Makkabi spielt in Wembley - TuS Makkabi Frankfurt eV

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Makkabi spielt in Wembley - TuS Makkabi Frankfurt eV
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MITTENDRIN
Frankfurter Rundschau
Montag, 9. September 2013
69. Jahrgang
Nr. 209
Montag, 9. September 2013
69. Jahrgang
Nr. 209
Frankfurt europäisch Nicht nur die Profis der Eintracht spielen in dieser Saison international. Die
D-Jugend des TuS Makkabi Frankfurt ist gerade erst
vom Danone Nations Cup zurükgekehrt. Aus dem
ehrwürdigen Wembley-Stadion in London.
Spendenrekord
unter grauem Himmel
155 000 Euro für die Aids-Hilfe Frankfurt
Von Eva Schneider
V
Abenteuer
Wembley
TuS Makkabi spielte in London
Von Jakob Blume
F
ür die Jungs von TuS Makkabi
Frankfurt ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Im Alter von
elf bis zwölf Jahren haben sie
zum ersten Mal vor etwa 25 000
Zuschauern gespielt. Noch besser: auf dem heiligen Rasen des
englischen Fußballs, im Wembley-Stadion, dem zweitgrößten
Stadion Europas, in dem sonst
die englische Nationalmannschaft spielt.
Es ist die D-Jugend des Frankfurter Vereins, dem die Fußballer-Weihe widerfährt. Die Kicker
sind beim Weltfinale des Danone
Nation Cups, einem internationalen Jugendturnier. „Als wir mit
dem Bus auf das Stadion zugefahren sind, sind alle aufgestanden und haben gestaunt“, beschreibt Coach Sandro Huberman die ersten Eindrücke. „Da
haben die Jungs gemerkt, was sie
erreicht haben“, ergänzt sein
Trainer-Kollege Max Eilingsfeld.
Der Weg nach Wembley war
lang. Zunächst setzte sich Makkabi beim Stadtentscheid in
Frankfurt durch. Auch beim
Deutschlandfinale des Danone
Nation Cups waren die MakkabiJungs nicht zu stoppen. So durften sie am vergangenen Mittwoch zum Weltturnier nach England reisen, das die Veranstalter
als inoffizielle Jugendweltmeisterschaft der unter Zehn- bis
Zwölfjährigen bezeichnen.
Die Mannschaft spielt zwar
für einen jüdischen Verein – doch
das zwölfköpfige Team ist eine
bunte Truppe: Ein Spieler ist jüdischen Glaubens, die anderen
sind Protestanten, Katholiken,
oder Moslems. In England lief
Makkabi als Team Deutschland
auf. In der Gruppenphase ging es
gegen Belgien, Indonesien und
Irland. Den ersten Schock musste
die Mannschaft jedoch schon bei
der Eröffnungsfeier am Mittwochnachmittag verdauen: Bei
einer Tanzeinlage verletzte sich
Antonio am Knie, das erste Spiel
gegen Irland am Donnerstag verfolgte er von der Bank aus.
Was er dort sah, konnte seine
Stimmung nicht aufhellen. Die
Deutschen spielten zwar dominant und gingen früh durch ein
Tor von Spielmacher Oscar in
Führung. Doch immer wieder erwischten die langen Bälle der
Iren die Makkabi-Abwehr auf
dem falschen Fuß: Am Ende hieß
es 3:1 für Irland.
Auch beim 1:1 im zweiten
Gruppenspiel gegen Belgien wäre mehr drin gewesen. In der
dritten Partie, gegen die überraschend starken Indonesier sprang
zwar ein 1:0 heraus. Das reichte
aber nicht mehr für die A-Final-
Runde – wegen der Tordifferenz.
So mussten die Trainer am Donnerstagabend einige Tränen
trocknen.
Die Trauer war jedoch schnell
wieder verflogen, im B-Finale am
Freitag schlugen sich die Jungs
hervorragend. Nach zwei souveränen Siegen gegen Ukraine und
Weißrussland musste sich das
deutsche Team erst gegen ein
starkes Südkorea im Neunmeterschießen geschlagen geben. „Das
war eine gute Leistung heute.
Wir sind alle zufrieden“, resümiert Malte. „Vor allem weil wir
kein einziges Tor kassiert haben“,
ergänzt Mannschaftskollege Oscar. Ein Höhepunkt am Freitag
war das Treffen mit der FußballLegende Zinedine Zidane: „Das
war richtig cool, er hat uns allen
die Hand geschüttelt“, erzählt Tomi. Außerdem konnten alle noch
ein Autogramm ergattern.
Abseits des Fußballplatzes
entwickelte sich derweil eine
Freundschaft mit den Kickern
aus Irland. Die zeigten sich als
faire Gewinner und munterten
die Jungs von Makkabi nach ihrer Niederlage auf. Die Deutschen revanchierten sich, indem
sie die Iren in den übrigen Spielen anfeuerten. „Später haben
wir zusammen auf dem Bus gewartet und gemeinsam gesungen“, berichtet der elfjährige
Keith aus Irland. „Wir haben ihnen das Humba-Lied beigebracht
sie uns ein irisches Lied“, erzählt
Oscar. „Die Deutschen waren unser Lieblingsteam“, sagt der
12-Jährige Luke. Auch sonst verhielten sich alle Beteiligten auf
und Abseits des Platzes sehr fair.
„Es gab keine bösen Fouls und
keine Trainer, die ausrasten“,
sagte Coach Sandro Huber.
Das letzte Platzierungsspiel
ging dann wieder gegen Belgien.
Doch nach einem 0:0 nach 20
Minuten hatten die Deutschen erneut Pech im Neunmeterschießen und belegten damit den 20.
Platz. In der Fair-Play-Wertung
kamen sie sogar auf den vierten
Platz. „Sie haben ihr Bestes gegeben und müssen nicht traurig
sein. So weit zu kommen ist
schon toll“, sagt ein stolzer Vater
nach dem Spiel. Er ist extra zum
Final-Tag zusammen mit etwa 50
Makkabi-Fans angereist.
Die Enttäuschung währte
auch nicht lang und so feierten
die Jungs ausgelassen bei der
Players Party am Samstagabend,
zusammen mit Cup-Gewinner
Frankreich und den 30 anderen
Nationen. Die Trainer Huberman
und Eilingsfeld stehen nun vor
der Herausforderung, die Jungs
wieder zurückzuholen: Vom
Wembley-Stadion zurück auf die
Betramswiese.
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Völkerverständigung: Gruppenfoto mit den chinesischen Spielern.
Gleich am Ball: Florian Deletioglu mit der 12.
DANONE GMBH (4)
Elf bis 15 Freunde sollt ihr sein: Frankfurter Kicker im Wembley-Stadion.
on einem bisschen Nieselregen, dunkelgrauem Himmel
und glitschigem Boden lassen
sich die Frankfurter nicht irritieren. Seit 14 Uhr am Sonntagnachmittag ist der Opernplatz
gut gefüllt, genau 3543 Anmeldungen hat es schon im Vorfeld
des „Laufs für mehr Zeit“ gegeben. Überall sind Stände aufgebaut – Essen, Trinken, Infos und
T-Shirts gibt es dort. Dazwischen
tummeln sich Läufer und jede
Menge Zuschauer, die am Sonntag ein- und derselbe Zweck ins
Nasse treibt: der gute.
Es ist bereits das 18. Mal, dass
Frankfurts Innenstadt zur Strecke für den Spendenlauf zugunsten der Aids-Hilfe umfunktioniert
wird. „Der Lauf ist längst ein fester Termin im Kalender der
Stadt. „Er ist eine richtige Demonstration der Solidarität und
will sagen, dass hier niemand alleingelassen wird“, sagt Frankfurts Sportdezernent Markus
Frank (CDU). Hier ist den ganzen
Tag Programm.
Diesmal gibt es für alle Läufer
eine elektronische Zeiterfassung.
Dazu muss man bei Start und
Ziel auf eine Matte treten, so erhält jeder sein persönliches Ergebnis. „Ich achte auf meine Zeit,
weil ich gerade mitten im Training für einen Marathon bin.
Diese Strecke heute ist eine Herausforderung, da sie sehr kurvig
ist. Da wird einem nie langweilig“, sagt Falko Görres.
Nicht nur wegen der Kurven
ist es ein spannender Streckenverlauf. Die Läufer passieren in
weniger als einer halben Stunde
so manche Sehenswürdigkeit der
Stadt. Alte Oper, Börse, Eschenheimer Turm, Zeil, Konstablerund Hauptwache, Fressgass – das
alles liegt an der fünf Kilometer
langen Strecke, die auch verdoppelt werden darf. „Wir bleiben
lieber bei der einfachen Strecke“,
sagt Katri Stenger und lacht.
Schon das fünfte Mal ist sie mit
dabei und hat ihre Kinder Jonas,
Timo und Elina gleich als Läufer
mitgebracht. „Für uns ist das im-
mer ein schönes Familienevent.“
Julian und Maximilian laufen zusammen mit 220 Schülern, Lehren und Eltern des Heinrich-vonGagern-Gymnasiums mit. Die
Schule hat sich extra knallgelbe
T-Shirts besorgt.
Das Vorstandsmitglied der
Frankfurter Aids-Hilfe, Christian
Setzepfandt, freut sich über die
vielen Anmeldungen. „Heutzutage ist es möglich, mit Aids und
HIV zu leben. Voraussetzungen
hierfür sind ein funktionierendes
Netzwerk und ineinandergreifende Hilfe für die Betroffenen. Um
das zu schaffen, sind wir auf die
Spenden angewiesen“, so Setzepfandt. Unterstützt wird die AidsHilfe in diesem Jahr wieder von
vielen Firmen und von 150 ehrenamtlichen Helfern, die rund
um den Lauf im Einsatz sind.
„Von 6 bis 22 Uhr inklusive Feierabendbier geht für uns der Tag.
Aber der Spendenlauf ist für die
Helfer der Aids-Hilfe ganz selbstverständlich ein fixer Termin jedes Jahr“, sagt Tanja Charrier.
Viele Spenden
Als um kurz nach 16 Uhr dann
der Startschuss für die 5000-Meter-Strecke fällt, ist die Stimmung
ausgelassen. An den Zuschauern
zieht ein nicht abreißender
Strom lächelnder und motivierter
Gesichter vorbei. Schon nach
knapp 15 Minuten erreichen die
ganz Schnellen das Ziel vor der
Oper. „Ich habe mir vorgenommen, als Erster anzukommen“,
sagt Lienhard Hersel. Mission erfüllt. Doch ganz so verwunderlich ist es nicht – der 33-Jährige
ist Vize-Europameister im Duathlon, also Laufen und Radfahren.
Wenig später erreichen dann
immer mehr Läufer die Ziellinie.
Der Jüngste ist gerade mal sieben
Jahre alt. Neben tollen Laufzeiten sind es am Ende allerdings
andere Zahlen, die beeindrucken. Dank rund 4400 Teilnehmern und vielen Spenden von
Sponsoren geht diesmal eine
Summe von 155 000 Euro an die
Aids-Hilfe-Frankfurt. Das ist Rekord.
Begehrt: Autogramme von Zinedine Zidane (rechts).
„Auf und neben dem Platz eine große Familie“
Der TuS Makkabi legt Wert auf guten Umgang, muss aber um bessere Bedingungen kämpfen / Viel Zulauf bei den Fußballern
Von Jakob Blume
E
in jüdischer Verein, in dem sich
jeder wohlfühlt – egal welcher
Religionsgruppe er angehört oder
aus welchem Land er stammt: So beschreibt Max Eilingsfeld den TuS
Makkabi. Der 24-Jährige ist dort seit
mehr als acht Jahren Jugendtrainer
im Bereich Fußball, obwohl er selbst
nicht jüdischen Glaubens ist. Für die
meisten im Verein ist das kein Problem. „Wir sind ein Religionsverein,
kein Ortsverein“, betont Club-Präsident Alon Meyer. Der Verein wolle
Mitgliedern der jüdischen Gemeinde
in Frankfurt die Möglichkeit geben,
Sport in einem jüdischen Verein zu
treiben. „Aber wir sind offen für alle
Frankfurter.“
Diese Offenheit gilt allerdings
nicht seit jeher, und auch heute noch
gibt es Gemeindemitglieder, die die
Öffnung des Vereins kritisch sehen.
Der 1965 gegründete Verein
bietet Dutzende
von Sportarten an
Die sich etwa darüber wundern, dass
eine Makkabi-Mannschaft zur Zeit
des jüdischen Neujahrsfest an einem
Samstag in London an einem internationalen
Jugendfußballturnier
teilnimmt. „Diese Leute sagen: Wir
verfehlen unser Ziel, das kann nicht
Makkabi sein“, berichtet Meyer. Ihm
jedoch gehe es darum, das Thema
Glaube im Alltag zu normalisieren,
die Religion jedoch nicht zu verlieren.
Der 1965 gegründete Makkabi
Frankfurt bietet Dutzende Sportarten an, von Basketball über Judo bis
Schach. Doch mit etwa 20 Mannschaften ist die Fußballabteilung mit
Abstand die größte und neben den
Basketballern wohl auch die ambitionierteste Abteilung. In den letzten
Jahren konnten immer wieder
Mannschaften ihren Aufstieg feiern.
In diesem Jahr gelang es der D-Jugend-Mannschaft von Sandro Huber
und Max Eilingsfeld, den Deutschland-Entscheid des Danone Nations
Cup für unter Zwölfjährige zu gewinnen und zum Weltfinale nach London zu reisen. Einige Talente schaffen von Makkabi aus den Sprung zu
den Profi-Vereinen der Region, wie
der Eintracht, dem FSV und Mainz
05.
Kein Wunder also, dass insbesondere die Fußballabteilung immer
mehr Zulauf bekommt. Zwischen 70
und 80 Prozent der Vereinsmitglieder sind Jugendliche, berichtet Meyer. Trotz der Ambitionen achte man
vor allem auf einen sozialen Umgang
innerhalb der Mannschaften. „Das ist
besonders in Frankfurt nicht selbst-
verständlich.“ Und auch Coach Max
Eilingsfeld bestätigt: „Wir sind wie
eine Familie – auf und abseits des
Platzes.“
Die Makkabi-Sportler
fühlen sich von der Stadt
im Stich gelassen
Getrübt wird die Stimmung nur von
den Trainingsbedingungen auf den
Bertramswiesen im Stadtteil Dornbusch: „Wenn ich den Platz sehe, bekomme ich schlechte Laune“, sagt
Max Eilingsfeld. Der NaturrasenPlatz nahe des Hessischen Rundfunks ist nicht umzäunt, es gibt we-
der Flutlicht noch ein Kunstrasenfeld. „Es gibt einfach keine Veränderungen“, klagt der langjährige Jugendleiter Huberman. In diesem Februar hat sich die Stadt zudem geweigert, den Platz nach dem Winter
zu sanieren.
„Ich weiß nicht warum uns von
Seiten der Stadt Frankfurt solche
Steine in den Weg gestellt werden“,
wundert sich Meyer. „Es wird null investiert!“ Auf Mails und Anrufe reagiere das Sportamt nicht mehr. Für
Makkabi steht damit die Zukunft der
Jugend-Fußballarbeit auf dem Spiel,
wie Eilingsfeld verdeutlicht: „Es gibt
Spieler, die uns wegen des Platzes
verlassen.“
Auf geht’s: das dichte Feld der Läufer für mehr Zeit.
MARTIN WEIS