Jer 38 - Katholisches Bibelwerk

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Jer 38 - Katholisches Bibelwerk
Katholisches Bibelwerk
Lektorenhilfe
20. Sonntag im Jahreskreis C
1. Lesung
20. Sonntag im Jahreskreis
Lesejahr C
1. Lesung: Jer 38,4-6.8-10
1. Hinführungstext zum Vortragen vor der Lesung
Der Prophet Jeremia wirkt im 7. und 6. Jahrhundert vor Christus in den Jahrzehnten vor dem
Exil Israels in Babylon. Er hat sich nicht selbst die Berufung zum Mahner gesucht, sondern
fühlt sich von Gott in die unangenehme Pflicht genommen, damit die Menschen umkehren
und es nicht zur Katastrophe kommt. Da Jeremia Missstände im Staat aufdeckt, wird er von
den Beamten am Hof des Königs verfolgt und muss leiden. Der König Zidkija, der ihn
eigentlich achtet, macht keine gute Figur.
Kurzer Alternativtext
Wie stark muss ich sein, um das Wort Gottes zu verkünden gegen Machthaber, gegen
Menschen anderer Überzeugung, gegen Widerstand und Hass? Wie viel muss ich aushalten
für mein Bekenntnis zu Gott, wenn ich ausgegrenzt werde, gefangen gehalten, der Freiheit
beraubt? Der Prophet Jeremia braucht Hilfe von Menschen, die zu ihm stehen, die bereit sind,
für ihn einzustehen, damit er seinen Auftrag erfüllen kann.
(Barbara Janz-Spaeth, Gottes Volk 6/2007, S. 111)
2. Praktische Tipps zum Vorlesen
a. Textumfang
Jer 38 erzählt ausführlich eine Auseinandersetzung der Hofbeamten mit Jeremia aufgrund
seiner „wehrkraftzersetzenden“ prophetischen Reden, die das bekannteste – oft gemalte“ Bild
aus dem Jeremiabuch beinhaltet: der gefangene Prophet in der Zisterne. Eine Rolle spielt auch
der schwache König, der hintenherum den Propheten „benutzt“ und vorneherum fallen läst.
Dem Text würde man am besten gerecht, wenn man das ganze Kapitel vorträgt; nur so
werden die Zusammenhänge und Personencharaktere deutlich. Da das Kapitel 28 Verse
umfasst, wird das leider kaum eine Gemeinde tun. Hilfreich für die Hörenden aber ist es
schön, wenn wenigstens Jer 38,1-3, der ganze Vers 7 und die Verse 11-13 mitgelesen werden
(s. unten in eckigen Klammern eingefügt).
b. Betonen
Lesung
aus dem Buch Jeremia.
[1
Schefatja, der Sohn Mattans,
Gedalja, der Sohn Paschhurs,
Juchal, der Sohn Schelemjas,
und Paschhur, der Sohn Malkijas,
hörten von den Worten, die Jeremia zum ganzen Volk redete,
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1. Lesung
indem er sagte:
So spricht der Herr:
Wer in dieser Stadt bleibt,
der stirbt durch Schwert, Hunger und Pest.
Wer aber zu den Chaldäern hinausgeht,
der wird überleben;
er wird sein Leben wie ein Beutestück gewinnen und davonkommen.
So spricht der Herr:
Diese Stadt wird ganz sicher dem Heer des Königs von Babel in die Hände fallen
und er wird sie erobern.]
In jenen Tagen
sagten die Beamten zum König
Jeremia muss mit dem Tod bestraft werden;
denn er lähmt mit seinen Reden die Hände der Krieger,
die in dieser Stadt noch übrig geblieben sind,
und die Hände des ganzen Volkes.
Denn dieser Mensch sucht nicht Heil,
sondern Unheil für dieses Volk.
Der König Zidkija erwiderte:
Nun, er ist in eurer Hand;
denn der König vermag nichts gegen euch.
Da ergriffen sie Jeremia
und warfen ihn in die Zisterne des Prinzen Malkija,
die sich im Wachhof befand;
man ließ ihn an Stricken hinunter.
In der Zisterne war kein Wasser,
sondern nur Schlamm,
und Jeremia sank in den Schlamm.
Der Kuschiter Ebed-Melech, ein Höfling,
[der im königlichen Palast bedienstet war,
hörte, dass man Jeremia in die Zisterne geworfen hatte.
Während der König sich am Benjamintor aufhielt,
verließ Ebed-Melech den Palast und]
sagte zum König:
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Mein Herr und König,
schlecht war alles,
was diese Männer dem Propheten Jeremia angetan haben;
sie haben ihn in die Zisterne geworfen,
damit er dort unten verhungert.
Denn es gibt in der Stadt kein Brot mehr.
10 Da befahl der König dem Kuschiter Ebed-Melech:
Nimm dir von hier drei Männer mit,
und zieh den Propheten Jeremia aus der Zisterne herauf,
bevor er stirbt.
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1. Lesung
[11 Ebed-Melech nahm die Männer mit sich
und ging zum Königspalast in die Kleiderkammer des Vorratshauses.
Dort holte er Stücke von abgelegten und zerrissenen Kleidern
und ließ sie an Stricken zu Jeremia in die Zisterne hinunter.
12 Dann rief der Kuschiter Ebed-Melech Jeremia zu:
Leg die Stücke der abgelegten und zerrissenen Kleider
in deine Achselhöhlen unter die Stricke!
Jeremia tat es.
13 Nun zogen sie Jeremia an den Stricken hoch
und brachten ihn aus der Zisterne herauf.
Von da an blieb Jeremia im Wachhof.]
c. Stimmung, Modulation
Der Text erzählt sehr lebendig Folgen der Mahnrede des Propheten. So lebhaft kann auch der
Vortrag sein. Wird V. 1-3 dazugenommen, sollte die Bestimmtheit und Unheilsandrohung in
der Stimme des Propheten hörbar werden, ebenso der entschiedene und hetzende Ton der
Beamten in V. 4. Die Antwort des Königs kann so vorgetragen werden, dass seine schwache
Position und Angst und Zuvorkommenheit gegenüber den Beamten durchscheint.
d. Besondere Vorleseform
Der Text eignet sich dazu, mit verteilten Rollen vorgelesen zu werden. Die Rollen bzw.
Lektor(inn)en:
- Erzähler/in
- Jeremia (nur wenn V. 1-3 dazu gelesen werden)
- Die Beamten (evtl. zwei Lektoren, da es eine Mehrzahl ist)
- König Zidkija
- Ebed-Melech (evtl. einer von denen, die die Beamten lesen).
Außerdem kann der Text in einem Familiengottesdienst von einem/einer guten Erzähler/in
(der oder die ausdruckstark lesen) vorgetragen werden am Lesepult. Einige andere vollziehen
während des Vortrags in Gesten und Bewegungen pantomimisch das Geschehen nach.
Als Requisit kann für den König ein Hocker dienen, auf den ein schönes Tuch gelegt wird
(Symbol für den Thron). Die Zisterne kann durch ein braunes Tuch, das im Kreis gelegt wird,
symbolisiert werden.
3. Textauslegung aus der Reihe „Gottes Volk“
Der Prophet Jeremia aus Anatot (5 km nordöstlich von Jerusalem), ein Benjaminit, wurde
627/6 v. Chr. zum Propheten berufen. Die bewegte Zeitgeschichte in der Endphase des
Staates Juda (vor 586 v. Chr.) brachte für den alternden Propheten noch eine Vielzahl von
beschämenden Demütigungen. Besonders König Zidkija (597-586 v. Chr.), dem der
weitblickende Gerichtsprophet Jeremia geraten hatte, die Stadt Jerusalem den Babyloniern zu
übergeben, trug die Schuld an jenem Ereignis, das in der heutigen Lesung berichtet wird:
Fanatische Berater des Königs wollten dem Propheten den Mund stopfen. Da Jeremia aber in
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der Öffentlichkeit so hohes Ansehen besaß, konnten die Männer aus der Umgebung des
Königs den Propheten nicht ermorden. So beschloss man, Jeremia in eine verschlammte
Zisterne zu werfen. Der Prosabericht (Jer 37f) bietet uns einen umfassenden Einblick in diese
leidvollen Tage der Verhaftung, der Kontakte zu König Zidkija und der Warnungen des
Propheten, den Babyloniern Widerstand entgegenzusetzen. Übrigens ist der Wortlaut
interessant, den Vers 4 verwendet: Jeremia "lähmt mit seinen Reden die Hände der Krieger";
das heißt: Weil der Prophet mit Sicherheit die Zerstörung Jerusalems voraussagt, bewirkt er
die Mutlosigkeit der Soldaten für einen Gegenangriff (wörtlich: "sie lassen die Hände
sinken"). Dadurch ermutigte er aber jenen Teil der Bevölkerung, der jeglichen Krieg hasste
und sich friedlich ergeben wollte. So beschuldigte man den Propheten, er arbeite auf das
Unglück des Volkes hin.
Obwohl der entscheidungsschwache Zidkija nichts unternahm, kam für Jeremia die Rettung
aus einer ganz unerwarteten Richtung: Der äthiopische Palastbedienstete (ein Kuschiter)
Ebed-Melech, offenbar ein sehr hilfsbereiter Mensch, überredete den König; die Erlaubnis,
den Propheten aus der Zisterne ziehen zu dürfen, wurde somit durch einen "Fremden" (also
nicht durch einen Volksgenossen) in die Tat umgesetzt. Die Rettungsaktion, die auf Jahwes
Eingreifen zurückzuführen ist, geschah konkret - und das ist bedeutungsvoll - durch einen
Heiden (Ausländer).
(Hubert Ritt, Gottes Volk 6/1995, S. 71)
Dipl.-Theol. Anneliese Hecht
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