Inter- und transdisziplinäre Zugänge zum Schriftspracherwerb

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Inter- und transdisziplinäre Zugänge zum Schriftspracherwerb
 Programm und Abstracts
Inter- und transdisziplinäre Zugänge
zum Schriftspracherwerb
Studientag der Vals-Asla
5. Februar 2015, Universität Freiburg/CH
Keynotes
Konrad Ehlich, Berlin/München
Potential und Grenzen der griechisch-lateinisch-basierten Grammatikkonzeption im schulisch gesteuerten Spracherwerb
Sich über Sprache zu verständigen heißt in den westlichen Kulturen, auf ein Repertoire an Termini und Kategorien zurückzugreifen, die ziemlich ungebrochen die
grammatische Arbeit der griechischen und lateinischen „Alten Welt“ fortschreiben.
Deren Ergebnisse sind so sehr Allgemeingut geworden, dass sie als geradezu selbstverständlich erscheinen. Ausdrücke wie „Verb“, „Präposition“ oder „Subjekt“ sind
Bestandteil des alltäglichen Sprachgebrauchs. Auch die Schule nutzt diese Selbstverständlichkeit. Dabei wird kaum bewusst, dass es sich bei der griechisch-lateinischen
Grammatikkonzeption tatsächlich um eine Konzeption handelt, die Sprache in einer
spezifischen Weise sieht und analytisch bearbeitet. Zugleich wird wenig bewusst,
dass diese Konzeption tatsächlich für zwei ihrerseits sehr spezifische Sprachen, eben
die griechische und die lateinische, entwickelt wurde. Die Anwendung auf andere
Sprachen ist dabei keineswegs unproblematisch. Vielmehr erzeugt sie eine größere
Zahl von Widersprüchlichkeiten und Friktionen, die nicht zuletzt im schulisch gesteuerten Spracherwerb zutage treten.
Der schulisch gesteuerte Spracherwerb in der heutigen, zunehmend mehrsprachigen
Welt stellt sich zudem als ein Unternehmen dar, in dem überkommene didaktische
Grundunterscheidungen wie die zwischen Muttersprache und Fremdsprache keine
einfache Gültigkeit mehr haben, ohne dass dies didaktisch bisher wirklich „eingeholt“ worden ist.
Der Vortrag arbeitet an einigen Beispielen Merkmale und Probleme der griechischlateinisch-basierten Grammatikkonzeption heraus. Er konfrontiert diese Konzeption
mit Analyseerfordernissen, die die jüngste Linguistikentwicklung, insbesondere die
Pragmatik, herausgearbeitet und verdeutlicht hat. Auf dieser Basis wird die griechisch-lateinisch-basierte Grammatikkonzeption als Verständigungsressource und
als Verstehensressource in Bezug auf die sprachlichen Prozesse schulischer Sprachbzw. Sprachenvermittlung diskutiert, und es werden Möglichkeiten einer kritischen
Reflexion dieser Konzeption in didaktischer Absicht bestimmt.
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Debra Myhill, Exeter
Writing Conversations: Metalinguistic Talk about Writing
This keynote will draw on data from a national study, working with 54 schools
across the country, in which teachers were mentored in a pedagogical approach involving explicit attention to grammatical choices and which advocated high-level
discussion about textual choices. The research focused upon primary children aged
10-11, and in addition to statistical analysis of outcome measures, 54 lesson observations were undertaken to investigate the nature of the metalinguistic discussion. The
data were analysed inductively, following the constant comparison method, with an
initial stage of open coding, followed by axial coding which clustered the data into
thematic groups. The analysis demonstrates that students’ metalinguistic understanding and capacity to think grammatically and apply it in their writing is strongly dependent on the quality of talk generated in the classroom and how the teacher manages metalinguistic discussion. Some teachers exhibited very skilful management of
discussion in which they probed students to explain and justify their decisionmaking, and handled students’ grammatical misunderstandings effectively. In contrast, other teachers were less successful, tending toward highly-controlled discourse,
characterised by missed opportunities to draw out metalinguistic understanding, and
difficulty coping with students’ grammatical confusions. The study highlights the
importance of effective classroom talk if students are to develop knowledge about
language, to become metalinguistically aware, and to be able to think grammatically
about language.
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9.15h
10.15h10.45h
Konrad Ehlich: Potential und Grenzen der griechisch-lateinisch-basierten Grammatikkonzeption
im schulisch gesteuerten Spracherwerb
Sektion 1
Chair: Martin Luginbühl, Neuenburg
Sektion 2
Chair: Jean-François de Pietro, Neuchâtel
Schreibprozesse und Schreibwissen bei Erwachsenen mit Schreibschwierigkeiten
Schreiben in drei Sprachen: Sprachenübergreifender Erwerb von Textkompetenz im schulischen Kontext
Afra Sturm, Zentrum Lesen der Fachhochschule
Nordwestschweiz
10.45h11.15h
Mehrsprachige Perspektiven auf den Schriftspracherwerb: L1-Textkompetenzen bei Südtiroler MaturandInnen
Mirjam Egli Cuenat, Pädagogische Hochschule
St. Gallen
French orthography from the perspective of German 4th grade children
Constanze Weth, University of Luxembourg
Helen Engemann, Katharina Schuhmann, Rita
Franceschini, Freie Universität Bozen/Bolzano
Nikolay Stankov, Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg i.Br.
11.15h11.45h
Schriftspracherwerb – Sprachbasierte Medienkompetenz
Franc Wagner, Universität Luzern
Ulla Kleinberger, ZHAW Winterthur/Universität
Zürich
11.45h12.15h
Appropriation de la littératie académique : entre
pratiques à décoder et ressources à développer
Chiara Bemporad, Université de Lausanne
Argumentation à l’écrit chez des enfants migrants
d’origine portugaise en Suisse : transferts,
compétences linguistiques et variables socioéconomiques
Magalie Desgrippes, Fabricio Decândio, Amelia
Lambelet, Universität Freiburg/CH
L’apprentissage de l’écriture en L1 et en L2.
Quels enjeux pour les écoles de langue et culture
d’origine ?
Verónica Sánchez Abchi, Institut de recherche et
de documentation pédagogique Neuchâtel
13.45h
Debra Myhill: Writing Conversations: Metalinguistic Talk about Writing
Sektion 3
Chair: Johanna Miecznikowski-Fünfschilling,
Lugano
15.00h15.30h
Was hilft Schülerinnen und Schülern dabei, bessere Texte zu schreiben? Befunde aus Interventionsstudien zur Förderung des Schriftspracherwerbs
Sektion 4
Chair: Mi-Cha Flubacher, Freiburg/CH
also als Indikator für die Entwicklung von Textkompetenz und die Ausbildung von Literalität –
ein Beitrag zur Schreibdiagnostik
Miriam Langlotz, Olaf Gätje, Universität Kassel
Maik Philipp, Fachhochschule Nordwestschweiz
15.30h16.00h
Rechtschreibkompetenzen von Freiburger Schulkindern im Spiegel der Hamburger SchreibProbe. Ergebnisse eines logopädischen Forschungsprojekts
Erich Hartmann, Julia Winkes, Universität Freiburg/CH
16.00h16.30h
Entwicklung des Wortschatzes in Textproduktionen bei Primarschüler(innen) mit Deutsch als
Erst- und Zweitsprache
Larissa Greber, Pädagogische Hochschule Freiburg/CH
Konstruktionen zwischen Schreibprodukt, Schreibprozess und Sprachwissen – Fazit und Ausblick
Regula Schmidlin und Pascale Schaller, Organisationskomitee
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Sektion 1
Afra Sturm, Zentrum Lesen der Fachhochschule Nordwestschweiz
Schreibprozesse und Schreibwissen bei Erwachsenen mit Schreibschwierigkeiten
Internationale Studien belegen, dass ein hoher Anteil der Erwachsenen nicht über
ausreichende literale Fähigkeiten verfügt, um den gesellschaftlichen Anforderungen
gerecht zu werden (zuletzt OECD, 2013). Während in der Nachfolge v.a. das Lesen
genauer untersucht wurde, ist wenig darüber bekannt, über welche Schreibfähigkeiten literal schwache Erwachsene verfügen, wie sie beim Verfassen von Texten vorgehen oder was sie über das Schreiben wissen (über sich als Schreiber/-in, über ihren
Schreibprozess usw.).
Hinzu kommt, dass sich methodische Herausforderungen stellen: Wie können solche
Aspekte adäquat erfasst werden, wenn literal schwache Erwachsene das Schreiben
möglichst vermeiden oder ihnen das gleichzeitige Schreiben und laute Denken
schwer fällt?
In diesem Beitrag wird ausgehend von einer Teilstudie aus dem Projekt «Literalität
in Alltag und Beruf (LAB)» dafür argumentiert, dass sich der Schreibprozess von literal schwachen Erwachsenen am besten mit einer kooperativen Schreibaufgabe erfassen lässt. Während in Bezug auf lautes Denken eine zentrale Frage lautet, inwiefern lautes Denken den Schreibprozess beeinflusst (Janssen, Van Waes & van den
Bergh, 1996), stellt sich in Bezug auf kooperatives Schreiben die Frage, inwiefern
sich daraus auch Einsichten in individuelle Aspekte gewinnen lassen. Dazu wurde in
LAB die kooperative Schreibaufgabe mit individuellen Leitfaden-Interviews kombiniert. Diese enthalten einen retrospektiven Teil zum beobachteten kooperativen
Schreibprozess sowie einen prospektiven Teil mit einer hypothetischen Situation (basierend auf Zimmerman & Martinez Pons, 1986).
Anhand einer Fallstudie werden zum einen die Auswertung des Schreibprozesses
und der Interviews vorgestellt, zum anderen Ergebnisse präsentiert. Ein wichtiges
Ergebnis besteht darin, dass literal schwache Erwachsene zwar Ähnlichkeiten zu
schreibschwachen Schülern zeigen, sich aber auch unterscheiden, indem sie bspw.
durchaus hohes Wissen über sich als Schreiber/-in zeigen. Abschliessend werden didaktische Implikationen skizziert.
Janssen, D., Van Waes, L. & van den Bergh, H. (1996). Effects of Thinking Aloud on Writing
Processes. In C.M. Levy & S. Ransdell (Hrsg.), The Science of Writing: Theories, Methods, Individual Differences and Applications (S. 233–250). New York/London: Routledge.
OECD. (2013). OECD Skills Outlook 2013: First Results from the Survey of Adult Skills. OECD
Publications.
Zimmerman, B.J. & Martinez Pons, M. (1986). Development of a Structured Interview for Assessing Student Use of Self-Regulated Learning Strategies. American Educational Research Journal, 23 (4), 614–628.
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Helen Engemann, Katharina Schuhmann, Rita Franceschini, Alexander Glück,
Freie Universität Bozen/Bolzano; Nikolay Stankov, Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg i.Br.
Mehrsprachige Perspektiven auf den Schriftspracherwerb: L1-Textkompetenzen bei Südtiroler MaturandInnen
Die vorliegende Studie befasst sich mit der Entwicklung schriftsprachlicher Kompetenzen von Jugendlichen im mehrsprachigen Kontext Südtirols (italienisch-deutsch).
Ziel des Vortrags ist es, „Mehrschriftlichkeit“ als Chance sowohl für die Schreibforschung als auch die Sprachkontaktforschung darzustellen. Zum einen bietet eine
mehrsprachige Perspektive neue Einsichten für die Schreiberwerbsforschung, insbesondere in die Rolle metalinguistischer Bewusstheit. Zum anderen schließt das Feld
eine Lücke in der Mehrsprachigkeitsforschung, die sich bisher mit wenigen Ausnahmen (z.B. Riehl 2001) fast ausschließlich auf mündliche Sprachproduktion konzentriert hat, und eröffnet somit neue Möglichkeiten zur Erforschung von Kontaktphänomenen in verschiedenen Sprachmodalitäten.
Der Vortrag stellt die Arbeit und Methodik des laufenden Projekts ‚KOMMA‘ vor,
dessen Ziel in der Analyse deutscher L1-Schreibkompetenzen bei Südtiroler MaturandInnen besteht, die ab der Primarstufe Italienisch als L2 erlernen. Evaluiert werden Matura-Aufsätze und Klassenarbeiten (N=222), deren Aufgabenstellung auf
möglichst anforderungsreiche argumentative Textkompetenzen abzielte. Diese werden mit zwei Kontrollgruppen aus Deutschland (einsprachig) und der Schweiz
(diglossisch: Standard- und Schweizerdeutsch) verglichen, um Rückschlüsse auf spezifisch mehrsprachige Kompetenzen zuzulassen. Die Studie ist von folgenden Fragestellungen geleitet:
1.a. Lassen sich spezifisch mehrsprachige Schreibkompetenzen auf dem Hintergrund eines mehrsprachigen Kontexts herausarbeiten?
1.b. Wenn ja, gibt es positive Rückkoppelungseffekte zwischen L2 und L1 im
Schriftlichen, wie man sie für mehrsprachige Sprecher vielfach in mündlicher
Produktion festgestellt hat (z.B. Bialystok 2001)?
2. Lassen die Textproduktionen Rückschlüsse auf eine stärker verankerte metalinguistische Bewusstheit bei mehrsprachigen Schreibenden zu?
Als methodisches Grundlageinstrument für die Textkompetenzanalyse diente das
Zürcher Textanalyseraster (Sieber 1994). Die Kriterien des ZTAR lassen Textqualitätsanalysen zu, die über rein formale Fehleranalysen hinausgehen und pragmatische
Aspekte der Diskursproduktion mit Hinblick auf funktionale und inhaltliche Angemessenheit (Verständlichkeit/Kohärenz) miteinbeziehen (siehe Becker-Mrotzek
2004). Die Parameter des Rasters wurden an die Bedürfnisse mehrsprachiger Textkompetenzen angepasst, um erwartete Kontaktphänomene mitzuerfassen.
In diesem Vortrag stellen wir vorläufige Ergebnisse zu Grundgrößen (z.B. lexikalische Vielfalt) des erhobenen Textkorpus vor, sowie erste Beobachtungen zu schriftlichen Besonderheiten, die sich aus den mehrsprachigen Erfahrungen der SchülerInnen
ergeben. In Bezug auf klassische Textqualitätsaspekte wie Korrektheit unterscheiden
sich die Schreibprodukte mehrsprachiger MaturandInnen überraschend wenig von
denen einsprachiger SchülerInnen. Ergänzende Analysekriterien lassen auf makrostrukturelle, diskurspragmatische und semantische Divergenzen schließen, die unter
6
Einschluss des sprachbiografischen Hintergrunds auf das mehrsprachige Repertoire
der SchülerInnen zurückzuführen sind.
Becker-Mrotzek, M. (2004). Schreibentwicklung und Textproduktion. Radolfzell. Bialystok, E.
(2001). Bilingualism in development: Language, literacy, and cognition. New York.
Riehl, C. (2001). Schreiben, Text und Mehrsprachigkeit. Tübingen.
Sieber, P. (1994). Sprachfähigkeiten – Besser als ihr Ruf und nötiger denn je! Aarau.
Franc Wagner, Universität Luzern; Ulla Kleinberger, ZHAW Winterthur/Universität Zürich
Schriftspracherwerb – Sprachbasierte Medienkompetenz
Unabhängig vom traditionellen Schriftspracherwerb, der weitgehend in schulischen
Kontexten stattfindet, hat sich durch die neuen Medien in den letzten 25 Jahren ein
alternativer Zugang etabliert. Kinder sind zeitlich weit vor dem Schuleintritt mit Medien konfrontiert, die eine sprachbasierte Schreibkompetenz erfordern, um adäquat
partizipieren zu können. Der Schriftspracherwerb umfasst dabei mehr als "klassisches" Schreiben, ebenso wie "Sprache" mehr als den (monolingualen) Umgang mit
Schriftlichkeit beinhaltet. Deshalb sind aus Forschungssicht interdisziplinäre Ansätze
und Zugänge unabdingbar: Handeln, Verhalten und Funktionen sind im Web 2.0 in
einem globalisierten Kontext neuen Faktoren unterworfen, die es zu untersuchen gilt.
Diese emergenten Faktoren haben Auswirkungen weit über die "primäre" Schriftspracherwerbsphase hinaus in den beruflichen und privaten Alltag, beispielsweise im
Rahmen von kollaborativen Plattformen. Auf der Basis exemplarischer Stichproben
werden wir Aspekte aus dem Bereich der sprachbasierten Kompetenzen für die Nutzung neuer und klassischer Medien aufgreifen und diskutieren.
Kleinberger Günther, Ulla / Spiegel, Carmen (2006): Jugendliche schreiben imInternet:
grammatische und orthographische Phänomene in normungebundenen Kontexten.
In: Dürscheid, Christa / Spitzmüller, Jürgen (Hrsg.): Perspektiven der
Jugendsprachforschung. Trends and Developments in Youth Language Research.
Frankfurt a.M.: Lang, S. 101-116.
Kleinberger, Ulla (2014):Medienkompetenz von Vorschulkindern und jungen
Schulkindern. In:Wagner, Franc / Kleinberger, Ulla (Hrsg.): Sprachbasierte
Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen. Frankfurt a.M.: Lang ,S. 27-44.
Kleinberger, Ulla / Spiegel, Carmen (2010): Höfliche Jugendliche im Netz? In: Jørgensen,
Normann J. (Hrsg.): Vallah, Gurkensalat 4U & me! Current Perspektives in the Study
of Youth Language. Frankfurt a.M.: Lang, S. 207-227.
Kleinberger, Ulla /Wagner, Franc (2010):Wie schreiben Schülerinnen und Schüler in neuen Medien? In: Jakobs, Eva-Maria / Lehnen, Katrin / Schindler, Kirsten (Hrsg.): Schreiben undMedien.
Schule, Hochschule, Beruf. Frankfurt a.M.: Lang, S. 37-50.
Spiegel, Carmen / Kleinberger Günther, Ulla (2006): Schreiben im Internet als neue Aufgabe der
Didaktik. In: Spiegel, Carmen / Vogt, Rüdiger (Hrsg.): Vom Nutzen der Textlinguistik für die
Schule. Hohengehren: Schneider, S. 187-199.
Wagner, Franc / Kleinberger Günther, Ulla (2004):Was ist neu an den Kompetenzen für neue
Medien? In: Kleinberger Günther, Ulla /Wagner, Franc (Hrsg.): Neue Medien – Neue Kompetenzen? Frankfurt a. Main: Lang, S. 1-5.
7
Wagner, Franc / Kleinberger, Ulla (2009): SprachbasierteMedienkompetenz von Kindern und Jugendlichen. In: Lenz, Friedrich (Hrsg.): Schlüsselqualifikation Sprache: Anforderungen – Standards – Vermittlung. Frankfurt a.M.: Lang, S. 49-61.
Wagner, Franc / Kleinberger, Ulla (Hrsg.) (2014): Sprachbasierte Medienkompetenz von Kindern
und Jugendlichen. Frankfurt a.M.: Lang.
Chiara Bemporad, Université de Lausanne
Appropriation de la littératie académique : entre pratiques à décoder et
ressources à développer
La présente contribution réfléchira à l’appropriation de la littératie académique par
des apprenants de français langue étrangère.
La notion de littératie, depuis son apparition en milieu francophone (Painchaud 1993,
Barré de Mignac 2003) jusqu’aux questionnements plus récents (Molinié & Moore
2012, Forumlecture), lie l’écrit au contexte spécifique dans lequel il s’insère : elle
amène à saisir chaque activité de production ou de réception dans sa dimension
sociale, laquelle dicte les paramètres linguistiques, les structures argumentatives, et
l’ancrage générique des textes. Dans cette perspective, apprendre à écrire signifie
être en mesure de décoder les différentes normes contextuelles et génériques
constitutives des pratiques littératiées, ainsi que de développer des ressources
langagières (linguistiques, pragmatiques et stylistiques) pour s’y conformer. Le
milieu universitaire, par la concentration de savoirs qu’il suppose et par l’importance
qu’il accorde aux textualisations de ces savoirs, est un contexte exigeant en termes de
pratiques littératiées et donc particulièrement stimulant pour réfléchir au processus
d’appropriation de l’écrit.
Cette contribution mènera une analyse d’un texte rédigé en français où des étudiants
de bachelor non francophones se positionnent par rapport à des articles scientifiques
lus et discutés en classe. Ce texte sera comparé à un autre produit par le même
étudiant antérieurement, relevant du genre biographique, qui suit, quant à lui, des
normes moins codifiées. Ces deux textes ont été récoltés dans un cours universitaire
visant la construction d’un savoir disciplinaire, en didactique des langues.
Cette comparaison portera notamment sur les formulations figées, l’utilisation de
registres de langue spécifiques, la codification des renvois aux sources, les modalités
de distinction des points de vue de tiers et des positionnements personnels du
scripteur, la cohérence de l’argumentation.
Par cette comparaison, je tenterai de saisir le processus d’appropriation d’un genre
académique en observant la manière dont les étudiants se conforment (ou pas) aux
normes liées à l’une et l’autre des pratiques (académique et biographique) et
exploitent les ressources langagières de la langue qu’ils ont à disposition. Cette
analyse permettra en outre de réfléchir au lien entre l’appropriation de la littératie
académique et des contenus disciplinaires.
Painchaud, G., et al. (1993). « Diversité culturelle et littératie » Repères: essais en éducation, 15,
77-94.
8
Barré De Miniac, Christine (dir.) (2003). La littéracie, vers de nouvelles pistes de recherche
didactique. Lidil, 27.
Molinié, Muriel, & Moore, Danièle (dir.) (2012). Les littératies : une Notion en Questions en
didactique des langues. Les Cahiers de l'Acedle, 9(2).
Forumlecture suisse. Littératie dans la recherche et la pratique.
http://www.forumlecture.ch/index.cfm
Sektion 2
Mirjam Egli Cuenat, Pädagogische Hoch-schule St. Gallen
Schreiben in drei Sprachen: Sprachenüber-greifender Erwerb von Textkompetenz im schulischen Kontext
Im Zentrum dieses Beitrags stehen die transversalen Bezüge bei der schriftlichen
Textproduktion in zwei Fremdsprachen (Englisch und Französisch) und in der Schulsprache Deutsch bei Schülerinnen und Schülern der 6. Primarklasse (HarmoS 8). Seit
einigen Jahren werden vermehrt Curricula entwickelt, die von einer ganzheitlichen
Förderung des mehrsprachigen Repertoires der Lernenden ausgehen (Coste et al.2
2009, Lüdi/Py 2009). Sie streben die Erzeugung von Synergien beim gleichzeitigen
Erwerb mehrerer Sprachen an (Beacco et al. 2010). Die sprachenübergreifende
Entwicklung von Literalität und Textkompetenz (Portmann-Tselikas&SchmölzerEibinger 2008, Cummins 2009) entspricht dabei einem zentralen Postulat. Zusammenhänge bei der Textproduktion zwischen zwei Sprachen wurden bereits mehrfach
nachgewiesen (vgl. z.B. Schoonen et al. 2011), kaum jedoch erforscht unter den Bedingungen des multiplen Fremdsprachenerwerbs im schulischen Kontext. In diesem
Beitrag wird eine Untersuchung von schriftlichen Texten in drei Sprachen präsentiert, die von 188 Ostschweizer Primarschülerinnen und -schülern mit Englisch als
erster Fremdsprache (4. Lernjahr) und Französisch als zweiter Fremdsprache (1.
Lernjahr) verfasst wurden. Die Texte wurden im Rahmen einer vom Schweizerischen
Nationalfonds unterstützten Studie in einem kontrollierten Aufgabensetting produziert; es handelt sich um Raumbeschreibungen in drei Sprachen im Rahmen eines
brieflichen Austausches mit frankophonen Partnerkassen. Die Texte werden im Hinblick auf Textlänge, Satzkomplexität, Adressatenbezug, Konnektoren und Textstruktur (vgl. Augst et al. 2007, Schneuwly&Rosat 1995) codiert und analysiert. Folgende
Fragen stehen dabei im Zentrum: Gibt es bezüglich der codierten Parameter statistisch signifikante intraindividuelle Zusammenhänge zwischen Deutsch, Englisch und
Französisch? Sind die Zusammenhänge zwischen den Sprachen (Schulsprache, erste
Fremdsprache, zweite Fremdsprache) unterschiedlich stark ausgeprägt? Erste Resultate sollen präsentiert und die Pertinenz der Analysekategorien diskutiert werden.
Augst, G./Disselhoff, K./Henrich, A./Pohl, T./Völzing, P.-L. (2007) : Text - Sorten - Kompetenz.
Eine echte Longitudinalstudie zur Entwicklung der Textkompetenz im Grundschulalter, Theorie
und Vermittlung der Sprache, 48, 415.
9
Beacco, J.C./Byram, M./Cavalli, M./Coste, D./Egli Cuenat, M./Goullier, F./Panthier, J. (2010):
Guide pour l’élaboration des curriculums pour une éducation plurilingue et interculturelle. Strasbourg: Conseil de l’Europe.
Coste, D./Moore, D./Zarate, G. (22009): Plurilingual and pluricultural competence. Strasburg:
Council
of
Europe.
http://www.coe.int/t/dg4/linguistic/Source/SourcePublications/CompetencePlurilingue09web_en.
pdf
Cummins, J. (2009): Bilingual and Immersion Programs, in: Long, M. H./Doughty, C. (Hg.): The
Handbook of language teaching. Oxford: Wiley-Blackwell.
Schneuwly, B./Rosat, M.-C. (1995): "Ma chambre" ou: comment linéariser l'espace. Etude ontogénétique de textes descriptifs écrits. Bulletin VALS-ASLA 61, 83-100.
Lüdi, G./Py, B. (2009): To be or not to be … a plurilingual speaker. International Journal of Multilingualism 6:2, 154-167.
Portmann-Tselikas, P./ Schmölzer-Eibinger, S. (2008): Textkompetenz.In: Fremdsprache Deutsch
Heft 39, 5-16.
Schoonen, R./Amos van Gelderen, A./Reinoud, D./Stoel,R./Hulstijn, J,/Glopper, K. (2011): Modeling the Development of L1and EFL Writing Proficiency of Secondary School Students, Language Learning Vol. 61,1, 31-79.
Constanze Weth, University of Luxembourg
French orthography from the perspective of German 4th grade children
Writing acquisition in more than one language is a challenge for more and more
children. One setting of early contact with a second writing system is the foreign language education at primary school. In Germany, children learn English or French as
a foreign language from 1st or 3rd grade onwards. The children are instructed in reading and writing in German; the instruction of the foreign language is concentrated
only on oral communication instead, even that some written material is usually present in the classrooms and schoolbooks.
This study investigates how German children write the foreign language French
without having been instructed in the writing system. The talk presents the writing
solutions of 90 children after a dictation in French and German. At the time of data
collection, the children were at the end of 4th grade of German primary school and
were learning French as a foreign language for four years. The children’s writing solutions for French writing do not follow orthographic correctness, of course. They
exhibited, however, the children’s orthographic resources in general, acquired in the
tutored writing system German. The study asks how the children transfer their orthographic knowledge in German to the foreign language orthographic system that they
have created at the time of the investigation. Can the French writing solutions be interpreted for deeper insights in the children’s writing competences in German?
The children were divided into three groups of orthographic competences in German;
the first quartile was defined as good spellers, the last quartile as poor spellers. The
writing of good and poor spellers were analysed in German and French (phonological, syllabic, and morphologic regularities)
It is shown that good and poor spelling competences in German influence the French
spelling solutions: both competence groups used their knowledge of German orthog-
10
raphy in order to write French. Both competence groups used some French orthographic elements for their French writing as well. However, while good spellers in
German tended to write more regular structures in French, poor spellers wrote less
regular. In summary, the French writing did indeed give insights in the children’s
knowledge of orthographic regularities, one important factor of orthographic competence.
Magalie Desgrippes; Fabricio Decândio; Amelia Lambelet, Universität Freiburg/CH
Team: Magalie Desgrippes; Amelia Lambelet; Fabricio Decândio; Carlos Pestana,
Universität Freiburg/CH
Argumentation à l’écrit chez des enfants migrants d’origine portugaise en
Suisse : transferts, compétences linguistiques et variables socio-économiques
L’une des facettes de la littératie consiste en la maîtrise des particularités des
différents genres textuels. En Suisse, savoir écrire des textes de plusieurs genres fait
partie des compétences fondamentales que les enfants développent de manière
guidée avant la 4ème classe Harmos, puis de manière de plus en plus autonome
jusqu’en 8ème classe Harmos. Dans le cadre du projet longitudinal «Langue d’origine
et langue de scolarisation : dans quelle mesure les compétences langagières sont-elles
transférables ?», nous nous intéressons au développement des compétences textuelles
d’enfants issus de la migration portugaise en Suisse par rapport à celles des enfants
de groupes contrôles (n=518), sous la double perspective du transfert interlangue et
des effets des variables sociales sur l’acquisition de compétences spécifiques. Les
données ont été recueillies au cours de trois sessions de tests entre le début de la 5ème
Harmos et la fin de la 6ème Harmos dans les langues d’origine (i.e. portugais) et de
scolarisation de nos participants (i.e. français ou allemand selon la région
linguistique). Lors de chacun de ces tests, il a été demandé aux participants de
rédiger une lettre argumentative s’adressant à leur tante (respectivement marraine
dans la version portugaise) pour exprimer de manière argumentée leur préférence
face à un choix entre deux propositions de vacances. Le niveau socio-économique de
leurs parents (mesuré au travers du niveau de formation et des moyens
économiques), les compétences langagières des parents en langue de scolarité et en
langue d’origine ainsi que l’emploi proportionnel de ces langues en famille ont été
élicités sous la forme de questionnaires.
Les productions écrites ont été corrigées selon une grille d’analyse en sept axes
(représentation générale/contenu thématique/planification/adaptation à la situation de
communication/mise en texte/éléments transversaux). Les résultats dans chaque
langue-cible ont ensuite été analysés à l’aide de modèles de régression linéaire
multiple avec dans chaque cas les résultats aux récoltes précédentes (langues
d’origine et de scolarisation) et l’input parental comme variables explicatives.
Les résultats de nos analyses montrent, après la 2ème session de test, des effets de
transfert entre langue de scolarisation et langue d’origine sans que la réciproque ne
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soit vérifiée. Pour cette contribution, nous modéliserons en outre les effets du statut
socio-économique ainsi que de l’environnement langagier familial.
Malgorzata Barras, Universität Freiburg/CH; Verónica Sánchez Abchi, Institut
de recherche et de documentation pédagogique Neuchâtel
L’apprentissage de l’écriture en L1 et en L2. Quels enjeux pour les écoles de
langue et culture d’origine ?
Cette contribution vise à présenter et comparer les théories et les modèles
d’acquisition de l’écriture en L1 et en L2, chez les enfants. De manière plus précise,
elle vise à mettre en évidence les spécificités du processus d’acquisition et
d’enseignement/ apprentissage de l’écriture pour les élèves de cours de langue et
culture d’origine (CLO). En Suisse, l’acquisition de l’écriture en L2 revêt une
importance particulière au sein des écoles de langue et culture d’origine, où les
élèves apprennent l’écriture d’une langue parlée dans l’entourage familial. Dans ce
contexte, les élèves parlent déjà la langue à la maison, mais paradoxalement, d’après
nos observations, les méthodes d’enseignement se rapprochent souvent de ceux
utilisés pour les L2.
Par ailleurs, la production écrite des locuteurs bilingues a été l’objet de plusieurs
études (voir synthèse chez Manchón, 2013). En effet, les recherches ont abordé
l’incidence de la connaissance du genre et de la langue dans la production en L2, la
manière de répondre aux exigences de l’écriture propres aux différentes langues; les
ressources cognitives destinées aux sous-processus dans la production en L2, les
stratégies de locuteurs bilingues dans l’écriture (Van Weijen, Van den Bergh,
Rijalaarsdam & Sanders, 2009), l’étude des « transferts » d’une langue à l’autre
(Melby-Lervag & Lervag, 2011) et les demandes de ressources cognitives destinées
au processus de génération textuelle en L2 (Leki, Cumming & Silva, 2008).
Également, les recherches portant sur les transferts d’une langue à l’autre ont postulé
que les habiletés d’écriture dans une langue pouvaient être transférées dans une autre,
tout en dépendant de la maitrise de la langue cible (Cumming, 1989). L’analyse des
productions écrites focalisant le discours a été l’objet de recherches qui s’inscrivent
souvent dans une perspective d’analyse de l’écriture académique (Wang & Wen,
2002 ; Sánchez Abchi & Larrús, 2012 ; Zeevi & Tenzer, 2013). Les études qui
évaluent la production discursive écrite des enfants bilingues sont, de leur côté,
moins fréquentes (Idiazabal & Larringan, 1997 ; Lambelet et al. sous presse). À la
lumière des approches théoriques en L1 et L2, nous essayerons de réfléchir sur la
spécificité du processus d’apprentissage de l’écriture chez les enfants bilingues, dans
une langue différente a la langue scolaire.
12
Sektion 3
Maik Philipp, Fachhochschule Nordwestschweiz
Was hilft Schülerinnen und Schülern dabei, bessere Texte zu schreiben? Befunde aus Interventionsstudien zur Förderung des Schriftspracherwerbs
Schreiben ist schwer, und ein großer Teil von Kindern und Jugendlichen hat entsprechend Probleme damit. Gerade in der Pädagogischen Psychologie hat man sich dafür
interessiert, welche Förderansätze in methodisch strengen Interventionsstudien Effekte auf die Textqualität als Indikator des gelingenden Schriftspracherwerbs haben.
Inzwischen sind die Befunde derart reichhaltig und widersprüchlich, dass Metaanalysen dabei helfen, Orientierung zu stiften und die Frage nach effektiven Fördermaßnahmen besser zu beantworten (Philipp, 2013, 2014; Schneider et al., 2013).
Metaanalysen sind quantitative Verfahren der nachträglichen Sichtung von vorhandener Empirie und weisen durchschnittliche, studienübergreifende Effektstärken aus.
Mittels solcher Effektstärken lassen sich Vergleiche anstellen, was überhaupt wirkt
und was nicht und welche Fördermaßnahmen effektiver sind als andere.
Im Zentrum des Vortrags stehen genau solche Metaanalysen zum Schreiben und ihre
Befunde. Es werden aktuelle Befunde vorgestellt, die zeigen, dass die effektive
Schreibförderung diverse Förderansätze kennt, welche sich den Schreibprozessen
bzw. deren Entlastung zuordnen lassen. Die Fördermaßnahmen lassen sich dabei wie
curriculare Bausteine oder Module verstehen, die man in der Praxis für den längerfristig gedachten Schriftspracherwerb einsetzen kann (Philipp, 2014). Dadurch erweitert sich einerseits der Handlungsspielraum von Lehrpersonen, andererseits
zeigt sich hierin auch, wie die Ausbildung von Lehrpersonen optimiert werden sollte.
Diese Thematik bildet den Ausblick des Vortrags.
Philipp, M. (2013). Lese- und Schreibunterricht. Tübingen: Francke.
Philipp, M. (2014). Grundlagen der effektiven Schreibdidaktik und der systematischen schulischen Schreibförderung (2., korr. und erw. Aufl.). Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren.
Schneider, H., Becker-Mrotzek, M. & Sturm, A. et al. (2013). Wirksamkeit von Sprachförderung.
Zürich: Bildungsdirektion des Kantons Zürich.
Erich Hartmann, Julia Winkes, Universität Freiburg/CH
Rechtschreibkompetenzen von Freiburger Schulkindern im Spiegel der Hamburger Schreib-Probe. Ergebnisse eines logopädischen Forschungsprojekts
Probleme im Schriftspracherwerb bzw. LRS bergen ein erhebliches Risiko für die
schulische, kognitiv-sprachliche und emotionale Entwicklung der betroffenen Schulkinder. Im Hinblick auf die Planung von effektiven (Früh-)Interventionen ist eine
vorgängige Diagnostik erforderlich, die in der Deutschschweiz vorrangig in den Zuständigkeitsbereich der Logopädinnen fällt. Eine fundierte diagnostische Evaluation
von Kindern mit LRS entsprechend evidenzbasierten Standards impliziert den Ein-
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satz von validen Testverfahren zum Lesen und Rechtschreiben. Mittlerweile steht
Schweizer Logopädinnen eine Reihe von solchen Instrumenten zur Verfügung, wobei der Salzburger Lese-und Rechtschreibtest (SLRT-II) (Moll; Landerl 2010) und
die Hamburger Schreib-Probe (HSP) (May 2012) in der aktuellen Praxis am verbreitetsten sind. Während Schweizer Nachnormierungen für den erstgenannten Test vorliegen, bleibt für die HSP offen, ob die neuen deutschen Normen dieses Rechtschreibtests - der auch qualitative Auswertungen zulässt - adäquat sind für die diagnostische Einschätzung von Deutschschweizer Kindern mit Lernproblemen. Diese
Frage ergibt sich letztlich aus dem noch beschränkten Forschungsstand (s. aber Beiträge von Schmidlin 2002) zur vergleichenden Entwicklung der orthographischen
Kompetenz bei Schweizer Kindern und bei Kindern aus den deutschsprachigen
Nachbarländern, aus denen normierte Tests für die hiesige LRS-Diagnostik stammen
Vor diesem Hintergrund wird über ein von der Universität Freiburg begleitetes Projekt der Logopädinnen und Logopäden des Regionalen Schuldienstes Deutschfreiburgs berichtet. Dieses zielt darauf ab, diagnostische Unsicherheiten bei der Anwendung der HSP bei Freiburger Kindern zu reduzieren. Die Analyse von Testergebnissen von ca. 1600 Schulkindern der 1. bis 6. Klassenstufe (Querschnittstudie)
liefert Aufschluss über quantitative und qualitative Aspekte der orthographischen
Schreibentwicklung in Deutschfreiburg. Weiter zu referierende Ergebnisse betreffen
den Vergleich von Schweizer Entwicklungsdaten mit denjenigen für deutsche Kinder bzw. die Frage der diagnostischen Aussagekraft der deutschen HSP-Normen für
die logopädische Praxis in der Deutschschweiz.
May, P. (2012). Hamburger Schreib-Probe 1-10 (HSP 1-10). 6., neu normierte Auflage. VPM
Verlag.
Moll, K., Landerl, K. (2010). SLRT-II. Weiterentwicklung des Salzburger Lese- und Rechtschreibtests (SLRT)2., korrigierte Auflage mit erweiterten Normen . Huber.
Schmidlin, R. (2002). Zum Orthographieerwerb bei norddeutschen, südwestdeutschen und
schweizerischen Kindern. In: Röber-Siekmeyer, C., Tophinke, D. (Hrsg.): Schärfungsschreibung
im Fokus. Zur schriftlichen Repräsentation sprachlicher Strukturen im Spannungsfeld von
Sprachwissenschaft und Didaktik. Schneider Verlag, 170-185.
Sektion 4
Miriam Langlotz, Olaf Gätje, Universität Kassel
also als Indikator für die Entwicklung von Textkompetenz und die Ausbildung
von Literalität – ein Beitrag zur Schreibdiagnostik
Im Kontext der zunehmenden Kompetenzorientierung rückt seit kurzem auch die
Frage nach der Diagnostizierbarkeit von Schreibentwicklungsständen in den Fokus.
Die Frage der Bestimmung und Bestimmbarkeit textproduktiver Kompetenzen ist für
konsistentes Lehrerhandeln von höchster Bedeutung, so dass die schreibdidaktische
Forschung in jüngster Zeit verstärkt der Frage nach geeigneten Werkzeugen und Kriterien für die Bestimmung von Textqualität bzw. textproduktiven Kompetenzniveaus
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nachgeht. Neben Ratingverfahren und Textanalyserastern werden in jüngerer Zeit
zunehmend auch sprachliche Form-Funktions-Einheiten wie die sog. Textprozeduren
als Indikatoren für erreichte Kompetenzniveaus (vgl. Knopp u. a. 2014; Gätje/Steinhoff/Rezat 2012) herangezogen. Während dem sprachwissenschaftlich fundierten Ansatz der Textprozeduren im Sinne Feilkes eine eher onomasiologische Perspektive zu Grunde liegt, wird in unserer Untersuchung eine im Kern semasiologische Sichtweise eingenommen: Die Hypothese unseres Vortrags lautet, dass die verschiedenen Verwendungen des polyfunktionalen Ausdrucks also in Schülertexten als
Indikator für Schreibentwicklungsniveaus in zweierlei Hinsicht betrachtet werden
können: Zum einen können die verschiedenen Verwendungshinweisen in Bezug auf
ihr Verhältnis zur Literalität differenziert werden (vgl. Konerding 2004). Zum anderen geben die verschiedenen Verwendungsweisen des Wortes also Aufschluss über
die Verfügbarkeit textsortentypischer Handlungsformen.
Unsere Hypothese überprüfen wir mithilfe einer Korpusanalyse von Schülertexten
unterschiedlicher Textsorten und Jahrgangsstufen: Hierzu wurde das Korpus von
Augst u.a. (2007) und Langlotz (2014) auf die Verwendung von also untersucht. Das
repräsentative Korpus umfasst Schülertexte aus dem 2., 3. und 4. Jahrgang, die in einer Longitudinalstudie erfasst wurden, so wie Texte des 5., 7. und 9. Jahrgangs, die
in einem quasi Längsschnittverfahren erhoben wurden. Die Textsorten Erzählung,
Argumentation und Instruktion wurden vergleichend in Bezug auf folgende Faktoren
analysiert: Die Position von also innerhalb der Felderstruktur, die syntaktische sowie
die textuelle Funktion.
Augst, Gerhard u.a. (2007): Studien zur Ontogenese des wissenschaftlichen Schreibens. Tübingen.
Gätje, Olaf/Steinhoff, Torsten/ Rezat, Sara (2012): Positionierung. Zur Entwicklung des Gebrauchs modalisierender Prozeduren in argumentativen Texten von Schülern und Studenten. In:
Feilke, Helmuth/Lehnen, Katrin (eds.): Schreib- und Textroutinen. Frankfurt/M., 125-153.
Knopp, Matthias u.a. (2014): Textprozeduren als Indikatoren für Schreibkompetenz. In: Bachmann, Thomas/ Feilke, Helmuth (eds.): Werkzeuge des Schreibens. Stuttgart, 111-128.
Konerding, Klaus-Peter (2004) : Semantische Variation, Diskurspragmatik, historische Entwicklung und Grammatikalisierung. Das Phänomenspektrum der Partikel also. In: Pohl, Inge/ Ders.
(eds.): Stabilität und Flexibilität in der Semantik. Strukturelle, kognitive, pragmatische und historische Perspektiven. Frankfurt/M., 198-237.
Langlotz, Miriam (2014): Junktion und Schreibentwicklung. Eine empirische Untersuchung narrativer und argumentativer Schülertexte. Berlin. Larissa Greber, Pädagogische Hochschule Freiburg/CH
Entwicklung des Wortschatzes in Textproduktionen bei Primarschüler(innen)
mit Deutsch als Erst- und Zweitsprache
Das Verfassen von Texten erfordert die Aktivierung von unterschiedlichen Teilkompetenzen. Neben Planungs- und Überarbeitungskompetenzen stellt für Schreibnovizen insbesondere die Materialisierung von Gedanken, das eigentliche Formulieren,
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eine grosse Herausforderung dar. Schüler(innen) müssen u.a. lernen, ihre Texte genrespezifisch und kontextbezogen zu formulieren und durch adäquate kohäsive Mittel
zu strukturieren.
Die Spracherfahrungen der Lernenden sind dafür ausschlaggebend, ob sie während
dem Schreibprozess auf Routinen (z.B. feste Wendungen, idiomatische Ausdrücke,
Kollokationen) zurückgreifen können, die diesen Formulierungsprozess entlasten,
oder ob sie jeden Satz Wort für Wort konstruieren müssen. Schüler(innen) mit
Deutsch als Zweitsprache können bedingt durch die kürzere Kontaktzeit mit Deutsch
in der Regel auf geringere Formulierungsroutinen und auf eine weniger ausdifferenzierte Lexik zurückgreifen als ihre muttersprachlichen Peers. Dies führt zu einer Verlangsamung des Schreibprozesses und manifestiert sich in den Schreibprodukten u.a.
durch einen geringeren Textumfang (Knapp 1997; Dannerer 2012).
Ausgehend vom oben beschriebenen Befund stellt sich die Frage, über welchen produktiven Wortschatz DaZ-Schüler(innen) verfügen und wie sich der Erwerb auf der
Primarschulstufe beschreiben lässt.
Erste Wortschatzanalysen schriftlicher Erzähltexte von Primarschüler(innen) weisen
auf Unterschiede zwischen dem produktiven Wortschatz von DaZ- und DaMSchüler(innen) hin. So fällt beispielsweise die an der Textlänge gemittelte durchschnittliche Wortschatzvarianz (Type-Token-Ratio) in den DaZ-Texten geringer aus
als in den DaM-Texten. Diese TTR-Werte lassen jedoch noch keine Rückschlüsse
über die Komplexität des Wortschatzes zu.
Bedienen sich die Lernenden lediglich Passpartout-Wörtern wie beispielsweise „machen“ und „gehen“? Brauchen Primarschüler(innen) feste Wortverbindungen und
benutzen sie dieselben in herkömmlicher/korrekter Weise?
Die Darstellung der Entwicklung des produktiven Wortschatzes im schulischen Kontext erfordert deshalb neben quantitativen auch qualitative Beschreibungen.
Nach Erläuterungen zur methodischen Herangehensweise wird im Beitrag dargestellt, welche lexikalischen Mittel Schüler(innen) vom zweiten bis zum vierten
Schuljahr in den Nacherzählungen eines Stummfilmes verwenden. Dabei soll das
Verhältnis von gruppenbezogenen (DaZ vs. DaM) wie individuellen Unterschieden
in Bezug auf die Varianz der lexikalischen Mittel wie deren „Qualität“ diskutiert
werden.
Auf der Grundlage der dargestellten Ergebnisse wird darüber hinaus auf mögliche
didaktische Konsequenzen hingewiesen.
Knapp, Werner (1997): Schriftliches Erzählen in der Zweitsprache. Tübingen: Niemeyer.
Dannerer, Monika (2012): Narrative Fähigkeiten und Individualität. Mündlicher und schriftlicher
Erzählerwerb im Längsschnitt von der 5. bis zur 12. Schulstufe. Tübingen: Stauffenburg. 16