Swisslex_RSDA 2015 p. 138-2 - Gestens

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Swisslex_RSDA 2015 p. 138-2 - Gestens
User-ID: [email protected], 03.06.2016 08:42:39
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Titre
Publication
Editeur
SZW 2015 S. 138
Walter A. Stoffel
Das Gesellschaftsrecht 2014 / Le droit des sociétés
2014
Revue suisse de droit des affaires et du marché
financier
Peter Nobel, Marc Amstutz, Jean-Luc Chenaux,
Hans Caspar von der Crone, Susan Emmenegger,
Mario Giovanoli, Claire Huguenin, Andreas von
Planta, Henry Peter, Rolf Sethe, Walter A. Stoffel,
Luc Thévenoz, Rolf H. Weber
Anciens Editeurs
Hans Peter Walter, Dieter Zobl
ISSN
1018-7987
Schulthess Juristische Medien AG
Maison d'édition
RSDA 2015 p. 138
Das Gesellschaftsrecht 2014
Le droit des sociétés 2014
Von Prof. Dr. Walter A. Stoffel*
Das hervorstechende Ereignis im Berichtsjahr ist die schnelle und umfassende
Konsolidierung der business judgement rule in der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung zur Organverantwortlichkeit (I.1). Ebenfalls im Zusammenhang mit
der Organverantwortlichkeit steht die sorgfaltsrechtliche Beurteilung der
Darlehensvergabe ohne Sicherheiten (I.2).
Darüber hinaus hat das Bundesgericht jetzt seinen materiellen Entscheid zum cash
pooling im Konzern gefällt (I.3). Hinzuweisen ist schliesslich auf einen neuen
Durchgriffs-Fall (I.4) und auf zwei weitere Entscheidungen (I.5).
*
Professeur à l’Université de Fribourg/Professor an der Universität Freiburg. Je remercie Anne
Gabellon, MLaw, assistante diplômée à l’Université de Fribourg, pour l’aide précieuse apportée à
l’élaboration de ce texte et pour la rédaction d’une grande partie des décisions rendues en langue
française; ich danke Anne Gabellon, MLaw, Assistentin an der Universität Freiburg, für die
wertvolle Mitarbeit bei der Erstellung dieses Textes und die Zusammenfassung eines grossen
Teils der französischsprachigen Entscheide.
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I. Bemerkungen
1. Konsolidierung der business judgment rule
Die schweizerische Variante der business judgment rule wurde erst im Jahr 2012 in die
bundesgerichtliche Entscheidungspraxis übernommen, nämlich in BGE 139 III 24
(SZW 2014, S. 220 r19, Bemerkungen S. 213 f.). In der Berichtsperiode hat das
Bundesgericht nun die Gelegenheit ergriffen, seinen Entscheid in drei weiteren Urteilen
zu bestätigen und den Grundsatz auf verschiedene Fallkonstellationen anzuwenden
(BGer vom 28. August 2013, 11. Juli 2013, 8. April 2014; r17–r19). Daraus hat sich
eine Strukturierung bei der Beurteilung von Verletzungen der Sorgfaltsplicht ergeben,
welche als Fortschreibung von Art. 717 OR bezeichnet werden kann. Die
Strukturierung besteht in zwei Schritten, nämlich
erstens in einer grundsätzlichen Zurückhaltung bei der ex post-Beurteilung von
Organentscheiden einerseits (a), und
zweitens
in
der
uneingeschränkten,
aber
bedingten
Prüfung
des
Entscheidungsverfahrens anderseits, die ihrerseits zerfällt in eine Beurteilung der
Informationsbeschaffung (b), in die Prüfung des Vorliegens von Interessenkonflikten
(c), und in eine Beurteilung des Verfahrensablaufes als solchem (d).
a) Grundsätzliches
1. Besonders einlässlich begründet wird der Grundsatz der business judgment rule im
«Deutschlandabenteuer-Entscheid» vom 28. August 2013 (r17; sogleich unter d). Das
Bundesgericht bezeichnet darin die business judgment rule als eine Schutzbestimmung
gegen die nachträgliche Überprüfung von Geschäftsentscheiden, welche zum Tragen
gelangt, wenn das Entscheidungsverfahren den Informationsanforderungen genügte
und die Entscheidungsträger frei von Interessenkonflikten waren. Unter Berufung auf
die Lehre erblickt das Gericht den inneren Grund hierfür in der verfahrensmässigen
und materiellen Bedeutung eines einwandfreien Entscheidungsprozesses. Ein formal
korrektes Verhalten hat eine disziplinierende Wirkung auf den Entscheidungsvorgang
und wirkt sich positiv auf die materielle Ergebnisqualität aus (E. 5.2).
2. Das Bundesgericht passt die Regel der business judgment rule somit bei der ex postÜberprüfung von Entscheiden der Organe ein. Eine zurückhaltende Überprüfung
kommt dann zur Anwendung, wenn die
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Entscheidungen der Organe, die sich nachträglich als falsch herausstellen,
«in einem einwandfreien, auf einer angemessenen Informationsbasis beruhenden und von
Interessenkonflikten freien Entscheidprozess zustande gekommen sind». (E. 5.2)
Die Formulierung ist zum neuen Standard geworden. Der Satz findet sich praktisch
wörtlich in allen drei eingangs erwähnten Entscheiden.
3. Im Resultat ergibt sich, dass der Richter den Entscheidungsprozess als einwandfrei
erachtet, wenn das Verfahren korrekt durchgeführt wurde, dem Organ genügende
Informationen vorlagen und keine Interessenkonflikte bestanden. In diesem Fall
honoriert er das Vorgehen und überprüft den Geschäftsentscheid nur «mit
Zurückhaltung». Er zieht die Organe nicht schon dann zur Rechenschaft, wenn der
Entscheid sich nachträglich als unrichtig erweist, sondern nur, wenn der Entscheid
schlicht nicht mehr vertretbar war.
b) Informationsbeschaffung
Der Schutz der business judgment rule setzt als erstes voraus, dass der Entscheid auf
einer genügenden Informationsbasis gefällt wurde.
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1. Ein Beispiel für die Anforderungen an eine genügende Informationsbasis liefert der
«Aserbeidschan-Fall» (BGer vom 8. April 2014; r19). In diesem Fall wurde ohne
Sicherheiten eine Vorauszahlung geleistet, die später vollständig verloren ging. Nach
der neuesten Rechtsprechung bildet eine solche Zahlung an sich eine
Sorgfaltspflichtverletzung (siehe sogleich unter 2).
Der Geschäftsentscheid des Verwaltungsrates wurde jedoch aufgrund einer
angemessenen Informationsbasis gefällt. Die Angemessenheit der Informationsbasis
gab Anlass zu Diskussionen, weil die tatsächlichen Abklärungsmöglichkeiten in
Aserbeidschan beschränkt waren, sodass der Betrug nicht erkannt werden konnte. Das
Gericht fand, dass die zumutbaren Informationsmöglichkeiten ausgeschöpft wurden.
Auschlaggebend war, dass der Informationsbeschaffung in Aserbeidschan Grenzen
gesetzt waren. In Anbetracht der Dringlichkeit des Entscheides hatte der
Verwaltungsrates das Zumutbare und Mögliche vorgenommen.
2. Damit kam die Schutzbestimmung der business judgment rule zum Tragen. Der
Entscheid erwies sich nicht als «nicht mehr vertretbar». Er bestand damit den Test der
zurückhaltenden ex post-Überprüfung von Geschäftsentscheiden (E. 7).
c) Interessenkonflikt
Ein einwandfreier Entscheidprozess setzt ausserdem voraus, dass die beteiligten
Organpersonen sich nicht in einem Interessenkonflikt befanden.
1. Ein Beispiel hierfür findet sich im Klumpenrisiko-Entscheid vom 11. Juli 2013 (r18).
In diesem Fall war die ins Recht gefasste Organperson zugleich Organ der
Darlehensgeberin und der Darlehensnehmerin. Die beiden Vertragsparteien haben
gegenläufige (Gesellschafts-)Interessen. Der Konflikt war somit offensichtlich. Das traf
zu, obwohl die Aktien der Darlehensnehmerin einen wichtigen Bestandteil des
Anlagevermögens der Darlehensgeberin bildeten, da an der Darlehensgeberin auch
eine Minderheitsbeteiligung bestand.
2. Das Argument des Beschwerdeführers, wonach an der Rückzahlung keine Zweifel
bestanden hätten, kam daher nicht zum Tragen. Es vermochte gegenüber dem
Grundsatz, wonach die Vergabe eines (weiteren) Darlehens ohne gleichzeitige
Vereinbarung einer Kreditsicherheit sorgfaltswidrig ist (siehe sogleich unter 2), nicht
anzukommen. Das Gericht drehte das Argument vielmehr um und führte aus, es sei
nicht einsehbar, weshalb die Geschäftsführung auf eine Besicherung verzichtete, wo sie
doch von einem Haftungssubstrat der Schuldnerin von CHF 100 Mio. ausging, (E.
7.2.2).
Das Gericht liess durchblicken, dass es bei einer zurückhaltenden Beurteilung das
Vorgehen wohl als vertretbar erachtet hätte, weil eine finanziell gesunde Basis es
einem Unternehmen erlaube, mehr Risiken einzugehen als sonst. Aber das Risiko hätte
bewusst eingegangen werden müssen, eben aufgrund einer genügenden
Informationsbasis und ohne Interessenkonflikt. Weil dem nicht so war, nahm das
Gericht eine nachträgliche Beurteilung der Entscheide vor, ohne sich die
Zurückhaltung aufzuerlegen, die es bei einem einwandfreien Entscheidungsverfahren
beachtet hätte.
d) Verfahrensablauf
Die Zurückhaltung entfällt schliesslich auch dann, wenn der Verfahrensablauf als
solcher mangelhaft war.
1. Das Beispiel hierfür bildet der eingangs erwähnte Fall zum «Deutschlandabenteuer»
vom 28. August 2013 (r17). Der ins Recht gefasste VerwaltungsRSDA 2015 p. 138, 140
rat hatte zwar in einer Krisensituation veranlasst, dass wöchentlich über die Finanzund Produktionslage informiert werden musste und dass «kein Cash ohne Sicherheit
durch reelle Aktiven» ausbezahlt werden durfte. Die über alle Verfügungsgewalten
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verfügenden Geschäftsführer setzten sich jedoch darüber hinweg, sodass das
«Deutschlandabenteuer» der Gesellschaft mit einem grossen Verlust endete.
Das Gericht befand, dass zwar der richtige Entscheid gefällt worden war, dass es aber
an der Durchsetzung mangelte. Der Verwaltungsrat hätte die Vertretungsbefugnis der
Geschäftsführer beschränken müssen, und er hatte es unterlassen, sich über die
wirklichen Verhältnisse kundig zu machen. Der Ruf der fraglichen Gesellschafter war
schlecht, sie wurden als «Gauner und mehrfache Konkursiten» bezeichnet, und die
Verluste im ersten Halbjahr, die erheblich waren, liessen den dringenden Verdacht
entstehen, dass einer der Gesellschafter sich Unregelmässigkeiten zu Schulde kommen
liess und die beiden anderen sich persönlich zu bereichern versuchten. In dieser
Situation hätten sich Abklärungen gebieterisch aufgedrängt.
2. Dazu kam, dass gültige Verwaltungsratsbeschlüsse überhaupt fehlten. Die
Organperson, die um die Notwendigkeit eines Entscheides des Verwaltungsrats weiss,
aber es dennoch unterlässt, die Einberufung einer Sitzung zu verlangen, lässt einen
Entscheidungsprozess zu, der als solcher mangelhaft ist. Das gilt auch dann, wenn es
aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Gremium nicht wahrscheinlich war, dass die
Investitionen unterblieben wären. Denn durch die eigenmächtige Fällung der
Entscheide kann keine Beratung im Verwaltungsrat stattfinden, und dieser wäre allein
zuständig, sich trotz bestehender Risiken für die Geschäfte zu entscheiden.
3. Es war daher für das ins Recht gefasste Organ unbehelflich, sich auf die
Vertretbarkeit des Entscheides zu berufen, konkret darauf, die Darlehensgewährung sei
bei Abwägung von Chancen und Risiken im Zeitpunkt der Entscheidung vernünftig
gewesen. Das Bundesgericht hielt es nicht für bundesrechtswidrig, wenn die Vorinstanz
im fehlerhaften Vorgehen als solchem eine Sorgfaltspflichtverletzung erblickte. Wenn
man diese Aussage isoliert betrachtet, geht sie sogar einen Schritt weiter als die
bundesgerichtliche business judgment rule, die eine Überprüfung nicht überflüssig
macht, sondern sie lediglich auf eine Unvertretbarkeitsprüfung beschränkt. Trotz der
missverständlichen Formulierung wurde implicite eine Beurteilung des Entscheides
(als fehlerhaft) sehr wohl vorgenommen, aber eben «ohne Zurückhaltung.»
4. Unbefriedigend in diesem Fall war die unsäglich lange Verfahrensdauer. Die
fraglichen Darlehen wurden noch in DM ausgegeben, und zwar in den 90er-Jahren
(1993), die Klage wurde Ende 2002 eingereicht, und das erstinstanzliche Urteil lag erst
Ende 2011 vor. Der jetzt abschliessende Bundesgerichtsentscheid erging 13 Jahre nach
Einleitung der Klage! Dem Entscheid ist nicht zu entnehmen, weshalb der Fall solange
in der ersten Instanz hängig war.
2. Darlehensvergabe ohne Sicherheiten
1. Bei allen Geschäftsentscheiden, die in der neuen Struktur geprüft wurden, ging es
um die Vergabe von Darlehen, die später nicht mehr zurückbezahlt wurden. Die
Darlehensvergabe ohne Sicherheiten scheint sich in der Rechtsprechung zu einer
eigenen Gruppe von Verletzungen der Sorgfaltspflicht auszuwachsen. Ein
Verwaltungsrat, welcher der Vergabe eines Darlehens ohne Sicherheit zustimmt, setzt
sich dem Vorwurf einer Sorgfaltspflichtverletzung aus, es sei denn, er könne sich auf
den Schutz der business judgement rule berufen.
Im «Klumpenrisiko-Fall» vom 11. Juli 2013 (r18) wurde die fehlende Besicherung als
so wichtig erachtet, dass die Frage, ob (ausserdem) ein pflichtwidriges Klumpenrisiko
vorlag, gar nicht mehr zu prüfen war, obwohl ein solches eigentlich vorlag. Der
fragliche Geschäftsentscheid hatte zu einer Verdoppelung der Exposition geführt, und
Forderungen bzw. Beteiligungen am selben Schuldner machten danach 92% der
Aktiven aus.
Im «Deutschlandabenteuer-Fall» vom 28. August 2013 (r17) führte das Bundesgericht
ausdrücklich aus, dass die Vergabe eines Darlehens an eine Rechtseinheit ohne
gleichzeitige Bestellung einer Kreditsicherheit sorgfaltspflichtwidrig sei, wenn nicht
besondere Umstände dafür sprechen, dass die Wahrung der Gesellschaftsinteressen die
Gewährung eines ungesicherten Darlehens nahe legen (E. 7.2.2).
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Im «Aserbeidschan-Fall» vom 8. April 2014 (r19) beurteilte das Gericht eine
unbesicherte Vorauszahlung ebenfalls als an sich problematisch, hielt sie aber in einer
mit Zurückhaltung ausgeübten ex post-Beurteilung nicht für unhaltbar.
Ebenso hielt es (in einem anderen Zusammenhang) im Entscheid vom 20. Juni 2013
(r9) dafür,
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dass die Gewährung eines Darlehens an den Verwaltungsratspräsidenten ohne die
marktüblichen Sicherheiten eine Verletzung der Sorgfaltspflicht nahelege, sodass sich
die Einsetzung eines Sonderprüfers zur Untersuchung der mit dem Darlehen
verbundenen Umstände rechtfertige.
Schliesslich führte das Gericht auch im Entscheid vom 16. Oktober 2014 (r20; siehe
sogleich 3) aus, dass ein (konzerninternes) unbesichertes Darlehen in hohem Umfang
und ohne schriftlichen Darlehensvertrag den Drittmannstest nicht bestehe.
2. Man muss aus dieser Rechtsprechung schliessen, dass die Vergebung ungesicherter
Darlehen eine prima facie-Pflichtwidrigkeit darstellt. Sie macht bei einer ohne
Zurückhaltung ausgeübten ex post-Beurteilung den Befund einer Verletzung der
Sorgfaltspflicht wahrscheinlich.
Das ist streng. Es lässt sich in dieser Allgemeinheit wohl nur rechtfertigen, wenn es vor
dem Hintergrund und im Zusammenhang mit der business judgment rule gesehen wird.
3. Darlehensvergabe im Konzern (cash pooling)
Im Swisscargo-Fall (BGE 140 III 533; r20) ging es um die gesellschaftsrechtliche
Behandlung des cash pooling.
1. Der Entscheid betrifft den SAirGroup-Sachverhalt, der schon dem
Bundesgerichtsurteil vom 7. Januar 2013 zugrunde lag (4A-248/2012; SZW 2014, S.
219 r15, Bemerkungen S. 215 f.). Es ging um die 100%ige SAirGroup-Tochter
Swisscargo, welche der Muttergesellschaft eine Dividende von CHF 28 Mio.
ausgeschüttet hatte, obwohl die Bilanz auf der Aktivseite konzerninterne Darlehen von
CHF 24 Mio. auswies. Bei diesen Darlehen handelte es sich zum grossen Teil (CHF 16
Mio.) um die Zurverfügungstellung von Liquidität an die cash pooling-Gesellschaft des
Konzerns. Das Bundesgericht hatte damals entschieden, dass auch bei konzerninternen
Darlehen und insbesondere beim cash pooling die Solvabilität der Schuldnerin nach
normalen Grundsätzen zu prüfen sei. Es wies den Fall an das Zürcher Handelsgericht
zur Prüfung dieser Frage zurück.
2. Das jetzt vorliegende Urteil betrifft den neuen Entscheid des Handelsgerichts, das
befand, die Darlehen seien tatsächlich nicht zu marktkonformen Bedingungen vergeben
worden. Das Bundesgericht unterstreicht, dass nebst dem Fehlen schriftlicher
Darlehensverträge vor allem der Verzicht auf Besicherung die Voraussetzungen des
Drittmannstests von vorneherein nicht erfüllt. Dabei ist der Bilanzstichtag
ausschlaggebend, weshalb die danach erfolgte Zurückzahlung des Darlehens keinen
Einfluss darauf hatte, ob am Bilanzstichtag genügend Mittel für die Ausschüttung
vorhanden waren. Die Revisionsgesellschaft, welche das Vorgehen als
gesetzeskonform gutgeheissen hatte, wurde daher gemäss OR 753 zum Ersatz des
Schadens verurteilt.
Die Vergabe konzerninterner Darlehen zu nicht marktkonformen Bedingungen ist
somit möglich, sofern sie nicht das durch Art. 680 Abs. 2 OR (Verbot der Rückgewähr)
geschützte Kapital berühren. Werden sie aus freiem Kapital ausgerichtet, stehen die
dafür verwendeten Eigenmittel später nicht mehr für eine Dividende zur Verfügung.
Mit anderen Worten können nach Vergabe des Darlehens Ausschüttungen nur noch aus
den verbleibenden freien Mitteln vorgenommen werden. Das cash pooling blockiert
daher die Dividendenzahlungen in dem Umfang, als am Bilanzstichtag ungesicherte
konzerninterne Darlehen bestehen.
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3. Hinsichtlich der Frage, ob auch das Agio zur Dividendenausschüttung verwendet
werden könne oder ob es generell unter das Verbot der Einlagenrückgewähr (Art. 680
Abs. 2 OR) falle, befand das Handelsgericht, dass Letzteres zutreffe. In diesem Punkt
folgte das Bundesgericht der Vorinstanz nicht, sondern schloss sich der
Mehrheitsmeinung in der Doktrin an und entschied, dass das Agio der allgemeinen
Reserve zuzuweisen ist und wie diese frei wird, sobald sie die Hälfte des
Aktienkapitals übersteigt.
Das entspricht nicht einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Es liegt aber auf der
Linie des Revisionsentwurfs von 2014 (und desjenigen von 2007), der zwar eine
besondere Reserve für das Agio vorschreibt, aber auch für diese Reserve die
bestehende Bestimmung von Art. 671 Abs. 3 OR beibehält, wonach der die Hälfte des
Aktienkapitals übersteigende Betrag frei verwendet werden kann.
4. Im Resultat ergibt sich somit, dass konzerninterne Darlehen an die cash pooling
-Gesellschaft, die nicht zu Marktbedingungen ausgegeben wurden, die frei verfügbaren
Mittel für die Dividendenausschüttung um den Darlehensbetrag vermindern (Art.
680Abs. 2 OR), dass aber Agio-Zahlungen in die normale allgemeine Reserve fallen
und wieder an die Aktionäre ausgeschüttet werden dürfen, wenn diese Reserve 50%
des Aktienkapitals übersteigt (Art. 671 Abs. 3 OR).
Der Entscheid ist meines Erachtens (zu) streng bei den konzerninternen Darlehen – bei
welchen die fehlende Besicherung keine ausschlaggebende Rolle spielen sollte, und er
ist (zu) grosszügig beim Agio – welches paid-in capital darstellt und dessen
Rückerstattung an die Aktionäre ohne Kapitalreduktion gar nicht erlaubt sein sollte,
auch nicht teilweise.
4. Durchgriff
In der Rechtsprechung vor zwei Jahren konnte in unserer Übersicht ein Fall präsentiert
werden, in welchem das Gericht den Durchgriff zuliess (BGE 137 III 550, SZW 2013,
S. 173 r4; Bemerkungen S. 170 f.). Solche Fälle sind selten, da die Rechtsprechung den
Durchgriff auf die hinter der Gesellschaft stehenden Aktionäre zu Recht nur zulässt,
wenn die Berufung auf die rechtliche Selbständigkeit der Gesellschaft
rechtsmissbräuchlich ist.
1. Jetzt liegt ein neues Urteil vor, in welchem die geschädigte Partei ebenfalls obsiegte,
allerdings schliesslich weniger aufgrund des gesellschaftsrechtlichen Durchgriffs,
sondern aus vertragsrechtlichen Gründen (BGer vom 17. Mai 2013; r1). Der Entscheid
erging in einem Verfahren über eine Arrestbewilligung und somit in beschränkter
Kognition (Art. 98 BGG). Er ist trotzdem aufschlussreich.
In diesem Fall hatte eine Bank einer Gesellschaft einen Lombardkredit gewährt. Da der
Wert der verpfändeten Aktien nach dem Börsencrash von 2008 nicht mehr genügte,
verlangte die Bank von der wirtschaftlich berechtigten B.Y. eine Bürgschaft sowie
einen Absichtsbrief («lettre d’intention»), die verpfändeten Werte wieder aufzustocken.
Die Bank verarrestierte in der Folge Vermögenswerte von B.Y. für eine Forderung von
CHF 85 Mio. Da die Bürgschaft die Formvoraussetzungen nicht erfüllte und der
Absichtsbrief nicht unterzeichnet worden war, berief sie sich vor allem auf die
missbräuchliche Verwendung der Gesellschaft durch B.Y.
2. Das Gericht hielt an seiner langjährigen Rechtsprechung fest, wonach es ganz
ausserordentlicher Umstände bedarf, um von der Regel der rechtlichen Unabhängigkeit
einer juristischen Person abzuweichen. Erforderlich sei die doppelte Bedingung der
«Identität der Personen», nämlich der Identität der Gesellschaft einerseits und der
Person anderseits, die hinter der Gesellschaft steht (1), sowie die missbräuchliche
Berufung auf die Dualität zwecks Erzielung eines ungerechtfertigten Vorteils (2). In
den Worten des Gerichts wurde das wie folgt formuliert:
«L’application du principe de la transparence («Durchgriff») suppose donc,
premièrement, qu’il y ait identité de personnes, conformément à la réalité économique,
ou en tout cas domination économique d’un sujet de droit sur l’autre; il faut,
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deuxièmement, que la dualité soit invoquée de manière abusive, c’est-à-dire pour en
tirer un avantage injustifié.»
Der Umstand, dass sich die Gegenpartei im Streit sowohl mit der Gesellschaft als auch
mit der dahinterstehenden Person befindet, machte vorliegend die Berufung auf die
rechtliche Selbständigkeit der Gesellschaft noch nicht missbräuchlich. Im Gegenteil
hatte im vorliegenden Fall die Bank selber einen Vorteil aus der Dualität gezogen,
indem sie von der beherrschenden Person Garantien für die Vertragserfüllung durch die
Gesellschaft verlangte. Der Durchgriff wurde somit nicht zugelassen.
4. Die Formulierung der doppelten Bedingung ist nicht ganz überzeugend.
Insbesondere stolpert der Leser über die «Identität der Personen, gemäss den
wirtschaftlichen Realitäten». Von einer «Identität der Personen» kann ja beim
Durchgriff gerade nicht gesprochen werden. Der bisher meistens verwendete Begriff
«wirtschaftliche Einheit» («unité économique») wäre zutreffender.
Im vorliegenden Fall lag das Problem denn auch in der missbräuchlichen Berufung auf
die (rechtliche) Dualität. Das Gericht fand, es sei nicht willkürlich, das
Durchgriffsrecht einem Vertragspartner der Gesellschaft zu verwehren, der im Verlauf
der Vertragsdauer selber von der beherrschenden Person eine Garantie einforderte. Das
ist stossend, denn das nachträgliche Einfordern von Garantien kann dem
Vertragspartner später schwerlich zur Last gelegt werden. Falls eine missbräuchliche
Berufung auf die Dualität zwecks Erzielung eines ungerechtfertigten Vorteils vorliegt,
so hatte diese vorher stattgefunden und wird durch einen späteren Versuch des
Geschädigten, seinen Schaden zu begrenzen, nicht aus der Welt geschafft.
5. Das empfand wohl auch das Gericht so, weil es die Beschwerde schliesslich doch
guthiess. Die Bank berief sich, wie erwähnt, nicht nur auf die gesellschaftsrechtlichen
Elemente des Durchgriffs, sondern auf ihre vertraglichen Ansprüche gegenüber der
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Gesellschaft und der sie beherrschenden Person. Sie machte gegenüber B.Y. eine
(formungültige) Bürgschaft, den (erwähnten) Missbrauch, der den Durchgriff erlauben
sollte, sowie eine (nicht unterzeichnete) Absichtserklärung geltend. Aufgrund des
letzten der drei vorgebrachten Argumente, nämlich jenes des Absichtsschreibens, das
nach dem Urteil des Bundesgerichtes im Rahmen der gesamten Umstände von der
Vorinstanz in willkürlicher Weise nicht genügend berücksichtigt worden war,
vermochte sie schliesslich zu obsiegen.
Das zeigt erneut, dass die Durchgriffstheorie im vertraglichen Kontext nicht so sehr auf
einer gesellschaftsrechtlichen Analyse beruht, sondern vielmehr ein Argument in der
vertragsrechtlichen Auseinandersetzung der Parteien darstellt. Eine ähnliche
vertragsrechtliche Gesamtbetrachtung gab schon im konzernrechtlichen Durchgriffsund Haftungsfall 4A_306/2009 über eine ausgegliederte Informatikgesellschaft den
Ausschlag, und nur diese Gesamtbetrachtung vermochte den Entscheid überzeugend zu
begründen (BGer vom 8. Februar 2010, 4A_306/2009, SZW 2011, S. 75 r13;
Bemerkungen S. 68 f.). Auch im vorliegenden Fall sollten daher die
gesellschaftsrechtlich nicht ganz geglückten Ausführungen des Bundesgerichts zum
Durchgriff nicht isoliert gesehen werden; vielmehr sind sie im vertraglichen
Gesamtzusammenhang des konkreten Falles zu sehen – und zu relativieren.
5. Weitere Fälle
Zu erwähnen sind schliesslich zwei weitere höchstrichterliche Entscheidungen. Die
erste betrifft die Nichtigkeit von Gesellschaftsbeschlüssen, und die zweite die Frage der
gesellschaftsrechtlichen
Typologie
am
Beispiel
der
Ausgabe
von
Partizipationsscheinen durch eine Genossenschaft.
1. Nichtige Gesellschaftsentscheide sind eine grosse Ausnahme. Der Urteil vom 16.
August 2013 (r46) bildet ein Beispiel, das zwar dem Vereinsrecht entstammt, das aber
(wahrscheinlich) verallgemeinerungsfähig ist. In diesem Fall wurde die
Vereinsversammlung durch den Präsidenten statt durch den statutarisch hierzu befugten
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Vorstand einberufen. Das Gericht erachtete alle Beschlüsse als nichtig, die von dieser
Versammlung gefällt wurden.
Das Gericht erwog eine «partielle Lehrmeinung» zum Aktienrecht, wonach nur dann
von Nichtigkeit auszugehen sei, wenn ein offensichtlich unzuständiges Organ eine
Versammlung einberufen hat; das wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn bei einer
Aktiengesellschaft ein einzelnes Mitglied des Verwaltungsrats eigenmächtig die
Generalversammlung einberuft (Studer, 123; Schott, 144 f.). Die Richter verwarfen
diese Ansicht jedoch, und zwar mit Blick auf die übrige Lehre, welche diese
Unterscheidung nicht macht, sowie aus Praktikabilitätsüberlegungen, weil die
Unterscheidung zu schwierigen Abgrenzungen führen würde. Gerade im vorliegenden
Fall musste wegen eines internen Konfliktes verschiedentlich der präsidiale
Stichentscheid bei Abstimmungen den Ausschlag geben. Das Gericht hielt deshalb, «in
Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre», an der bisherigen Rechtsprechung fest,
wonach keine beschlussfähige Versammlung zustande kommt, wenn eine unzuständige
Person oder unzuständiges Organ eingeladen hat.
2. Im zweiten Fall (BGE 140 III 206; r38) prüfte das Bundesgericht die Frage, ob eine
Genossenschaft Partizipationsscheine ausgeben dürfe, und verneinte diese. Die NichtRegelung der Frage wurde vom Gericht als ein qualifiziertes Schweigen des
Gesetzgebers verstanden, weshalb eine Genossenschaft nicht statutarisch geschaffene
Beteiligungspapiere ausgeben kann, die den aktienrechtlichen Partizipationsscheinen
nachgebildet sind.
Ausschlaggebend waren die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze des Formenzwangs
und der Formenfixierung, mithin Argumente der gesellschaftsrechtlichen Typologie.
Die Partizipanten sind am Risikokapital beteiligt, ohne auf die Geschäfte der
Gesellschaft und die Bestellung der Organe Einfluss nehmen zu können. Sie sind daher
auf gesellschaftsrechtliche Schutzmechanismen angewiesen, die im Aktienrecht
eingeführt wurden, insbesondere die Sonderprüfung. Die Genossenschaft (und auch die
GmbH) ist eine nicht kapitalmarktfähige Rechtsform, bei welcher die
Kapitalbeteiligung als Folge der personalen Mitgliedschaft ausgestaltet wird, nicht als
mobilisierbare Anlagemöglichkeit. Es besteht eine gesetzgeberische Wertung,
Partizipationsscheine nur für Rechtsformen in Betracht zu ziehen, deren Struktur für
die Aufnahme von Eigenkapital auf dem Kapitalmarkt geeignet ist (E. 3.6.2). Die
Privatautonomie und die Vertragsfreiheit erlauben es nicht, im Genossenschaftsrecht
Eigenkapitalinstrumente sui generis nach dem Vorbild des Aktienrechts zu schaffen (E.
3.6.4 f.).
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Das Gericht hält somit die Rechtsformen klar auseinander, und das nicht aufgrund
formaler Argumente, sondern aufgrund einer teleologischen, wirtschaftsrechtlichen
Interpretation des Gesellschaftsrechts. Das ist zu begrüssen. Und es ist
verallgemeinerbar, auch für andere Aspekte des Gesellschaftsrechts, wenigsten
insoweit der Gesetzgeber die Grenzen nicht selbst verwischt hat, wie beispielsweise im
«rechtsformunabhängigen» Recht der Rechnungslegung und der Revision.
II. Zusammenfassungen/Résumés
1. Allgemeines – Gründung – Kapital Généralités – fondation
– capital
r1 Abus de droit – transparence; Rechtsmissbrauch – Durchgriff.
1. Dans cet arrêt, le Tribunal fédéral se prononce sur les conditions de la théorie de la
transparence, dans le cadre d’un recours en matière civile, contre une ordonnance de
séquestre, pour violation de l’art. 9 Cst. 2. Commet un abus de droit celui qui invoque
de manière abusive l’indépendance juridique d’une personne morale qu’il domine, si
bien qu’il n’existe pas, malgré la dualité juridique des personnes, deux entités
indépendantes, la société étant un simple instrument dans la main de son auteur, qui,
économiquement ne fait qu’un avec elle. 3. L’ application de la théorie de la
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transparence présuppose donc, premièrement, qu’il y ait «identité de personnes», au
niveau de la réalité économique, ou domination d’un sujet de droit sur l’autre, et
deuxièmement, que la dualité soit invoquée de manière abusive, c’est-à-dire pour en
tirer un avantage injustifié. 4. Le fait que la société dominée refuse d’exécuter le
contrat de crédit et que le sujet dominant refuse d’honorer le contrat de garantie pour ce
crédit, ne constitue pas, à lui seul, un abus. 5. Le recours fut rejeté pour ce motif, mais
admis pour le motif que la lettre d’intention (déclaration de patronage) fut interprétée
de façon arbitraire par l’instance inférieure.
TF, 17 mai 2013, 5A_739/2012 (A. SA contre B.Y., C. SA, D. Ltd, E. Ltd, F., G. Ltd, H.,
I., J. Limited, K. Ltd, L. Ltd, M., N. Ltd, O. Ltd, P. Ltd, Q., R.): JdT 2014 II, p. 68; SJ
2014 I, p. 17 ss; RSDA 2014, p. 397; Commentaire de Monsch/von der Crone, RSDA
2013, p. 445 ss.
r2 Handelsregister – Wiedereintragung einer gelöschten Gesellschaft –
handelsrechtliche Streitigkeit; Registre du commerce – réinscription d’une société
radiée – litiges commerciaux.
1. Der Begriff der Streitigkeit aus dem Recht der Handelsgesellschaften und
Genossenschaften (ZPO 6 IV/b) umfasst das freiwillige, nicht-streitige Verfahren zur
Wiedereintragung einer gelöschten Gesellschaft nicht. 2. Auch die teleologische
Auslegung führt zu keinem anderen Resultat, da die handelsrichterliche
Fachkompetenz für die Wiedereintragung aufgrund von HRegV 164 nicht erforderlich
ist. 3. Das Handelsgericht hatte sich daher zu Recht als unzuständig erklärt.
BGer, 20. November 2014, 4A_396/2014 (A. gegen Handelsgericht des Kantons
Zürich): SJZ 111/2015, S. 18 ff.
r3 Raison de commerce – modification après inscription; Firma – Änderung nach
erfolgter Eintragung.
1. Une autorité administrative qui souhaite agir en dénonciation d’une raison de
commerce nuisible à l’intérêt public et donc contraire à CO 944 I peut dénoncer des
irrégularités à l’office du registre du commerce. 2. Cette autorité ne peut toutefois pas
se prévaloir de CO 944 I pour intenter une action judiciaire devant le juge civil. 3. La
question de savoir si un droit de recours au Tribunal fédéral devrait être reconnu au
Chimiste cantonal du valais pour la sauvegarde de l’intérêt public n’a pas été
examinée.
TF, 3 Septembre 2014, 4A_306/2014 (Chimiste cantonal du canton du Valais contre X.
SA): ATF 140 III 550; GesKR 2014, p. 546; SJ 2014 I, p. 477 ss.
r4 Handelsregister – Gebühren – Angemessenheit; Registre du commerce –
émoluments – montant approprié.
1. Die Handelsregistergebühr kann bei «geringfügigen Änderungen» reduziert werden
(GebV 4 I). 2. Die Auslegung des Begriffs der «dem Umfang nach geringfügigen
Änderungen» muss auf den objektiven Wert der Eintragung und auf den
Kostenaufwand abstellen. 3. Die Firma als ein wesentliches Identifikationsmerkmal
einer Gesellschaft, vorliegend einer GmbH, und auch der Aufwand des HReg können
wegen der nötigen Abklärungen erheblich sein; ob CHF 4000 nach dem
Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip noch angemessen ist, wurde aus prozessualen
Gründen nicht geprüft.
BGer, 25. Juni 2013, 4A_21/2013 (X. Trading GmbH und X. Holding GmbH gegen
Handelsregisteramt des Kantons Luzern): GesKR 2013, S. 607; Besprechung Bächler,
Reprax 3/2013, S. 19 ff.
r5 Vertretung der Gesellschaft – Schlichtungsverhandlung; Représentation de la
société – audience de conciliation.
1. Die juristische Person als Partei muss an der Schlichtungsverhandlung durch eine
Person vertreten sein, welche vorbehaltlos und gültig für sie handeln kann und welche
insbesondere zum Vergleichsabschluss ermächtigt ist (ZPO 204 I). 2. Eine trotz
Fehlens einer solchen Person ausgestellte Klagebewilligung ist ungültig.
Page d'impression 10 de 23
BGer, 17. Februar 2014, 4A_387/2013 (X. gegen Y. AG): BGE 140 III 70; AJP 2014, S.
856.
r6 Löschung der Gesellschaft im Handelsregister – Nichtigkeit einer an sie
gerichteten Verfügung; Radiation de la
RSDA 2015 p. 138, 145
société dans le Registre du commerce – nullité d’une décision à son encontre.
1. Eine Verfügung (vorliegend betreffend die Aberkennung als Prüfungsstelle für den
schweizerischen Hochseeausweis) gegenüber einer im Handelsregister gelöschten
Gesellschaft ist – mangels Rechtspersönlichkeit der Verfügungsadressatin – nichtig. 2.
Ein solcher Mangel der Verfügung ist schwerwiegend, leicht zu erkennen, und die ex
officio- Feststellung ihrer Nichtigkeit führte (vorliegend) zu keiner ernsthaften
Beeinträchtigung der Rechtssicherheit.
BVGer, 28. Mai 2013, A-5410/2012 (A. AG, B. AG und C. SA gegen Schweizerisches
Seeschifffahrtsamt): BVGE 2013/38, S. 584 ff.
2. Rechte und Pflichten der Aktionäre – Aktien Droits et
obligations des actionnaires – actions
r7 Sonderprüfung – materielle Voraussetzungen – Treuepflicht des
Verwaltungsrates – Beweismass; Contrôle spécial – conditions matérielles –
obligation de fidélité du Conseil d’administration – degré de la preuve.
1. Der Aktionär kann bestimmte Sachverhalte durch eine Sonderprüfung abklären
lassen, sofern dies zur Ausübung seiner Aktionärsrechte erforderlich ist (OR 697a I),
insbesondere für eine allfällige Verantwortlichkeitsklage oder für die Ausübung der
Mitwirkungsrechte. 2. In materieller Hinsicht liegt der «Angelpunkt des
Sonderprüfungsrechts» im Erfordernis der Glaubhaftmachung einer Schädigung
aufgrund einer Statuten- oder Gesetzesverletzung durch die Organe. 3. In tatsächlicher
Hinsicht sind bestimmte Handlungen oder Unterlassungen der Organe und der damit
zusammenhängende Schaden glaubhaft zu machen. 4. Die rechtlichen Vorbringen zu
den Anspruchsvoraussetzungen gemäss OR 697b II müssen sich bei summarischer
Prüfung als einigermassen aussichtsreich oder zum Mindesten als vertretbar erweisen.
5. Dafür sind konkrete Anhaltspunkte erforderlich, was vorliegend nicht der Fall war:
Der Umstand, dass eine auf demselben Gebiet tätige AG von denselben Personen
beherrscht wird, genügt für sich allein nicht, um die Vermutung glaubhaft zu machen,
dass die Organe in Verletzung ihrer Treuepflicht Gelder und Dienstleistungen dieser
AG zugehalten haben, die sonst der Gesellschaft zugekommen wären, an welcher die
klagenden Aktionäre beteiligt sind.
BGer, 6. August 2013, 4A_260/2013 (A. gegen X. AG): GesKR 2013, S. 601; GesKR
2014, S. 109; SJZ 110/2014, S. 550; ST 8/14, S. 671.
r8 Sonderprüfung – Ausübung des Auskunfts- oder Einsichtsrechts – Beweismass;
Contrôle spécial – exercice du droit au renseignement et à la consultation – degré
de la preuve.
1. Das Gesetz macht die Einleitung einer Sonderprüfung von der Glaubhaftmachung
einer Gesetzes- oder Statutenverletzung abhängig (OR 697b II). 2. Die Voraussetzung
der vorgängigen Ausübung des Auskunfts- oder Einsichtsrechts (OR 697a I) muss
jedoch nach dem Regelbeweismass erbracht werden. 3. Aus einer Stelle des GVProtokolls, wonach die Gesuchsteller eine Sonderprüfung beantragten, kann nicht
geschlossen werden, dass sie vorgängig das Auskunfts- oder Einsichtsrecht ausgeübt
haben; das Handelsgericht hatte daher diese Voraussetzung zu Unrecht bejaht.
BGer, 19. November 2014, 4A_319/2014 (A. gegen B. und C.): BGE 140 III 610; SJZ
111/2015, S. 20 ff.
r9 Sonderprüfung – Darlehen an den VR-Präsidenten – marktübliche
Bedingungen – zulässige Fragen; Contrôle spécial – prêt accordé au président du
CA – conditions conformes au marché – questions admissibles.
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1. Der Gesuchsteller, der die Einsetzung eines Sonderprüfers verlangt, hat mit einer
«gewissen Wahrscheinlichkeit» darzulegen, dass die Organe Pflichtverletzungen
begangen und dadurch der Gesellschaft einen Schaden verursacht haben (OR 697b). 2.
Die Gewährung eines Darlehens an den Verwaltungsratspräsidenten birgt sowohl für
den Präsidenten als auch für die übrigen Mitglieder des Verwaltungsrats die Gefahr
eines Interessenkonflikts. 3. Im vorliegenden Fall wurde ein Darlehen ohne die
marktüblichen Sicherheiten gewährt, sodass ein Sonderprüfer zur Untersuchung der
mit dem Darlehen verbundenen Umstände eingesetzt wurde. 4. Die Sonderprüfung ist
ein Mittel zur Informationsbeschaffung des Aktionärs über interne Vorgänge der
Gesellschaft. Sie kann nicht auf eine rechtliche Beurteilung oder ein Werturteil
abzielen. 5. Im vorliegenden Fall erfüllten die gestellten Fragen diese Voraussetzung,
einschliesslich jener nach dem Zweck der Darlehensvergabe, der Geeignetheit der
Bonus-Abtretung als Sicherheit und der Vorkehren zum Schutz der Gesellschaft in
Anbetracht des Interessenkonflikts.
BGer, 20. Juni 2013, 4A_129/2013: GesKR 2013, S. 609 f.; SJZ 109/2013, S. 494; ST
8/14, S. 670; SZW 2014, S. 217; Besprechung Jenny, GesKR 2013, S. 596 ff. EntRSDA 2015 p. 138, 146
scheid der Vorinstanz: KGer Basel-Stadt, 4. Januar 2013, ZK.2012.15 (X. Holding AG
gegen A.): AJP 2014, S. 1520; BJM 2014, S. 255 ff.; GesKR 2013, S. 601 ff.
r10 Contrôle spécial – conditions matérielles – subsidiarité; Sonderprüfung –
materielle Voraussetzungen – Subsidiarität.
1. Le contrôle spécial (CO 696 ss) permet de donner aux actionnaires un droit de
contrôle sur la marche de la société, tout en conciliant le besoin d’information de
l’actionnaire avec l’intérêt au secret de la société. 2. Le contrôle spécial est une mesure
subsidiaire au droit de l’actionnaire aux renseignements et à consultation. Ce n’est
qu’après avoir adressé des questions précises au conseil d’administration, que
l’actionnaire peut proposer à l’assemblée générale un contrôle spécial (CO 697a), puis
s’adresser au juge en cas de refus (CO 697b). 3. Pour que le juge institue un contrôle
spécial, l’actionnaire doit notamment indiquer avec précision la violation soupçonnée
de la loi ou des statuts et ainsi fixer l’objet de l’examen (CO 697b II). 4. Le contrôle
spécial n’a en outre pas pour but «d’examiner l’opportunité de la gestion de la société
contrôlée». 5. En l’espèce, les conditions d’institution d’un contrôle spécial n’étaient
pas remplies.
TC Jura, 4 octobre 2013, CC 59/2013 (X. contre Y. SA): RJJ 2013, p. 114 ss.
r11 Generalversammlung – Minderheitsaktionär – Recht auf Einberufung –
Voraussetzungen und Durchsetzung; Assemblée générale – actionnaire
minoritaire – convocation – conditions et exécution.
1. Ein Minderheitsaktionär, der 10% des Aktienkapitals hält, kann die Einberufung
einer Generalversammlung verlangen (OR 699 III), gegebenenfalls beim Richter, wenn
der VR nicht innert angemessener Frist handelt (OR 699 IV). 2. Eine Einladung zu
einer vorbereitenden Verwaltungsratssitzung, die erst nach 3 Monaten stattfindet,
überschreitet eine angemessene Vorbereitungsfrist von 4 bis 6 Wochen deutlich. 3. Das
Begehren um Einberufung der Generalversammlung ist nur rechtsgültig, wenn es den
Verhandlungsgegenstand und einen damit verbundenen konkreten Beschlussantrag
enthält und in Schriftform dem VR eingereicht wird, was vorliegend der Fall war. 4.
Der Richter kann die Generalversammlung selbst einberufen, wenn Gefahr im Verzug
ist. Andernfalls kann er den Notar beauftragen, die Versammlung an seinem Amtssitz
einzuberufen, durchzuführen und das Protokoll zu erstellen, was vorliegend beantragt
war und vom Gericht angeordnet wurde.
HGer Zürich, 10. September 2013, HE130173 (A. gegen B. AG): AJP 2014, S. 1000 f.;
ZR 113/2014, S. 97 ff.
r12 Inhaberaktien – Legitimationsübertragung; Actions au porteur – transfert à
des fins de légitimation.
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1. Bei der Legitimationsübertragung beschränkt sich das Rechtsgeschäft auf die
Verschaffung der Legitimation im Aussenverhältnis. Im Gegensatz zum fiduziarischen
Verhältnis verbleibt das Eigentum an den Aktien beim übertragenden Aktionär. 2. Die
aus dem Besitz der Inhaberaktie sich ergebende Vermutung (OR 689a II) kann daher
umgestossen werden. Die Gesellschaft, die nachweist, dass der Inhaber materiell und
formell nicht am Titel berechtigt ist, kann dem Inhaber daher die Teilnahme an der
Generalversammlung verweigern.
OGer Luzern, 8. Mai 2013, 1B 13 15: LGVE 2013 I Nr. 20.
r13 Aktionärbindungsvertrag – Auflösung aus wichtigem Grund –
superprovisorische Handlungsanweisung – Widerruf; Convention d’actionnaires
– dissolution pour justes motifs – ordre d’agir imposé en procédure superprovisionnelle – révocation.
1. Ein Aktionärbindungsvertrag bildet in der Regel eine einfache Gesellschaft,
allenfalls ein Dauerschuldverhältnis. 2. In beiden Fällen kann er aus wichtigen
Gründen für die betroffenen Parteien teilweise unverbindlich oder ganz aufgelöst
werden. 3. Ein solcher Grund liegt vor, wenn eine Partei eine durch Scheingeschäfte
manipulierte Jahresrechnung erstellt. 4. Ein solches Vorgehen bewirkt einen
irreparablen Vertrauensverlust, der für die betroffene Partei die Pflicht dahinfallen lässt,
zwei von der Gegenpartei vorgeschlagene Verwaltungsräte zu wählen. 5. Die
vorliegend
aufgrund
des
Vertragswortlauts
superprovisorisch
auferlegte
Wahlanweisung (StGB 292) wurde daher im Massnahmeverfahren wieder aufgehoben.
HGer Zürich, 18. Oktober 2011, HE110389 (A. AG gegen B. AG): AJP 2014, S. 855;
ZR 113/2014, S. 82.
3. Organisation – Anfechtung der Beschlüsse der
Generalversammlung Organisation – annulation en justice
des décisions de l’assemblée générale
r14 Fehlende Kontrollstelle – Ernennung durch den Richter –
Verhältnismässigkeit bei Organisationsmängeln; Absence d’un organe de révision
– nomination par le juge – principe de la proportionnalité – carence
d’organisation.
1. Die in OR 731b I genannten Massnahmen stehen in einem Stufenverhältnis
zueinander. Es gilt das Verhältnismässigkeitsprinzip. 2. Nach der Rechtsprechung
rechtfertigt sich eine Auflösung nur, wenn die mängelbehaftete Gesellschaft auf die
Aufforderung zur Behebung des Mangels überhaupt nicht reagiert. 3. Der Gesetzgeber
wollte mit der Einführung des neuen OR 731b diese Stufenlösung nicht aufgeben, auch
wenn der Text der Bestimmung nicht mehr ausdrücklich die Fristansetzung und
Ernennung einer Revisionsstelle erwähnt. 4. Im vorliegenden Fall bemühte sich die
Gesellschaft um Ernennung einer Revisionsstelle, wenn auch verspätet und anfänglich
mit unvollständigen Belegen. Damit war trotz Ablauf von 7 Monaten die
Revisionsstelle als milderes Mittel richterlich zu ernennen. 5. Das schliesst nicht aus,
dass der Richter bei der Ernennung der Revisionsstelle aus prozessökonomischen
RSDA 2015 p. 138, 147
Gründen Frist zur Leistung des Vorschusses ansetzt, unter gleichzeitiger Androhung
der Auflösung bei Nichtbeachtung der Frist.
BGer, 16. Dezember 2013, 4A_354/2013 (X. AG gegen Handelsregisteramt des
Kantons Solothurn): GesKR 2014, S. 108 und S. 274; SJZ 110/2014, S. 139 f. und S.
551.
r15 Generalversammlung – Aufhebungsklage – kassatorische oder gestaltende
Wirkung; Assemblée générale – action en annulation – effet cassatoire ou
formateur.
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1. In diesem Fall hatte die Vorinstanz die Beschlüsse der Generalversammlung
aufgehoben, weil ein Aktionär Stimmrechte ausgeübt hatte, über die er nicht (mehr)
verfügte. 2. Das Bundesgericht weist die Beschwerde aus formellen Gründen ab und
lässt, ebenfalls aus verfahrensrechtlichen Gründen, die Frage offen, ob OR 706 nicht
nur eine kassatorische, sondern auch eine gestaltende Anfechtungsklage («positive
Stimmrechtsklage») erlaube. 3. Im vorliegenden Fall wurden so die angefochtenen
Wahlbeschlüsse aufgehoben, aber kein Entscheid über die rechtmässige
Zusammensetzung des VR gefällt.
BGer, 2. Juni 2014, 4A_48/2014 (A. AG gegen B.): Besprechung Bühler/von der Crone,
SZW 2014, S. 564 ff.
r16 Groupe de sociétés – filiale suisse d’une société basée à l’étranger; Konzern –
schweizerische Filiale einer ausländischen Gesellschaft.
1. La filiale suisse d’une société basée à l’étranger (Google Inc.) ne peut s’opposer à
l’exécution d’une mesure prévue par le droit suisse, en se prévalant d’une
indépendance totale entre la maison mère exploitant l’activité et les filiales nationales
du groupe. 2. La filiale, en tant que «représentante» de Google Inc. en Suisse peut se
voir adresser l’injonction d’exécuter une mesure, même si celle-ci doit être mise en
œuvre par la maison mère exploitant l’activité.
TC Vaud, 18 juin 2014, CREP 18 juin 2014/250 (Google Suisse contre Ministère public
du canton de Vaud): JdT 2014 III, p. 168.
4. Verantwortlichkeit Responsabilité
r17 Verantwortlichkeit – Darlehensgewährung ohne VR-Entscheid –
ungenügende Informationsbasis; Responsabilité – octroi de prêts sans décision du
CA – informations insuffisantes.
1. Ein in einem einwandfreien Verfahren und aufgrund einer angemessenen
Informationsbasis beruhender Geschäftsentscheid wird von den Gerichten nachträglich
nur mit Zurückhaltung im Hinblick auf OR 717 I überprüft. 2. Ein einwandfreier
Entscheidprozess setzt gültige Verwaltungsratsbeschlüsse voraus. Das Mitglied des
VR, das um die Notwendigkeit eines VR-Entscheides weiss, aber es dennoch
unterlässt, die Einberufung einer Sitzung zu verlangen, wirkt am mangelhaften
Entscheidprozess mit. 3. Es fehlt an einer genügenden Informationsbasis, wenn der
Verwaltungsrat keine zusätzlichen Abklärungen trifft, obwohl er vom schlechten Ruf
der über die nötige Verfügungsmacht gebietenden Gesellschafter wusste. 4. Unter
diesen Umständen ist es unbehelflich, wenn der Beklagte geltend macht, die
Darlehensgewährung sei bei Abwägung von Chancen und Risiken im Zeitpunkt der
Entscheidung vertretbar gewesen. 5. Die Vorinstanz konnte es unter diesen Umständen
genügen lassen, dass das Vorgehen der handelnden Organe bei der Darlehensvergabe
fehlerbehaftet war, bzw. in der Unterlassung der sich aufdrängenden Abklärungen
selbst die offensichtliche Unsorgfalt erblicken.
BGer, 28. August 2013, 4A_97/2013 (A. gegen X. AG): GesKR 2013, S. 609; GesKR
2014, S. 67 f.; SJZ 110/2014, S. 7, S. 198 und S. 550; ST 8/14, S. 670.
r18 Verantwortlichkeit – Verwaltungsrat – Darlehen zu nicht marktkonformen
Bedingungen – Interessenkonflikt; Responsabilité – conseil d’administration –
prêts faits à des conditions non conformes au marché – conflit d’intérêts.
1. Die Einrede der Zustimmung kann der Gesellschaft, nicht aber dem Gläubiger
entgegengehalten werden. 2. Von einer rechtsmissbräuchlichen Anrufung dieses
Grundsatzes kann von vornherein nicht gesprochen werden, wenn der Gläubiger nicht
um die Sorgfaltspflichtverletzung wusste. 3. In der Gewährung eines ungesicherten
Darlehens liegt grundsätzlich ein Verstoss gegen OR 717, insbesondere wenn die
Vermögenssituation des Schuldners eine Sicherheitsleistung ohne Weiteres ermöglicht
hätte. 4. Ein Organ, das zugleich Verwaltungsrat der Darlehensgeberin und der
Darlehensnehmerin war und ausserdem Aktionär Letzterer, befindet sich in einem
Interessenkonflikt; es besteht somit kein Anlass zu einer zurückhaltenden Prüfung bei
der nachträglichen Beurteilung von Geschäftsentscheiden. 5. Ein Verschulden ist
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grundsätzlich immer gegeben, wenn der in Anspruch Genommene nicht so gehandelt
hat,
RSDA 2015 p. 138, 148
wie es von einem sachkundigen Organ in der konkreten Stellung objektiv verlangt
werden darf.
BGer, 11. Juli 2013, 4A_15/2013 (E. gegen Z.A., Z.B., Z.C. und Z.D.): GesKR 2013, S.
610; SJZ 110/2014, S. 6 ff., und S. 198; ST 8/14, S. 670; SZW 2014, S. 501.
r19 Verantwortlichkeit – Massstab der Sorgfaltspflichtverletzung –
Entscheidfindungsprozess
–
Vertretbarkeit
des
Geschäftsentscheides;
Responsabilité – obligations de diligence – processus de prise de décision –
décision commerciale justifiable.
1. Der Richter hat sich bei der nachträglichen Beurteilung von Geschäftsentscheiden
Zurückhaltung aufzuerlegen, wenn diese in einem einwandfreien, auf einer
angemessenen Informationsbasis beruhenden und von Interessenkonflikten freien
Entscheidungsprozess zustande gekommen sind (OR 717 I, 754 I). 2. Eine
Sorgfaltspflichtverletzung
besteht nur dann, wenn zumutbare
weitere
Abklärungsmöglichkeiten bestanden hatten. Solche Möglichkeiten waren vorliegend
von der Beschwerdeführerin nicht dargetan. 3. Somit kann eine Verantwortlichkeit nur
noch vorliegen, wenn die Vorauszahlung ohne Sicherheiten ein nicht mehr vertretbarer
Geschäftsentscheid war. 4. Die Vertretbarkeit hängt nicht nur von den Risiken, sondern
immer auch davon ab, welche Chancen mit einem Geschäft verknüpft waren.
Vorliegend erschien die Zahlung ohne Sicherheit zur Rettung eines sehr einträglichen
Geschäfts als nicht pflichtwidrig.
BGer, 8. April 2014, 4A_626/2013 (C. gegen B.) und 4A_4/2014 (A. gegen B.): GesKR
2014, S. 413; SJZ 110/2014, S. 550.
r20 Verhältnis von Verantwortlichkeits- und Rückforderungsklage – frei
verfügbares Eigenkapital – konzerninterne Darlehen – aus Agio gebildete Reserve
– Verantwortlichkeit der Revisionsstelle; Rapport entre l’action en responsabilité
et en restitution – fonds propres librement disponibles – prêt intragroupe –
réserve constituée par l’Agio – responsabilité de l’organe de révision.
1. Die Rückforderungsklage und die Verantwortlichkeitsklage sind konkurrierende
Rechtsmittel. 2. Die Kapitalschutzvorschriften, insbesondere das Verbot der
Einlagenrückgewähr (OR 680 II), setzen auch der Gewährung von Darlehen unter
Konzerngesellschaften (cash pooling) Grenzen. 3. Nicht zu Marktbedingungen
gewährte Darlehen, die das durch OR 680 II geschützte Kapital berühren, sind
unzulässig und müssen zurückerstattet werden. 4. Ein unbesichertes Darlehen in hohem
Umfang und ohne schriftlichen Darlehensvertrag besteht den Drittmannstest nicht. 5.
Aus freiem Kapital können solche Darlehen ausgerichtet werden, aber das
entsprechende Eigenkapital steht dann nicht mehr für die Dividendenausschüttung zur
Verfügung. 6. Demgegenüber ist der aus dem Agio gebildete Teil der allgemeinen
Reserve nicht geschützt, sondern darf frei verwendet werden, wenn die allgemeine
Reserve die Hälfte des Aktienkapitals übersteigt (OR 671 III). 7. Der Entscheid betrifft
den SAirGroup-Sachverhalt, der schon dem BGer-Urteil vom 7. Januar 2013 zugrunde
lag (4A_248/2012; SZW 2014, S. 219 r15, Bemerkungen S. 215 f.).
BGer, 16. Oktober 2014, 4A_138/2014 (A. AG gegen Nachlassmasse der B. AG in
Nachlassliquidation): BGE 140 III 533; Besprechung Blum, GesKR 2014, S. 463 ff.;
Besprechung Druey, SZW 2015, S. 64 ff.
r21 Responsabilité – membre fiduciaire du conseil d’administration («homme de
paille») – obligations de diligence malgré instructions; Verantwortlichkeit –
treuhänderischer Verwaltungsrat («Strohmann») – Sorgfaltspflichten trotz
Instruktionen.
1. Il faut se placer au moment du comportement ou de l’omission reproché pour
répondre à la question de savoir si l’attitude de l’administrateur paraît raisonnablement
défendable compte tenu des renseignements dont il disposait ou pouvait disposer à ce
moment. 2. L’ administrateur est tenu de contrôler régulièrement la situation
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économique et financière de la société, et cela même s’il a délégué le pouvoir d’agir à
l’actionnaire unique et propriétaire économique de la société. 3. L’ administrateur ne
saurait se soustraire à ses devoirs en se prévalant du fait qu’il jouait le rôle d’un simple
«homme de paille» de l’ayant-droit économique, puisqu’il reste lié, dans tous les cas,
par son obligation de fidélité envers la société et les créanciers. 4. En l’occurrence,
l’administrateur est «resté totalement passif et n’a en particulier pas exercé la moindre
surveillance sur l’activité de l’actionnaire unique auquel il avait donné une procuration
sur les comptes bancaires de la société»; sa responsabilité était engagée, à l’évidence.
TF, 27 août 2013, 4A_120/2013 (X. contre Z.): Pra 8/2014, p. 589 ss; GesKR 2014, p.
109; SJ 2014 I,p. 231 ss; RSJ 110/2014, p. 550; ST 8/14, p. 670; RSDA 2014, p. 424.
r22 Dommage direct de l’actionnaire – cession de créance (CO 164) – acte simulé
(CO 18); Direkter Aktionärsschaden – Forderungsabtretung (OR 164) –
Simulation (OR 18).
1. Les détournements de fonds sociaux ne causent pas un dommage direct à
l’actionnaire, dans la mesure où ils ont pour conséquence de déprécier la valeur de la
société elle-même. 2. Pour causer un dommage direct, susceptible d’être réparé, la
présentation d’un faux bilan doit avoir joué un rôle causal dans la décision d’injecter
du capital dans la société. 3. L’acte par lequel l’administrateur et l’actionnaire simulent
une cession des droits de la société à l’actionnaire en anticipation de la liquidation de la
société, dans le but de permettre à l’actionnaire de faire valoir ultérieurement les droits
de la société est sans effet et n’est pas valable, étant de nature à éluder les dispositions
du code des obligations sur l’action en responsabilité des organes de la société. 4. Dès
lors que la créance ne résulte pas du dernier bilan de la société, vérifié par l’organe de
révision, il est conforme au droit fédéral de considérer que la cession de créance n’avait
pas de cause et qu’il s’agissait d’un acte simulé.
TF, 5 août 2013, 4A_191/2013 (X. contre Y1 et Y2): RJN 2013, p. 193 ss; RSDIE 2014,
p. 468 ss. Décision de l’instance inférieure: TC Neuchâtel, 8 mars 2013,
CACIV.2011.68 (X. contre Y1 et Y2): RJN 2013, p. 193 ss.
r23 Décharge – Auslegung des Beschlusses – zeitliche Wirkung auf vergangene
Geschäftsjahre; Décharge – interprétation de la décision de décharge – effet par
rapport aux exercices passés.
1. Der Entlastungsbeschluss bezieht sich für die bekannt gegebenen Tatsachen
grundsätzlich auf den gesamten Geschäftsgang der betroffenen Zeitperiode (OR 758 I).
2. Ob lediglich eine sachlich oder zeitlich beschränkte Entlastung vorliegt, ist durch
Auslegung des Beschlusses und des ihm zugrunde liegenden Antrags zu ermitteln. 3.
Liegen keine Einschränkungen vor, erfasst ein allgemeiner Entlastungsbeschluss für
das abgelaufene Geschäftsjahr auch Vorfälle aus früheren Geschäftsjahren, von denen
die Generalversammlung seit der letzten Déchargeerklärung Kenntnis erlangt hat.
BGer, 5. August 2014, 4A_155/2014 (A. gegen B.): GesKR 2014, S. 547; Besprechung
Hinsen, GesKR 2014, S. 541 ff.
r24 Überschuldung – Fortführung zwecks Sanierung – Fortführungsschaden –
Aktienliberierung durch Verrechnung; Surendettement – continuation des
activités à des fins d’assainissement – dommage de retardement – libération
d’actions par compensation.
1. Ein Fortführungsschaden liegt vor, wenn die Gesellschaft bei der tatsächlichen
Konkurseröffnung stärker überschuldet ist, als sie es zum Zeitpunkt war, in welchem
der Verwaltungsrat wegen Überschuldung die Bilanz hätte deponieren müssen. 2. Im
vorliegenden Fall hing dies davon ab, ob eine im Rahmen der Sanierungsmassnahme
vorgenommene Liberierung neuer Aktien im Wert von CHF 95 Mio. durch
Verrechnung mit einer Darlehensforderung der Klägerin zu Recht erfolgt war oder
nicht. 3. Das hätte dann zutreffen können, wenn die Voraussetzungen der
Absichtspauliana (SchKG 288) gegeben gewesen wären, d.h., wenn die Gesellschaft
wusste oder hätte wissen müssen, dass die fragliche Handlung zu einer
Gläubigerbenachteiligung führt. 4. Das traf vorliegend nicht zu, da die
Sanierungsbemühungen ernsthaft waren und der Verwaltungsrat sie zu Recht als
zielführend erachten durfte.
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BGer, 11. November 2013, 4A_251/2013 (X. AG gegen Y.): GesKR 2014, S. 274; ST
1–2/14, S. 53; recht 2014, S. 175; SJZ 110/2014, S. 551; Besprechung Fischer/Delli
Colli, GesKR 2014, S. 255 ff.; Besprechung Mauchle/von der Crone, SZW 2014, S. 227
ff. Entscheid der Vorinstanz: HGer Zürich, 7. März 2013, HG 100052-O (X. AG gegen
Y.).
r25 Verantwortlichkeit – Qualifikation des Geschäftsführervertrags –
Verjährung; Responsabililté – qualification du contrat du directeur –
prescription.
1. Das schuldrechtliche Verhältnis eines Organwalters zur Gesellschaft ist aufgrund der
konkreten Umstände zu beurteilen. Bestehen ein Abhängigkeitsverhältnis und
Weisungsgebundenheit, so liegt ein arbeits- und gesellschaftsrechtliches
Doppelverhältnis vor, in welchem die Rechtsverhältnisse klar auseinanderzuhalten
sind. 2. Vorliegend wurde der Geschäftsführervertrag als Auftrag qualifiziert. 3.
Ansprüche aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit verjähren in 5 Jahren nach OR 760
und nicht in einem Jahr nach OR 60.
BGer, 31. März 2014, 4A_452/2013 (A., B., C. gegen Z. AG): GesKR 2014, S. 413; SJZ
110/2014, S. 370.
RSDA 2015 p. 138, 150
r26 Cotisations AVS – Responsabilité du conseil d’administration (LAVS) –
délégation de gestion; AHV-Beiträge – Verantwortlichkeit des VR – Delegation
der Geschäftsführungsbefugnis.
1. L’administrateur d’une société dans laquelle la gestion a été déléguée (CO 716b) doit
veiller personnellement à ce que les cotisations afférentes aux salaires versés soient
effectivement payées à l’AVS, conformément à son devoir de surveillance des
personnes chargées de la gestion de la société (CO 716a I/5). 2. L’administrateur ne
saurait invoquer l’ignorance qui découle de sa propre passivité. 3. La violation de son
devoir engage, en cas d’insolvabilité de la société, sa responsabilité (responsabilité
subsidiaire de LAVS 52 II). 4. Responsabilité de l’administrateur unique en l’espèce
engagée.
TC Neuchâtel, 5 septembre 2013, CDP.2013.185 (X. contre Caisses
interprofessionnelles neuchâteloises de compensation CICICAM et CINALFA): RJN
2013, p. 538 ss.
r27 Responsabilité de l’organe de révision – surendettement – bilan intermédiaire
– changement de l’organe de révision; Verantwortlichkeit der Revisionsstelle –
Überschuldung – Zwischenbilanz – Wechsel der Revisionsstelle.
1. Un organe de révision nommé dans une société en difficulté ne peut ignorer le
contexte de sa nomination. 2. C’est particulièrement vrai lorsque la société le fait
nommer puisque l’organe précédent a déposé l’avis de surendettement auprès du juge
(CO 725 II). 3. Lorsque le nouvel organe de révision dépose au juge de nouveaux
comptes, ne laissant plus apparaître de surendettement, et de ce fait mène au
classement de l’affaire, il ne peut éluder sa responsabilité face à une action intentée par
un créancier après la faillite de la société en difficulté (CO 755), en prétextant qu’il n’a
pas vérifié les comptes annuels durant la période critique. 4. L’organe de révision qui
ne se limite pas à vérifier, mais qui établit le bilan intermédiaire, engage au même titre
sa responsabilité. 5. L’organe de révision est soumis à la responsabilité d’organe à
partir de son élection à l’assemblée générale, ou bien en tant qu’organe formel ou bien
avant la publication au registre du commerce «indiscutablement» en tant qu’«organe
apparent».
TC Neuchâtel, 29 août 2013, CACIV.2012.59 (X. contre Banque Y.): RJN 2013, p. 213
ss.
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5. Zwangsvollstreckung – Auflösung der Aktiengesellschaft
Exécution forcée – dissolution de la société anonyme
r28 Faillite étrangère – reconnaissance – qualité pour recourir; ausländischer
Konkurs – Anerkennung – Beschwerdelegitimation.
1. Les articles 166 ss LDIP prévoient la reconnaissance de la décision de faillite rendue
à l’étranger dans le but d’ouvrir une faillite ancillaire en Suisse. 2. La requête en
reconnaissance est adressée à l’autorité du canton où la décision étrangère est invoquée
(LDIP 29); la partie qui s’oppose à la reconnaissance est entendue dans la procédure et
elle peut y faire valoir ses moyens. 3. A qualité de partie celui qui est atteint de manière
directe et concrète et dans une mesure et avec une intensité plus grande que d’autres
personnes et qui se trouve dans un rapport étroit et spécial avec l’objet de la
contestation. 4. Tel serait le cas par exemple si le recourant s’exposait au risque d’être
recherché plusieurs fois pour la même prétention. Tel n’est pas le cas dans une
procédure en reconnaissance puisque la répartition de l’actif à l’intérieur de la masse
n’intéresse pas le défendeur à l’action révocatoire.
TF, 8 novembre 2013, 5A_408/2013 (A. contre Maître B.): ATF 139 III 504; PJA 2014,
p. 549; JdT 2014 II, p. 176; RSDIE 2014, p. 478; SJ 2014 I, p. 252.
r29 Pluralité de poursuivants (LP) – personnalité juridique – nullité du
commandement de payer; Mehrzahl von Betreibenden – Rechtspersönlichkeit –
Zahlungsbefehl.
1. Lorsqu’une pluralité de poursuivants requit la poursuite pour une prétention
commune, mais sans disposer ensemble de la personnalité juridique (tel est le cas des
créanciers poursuivants ayant contractés une société simple ou des créanciers
solidaires), l’indication de chacun des créanciers individuellement dans la réquisition
de poursuite comme dans le commandement de payer est indispensable, sous peine de
nullité. 2. Cette solution se justifie par le caractère formaliste du droit des poursuites.
TC Neuchâtel, 20 février 2012, (Groupe C. contre Société B. SA): RJN 2012, p. 523 ss.
r30 Carences d’organisation – blocage de l’ AG pour l’élection du CA –
nomination d’un commissaire; Organisationsmängel – GV-Blockade bei der VRWahl – Ernennung eines Sachwalters.
1. Il y a carence d’organisation au sens de CO 731b I lorsqu’un blocage persistant au
sein de l’actionnariat empêche l’élection d’un organe. 2. En l’occurrence, l’AG a bel et
bien été convoquée, mais le blocage entre les deux actionnaires détenant chacun 700
actions a empêché la réélection du conseil d’administration, si bien que le mandat du
conseil en place, limité statutairement à un an, expirait, laissant la société sans organes.
3. Les statuts, interprétés en l’occurrence selon le principe de la confiance, ne peuvent
pas modifier cette situation en prévoyant que les membres du conseil restent en
fonction jusqu’à ce que l’assemblée générale ait procédé à une nouvelle élection ou à
une reconduction de leur mandat; en effet, une telle disposition ferait obstacle
RSDA 2015 p. 138, 151
à la volonté exprimée par l’assemblée générale et restreindrait ainsi son droit
inaliénable de nommer les membres du conseil d’administration (CO 698 II/2).
TF, 27 mai 2014, 4A_235/2013 (A. contre B. SA, Hoirie de feu C., soit A.C., B.C.): ATF
140 III 349 = JdT 2014 II, p. 237 s.; GesKR 2014, p. 546; PJA 2014, p. 1704; SJZ
110/2014, p. 538 et 549; Commentaire de Vischer/Hohler/Eckert, GesKR 2014, p. 405
ss; Commentaire de Hari, Reprax 2/2014, p. 4 ss.
r31 Carences d’organisation – convocation de l’assemblée générale par le juge;
Organisationsmängel – Einberufung der GV durch den Richter.
1. Lorsqu’une société anonyme ne convoque pas au moins une fois par an une
assemblée générale, un actionnaire isolé, qui n’atteint pas le quorum de CO 699 III,
peut demander au juge la tenue de l’assemblée générale sur la base de 731b CO. 2.
L’interprétation extensive de 731b CO se justifie par l’interprétation systématique
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légale de la disposition ainsi que par la nécessité de pouvoir faire respecter les
exigences impératives du droit de la société anonyme (dont la tenue d’une assemblée
générale ordinaire). 3. Convocation de l’assemblée générale en l’occurrence ordonnée.
TC Neuchâtel, 23 mai 2013, CACIV.2013.17 (X. contre Y. SA): RJN 2013, p. 208 ss.
r32 Organisationsmängel – Zweigniederlassung – keine Vertretung in der
Schweiz; Carences d’organisation – établissement – absence de représentant en
Suisse.
1. Die Zweigniederlassung, die über keinen Vertreter mit Wohnsitz in der Schweiz
verfügt (IPRG 160 II, OR 935 II), weist einen Organisationsmangel auf. 2. Sie ist nach
Fristansetzung im Handelsregister zu löschen (OR 731b I).
HGer Zürich, 18. Juli 2013, HE130131 (Kanton Zürich gegen A. C.V.): ZR 113/2014,
S. 91.
r33 Organisationsmängel – Zweigniederlassung – keine Vertretung in der Schweiz
– Bestehen alter Betreibungen; Carences d’organisation – établissement – absence
de représentant en Suisse – présence d’anciennes poursuites.
1. Bei einer Zweigniederlassung ohne Vertretung in der Schweiz (IPRG 160 II, OR 935
II), aber mit alten Betreibungen, hat eine Liquidation über einen
Niederlassungskonkurs keinen Sinn, wenn keine Vermögenswerte vorliegen. 2. Das ist
mit grösster Wahrscheinlichkeit der Fall, wenn die Betreibungen einige Jahre
zurückliegen, zum Teil zu Verlustscheinen führten und kein Gläubiger einen
Niederlassungskonkurs angestrengt hat. 3. Die Niederlassung ist daher im
Handelsregister zu löschen (OR 731b I).
HGer Zürich, 30. Oktober 2013, HE130131 (Kanton Zürich gegen A. C.V.): ZR
113/2014, S. 91.
r34 Organisationsmängel – Zweigniederlassung – analoge Anwendung der
aktienrechtlichen Bestimmungen; Succursale – carences d’organisation –
application analogique des dispositions du droit des sociétés anonymes.
1. Bei einer Zweigniederlassung, die über keinen Bevollmächtigten mit Wohnsitz in
der Schweiz verfügt (OR 935 II, IPRG 160), liegt ein schwerwiegender
Organisationsmangel vor. 2. Nach Mahnung und Fristansetzung ist die
Zweigniederlassung aufzulösen in analoger Anwendung der aktienrechtlichen
Bestimmungen (OR 731b I/3; HRegV 154) und nach den Vorschriften über den
(Niederlassungs-)Konkurs zu liquidieren (SchKG 50).
HGer Zürich, 4. März 2013, HE120319 (Handelsregisteramt des Kantons Zürich
gegen Luftverkehrsgesellschaft B.): AJP 2014, S. 855; ZR 113/2014, S. 89 ff.
r35 Organisationsmängel der Tochtergesellschaft – Sachwalterin – Liquidatorin;
Carences d’organisation d’une filiale – commissaire – liquidateur.
1. Vorliegend klagte die Muttergesellschaft gegen ihre vor der Auflösung stehende
Tochter, um im Rahmen der Zwangsvollstreckung deren Ansprüche gegen Dritte
durchzusetzen. 2. Im Verfahren wegen Organisationsmängeln (OR 731b) ist in einem
solchen Fall eine Sachwalterin einzusetzen, damit diese eine Generalversammlung
einberuft und durchführt, in welcher eine Liquidatorin bestellt werden kann. 3. Mit der
Ernennung der Liquidatorin findet das Sachwaltermandat und das Verfahren betreffend
Organisationsmängel sein Ende.
HGer Zürich, 4. März 2014, HE130130: AJP 2014, S. 855; ZR 113/2014, S. 94 ff.
r36 Révocation du liquidateur – justes motifs – égalité entre les actionnaires dans
la procédure de liquidation – versement anticipé; Absetzung eines Liquidators –
wichtige Gründe – Gleichbehandlung der Aktionäre – vorgezogene Auszahlung.
1. Le versement par lequel le liquidateur rembourse de manière anticipée un
actionnaire pour les fonds propres apportés est de nature à favoriser, même si
temporairement, l’un des actionnaires dans le cadre de la procédure de liquidation et
constitue à lui seul un juste motif de révocation au sens de CO 741 II. 2. Ce motif de
révocation peut valoir également pour les autres sociétés liquidées dont s’occupe le
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liquidateur dans la procédure, même si aucun acte de favorisation n’a pu être retenu en
relation avec celles-ci.
TF, 15 avril 2014, 4A_46/2014 (A. SA, B. SA, C. SA contre D. SA): GesKR 2014, p.
412; RSJ 110/2014, p. 551.
r37 Cession des droits de la masse en faillite – responsabilité de l’administrateur –
dommage direct et indirect du créancier; Abtretung der Rechte der Masse;
Verantwortlichkeit des VR; Direkter und indirekter Gläubigerschaden.
Lorsque le créancier se fait céder les droits de la masse en faillite pour ouvrir une
action en responsabilité contre l’administrateur (CO 754), il agit par le biais d’une
action sociale et non d’une action individuelle ne lui permettant de faire valoir qu’un
dommage indirect. Pour obtenir la réparation d’un dommage direct, le lésé doit agir à
titre individuel et en son nom propre.
RSDA 2015 p. 138, 152
TC Neuchâtel, 26 mars 2013, CACIV.2012.76 (Fiduciaire X. SA contre Y.): RJN 2013,
p. 203 ss.
6. Übrige Handelsgesellschaften Autres sociétés commerciales
r38 Genossenschaft – Partizipationsscheine – Gesetzeslücke – Auslegung; Sccop –
bons de participation – lacune de la loi – interprétation.
1. In diesem grundsätzlichen Entscheid prüfte das BGer die Frage, ob eine
Genossenschaft Partizipationsscheine ausgeben könne. 2. Die Partizipationsscheine
bildeten lange Zeit eine von der Praxis geschaffene Institution des Aktienrechts; die
Frage von Partizipationsscheinen in der Genossenschaft wurde damals in der Literatur
erläutert, aber nicht eindeutig beantwortet. 3. Die positivrechtliche Verankerung des
Partizipationsscheins in der Aktienrechtsrevision von 1991 wurde vom Gesetzgeber
unter anderem vorgenommen, um die Stellung der Partizipanten zu stärken, die sonst
letztlich ganz vom guten Willen der Aktionäre abhing. 4. Eine analoge Regelung wurde
bei der Revision des GmbH-Rechts im Jahr 2005 ausdrücklich abgelehnt und im
Genossenschaftsrecht, trotz der im Zug der GmbH-Revision vorgenommenen
punktuellen Änderungen, nicht einmal erwogen. 5. Das BGer prüfte eingehend, ob im
Genossenschaftsrecht deswegen von einer Lücke gesprochen werden könne. Eine
solche läge vor, wenn der Gesetzgeber hinsichtlich der Arten des Eigenkapitals der
Genossenschaft keine abschliessende Ordnung aufgestellt, sondern etwas zu regeln
unterlassen hat, was er hätte regeln sollen. Das traf aufgrund einer Interpretation des
Gesetzes (gemäss dem pragmatischen Methodenpluralismus des BGer) nicht zu, auch
dann nicht, wenn die Interpretation aufgrund der aktuell geltenden Rechtsordnung und
unter dem Vorbehalt eines geänderten rechtlichen oder tatsächlichen Kontextes
vorgenommen wird. 6. Die Nicht-Regelung bildet daher ein qualifiziertes Schweigen
des Gesetzgebers, weshalb eine Genossenschaft nicht statutarisch geschaffene
Beteiligungspapiere ausgeben kann, die den aktienrechtlichen Partizipationsscheinen
nachgebildet sind.
BGer, 28. April 2014, 4A_363/2013 (Eidgenössisches Amt für das Handelsregister
(EHRA) gegen Genossenschaft X.): BGE 140 III 206; AJP 2014, S. 1137 und S. 1235;
GesKR 2014, S. 413; Reprax 2/2014, S. 23 ff. und S. 50; Reprax 3/2014, S. 22, S. 35, S.
41 ff. und S. 47; SJZ 110/2014, S. 329 f.; SZW 2014, S. 434; Besprechung Huber/von
der Crone, SZW 2014, S. 445 ff.
r39 GmbH – Revisionspflicht – Opting out – Nachweise für den HReg-Eintrag;
Sàrl – obligation de revision – opting out – preuves à produire pour l’inscription
au RdC.
1. Die drei Voraussetzungen des Opting out umfassen das Nicht-Erfüllen der Pflicht zur
ordentlichen Revision, das Nicht-Überschreiten von 10 Vollzeitstellen und den Verzicht
sämtlicher Gesellschafter auf die Revision (OR 727 und 727a II). 2. Die Vorschrift von
HRegV 62 II/Satz 2 kann das Belegprinzip von HRegV 15 II konkretisieren, aber keine
neue Voraussetzungen hinzufügen. 3. Ein Prüfungsattest zur Jahresrechnung kann bei
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einer GmbH nicht verlangt werden für die Eintragung eines Opting out, im Gegensatz
zur intertemporalen Vorschrift von HRegV 174, der nur für Aktien- und andere
Gesellschaften gilt, die schon früher einer Revisionspflicht unterstanden. 4. Eine
GmbH kann daher auch mehrere Jahre nach dem Inkrafttreten der Revisionspflicht am
1. Januar 2008 die Eintragung des Opting out verlangen, ohne ein Prüfungsattest
beizulegen. 5. Dass die Gesellschaft in der Zwischenzeit über keine Revisionsstelle
verfügte, hätte im Rahmen eines Organisationsmängelverfahrens gemäss OR 731b
geltend gemacht werden müssen, steht aber einem wirksamen Opting out nicht
entgegen.
BGer, 5. September 2013, 4A_206/2013 (X. GmbH gegen Handelsregisteramt des
Kantons Aargau): BGE 139 III 449; AJP 2014, S. 549; GesKR 2014, S. 104 und S. 111;
SJZ 110/2014, S. 550; ST 8/14, S. 672; ZBJV 149/2013, S. 1005; Besprechung
Petersen, Reprax 3/2013, S. 31 ff.; Reprax 3/2014, S. 13 ff.
r40 Sàrl – surendettement – responsabilité – non-établissement des comptes;
GmbH – Überschuldung – Verantwortlichkeit – unterlassene Rechnungslegung.
1. Le point de savoir si un gérant a failli à son devoir d’avertir le juge en cas de
surendettement (CO 725 II par analogie) n’a pas besoin d’être examiné dès lors qu’un
autre manquement à la mission de gérant peut être retenu pour engager sa
responsabilité (CO 754 par analogie). 2. Dans le cas concret, les gérants ont failli à leur
devoir d’établir des comptes annuels (CO 957), leur responsabilité était ainsi engagée.
3. Lorsque la comptabilité d’une société est mal tenue penRSDA 2015 p. 138, 153
dant plusieurs années, cela est susceptible de provoquer sa faillite.
TF, 21 mai 2014, 4A_77/2014 (A., B., C. contre D. SA, E. et dame E.): GesKR 2014, p.
413.
r41 GmbH – Stammanteile – Urkunde als Sache – internationaler Gerichtsstand;
Sàrl – parts – titre en tant que chose – for international.
1. Stammanteile einer GmbH, über die keine Urkunden ausgestellt wurden, stellen von
vornherein keine Sachen i.S. des LugÜ dar (Art. 5 Nr. 1 Bst. b 1. Gedankenstrich). 2.
Frage offengelassen, ob dies anders zu beurteilen wären, wenn Urkunden ausgestellt
worden wären, da sich auch dann kein anderer Erfüllungsort ergeben hätte.
BGer, 15. Juli 2014, 4A_113/2014 (A. SA gegen B.): BGE 140 III 418.
r42 Sàrl – entreprise familiale – loi sur le travail (LTr); GmbH – Familienbetrieb
– Arbeitsgesetz (ArG).
1. La loi sur le travail (LTr) et son interdiction de travailler le dimanche ne s’applique
pas aux entreprises familiales (LTr 4). Cette disposition d’exception s’explique par le
désir du législateur de ne pas s’immiscer dans les relations de famille. 2. Seules les
personnes physiques sont susceptibles d’avoir des liens familiaux. L’exception ne
saurait dès lors être étendue aux personnes morales.
TF, 29 juin 2013, 2C_886/2012 (X. Sàrl contre Office cantonal de l’inspection et des
relations du travail du canton de Genève): ATF 139 II 529; PJA 2014, p. 118 et 390;
RSJ 110/2014, p. 382.
r43 Sàrl – gérants – retrait des pouvoirs de gestion et de représentation –
légitimité passive; GmbH – Geschäftsführer – Entzug der Geschäftsführungs- und
Vertretungsbefugnis – Passivlegitimation.
1. La qualité pour défendre à l’action en retrait pour justes motifs des pouvoirs de
gestion et de représentation d’un gérant d’une société à responsabilité limitée n’est pas
déterminée par CO 815. 2. L’intérêt en jeu dans l’action de CO 815 II est celui de la
société à une organisation lui permettant de poursuivre son but (clause de sauvegarde)
et non l’intérêt propre du gérant mis en cause, ce qui octroie à la société la qualité pour
défendre à l’action en révocation de gérants pour justes motifs. 3. La légitimation
passive de la société à responsabilité limitée est donnée même lorsque la société est
composée uniquement de deux associés. 4. Le recours est admis.
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TF, 6 juin 2014, 4A_8/2014 (A. contre B. Sàrl): GesKR 2014, p. 412; RSJ 110/2014, p.
549.
r44 GmbH – Treuepflicht (OR 812) und Auskunftspflicht – Zuständigkeit des
Handelsgerichts; Sàrl – obligation de fidélité (CO 812) et obligation de renseigner
– compétence du tribunal de commerce.
1. Aus OR 812 ergibt sich eine Treuepflicht der Geschäftsführer gegenüber der GmbH,
aber keine allgemeine Auskunftspflicht ihr gegenüber, im Gegensatz zu OR 802, der
eine Auskunftspflicht gegenüber den Gesellschaftern enthält. 2. Das Handelsgericht ist
daher sachlich nicht zuständig (ZPO 6 II) zur Beurteilung einer Klage der GmbH auf
Auskunftserteilung. 3. Vorliegend war die Zuständigkeit auch aus anderen Gründen
nicht gegeben, insbesondere nicht aus persönlichen Gründen (ZPO 6 IV/b), da der
Beklagte nicht als Unternehmer, sondern nur als Organ im Handelsregister eingetragen
war.
BGer, 4. Juli 2014, 4A_93/2014 (A. GmbH gegen B.): BGE 140 III 409; GesKR 2014,
S. 547; SJZ 110/2014, S. 468 ff.; SJZ 111/2015, S. 35.
r45 Kollektivgesellschaft – Mehrwertsteuer – Solidarische Haftung der
Gesellschafter – Verjährung; Société en nom collectif – TVA – responsabilité
solidaire des associés – prescription.
1. Die Zwangsvollstreckung von Mehrwertsteuerforderungen richtet sich nach SchKG,
einschliesslich der 20-jährigen Verjährung von SchKG 149a I. 2. Die solidarische
Haftung des Kollektivgesellschafters für solche Forderungen tritt erst ein, wenn er
selbst in Konkurs geraten oder wenn die Kollektivgesellschaft aufgelöst oder erfolglos
betrieben worden ist. 3. Forderungen von Gesellschaftsgläubigern gegen einen
Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft verjähren in fünf Jahren (OR 591
I). Diese Bestimmung tritt für die Haftung der Gesellschafter gegenüber der
spezialgesetzlichen 20-jährigen Verjährung von Konkursverlustscheinen gegen die
Gesellschaft nicht zurück.
BVGer, 6. März 2014, A-3942/2013 (A. gegen Eidgenössische Steuerverwaltung):
BVGE 2014/15, S. 226 ff.
r46 Verein – Nichtigkeit von Vereinsbeschlüssen – Einberufung durch ein
unzuständiges Organ; Association – nullité des décisions – convocation par un
organe incompétent.
1. Trotz Zurückhaltung bei der Annahme der Nichtigkeit von Vereinsbeschlüssen gehen
Lehre und Rechtsprechung davon aus, dass die Einberufung der Versammlung durch
ein unzuständiges Organ grundsätzlich die Nichtigkeit der so gefassten Beschlüsse zur
Folge hat. 2. Die Einberufung der Vereinsversammlung durch den Präsidenten statt
durch den statutenmässig hierzu befugten Vorstand bildet einen solchen
Nichtigkeitsgrund. 3. Mangels entsprechender Sachverhaltsfeststellungen wurde die
Frage offengelassen, ob eine langjährige unangefochtene Praxis eine stillschweigende
Delegation an den Präsidenten begründen könne.
RSDA 2015 p. 138, 154
BGer, 16. August 2013, 5A_205/2013 (Verein A. gegen B., C., D., E., F.): AJP 2014, S.
725; SJZ 110/2014, S. 550 und S. 554; ST 8/14, S. 672; ZBJV 150/2014, S. 372; ZR
113/2014, S. 46 f.; Besprechung Neuman/von der Crone, SZW 2014, S. 105 ff.
r47 Transformation d’une SA en une SICAV – numerus clausus – silence qualifié;
Umwandlung einer AG in eine SICAV – numerus clausus – qualifiziertes
Schweigen.
1. La transformation d’une SA en SICAV ne saurait être admise dès lors qu’elle n’est
pas expressément autorisée par l’art. 54 LFus. 2. Le numerus clausus prévu à cette
disposition ne comprend en ce sens pas de lacune.
TAF, 11 août 2014, B-6755/2013 (X. SA contre Office fédéral de la justice): GesKR
2014, p. 548; Reprax 2/2014, p. 41 ss; Reprax 3/2014, p. 22; Commentaire de Hari,
GesKR 2014, p. 527 ss.
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r48 Fondation – sujet fiscal – nullité de la personne morale – examen à titre
préjudicielle; Stiftung – Steuersubjekt – nichtige juristische Person –
vorfrageweise Prüfung.
1. Une fondation constituée valablement est assujettie à l’impôt au titre de sujet fiscal
autonome. 2. Les autorités administratives peuvent examiner de manière préjudicielle
si les fondations respectent les règles de droit civil (CC 55 III), mais limitées au constat
de lacunes manifestes et graves conduisant à la nullité de la fondation. 3. Une telle
lacune existe lorsque le fondateur se réserve le même pouvoir de disposition sur la
fortune de la fondation que sur sa propre fortune (CC 80 I). 4. Condition remplie en
l’espèce.
TF, 21 mars 2014, 2C_533/2013 (Service des contributions du canton de Neuchâtel
contre A.): ATF 140 II 255; PJA 2014, p. 1114 s.; PJA 110/2014, p. 555; Commentaire
d’Arter, PJA 2014, p. 1006 ss; AJP 2014, S. 1520 f. und 1539 f.; RSJ 110/2014, p. 555;
r49 Fondation de prévoyance professionnelle – registre du commerce –
réinscription; Vorsorgestiftung – Handelsregister – Wiedereintragung.
1. La réinscription prévue à ORC 164 vise au premier chef les sociétés commerciales
de capitaux, mais le régime spécifique applicable à la liquidation des fondations de
prévoyance professionnelle (CC 89a VI/9) n’exclut pas une éventuelle réinscription de
telles fondations. 2. La réinscription d’une personne morale doit être ordonnée lorsque
le requérant rend vraisemblable qu’il détient une créance contre elle, et cela même
lorsqu’il ne subsiste aucun actif réalisable, mais que la personne morale pourrait
vraisemblablement élever une prétention récursoire contre un tiers. 3. La condition est
remplie en l’espèce.
TF, 19 décembre 2013, 4A_412/2013 (M. contre Cour de justice du canton de Genève):
GesKR 2014, p. 274; RSJ 111/2015, p. 18.
r50 Société simple – dissolution et entrée en liquidation – nomination d’un
liquidateur; Einfache Gesellschaft – Auflösung und Eintritt in das
Liquidationsstadium – Ernennung eines Liquidators.
1. La procédure en nomination d’un liquidateur relève d’une procédure gracieuse
atypique, c’est-à-dire avec autorité de la chose jugée et sans limitation des preuves. 2.
L’entrée en liquidation de la société doit être décidée en procédure ordinaire ou ne pas
être contestée pour que la procédure en nomination d’un liquidateur puisse avoir lieu.
3. La requête en désignation d’un liquidateur est rejetée.
TF, 30 septembre 2013, 4A_143/2013 (X. contre A., B., C., D., E., F., G. Hoirie de feu
Z., soit A.Z., B.Z., C.Z., D.Z., E.Z.): GesKR 2014, p. 412; SJ 2014 I, p. 126 s.
r51 Einfache Gesellschaft – Verpflichtung der Gesellschaft – Solidarität – Regress
unter den Gesellschaftern; Société simple – engagement de la société – solidarité –
action récursoire interne.
1. Sind die Gesellschafter gemeinsam oder durch Stellvertreter gegenüber einem
Dritten Verpflichtungen eingegangen, so haften sie ihm solidarisch (OR 544 III). 2. Die
Gesellschaft wird verpflichtet, wenn einer der Gesellschafter in eigenem Namen einer
Entschädigungsvereinbarung mit dem Auftraggeber zustimmt, sich aber aus den
Umständen ergibt, dass er für die Gesellschaft handelte, z.B. weil der andere
Gesellschafter an den Vorbesprechungen zugegen war, was vorliegend zutraf. 3. Es lag
somit keine stille, sondern eine offene einfache Gesellschaft vor, die Gesellschafter
hafteten im Aussenverhältnis solidarisch, und jeder von ihnen konnte im
Innenverhältnis Rückgriff auf den anderen nehmen für den Mehrbetrag, welchen er
über seinen Anteil hinaus bezahlt hat (OR 148 II).
BGer, 19. Juni 2014, 4A_73/2014 (A. gegen B.): BGE 140 III 312; GesKR 2014, S.
546; AJP 2014, S. 1520 f. und 1539 f.; SJZ 111/2015, S. 36; SJZ 110/2014, S. 551 f.
Entscheid der Vorinstanz: KGer Basel-Landschaft, 10. Dezember 2013, 400 13 180 (A.
gegen B.).
Folgende Publikationen sind bearbeitet worden (mit Abkürzungsliste):
Il a été tenu compte des publications suivantes (avec l’abréviation retenue):
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Ab-OW (Amtsbericht des Obergerichts an den grossen Rat des Kantons Obwalden):
2010–11 (1–18). Ab-SH (Amtsbericht des Obergerichts an den grossen Rat des
Kantons Schaffhausen): 2013. AJP (Aktuelle juristische Praxis = PJA): 2013 (12),
2014 (1–12). ASA (Archives de droit fiscal suisse): 2013 (4–12), 2014 (1–5). ATF
(Recueil officiel des arrêts du Tribunal fédéral = BGE): 139 I (5–6), II (9), III (9–10),
IV (6), V (9–11); 140 I (1–6), II (1–7), III (1–10), IV (1–3), V (1–9). ATAF (Recueil
officiel des Arrêts du Tribunal admiRSDA 2015 p. 138, 155
nistratif fédéral = BVGE): 2013 (4–6), 2014 (1–4). BGE (Amtliche Sammlung der
Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichtes): cf. ATF. BJM (Basler
Juristische Mitteilungen): 2013 (6), 2014 (1–6). BVGE (Amtliche Sammlung der
Entscheide des Schweizerischen Bundesverwaltungsgerichts): cf. ATAF. Der
Bernische Notar (= Le notaire bernois): 2014 (1–4). ST (Der Schweizer Treuhänder =
L’expert-comptable suisse): 2014 (1–12). EGV-SZ (Entscheide der Gerichts- und
Verwaltungsbehörden des Kantons Schwyz): 2013 (1–211). GesKR (Schweizerische
Zeitschrift für Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht sowie Umstrukturierungen): 2013
(4), 2014 (1–4). GVP-SG (St. Gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis): 2012
(93–256). GVP-ZG (Gerichts- und Verwaltungspraxis des Kantons Zug): 2013
(1–269). JAAC (Jurisprudence des autorités administratives de la Confédération =
VPB): 2013 (2), 2014 (1). JdT (Journal des Tribunaux): 2013 I (7–10), II (7–9), III
(5–6), IV (6–8); 2014 I (1–7), II (1–12), III (1–5), IV (1–6). KGEBL (Entscheide des
Kantonsgerichts Basel-Landschaft): 2014. Le notaire bernois: cf. Der Bernische
Notar. LGVE (Luzerner Gerichts- und Verwaltungsentscheide): 2014. L’expertcomptable suisse: cf. Der Schweizer Treuhänder. PJA (Pratique juridique actuelle): cf.
AJP. PKG: Praxis des Kantonsgerichts Graubünden: 2014. Plädoyer: 2013 (6), 2014
(1–6). Plaidoyer: 2013 (6), 2014 (1–6). Pra (Praxis des Bundesgerichts): 2014 (1–12).
Rb-TG (Rechenschaftsbericht des Obergerichts des Kantons Thurgau) 2013. recht:
2013 (6), 2014 (1–6). Reprax (Zeitschrift zur Handelsregisterpraxis/Revue pour le
registre du commerce) 2013 (1–3), 2014 (1–3). RFJ (Revue fribourgeoise de
jurisprudence): 2013 (1–4), 2014 (1). RJJ (Revue jurassienne de jurisprudence): 2013
(1–148). RJN (Recueil de jurisprudence neuchâteloise): 2012, 2013. RNRF (Revue
suisse du notariat et du registre foncier): cf. ZBGR. RSDA (Revue suisse du droit des
affaires et du marché financier): cf. SZW. RSDIE (Revue suisse de droit international
et européen): cf. SZIER. RSJ (Revue suisse de jurisprudence): cf. SJZ. RVJ (Revue
valaisanne de jurisprudence = ZWR): 2013 (1–4), 2014 (1–4). SJ (La Semaine
judiciaire): 2013 (1–40), 2014 (1–40), 2015 (1). SJZ (Schweizerische Juristen-Zeitung
= RSJ): 2013 (22–24), 2014 (1–24), 2015 (1–2). SZW (Schweizerische Zeitschrift für
Wirtschafts- und Finanzmarktrecht = RSDA): 2013 (3–6), 2014 (1–5). SZIER
(Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht = RSDIE): 2013
(4), 2014 (1–4). VPB (Verwaltungspraxis der Bundesbehörden): cf. JAAC. ZBGR
(Schweizerische Zeitschrift für Beurkundungs- und Grundbuchrecht = RNRF): 2013
(6), 2014 (1–6). ZBJV (Zeitschrift des bernischen Juristenvereins = RJB): 2013
(11–12), 2014 (1–12). ZGRG (Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtsprechung in
Graubünden): 2014 (1–4). ZR (Blätter für zürcherische Rechtsprechung): 2013 (9–10),
2014 (1–10). ZWR (Zeitschrift für Walliser Rechtsprechung): cf. RVJ.