en
a posé une, deux, trois …, et vous savez
qu’une bombe fait une dizaine de morts
et une trentaine de blessés. Le terroriste
est près de vous. Qu’est-ce que vous faites ? […] Seule la souffrance physique et
la crainte de la mort le feront parler”. Le
même argument est utilisé plus récemment
aux Etats-Unis par ceux qui s’opposent
aux démarches entreprises, entre autres,
par le sénateur John Mc Cain pour interdire les “traitements cruels, inhumains et
dégradants” infligés aux prisonniers. Ainsi,
Charles Krauthammer se demande, dans
un article intitulé “The Truth About Torture”, non pas si la torture doit être totalement interdite mais à quelles conditions
elle peut être autorisée. Il prend l’exemple
d’un terroriste capturé juste après avoir
placé une bombe sale au coeur de Manhattan. Dans ce cas, écrit-il, la torture devient
un “devoir moral”.
Cet exemple est extrême. Considérons un
cas très concret qui ne relève ni du domaine
de la lutte anti-terroriste ni de celui de la
fiction. En septembre 2002, un étudiant
allemand enlève un enfant, le cache près
d’un lac et exige une rançon d’un million
d’euros pour le libérer. Arrêté par la police,
le kidnappeur refuse de dire où se trouve
la cachette. Plus le temps passe et plus les
chances de retrouver l’enfant vivant s’amenuisent. Le directeur adjoint de la police
de la ville où se déroule l’affaire finit par
menacer le suspect de “lui faire mal” s’il
ne parle pas. Les menaces produisent leur
effet et l’étudiant conduit les policiers à
la cachette. Mais il est trop tard : l’enfant
est mort. Bilan de cette affaire : le kidnappeur est condamné à la prison à perpétuité
et le directeur adjoint de la police, accusé
d’avoir menacé le suspect de torture, est
sanctionné par sa hiérarchie. Imaginons
maintenant que la scène se répète : un
autre kidnappeur enlève un enfant. Le
kidnappeur est arrêté. Il sait qu’il ne sera
pas violenté car les policiers risquent une
sanction. Parlera-t-il ? La répétition d’un
tel scénario paraît peu probable. »
Mais on ne peut pas évoquer le combat
contre le terrorisme sans évoquer la thèse
dérangeante mais au combien intéressante et pertinente de Jean Baudrillard,
sociologue français, soutenue dans son
livre L’esprit du terrorisme en 2001, peu
après les attaques du 11 septembre. Selon
lui, c’est l’hégémonie occidentale qui a
fait naître naturellement ce terrorisme.
Et cette hégémonie occidentale ne peut
aujourd’hui plus rien faire contre ce terrorisme, car ce dernier joue avec elle à armes
inégales en utilisant systématiquement la
mort dans sa lutte :
« Terreur contre terreur – il n’y a plus
d’idéologie derrière tout cela. On est
désormais loin au-delà de l’idéologie et du
politique. L’énergie qui alimente la terreur,
aucune idéologie, aucune cause, pas même
islamique, ne peut en rendre compte. Ça ne
vise même plus à transformer le monde, ça
vise (comme les hérésies en leur temps) à le
radicaliser par le sacrifice, alors que le système vise à le réaliser par la force.
Le terrorisme, comme les virus, est partout.
Il y a une perfusion mondiale du terrorisme,
qui est comme l’ombre portée de tout système de domination, prêt partout à se
réveiller comme un agent double. Il n’y a
plus de ligne de démarcation qui permette
de le cerner, il est au cœur même de cette
culture qui le combat, et la fracture visible
(et la haine) qui oppose sur le plan mondial les exploités et les sous-développés
au monde occidental rejoint secrètement
la fracture interne au système dominant.
Celui-ci peut faire front à tout antagonisme visible. Mais l’autre, de structure
virale – comme si tout appareil de domination sécrétait son antidispositif, son propre ferment de disparition –, contre cette
forme de réversion presque automatique
de sa propre puissance, le système ne peut
rien. Et le terrorisme est l’onde de choc de
cette réversion silencieuse.
Ce n’est donc pas un choc de civilisations
ni de religions, et cela dépasse de loin l’islam et l’Amérique, sur lesquels on tente de
focaliser le conflit pour se donner l’illusion
d’un affrontement visible et d’une solution
de force. Il s’agit bien d’un antagonisme
fondamental, mais qui désigne, à travers
le spectre de l’Amérique (qui est peut-être
l’épicentre, mais pas du tout l’incarnation
de la mondialisation à elle seule) et à travers le spectre de l’islam (qui lui non plus
n’est pas l’incarnation du terrorisme), la
mondialisation triomphante aux prises
avec elle-même. (…) Elle est ce qui hante
tout ordre mondial, toute domination hégémonique – si l’islam dominait le monde, le
terrorisme se lèverait contre l’Islam. Car
c’est le monde lui-même qui résiste à la
mondialisation.
Le terrorisme est immoral. L’événement du
World Trade Center, ce défi symbolique, est
immoral, et il répond à une mondialisation
Mai 2009 kuAktuell
Titel: Islam
qui est elle-même immorale. Alors soyons
nous-même immoral et, si on veut y comprendre quelque chose, allons voir un peu
au-delà du Bien et du Mal. (…)
L’événement fondamental, c’est que les
terroristes ont cessé de se suicider en
pure perte, c’est qu’ils mettent en jeu leur
propre mort de façon offensive et efficace,
selon une intuition stratégique qui est tout
simplement celle de l’immense fragilité de
l’adversaire, celle d’un système arrivé à sa
quasi-perfection, et du coup vulnérable à la
moindre étincelle. Ils ont réussi à faire de
leur propre mort une arme absolue contre
un système qui vit de l’exclusion de la mort,
dont l’idéal est celui du zéro mort. Tout système à zéro mort est un système à somme
nulle. Et tous les moyens de dissuasion et
de destruction ne peuvent rien contre un
ennemi qui a déjà fait de sa mort une arme
contre-offensive. “Qu’importe les bombardements américains ! Nos hommes ont
autant envie de mourir que les Américains
de vivre !” D’où l’inéquivalence des 7000
morts infligés d’un seul coup à un système
zéro mort.
Ainsi donc, ici, tout se joue sur la mort,
non seulement par l’irruption brutale de
la mort en direct, en temps réel mais par
l’irruption d’une mort bien plus que réelle :
symbolique et sacrificielle – c’est-à-dire
l’événement absolu et sans appel.
Tel est l’esprit du terrorisme. »
d’autre part, l’argument du dérapage d’une
minorité peut être utilisé pour masquer un
usage bien plus large de méthodes de terreur. »
Si cette dernière phrase vous intrigue, ou
si, comme les élèves dans le film allemand
En guise de conclusion de ces
La Vague (sorti récemment), vous pensez
recherches
qu’aucune sorte de terreur et de peur n’est
L’utilisation étatique de La Terreur qui à l’oeuvre dans nos sociétés démocratinaît en France a traversé les époques pour ques occidentales, il ne vous reste donc
atteindre son paroxysme au 20ème siècle. plus qu’à vous procurer l’excellent ouvrage
Dans sa forme et son application, ce que de Corey Robin, La Peur: Histoire d’une idée
nous appelons aujourd’hui “terrorisme” politique, qui a servi de pierre angulaire à
a peu de traits communs avec la terreur mes recherches.¶
totale étatique. Marck Hocker nous explique bien pourquoi dans son texte précé- Xavier Le Garrec
demment mentionné :
Xaviers Website: 8 http://ah-ca-ira.blogspot.com
« Dans le premier cas, la décision d’user de
méthodes de terreur est prise à très haut
niveau et répercutée aux échelons inférieurs par des ordres plus ou moins clairs.
Dans le second, un petit nombre d’hommes,
agissant sans ordres voire contre les ordres,
fait régner la terreur. Ce dernier cas de
figure ne saurait être totalement éludé :
d’une part, les exactions – même commises par un groupe restreint – sont susceptibles de produire des effets stratégiques ;
Quellen
Robin, Corey. Angst als Politikersatz. 2006.
Baudrillard, Jean. Der Geist des Terrorismus. 2002. Online:
8 http://www.egs.edu/faculty/baudrillard/baudrillard-the-spirit-of-terrorism-french.html
Kommentar des Buches von Abdelwahab Meddeb, Die Krankheit des Islam, von Jean-Christophe
Grellety. Online:
8 http://www.vox-populi.net/article.php3?id_article=25
Hocker, Marc. Vom guten Gebrauch des Terrors. IFRI. 2006. Online:
8 http://www.ifri.org/files/Securite_defense/Focus_strategique_6_Hecker_Terreur.pdf
Vermulen, Sylvie. Kurze Geschichte des Terrors. 2002. Online:
8 http://www.regardconscient.net/archives/0209histerreur.html
Love, Nancy. Dogmas and Dreams, A Reader in Modern Political Ideologies. Chapter 46: »Edward W.
Saïd: Origins of Terrorism (2001)«. 2006.
Monasse, Hélène. Buchbesprechung: Die Politik des Terrors, Essay über die revolutionäre Gewalt
1789–1794, Patrice Guenifey. Unter die Betreuung des Geschichtsprofessors David Colon, Sciences
Po Paris. Online:
8 http://pagesperso-orange.fr/david.colon/sc-po/PolitiquedelaTerreur.pdf
Kommentar des Buches von Timothy Tackett, Der König flieht: Varennes und die Ursache des Terrors
von Annie Duprat. 2006. Online:
8 http://ahrf.revues.org/document2172.html
kuAktuell Mai 2009
19
Hochschulpolitik
Interview mit dem Sprecherrat zum Thema
Studiengebühren und Präsidentschaftswahlen
I
m Anschluss an die Konventssitzung am Was erwartet ihr euch von dieser Peti29. April 2009 sprachen wir mit Christo- tion?
pher, Jakob und Jule.
Jakob: Also erstmal waren wir an dieser
kuAktuell: Es ist jetzt zwanzig nach Petition beteiligt, wir haben hier eine
Zehn, wir haben eine heiße Sitzung hin- große Unterschriftenaktion veranstaltet
ter uns, die erste Konventssitzung in bei uns in der Mensa und auch in einzeldiesem Semester und es waren vor allem nen Kursen, haben auch Werbemittel zur
zwei Themen auf der Tagesordnung, die Verfügung gestellt für Online-Umfragen
heute an Brisanz aktuellen Debatten in etc. Die Unterlagen hab teilweise ich als
nichts nachstehen und zwar die Themen Senator erhalten, um die auch einzubrinStudiengebühren und Präsidentschafts- gen im Senat. Wie erfolgreich es ist, wird
wahlen. Es findet am 13. Mai in Bayern abhängen von den Beteiligten an anderen
eine Demo gegen die Gebühren statt an Universitäten. Wir hatten ziemlich viel
fast sämtlichen bayerischen Hochschul- Zuspruch in dieser Hinsicht, trotzdem ist
standorten, sogar an so kleinen Stand- es sicherlich immer noch ein umstrittenes
orten wie Triesdorf, das eine FH hat. Thema in Bezug auf Studienbeiträge.
Es findet aber keine Demo in Eichstätt
statt, woran liegt das?
Am 2. Dezember letzten Jahres hat
unser hiesiger Wissenschaftsminister
Jule: Ich habe die Info erst letzte Woche Herr Heubisch eine Pressemitteilung
bekommen, gestern kam die Email, dass ausgegeben des Inhalts, dass die Studidas stattfindet, weil ich ja auch nicht mehr enbeiträge sozial verträglich wären, da
in dem Ausschuss LAK bin, wo das the- ja 6 % Zuwachs unter den Studierenden
matisiert wurde. Ich möchte auch sagen, im Jahr 2008 zu verzeichnen waren. Was
in Eichstätt würden sich, glaube ich, sehr sagt ihr als Studierendenvertretung zu
wenige daran beteiligen, weil wir auch diesem Argument der Sozialverträglicheine kleine Uni sind.
keit der Studienbeiträge?
Jakob: Grundsätzlich ist es nicht die Aufgabe vom studentischen Sprecherrat oder
vom Konvent, das zu veranstalten, denn
normalerweise gibt es ja separate Gruppen – beispielsweise haben wir auch einen
AK Freie Bildung, der für so etwas zuständig wäre. Der ist momentan nicht besonders aktiv. Aber tendenziell hatten wir
schon Erfahrungen mit Demonstrationen
gemacht und insofern sind wahrscheinlich
diese Art Erfahrungen ausschlaggebend,
warum so was in Eichstätt momentan
nicht stattfinden wird.
Christopher: Ich wollte noch verweisen
darauf, dass in der Woche vom 15. bis
19. Mai die Bildungsstreikwoche ist, die
deutschlandweit stattfindet und daran
werden sich hier einige beteiligen, zumindest werden wir dazu aufrufen.
Mit dieser Demo und mit diesem Bildungsstreik ist ja auch eine Petition verbunden an den bayerischen Landtag, die
Studiengebühren wieder abzuschaffen.
20
Jakob: Es gibt gegenteilige Studien.
dass wir weniger zahlen, als die anderen.
Aber das richtet sich auch danach, dass wir
nicht darauf angewiesen sind, was vorgegeben wird vom Ministerium, weil wir ja
in katholischer Trägerschaft sind.
Also wir hätten da die Möglichkeit, uns
nicht ans Hochschulrahmengesetz binden zu lassen. Denkt ihr, dass es da
Aussichten gibt, wenn wir jetzt einen
neuen Präsidenten kriegen, dass der die
Grundordnung in dieser Hinsicht ändert
und uns von dem Hochschulrahmengesetz bzw. von Studiengebühren befreit?
Jakob: Also erstmal ist das nicht in der
Grundordnung verwurzelt, die Studienbeiträge, sondern es gibt eine gesonderte
Satzung, die Studienbeitragssatzung sozusagen, die den Betrag aber auch nicht festschreibt. Das ist eine Vorgabe und einfach
auch eine Richtlinie, die das Präsidentschaftsbüro bzw. auch die Hochschulleitung mit vorgibt in Absprache mit Hochschulrat und Senat und insofern können
wir da natürlich weiterhin Anträge einbringen und werden das wahrscheinlich
auch machen, um die Studienbeiträge weiterhin zu reduzieren. Der Präsident selber
wird da wenig Einfluss darauf haben, meiner Meinung nach.
Christopher: Dem schließen wir uns an.
Jule: Und man muss ja sagen, wir haben
jetzt die Studienbeiträge und wir versuchen ja, für die Studierenden das Optimale herauszuholen. Es ist nicht so, dass
das Geld irgendwo versickert, sondern
man muss immer wissen, dass 40 % zentral sind und zum Beispiel in die verlängerten Öffnungszeiten der Bibliothek gehen
oder dass im Sportzentrum die Kurse kosJule: Es ging um die Dauerstellen, näm- tenlos sind, dass es ein zusätzliches Spralich dass die Eichstätter Stellen oder ja chenangebot gibt. Das alles sind Sachen,
überall die Stellen aus Studienbeiträgen die aus den Studienbeiträgen resultieren.
auf zwei Jahre befristet sind und dass Wir stecken auch sehr viel Geld in zusätzman das gerne ausweiten möchte auf liches Personal, damit wir Kursgrößen von
fünf Jahre bzw. auf eine Dauerstelle. Da jeweils 30 oder 40 Leute haben und dass
gibt es auch schon in diesem Ausschuss nicht 100 Leute in einer Veranstaltung
im Landtag eine Arbeitsgruppe, die sich sind. Das hat man jetzt den Studienbeiträdamit beschäftigt, dass man Dauerstel- gen auch ein bißchen zu verdanken.
len oder zumindest Stellen auf fünf Jahre
genehmigen kann. Das hat er uns noch Christopher: Fakt ist aber wahrscheinlich
mal erzählt und er hat gefragt, wie viel trotzdem, meiner Meinung nach, dass die
wir überhaupt zahlen und fand das gut, insgesamt kritische Masse nicht besteht,
Dann war am 15. April Herr Sibler [Anm.
der Red.: Vorsitzender des Hochschulausschusses im bayerischen Landtag] hier zu
Besuch und ihr habt mit ihm gesprochen
wegen der Studienbeiträge. Was gab es
da konkret im Fall Eichstätt an Problemlagen?
Mai 2009 kuAktuell
Hochschulpolitik
um wirklich noch extensiv mehr Stellen
aus Studienbeiträgen zu finanzieren. Das
heißt, ironischerweise – oder zynischerweise könnte man fast schon sagen –
müssten sie wesentlich höher sein, damit
man sozusagen wirklich die Lehre verbessert im Sinne des Betreuungssmaßstabs.
Es gab ja auch bei dem Hearing zur
Präsidentschaftskandidatur Aussagen
hinsichtlich der Studiengebühren, allerdings nur von einem einzigen Kandidaten, der von sich aus auf das Thema
eingegangen ist. Ich möchte den Namen
jetzt nicht nennen, aber er hat auf jeden
Fall gesagt, dass die Studiengebühren
den Studierenden wieder zugute kommen sollen in Form von Tutorien, anderen Anstellungen als Hilfswissenschaftler usw. Wie steht ihr dazu?
Jule: Ich habe ja auch eine Frage bei dem
Hearing gestellt und ich glaube einfach,
dass die Leute mit Studienbeiträgen
nichts anfangen konnten, weil sie alle von
anderen Hochschulen kommen. Gerade
in Berlin gibt’s noch keine Studienbeiträge, der andere kommt aus Amerika, da
ist der Betrag viel viel höher und da geht
man ganz anders mit Studienbeiträgen
um und der dritte Kandidat hat auch noch
nichts groß damit zu tun gehabt, das hat
man einfach auch gemerkt. Mir ist auch
aufgefallen, dass sie sich einfach mit der
Studentenstruktur hier in Eichstätt nicht
richtig befasst haben.
Jakob: Ich kann vielleicht noch was zum
internen Hearing sagen. Da war es natürlich auch eine Frage, inwiefern wir uns zu
einer Exzellenzuniversität entwickeln, die
natürlich höhere Studienbeiträge verlangen würde. Und da gibt es schon Meinungen innerhalb der Kandidatenschaft, die
es vertreten würden, dass teilweise höhere
Studienbeiträge an der Universität, gerade
auch mit unserer Sonderrolle als katholischer Universität, möglich sind, was ich
eben kritisch sehe und das auch äußern
würde und auch geäußert habe im Hochschulrat und im Wahlgremium.
Dann noch mal zurück zum Hearing.
Das Meinungsbild über die Präsidentschaftskandidatur ist ja sehr gespalten,
es herrscht eine wahnsinnig große Heterogenität sowohl unter Lehrenden als
auch unter Studierenden. Wie würdet
ihr das sehen? Jakob, du bist ja gewesekuAktuell Mai 2009
ner studentischer Senatsvertreter, hast
jetzt deine Stimme an Flora Neidlinger
übertragen. Wie sieht unter euch Studierenden das Meinungsbild aus? Wird
es überhaupt einen neuen Präsidenten
geben?
1.
Für jede Emotion ein Weltrecht.
2.
Solange nicht andere dabei Schaden
Jakob: Wir haben ja heute auch ein Meinehmen.
nungsbild in unserer Sitzung gehabt und 3.
Die beliebige, freiwillige Wahl des
aufgenommen, wie ungefähr die MeinunAufenthaltsortes.
gen waren. Insofern kann das gleiche auch 4.
Mit beliebiger, freiwilliger Gestalvon uns Studierenden behauptet werden:
tung der Lebenszeit.
dass die Heterogenität sehr groß ist. Und 5. Jeder Mensch hat gleichen Zugang
die Kunst des Hochschulrats wird es sein,
zur individuellen Bedürfnisbefriesich zuerst auf zwei, dann auf einen Kandigung.
didaten zu einigen, ohne Aussprache zwi- 6. Niemand hat das Recht, anderen zu
schendurch.
befehlen, was sie zu tun haben.
7.
Jede Person hat effektiven Zutritt
Jule: Wir sind uns auch nicht einig, wir
zu den bereits erfolgten und noch
sind uns ja im Vorstand schon nicht einig,
kommenden Rechten.
jeder hat eine andere Vorstellung, wie der 8. Jede Person kann jede andere PerPräsident sein soll und von daher, wie
son an diesen Rechten anrufen.
gesagt: Flora hat jetzt unser Meinungs- 9. Alle Träume sind in ihrer Ganzheit
bild gehört und sie wird dann nach bestem
unteilbar.
Wissen und Gewissen ihre Stimme abge- 10. Alle Träume sind gleich wert.
ben und schau’mer mal, wer dann der Präsident wird. Wir müssen damit dann leben, Christopher Knoll
egal wer es ist.
10 Weltrechte
Jakob: Grundsätzlich kann man aber
glaube ich sagen – und das gilt glaube ich
auch für die Studierendenschaft – dass
man insgesamt eigentlich mit jedem
irgendwie leben könnte, auch wenn es
nicht ideal ist.
Dann als Abschlussfrage: wie steht ihr
zu dem Statement von einem der Kandidaten, der Eichstätt als »Lebensform«
tituliert hat?
Jule: Kein Kommentar. Das ist zu sehr auf
einen Kandidaten zugeschnitten, da geben
wir keine Aussage.
Christopher: Wobei, das ist ja relativ
neutral, ich würde sagen, Eichstätt als
»Lebensform« ist eine nette, leere, nichtssagende Aussage, wie man auch andere
leere, nichtssagende Aussagen formulieren könnte, also das ist – nett.
Jakob: Lebensformen gibt’s ja in Eichstätt
genug. (lacht)
Vielen Dank für das Gespräch.¶
Christian Hübner
21
Campus
Eichstätter Geographie-Studenten auf der Internationalen
Tourismusbörse (ITB) in Berlin
D
er Auftritt bei der Internationalen
Tourismus-Börse in Berlin (ITB)
gehört zu den jährlichen Höhepunkten der
Vereinstätigkeit von TOPAS (Touristische
Organisation, Planung und Ausführung
von Studenten). Und so reisten auch dieses Jahr rund 35 Geographie-Studenten,
vom 10. bis 15. März 2009, in die deutsche
Hauptstadt, um das Fach Geographie und
seinen Schwerpunkt »Freizeit, Tourismus
und Umwelt«, den Verein und die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, zu
präsentieren.
Am vergangenen Dienstag um vier Uhr
morgens ging es los. Bis zum Messebeginn
am nächsten Tag stand den Eichstätter
Studenten noch viel Arbeit bevor: In der
Halle 5.1, welche dem Schwerpunkt »Training and Employment in Tourism« gewidmet war, galt es den TOPAS-Stand »messetauglich« herzurichten: Wände tapezieren,
Stellwand aufbauen, Mobiliar anordnen,
Poster kleben. Seit November 2008 liefen
die Vorbereitungen. Verschiedene Kompetenzgruppen beschäftigten sich u.a. mit
dem Standdesign und der Sponsorenakquise.
TOPAS stellte auf der ITB 2009 bisher
durchgeführte Projekte vor und knüpfte
Kontakte zu Interessenten und potentiellen zukünftigen Auftraggebern. Interessierte Messebesucher wurden über das
Lehrangebot an der Universität EichstättIngolstadt und über das Fach Geographie,
22
mit seinem Schwerpunkt »Freizeit, Tourismus und Umwelt«, informiert und beraten. Ferner bot die Internationale Tourismusbörse jedem einzelnen Studenten die
Chance neue Kontakte hinsichtlich Praktikumsstellen und Berufschancen aufzutun.
Neben der Arbeit wurde für alle Teilnehmer ein breites Programm, von den beiden
Vorständen Lukas Petersik und Benjamin
Gottstein, organisiert. Höhepunkte waren
die Eröffnungsfeier, das alljährliche Ehemaligentreffen am TOPAS-Stand, eine Berlin-Exkursion sowie ein Bundesligaspiel
der Berliner Hertha. In den Abendstunden
blieb genug Zeit, um das Berliner Nachtleben zu erkunden. Die Zeit auf der weltweit
größten Reisemesse war für alle TOPASMitglieder interessant und spannend.
Besonderer Dank gilt der Universität Eichstätt-Ingolstadt, dem Lehrstuhl
für Kulturgeographie, dem Lehrstuhl
Tourismus sowie der Brauerei Gutmann
(Titting) ohne deren Unterstützung eine
Teilnahme an der Messe nicht möglich
gewesen wäre.¶
Lukas Petersik
Über TOPAS
TOPAS ist eine Gruppe von rund 100
engagierter Geographie-Studenten
mit dem Schwerpunkt »Freizeit,
Tourismus und Umwelt«. Seit über
16 Jahren besteht das zentrale Interesse von TOPAS darin, das Studium
zu bereichern und Studierenden
die Möglichkeit zu geben, schon
während des Studiums praxisnahe
Erfahrungen zu sammeln. Bei TOPAS
haben interessierte Geographen
aller Semester die Möglichkeit, sich
bereits während des Studiums an
konkreten Aufgaben und Projekten
der Tourismusbranche zu beweisen.
TOPAS übernimmt die Organisation von Infoveranstaltungen und
Kongressen, Messen und Messeauftritten, bis hin zu Themenreisen und
Auftragsstudien. Das in Zukunft
immer wichtiger werdende Networking ist die Basis aller Aktivitäten.
Weitere Informationen zum Verein
und seinen Tätigkeiten findest Du
unter: 8 www.ku-eichstaett.de/topas
1. Vorstand
Mai 2009 kuAktuell
Campus
Moderne Begrifflichkeiten, Folge 3:
Kompetenz
D
as Leben ist hart und ungerecht –
diese Lektion lernt mensch beim
Erobern feindlicher Sandburgen oder in
der Puppenecke, wenn Miriam schon
wieder die Mutter spielen will, obwohl
sie versprochen hatte, dass man sich
abwechselt. Mit dem Versprechen, dass
sie auf jeden Fall zur nächsten Geburtstagsfeier eingeladen wird, lässt Miriam
aber mit sich verhandeln, eventuell muss
auch ein Teil des Mittagessens geopfert
werden, bis ein Kompromiss gefunden ist.
Diese scheinbare Alltagsszene ist für beider
Leben von großer Bedeutung: Sie erlernen
Kompetenzen, soziale Verhaltensmuster,
die ihr später das Zusammenleben und
-arbeiten mit anderen Menschen ihres
Kulturkreises ermöglichen und erleichtern werden. Dazu gehören nach Elaine
Gambill folgende Fähigkeiten: Neinsagen,
Versuchungen zurückweisen, auf Kritik
reagieren, Änderungen bei störendem
Verhalten verlangen, Widerspruch äußern,
Unterbrechungen im Gespräch unterbinden, sich entschuldigen, Schwächen
eingestehen, unerwünschte Kontakte
beenden, Komplimente akzeptieren, auf
Kontaktangebote reagieren, Gespräche
beginnen, Gespräche aufrechterhalten,
Gespräche beenden, erwünschte Kontakte
arrangieren, um Gefallen bitten, Komplimente machen, Gefühle offen zeigen.
Das meiste davon haben wir im Kindergarten gelernt, ohne groß darüber nachzudenken. Inzwischen ist der Begriff Kompetenz
aus Stellenanzeigen und Karriere-Ratgebern nicht mehr wegzudenken. Was früher unter dem Begriff »gute Kinderstube«
wie selbstverständlich zum Repertoire
sozial verträglichen Verhaltens gezählt
wurde, muss jetzt in Seminaren erlernt
und für den Lebenslauf bescheinigt werden. Schon für 1300 Euro können Young
Professionals in 4 Tagen unerlässliche soft
skills wie soziale Kompetenz, kommunikative Kompetenz, personale Kompetenz,
Führungskompetenz, Umsetzungskompetenz und mentale Kompetenz erwerben –
Übernachtung im 4-Sterne-Hotel inbegriffen. Wer also zu Schulzeiten zu beschäftigt
mit Hausaufgaben war, um sich sozial zu
engagieren, muss heute nicht verzweifeln. Seit die Personalabteilungen auf die
Bedeutung zwischenmenschlicher KomkuAktuell Mai 2009
Kompetenz dagegen wird für die Umwelt
erst durch selbstorganisiertes, angemessenes Handeln in einer unbekannten Situation sichtbar – einer der Gründe, warum
Assessment Center auch im deutschen
Sprachraum beliebter werden, denn so
können Personaler sich ihre Bewerber
in Ruhe in unterschiedlichen Situationen anschauen und entscheiden, wer alle
gewünschten Kompetenzen in einer Person vereint.
In vielen Fällen gehört dazu die Soziale
Kompetenz. Über den Kompetenzbegriff
kann man sich wie gesagt streiten, aber
zusammen mit dem Wort »sozial« verliert er jede Kontur. Und wer definiert,
was sozial ist? 8 Soft-skills.com antwortet
auf diese Frage mit einer Aufzählung von
Fähigkeiten, darunter »souverän, einfühlsam, fair und konstruktiv« mit Mitmenschen umzugehen, erwähnt Teamfähigkeit
und Empathie, sowie das konstruktive
Lösen von Konflikten und Bereitschaft
zur Kooperation mit Menschen – womit
wir wiederum bei Klein-Miriam im Kindergarten wären.
Letztendlich wird man den Eindruck
nicht los, dass es sich dabei um vom
Arbeitsmarkt entwickelte Konzepte handelt, die je nach Bedarf und Änderung
der Arbeitsbedingungen uminterpretiert
werden können. Und auch ein noch so
professionell durchgeführtes Kompetenz –
Seminar kann für die Teilnehmer nur der
Anfang eines langen Lernprozesses sein, in
dem das Gelernte so lange wiederholt und
reflektiert wird, bis es zum eigenen Handlungsrepertoire gehört. Kompetenzen
lassen sich nicht auf theoretischer Basis
erwerben, sie müssen durch langes ÜbenAusprobieren – Erfahren erlebt werden.
Diejenigen unter uns, die sich jahrelang in
ihrer Freizeit in Vereinen, Jugendgruppen
o. Ä. engagiert haben, können daher sogar
froh sein um die neue Bedeutung, die den
zwischenmenschlichen
Kompetenzen
zugemessen wird – war schließlich auch
harte Arbeit.¶
munikation aufmerksam geworden sind,
hat sich ein ganzer Dienstleistungszweig
rund um die Vermittlung grundlegender
sozialer Fähigkeiten an Erwachsene gebildet.
Der so inflationär gebrauchte Begriff
ist aber keineswegs eindeutig definiert.
Je nach Kontext bedeutet Kompetenz
»Zuständigkeit« oder »Berechtigung«,
beziehungsweise »Können« oder »Fähigkeit. Der lateinische Begriff competentia
stammt von dem Verb competere ab –
»zusammentreffen, zukommen, fähig
sein zu«. Die römischen Rechtsgelehrten
gebrauchten das Adjektiv competens im
Sinne von zuständig, befugt, rechtmäßig, ordentlich – was immer letzteres im
konkreten Zusammenhang auch bedeutet
haben mag. Heute bedeutet Kompetenz im
Staatsrecht die Zuständigkeit oder Befugnis von Staatsorganen und Behörden,
wodurch sich die Frage der Kompetenzkompetenz ergibt, vor allem auf EU-Ebene,
wenn es darum geht, eigene Kompetenzen
teilweise auf EU-Gremien zu übertragen. In
einem Kompetenzkonflikt ist der competitor hingegen nicht nur zuständig, sondern
ein Mitstreiter oder ein Konkurrent: wir
befinden uns also schon in einer competition, eventuell nicht um einen juristischen
Fall, sondern um einen Arbeitsplatz.
Sowohl in der Psychologie als auch in
der Umgangssprache bezieht sich der
Begriff verstärkt auf den Aspekt der Fähigkeit. So definiert der Linguistikprofessor
Avram Noam Chomsky Kompetenz als
die Fähigkeit von Sprechern und Hörern,
mit Hilfe eines begrenzten Inventars
von Kombinationsregeln und Grundelementen potenziell unendlich viele neue,
noch nie gehörte Sätze selbstorganisiert
bilden und verstehen zu können sowie
einer potentiell unendlichen Menge von
Ausdruckselementen eine ebenso potenziell unendliche Menge von Bedeutungen Dorothee Barsch und Karen Schewina
zuzuordnen. Darüber hinaus wird in der
Psychologie nochmals zwischen Qualifikation und Kompetenz unterschieden.
Siehe auch
Qualifikationen können in gängigen Test• 8 www.soft-skills.com
verfahren abgeprüft und bestätigt werden.
• 8 arbeitsblaetter.stangl-taller.at/
Ob jemand davon ausgehend auch selbstKOMMUNIKATION/
organisiert und kreativ wird handeln könSozialeKompetenz.shtml
nen, kann durch die Normierungen und
• 8 www.kayenta.de
Zertifizierungen kaum erfasst werden.
23
Campus
Die große Wirtschaft und die kleine Bildung
Warum wir umdenken müssen
Amerika. Ein Land, in dem, wie in keinem
anderen die Freiheit der Märkte propagiert wurde, die Rendite der Sklaventreiber der Managerelite war und der Begriff
der »sozialen Sicherung« allenfalls für ein
gutes Gewissen bei den besser gestellten
in der Gesellschaft sorgte.
Amerika. Ein Land, in dem, wie in keinem anderen der Aufstieg vom Tellerwäscher zum Millionär so leicht ermöglicht
und so massiv beworben wurde.
Amerika. Dieses Land hat sich in den
letzten Jahren wie kein anderes selbst
heruntergewirtschaftet. Der neoliberale
Irrglaube vom unendlichen Wachstum
und der Selbstregulierung der Märkte hat
dazu geführt, dass Banken pleite gingen,
Unternehmen um Staatshilfe bettelten
und Menschen ihre Heimat, ihren Besitz
und ihre Arbeit verloren.
Wir brauchen mehr Staat,
mehr Gesellschaft, mehr
Menschlichkeit
In Zeiten einer internationalen Finanzund Wirtschaftskrise ist endgültig klar,
dass der Marktradikalismus abgewirtschaftet hat. Die Naivität seiner neoliberalen Verfechter hat dazu geführt, dass
wir an einem Abgrund stehen und die
gesamte Gesellschaft muss nun für die
Fehler Einzelner zahlen. Gewinne werden
privatisiert, Verluste sozialisiert.
Es ist schwer vermittelbar, wenn Sozialeinrichtungen aus finanziellen Gründen
gestrichen, Kindergärten und Schulen
geschlossen und Sozialleistungen gekürzt
werden, aber Milliarden für die Rettung
von Banken zur Verfügung stehen. Es ist
deshalb auch schwer vermittelbar, weil
Menschlichkeit den Regeln des Marktes
zum Opfer fällt. Jeder sieht nur noch sich
und seinen Wert in der Gesellschaft, nicht
24
aber den Wert der Gesellschaft für den
Einzelnen. Ein grundsätzliches Umdenken muss stattfinden!
Der bisherige Raubtierkapitalismus
darf nicht mehr geduldet werden. An
seine Stelle muss eine verantwortungsvolle Gesellschaft treten, die mit Gütern
und Menschen angemessen umgeht und
sich nicht vor der hemmungslosen Profitgier einiger weniger verantworten muss.
Nur eine Gesellschaft, die Wertschöpfung allein zum Wohle der Gesellschaft
und nicht zum Wohle einer privilegierten
Oberklasse betreibt, kann dauerhaft für
Wohlstand sorgen.
Was hat das mit mir an der KU
zu tun?
Jeder der Studiengebühren zahlt, wird
sich ab und an die Frage stellen, welche
Vorteile er nun wirklich von der »Verbesserung der Lehre« hat. Sei es nun der neue
Tennisschläger für den Sportstudenten
oder ein Tutorium für den Germanistikstudenten. Zweifelsohne wird das Geld
sinnvoll vergeben und landet nicht, wie bei
anderen Unis in er Sanierung einer Tiefgarage. Trotzdem ist die Frage nach dem
abnehmenden Grenznutzen berechtigt.
Denn: Was wird nach dem Tennisschläger
gekauft? Vielleicht eine Sportmatte, die
sowieso schon ersetzt werden musste oder
ein neuer Dozent? Irgendwann werden die
Ausgaben ihren Zweck nicht mehr erfüllen
und wie man hört, ist dieser Punkt schon
längst erreicht. Das Geld der Studenten,
einer Gesellschaftsschicht, die von Natur
aus – bis auf wenige Ausnahmen – finanziell schlechter gestellt ist, als der Rest der
Gesellschaft, wird zur Aufrechterhaltung
des Systems, in das immer weniger investiert wird, herangezogen. Wenn Milliarden
für die Rettung von Banken vorhanden
sind, die in absehbarer Zeit keinen Mehr-
wert für die Gesellschaft bringen, warum
muss die Zukunft unseres Landes für ihre
Bildung selbst aufkommen? Obwohl es
bewiesen ist, dass eine Investition in Bildung langfristig rentabler ist, als Investitionen an den Börsen, wird den Studenten
trotzdem noch ein nicht unbeachtlicher
Betrag abverlangt. Dass manche sich nun
damit rühmen einen kleinen Verwaltungskostenbeitrag abgeschafft zu haben, kann
nur noch als blanker Hohn verstanden
werden.
Ein Traum von Freiheit
An diesem Punkt schließt sich der Kreis.
Die Bildungspolitik unterwirft sich in
Form von Exzellenzinitiativen und Hochschulrankings den Zwängen der Wirtschaft, fördert einige Wenige und lässt die
breite Masse auf der Strecke. Transparenz,
Effizienz und Exzellenz sind nur einige
der inhaltsleeren Parolen, mit denen Kürzungen im Bildungssystem verbunden
sind. Wenn man jetzt nicht damit beginnt,
umzudenken und Bildung für jeden
zugänglich zu machen, wird bald jeder für
sich selbst sorgen müssen. Dann haben
wir die amerikanischen Verhältnisse: Vom
Abiturienten zum Tellerwäscher.
Jan Heiermann
Kurzmeldungen
Gebrauchte Ordner
Im Studihaus gibt es gebrauchte Ordner
zum mitnehmen. Um eine Spende zugunsten des Kinderhauses wird gebeten.¶ SG
Mai 2009 kuAktuell
Campus
Projekt zur Bildungsintegration von Migranten
H
allo Lehramtsstudierende – bitte mitmachen!
An der Professur für Soziologie III läuft
zurzeit ein Projekt zur Bildungsintegration von Migranten. Wir bitten um Eure
Mithilfe:
Die Situation von Zuwanderern im deutschen Aus- und Weiterbildungssystem ist
die Thematik, mit der sich Soziologen der
KU gemeinsam mit Forschern aus Italien,
Spanien, Rumänien und Großbritannien
im Rahmen des zweijährigen EU-Projekts
»Education as laboratory for integration«
beschäftigen. Das Projekt wurde von der
Provinz Parma (Italien) initiiert und wird
von der Europäischen Union bis November
2009 mit rund 300 000 Euro gefördert. Im
Rahmen des EU-Programms für »Lebenslanges Lernen – Grundtvig« setzen sich
die Projektpartner mit der Bildungssituation von Zuwanderern in den jeweiligen
Partnerländern auseinander.
Im ersten Projektjahr wurden in den
Partnerländern nationale Forschungsberichte über die aktuelle Bildungsintegration von Migranten erstellt, zusätzlich
wurde eine Best-Practice-Analyse mit
gelungenen Beispielen zur Bildungsintegration durchgeführt. Die in den nationalen Berichten gewonnenen Erkenntnisse
wurden dann in einer vergleichenden
Studie untersucht. Ein zentrales Ergebnis: bei Vertretern der allgemeinen Schul-,
der Berufs- und auch der Weiterbildung –
sprich Lehrern – besteht ein Bedarf an
Sensibilisierung für diese Thematik.
Zu diesem Zwecke wurde ein E-Learning-Kurs für Lehrer, bestehend aus
verschieden thematischen Modulen,
entwickelt. Die Inhalte werden auf eine
Online-Plattform hochgeladen und sind
in unterschiedliche Kapitel aufgeteilt,
ähnlich einem Buch. Über einen Gastzugang könnt Ihr die Module »Kooperatives
kuAktuell Mai 2009
Lernen« und »Kulturelles Bewusstsein«
an jedem beliebigen Computer mit Internetzugang testen. Im Modul zum »Kooperativen Lernen« wird diese Unterrichtsform vorgestellt und in jedem Kapitel
findet man unterrichtsnahe Beispiele. Das
Modul »Kulturelles Bewusstsein« ruft die
Lehrer auf, sich näher mit dem Herkunftskontext ihrer Schüler zu beschäftigen (z. B.
Geographie, Demographie/ Religion, Bräuche …), um somit ein besseres Verständnis
für ihr Sozialverhalten zu erlangen.
Diese Module sollen nun in einer Evaluations- und Experimentierphase auf ihre
Qualität und Praktikabilität getestet werden. Hierfür benötigen wir Eure Hilfe. Im
Idealfall solltet Ihr schon Praktikumserfahrung mitbringen, gleichzeitig soll die
Teilnahme Euch die Möglichkeit eröffnen
das Erlernte in kommenden Praktika oder
im Referendariat kreativ umsetzen zu können. Für die Teilnahme an der Evaluation
kann außerdem ein Zertifikat ausgestellt
werden. Eure Mitarbeit hilft nicht nur uns,
sondern auch Euch, vor allem aber Eurer
Zielgruppe, den Schülern.
Ende Mai werden die Trainingsmodule
online verfügbar sein. Es wird ein Evaluationsbogen zur Verfügung stehen, um die
Module hinsichtlich Methodik, technische
Umsetzung und Inhalt zu bewerten. Die
Bearbeitung eines Moduls kann zwischen
zwei und acht Stunden in Anspruch nehmen. Da Euer Account zwei Wochen lang
frei geschalten sein wird, könnt ihr euch
die Zeit flexibel einteilen.
Nähere Informationen zum Projekt gibt
es auf der Uni-Homepage auf der Seite der
Professur für Wirtschafts- und Organisationssoziologie (Prof. Dr. Greca) unter dem
Link »Projekte«.
Bei Interesse möchten wir Euch um
eine Rückmeldung per E-Mail bitten, dann
erhaltet Ihr in Kürze nähere Informationen. Für Eure Unterstützung möchten wir
uns bereits jetzt bedanken.
Ansprechpartner in diesem Projekt sind
Eva-Maria Hinterding, Danielle Rodarius
und Prof. Dr. Rainer Greca.
Eva-Maria Hinterding
* [email protected]
* [email protected]
* [email protected]
25
Kultur
Die Buchrezension:
W. G. Sebald: Austerlitz
S
tuttgart Hauptbahnhof. Ich warte auf
den Nachtzug nach Paris Est. Noch
eine halbe Stunde! Die Zeit versuche ich
irgendwie zu überbrücken, schaue den
ankommenden, den abfahrenden Reisenden nach, gehe auf den Bahnsteigen spazieren, lese ein Buch. Eine Durchsage kommt:
Der Zug nach Paris fahre voraussichtlich
fünfzig bis sechzig Minuten später hier ab.
Ich schaue auf die Uhr, viertel vor zehn.
Für den Anschlusszug morgen früh an der
Gare d’Austerlitz wird es knapp werden.
Uhren! Sie bestimmen unser Leben.
Besonders, wenn wir auf verspätete Züge
warten und andauernd auf allzu gemächlich vorrückende Zeiger starren müssen.
Unbarmherzig langsam zerhacken sie die
Zeit in monotone Sechzigstel und jeder
Sekundenschritt stürzt sofort wieder
zurück ins Bodenlose, als ob man in Treibsand strampeln würde. »Salles des pas perdus« – nicht von ungefähr heißen so die
Wartehallen belgischer Großstadtbahnhöfe wie etwa der Antwerpener Centraalstation, Schauplatz meiner Reiselektüre.
In jener »Halle der verlorenen Schritte«
findet man sich also wieder, wenn man W.
G. Sebalds Roman »Austerlitz« liest. Die
Szenerie ist bedrückend. In ein »unterweltliches Dämmer« getaucht harren die
Reisenden ihrer Züge und über allem
thront eine mächtige Bahnhofsuhr, eine
»Göttin der vergangenen Zeit«. Ihr gegenüber erscheinen die Menschen wie verkleinert, reglos, stumm. Nur einer der
Anwesenden sticht heraus durch sein rege
bekundetes Interesse an der Bahnhofsarchitektur, dem monumentalen Kuppelbau.
Sonst aber wirkt auch er eher unscheinbar:
Schwere Wanderstiefel, blaue Arbeitshose,
altmodisches Jackett, so fertigt der blondgelockte Herr seine Aufzeichnungen an,
fotografiert den Wartesaal mit einer alten
Ensign. – Ob der das Zeug zum Romanhelden hat?
Ich lege das Buch weg und kauf mir erst
mal ’ne Cola am Bahnhofsimbiss. Als der Zug
endlich ankommt, ist mein reservierter Sitzplatz nicht vorhanden. Ich quetsche mich in
ein überfülltes Abteil, an Schlaf ist nicht zu
denken. Also weiterlesen. Austerlitz, Jacques Austerlitz, so heißt jener blondgelockte Herr im Antwerpener Zentralbahnhof. Von ihm selbst erfährt man zunächst
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wenig, ein paar Kenntnisse über den Fes- Vaters nach Paris, dem Abtransport der
tungsbau vergangener Jahrhunderte kann Mutter nach Theresienstadt erzählt. Auf
er vorweisen. Auch berichtet er von seiner der Suche nach weiteren Indizien über
Kindheit in der walisischen Ortschaft Bala ihren Verbleib führt ihn seine Reise in
im Hause seiner Adoptiveltern, von sei- das nahegelegene Konzentrationslager. Er
ner Schulzeit in Stower Grange, den Jah- findet jedoch nichts, keine Spur. Zurück
ren auf dem College in Oxford. Doch das in London und nach einem weiteren Neralles erscheint wie beiläufig erzählt, nicht venzusammenbruch beschließt er, mit der
besonders erwähnenswert (wie eine abge- Suche nach dem Vater in Paris zu beginnen.
takelte Lok auf dem Abstellgleis).
Doch auch dies endet zunächst erfolglos.
Seine wahre Geschichte gibt Austerlitz
03h43 Châlon: Die Reise durch die Nacht
nur zögerlich preis, als ob er sie gegen andere scheint kein Ende zu nehmen. Austerlitz
und auch gegen sich selbst abschotten müsste. wird erneut aus der Bahn geworfen. Nach
Doch so langsam nimmt der Zug Fahrt auf. einem abermaligen NervenzusammenNach dem College führen ihn
bruch erleidet er
W. G. Sebald
seine Wege nach London. Dort
einen GedächtnisAusterlitz
plagen ihn düstere Gedanken,
verlust, erholt sich
Fischer Taschenbuch, Frankfurt
das rauchschwarze Gefühl »nie
nur langsam, nach
2003, Roman, 417 Seiten
wirklich am Leben gewesen zu
langem KrankenISBN: 9783596148646
sein oder jetzt erst geboren zu
hausaufenthalt
werden«. In der Folge leidet
und ausgedehnten
er immer mehr unter SelbstSpaziergängen. In
mordphantasien und einer
der Pariser Natiodiffusen Angst, seine Persönnalbibliothek stößt
lichkeit preisgeben zu müser schließlich doch
sen. Er wandert ganze Nächte lang durch noch auf einen Hinweis über den Verbleib
die Stadt, kann kaum noch sprechen und seines Vaters. Er wurde 1942 im Lager
erleidet schließlich einen Nervenzusam- Gurs in den Pyrenäen interniert. Austermenbruch. Er droht zu entgleisen. Doch litz beschließt kurzerhand, dorthin aufzuzufällig kommt ihm eine Nachricht von brechen. Ob er schließlich auf weitere Spujenen Sondertransporten zu Ohren, die ren stoßen wird, bleibt jedoch offen. Hier
jüdische Kinder zur Zeit der Naziherr- endet seine Reise.
schaft aus dem besetzten Kontinent auf
06h57. Mittlerweile bin ich in Paris angedie britischen Inseln evakuierten. Da wer- kommen, an der Gare de l’Est. Es war eine
den plötzlich Erinnerungen wach. Auster- schlaflose Nacht. Doch schuld daran war
litz entsinnt sich eines Schiffes, auf dem nicht die späte Cola in Stuttgart, auch nicht
er einst zusammen mit vielen anderen das Schnarchen meiner Abteilgenossen oder
Kindern in England angekommen war: es das unsichere Wiegen der Waggons, sondern
hieß Prague.
meine Reiselektüre. Ich habe »Austerlitz« in
01h56 Strasbourg: Die Weichen werden einem Zug durchgelesen. Wie viele Seiten ich
umgestellt. Nach den ersten 200 Seiten pro Kilometer verschlang, weiß ich nicht, nur
beginnt nun offenbar eine lange Odyssee. dass ich eine Stunde vor Paris schon nichts
Durch halb Europa zieht der walisische mehr zu Lesen hatte. Diese rasche Lektüre
Adoptivsohn, begibt sich auf die Suche soll allerdings nicht vortäuschen, dass es
nach seiner verlorenen Identität. Er macht sich um ein einfaches Buch handelt, im
in Tschechien Station. Dort findet sich Gegenteil. Die Geschichte wickelt sich
schließlich der Ort seiner wahren Her- nicht so schnurgerade, leichtfüßig, »stakunft. Es ist das Haus Nummer 12 in der tionsmäßig« ab, wie es hier den Anschein
Prager Šporkova, in dem er, Jacques, einst erwecken mag. Die Stränge werden durchmit seinen Eltern Maximilian und Agáta einander gezogen, fahren keineswegs
Austerlitz wohnte. Er trifft dort nur noch immer dieselbe Schiene, wechseln die Spusein altes Kindermädchen, Věra Ryšanová, ren, kreuzen sich mit anderen, manchmal
an, die ihm schließlich die Geschichte sei- verknäueln sich die Fäden und entwirren
ner Evakuierung, sowie von der Flucht des sich auch nicht mehr, ErzählperspektiMai 2009 kuAktuell
Kultur
ven verschieben sich, Vergangenheit und
Gegenwart wechseln sich ab – und dennoch geht von der Komposition im Ganzen eine Anziehungskraft aus, die müden
Augen den Schlaf Seite um Seite, Zeile für
Zeile entzieht. Träume, Phantasien und
Assoziationen werden in die Handlung
eingeknüpft und erwecken die stumme
Materie auf dem Papier, die grauen Steinmassen der europäischen Großstädte zum
Leben. Austerlitz versucht der modernen,
aus ihrer Bahn geworfenen Welt ein Stück
weit ihres in den Kriegen des vergangenen
Jahrhunderts verblassten Zaubers zurückzugeben. Ihre urbane Fassade entlarvt er
als bloße Chimäre, die übersät ist von den
Narben der Vergangenheit, von »Schmerzensspuren, die sich in unzähligen feinen
Linien durch die Geschichte ziehen.« Manifest wird dieser steinerne Leidensweg der
Menschheit in den Monumentalbauten
der letzten Jahrhunderte. Eine Festung
ist für Austerlitz nicht einfach nur eine
Festung, ein Bahnhof nicht einfach nur
kuAktuell Mai 2009
ein Bahnhof, sondern ein Schicksalsort,
ein mit Leiden, aber auch mit Freuden,
Ängsten, Hoffnungen aufgeladenes Archiv
menschlicher Gefühlszustände.
Von der Gare de l’Est aus haste ich weiter
zur Metro, Linie 5 Richtung Place d’Italie.
Die Verspätung in Stuttgart konnte nicht
mehr eingeholt werden. Mit Sorge blicke ich
auf die riesige Bahnhofsuhr, deren Zeiger
allzu schnell vorrücken. Doch in der Metro
steht die Zeit mit einem Mal still. Alles
erscheint wie im Roman. Die Menschen
klein und reglos, das Licht gedämpft, nur
ein unterweltlicher Dämmer, inmitten der
Fahrt eine unheimliche Stille. Die Welt,
die Austerlitz für sich beschreibt, ist diese
Welt; zeitlos, lichtlos, eine Reise durch die
Nacht. Man kann versuchen, das Dunkel
zu durchdringen, das sich als graues, steinernes Ungetüm seinen Weg durch die
Zeit bahnt. Mit Glück stößt man zwischen
den Seiten eines Buches oder den bleiernen Häuserblocks einer Großstadt noch
auf seine Spuren.
Als der Zug plötzlich aus seinem Tunnel hinaus ins Freie kriecht, sehe ich eine
Stahlbrücke, dann einen Fluss, dann Notre
Dame. Die Geschichte hat mich eingeholt:
als einen ihrer Reisenden, die »nachdem sie
die Seine überquert haben, über das eiserne
Viadukt seitwärts in den oberen Stock des
Bahnhofs hineinrollen, gewissermaßen verschluckt werden von der Fassade.« Ich bin
angekommen an der Gare d’Austerlitz.¶
Christian Hübner
27
10 Fragen …
… deren Antworten bei »Wer wird Millionär?« ganz sicher zum Gewinn führen!11!!eins1!!!!1elf!!
1.
2.
Sie wollen etwas an
der Wand befestigen. Womit können
Sie das tun?
a) Metzgernagel
b) Fischerdübel
c) Bauernschraube
d) Schreinerhaken
Welche Stadt galt
lange Zeit als nördlichste der Welt?
a) Schraubenzieherparty
b) Feilenrave
c) Bohrerfeier
d) Hammerfest
Höhe 122,767 mm
3.
4.
5.
Sie gehen zum Arzt
bei
a) Milzwiese
b) Lebermoos
c) Herzrasen
d) Lungenflechte
6.
Das Resultat eines
Amoklaufs heißt
auch
a) Wasserflur
b) Tintenküche
c) Blutbad
d) Bierzimmer
7.
Parallele Lichtstrahlen vereinigen sich
nach dem Durchqueren einer Sammellinse im
a) Kokelkomma
b) Schwelsemikolon
c) Brennpunkt
d) Loderfragezeichen
8.
Leckere Salami
kommt unter Anderem aus
a) Unstrippe
b) Ungarn
c) Unfaden
d) Unwolle
Michaela Schaffraths
Künstlername in der
Pornobranche war
a) Alice Rind
b) Roxy Fisch
c) Mandy Geflügel
d) Gina Wild
9.
10.
Für die Erlangung
eines akademischen
Grads braucht es
ein/e/n
a) Doktorarbeit
b) Pfarrerstelle
c) Lehrerjob
d) Juristenmaloche
Leider ist diese Seite
nicht besonders
a) themenverkleidet
b) themenbezogen
c) themengestrichen
d) themenverputzt
Sie sitzen gerade vor
einem …?
a) Gemäldestock
b) Zeichnungshut
c) Fotomantel
d) Bildschirm
Breite 190 mm
Wir suchen
einen Comic, ein Bild, ein Foto, … am besten zum Heftthema,
allgemein zur Uni, aber auch zu anderen Themen.
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Mai 2009 kuAktuell