t e l e g r a m m 1 / 9 1 - Arznei
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6 arznei-telegramm 1/91 Vitamine zu ihrem ersten Schub von Multipler Sklerose. 1982 unterzog sie sich wieder einige Wochen dieser ATKINS-Diät. Prompt kam es erneut zu einem Multiple-Skleroseschub. Als sie 1983 eine sogenannte Würstchen-Diät vornahm (jeweils mehrere Tage nur Würstchen, Eier bzw. Bananen), kam es erneut zu einem Schub. Die Patientin ist die ganze Zeit in unserer Behandlung und hat anschließend mehrere Schübe ohne die genannten Auslöser gehabt. Sie wird von einem mitbehandelnden Kollegen (Neurologen) mit Kortison behandelt, und es bessern sich die Symptome ihrer Multiplen Sklerose zum Glück rasch. Mich würde interessieren, ob es andere Kollegen gibt, die auch so eine Erfahrung mit extremen Abmagerungskuren haben. Dr. R. SCHMITT (Arzt f. Allg.-Med.) W-7524 Östringen-Odenheim Kurz und bündig Klarstellung – Malariaprophylaxe mit Mefloquin (LARIAM): Die in a-t 11 (1990), 98 referierte Dosisänderung für Mefloquin (LARIAM) zur Malariaprophylaxe kann mißverstanden werden. Nach wie vor beginnt die Einnahme eine Woche vor Exposition und soll dann kontinuierlich einmal wöchentlich (je 250 mg) bis vier Wochen nach der Exposition fortgesetzt werden. Parästhesien durch Antihistaminika: Das Spektrum unerwünschter Wirkungen der neueren gering sedierenden Antihistaminika läßt sich noch nicht überblicken. So wurden nach der Markteinführung von Terfenadin (HEUSCHNUPFEN SYSTRAL, TELDANE) Hautreaktionen (vgl. a-t 3 [1988], 30), ZNS-Effekte wie Depression und Alpträume (vgl. a-t 12 [1988], 107), Haarausfall (vgl. a-t 6 [1990], 58) sowie QT-Verlängerung und ventrikuläre Tachykardie durch Interaktion mit Ketoconazol (NIZORAL) oder Troleandomycin bzw. anderen Makrolid-Antibiotika (Scrip 1546 [1990], 26) bekannt. Nun berichtet das Bundesgesundheitsamt über Mißempfindungen wie Taubheit und Kribbeln in Armen und Beinen in Verbindung mit Terfenadin oder Astemizol (HISMANAL). Die reversiblen Parästhesien lassen sich möglicherweise kaum von den allergischen Beschwerden abgrenzen (bga pressedienst, 4. Jan. 1991). Pro und Contra Solutio Castellani: Solutio Castellani, eine Lösung aus Fuchsin, Chlorkresol und Resorzin in Azeton, Ethanol und Wasser, wirkt bakterizid und fungizid. Aus Furcht vor einer möglichen kanzerogenen Wirkung des Fuchsins entstand eine Lösung ohne diesen Farbstoff: Solutio Castellani sine colore. Diese Rezepturänderung bringt einen deutlichen Wirksamkeitsabfall mit sich, vor allem bei grampositiven Keimen wie Staphylokokken. Der Verdacht der Kanzerogenität von Fuchsin geht auf eine Studie an englischen Fabrikarbeitern zurück, die den Farbstoff herstellten und vermehrt an Blasenkrebs erkrankten. Andere bei der Produktion verwendete Stoffe wurden nicht auf ihre mögliche Kanzerogenität untersucht. Im Tierexperiment lösen sehr hohe, intragastral und subkutan verabreichte Fuchsin-Dosen Sarkome aus. Diese Art der Applikation hat jedoch eine geringe klinische Relevanz. Bislang gibt es keine Berichte über kanzerogene Effekte therapeutisch verwendeten Fuchsins (SCHROER, R. et al.: Dtsch. Ärztebl. 87 [1990], C-2365). Azetylsalizylsäure (ASPIRIN, in ALKA-SELTZER u.a.) erhöht Blutalkohol: Azetylsalizylsäure (ASS)-Zubereitungen wie ALKA-SELTZER werden gegen Alkoholkater eingenommen, bisweilen auch schon prophylaktisch. Wer jedoch nach einer Mahlzeit das Schmerz- und Rheumamittel ASS einnimmt und dann Alkohol trinkt, muß mit höherem Alkohol-Blutspiegel als gewohnt rechnen. Dies ergibt eine Studie an fünf gesunden Freiwilligen, die 1 g ASS eine Stunde nach einem Standardfrühstück und eine Stunde vor Alkoholgenuß einnahmen. Die Fläche unter der Alkohol-Plasmaspiegelkurve nimmt durch ASS um durchschnittlich 26% zu. Der Effekt beruht wahrscheinlich auf dem hemmenden Einfluß von ASS auf die AlkoholDehydrogenase und könnte auf dem gleichen Wege durch H2-Antagonisten wie Cimetidin (TAGAMET u.a.) noch verstärkt werden. Nimmt man Alkohol und ASS auf nüchternen Magen, kommt die Interaktion nicht zum Zuge. Die unter Nüchterneinnahme rasche und stärkere Alkoholabsorption kann offensichtlich nicht weiter gesteigert werden (ROINE, R. et al.: J. Amer. Med. Ass. 264 [1990], 2406 / ati d). Embryo- und Fetopathien durch Kokain: Kokaingebrauch in der Schwangerschaft scheint nach bisheriger Kenntnis die Gesamtfehlbildungsrate um das Zwei- bis Dreifache zu erhöhen. Ein charakteristisches Syndrom wie bei Thalidomid (CONTERGAN) ließ sich bisher nicht darstellen. Beschrieben sind erhöhte Abortrate, Frühgeburtlichkeit, ZNS-Entwicklungsstörungen wie Mikrozephalie, unterschiedliche Mißbildungen von Herz, Skelett und Urogenitalsystem u.a. Möglicherweise ist das Risiko des plötzlichen Kindstodes erhöht. Zeichen der Toxizität und Entzugssymptome verlaufen in der Neonatalzeit offensichtlich weniger ausgeprägt als nach Heroin. Die hierzulande am häufigsten genossene teratogene „Droge” ist Alkohol (SCHAEFER, C., H. SPIELMANN: Geburtsh. u. Frauenheilk. 50 [1990], 899). Arzneimittel-Lieferboykott in den neuen Bundesländern wegen unbezahlter Forschungskosten? – Ein Grund für die Ablehnung des 55%-Arzneipreis-Abschlags für die neuen Bundesländer soll der Forschungsaufwand der pharmazeutischen Industrie sein. Ein sachkundiger Kollege aus den Niederlanden kommentiert: „Die Argumente für den Widerstand der westdeutschen Pharmaindustrie gegen das 55%-Abkommen für die ehemalige DDR erscheinen einigermaßen lächerlich, wenn man nachrechnet, daß von den etwa 300 'essentiellen' Arzneimitteln der WHO-Liste nur 11 aus der deutschen Forschung stammen – mit einem durchschnittlichen Patentalter von 48 – 35 Jahre (95% Vertrauensintervall 24 - 71 Jahre): Azetylsalizylsäure (ASPIRIN) 1853, Phenobarbital (LUMINAL) 1911, Niclosamid (YOMESAN) 1959, Praziquantel (BILTRICIDE) 1975, Suramin (GERMANIN) 1924, Thioacetazon (CONTEBEN) 1946, Nifurtimox (LAMPIT) 1964, Cyclophosphamid (ENDOXAN) 1957, Verapamil (ISOPTIN) 1962, Nifedipin (ADALAT) 1968 und Furosemid (LASIX) 1962.” Es bleibe die Frage, wohin alles Forschungskapital geht, wenn das jüngste Ergebnis deutscher Pharmaforschung von Merck und Bayer das 1975 entdeckte Bilharziosemittel Praziquantel ist. Warnhinweise SCHWERE HAUT- UND LEBERSCHÄDEN DURCH MUSKEL TRANCOPAL COMPOSITUM Das Chlormezanon- und Parazetamol-haltige MUSKEL TRANCOPAL COMPOSITUM wird im allgemeinen als relativ harmloses schmerzlinderndes und muskelrelaxierendes Arzneimittel angesehen. Wegen der langen Halbwertszeit des sedierend wirkenden Chlormezanon von 24 Stunden ist vor allem im Senium mit einer Kumulation zu rechnen.1 Das schwedische Nebenwirkungskomitee in Uppsala wertet 168 Meldungen der letzten 25 Jahre aus. Darin sind 210 Störwirkungen enthalten, die eindeutig mit der Kombination in Verbindung stehen.2