Erweiterung des Reverse-Chargeverfahrens in Frankreich. Inhalt

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Erweiterung des Reverse-Chargeverfahrens in Frankreich. Inhalt
MWST
ERWEITERUNG DES REVERSE-CHARGEVERFAHRENS IN FRANKREICH
Inhalt der Neuregelung und Auswirkungen für Schweizer
Unternehmer mit Geschäftstätigkeit in Frankreich *
JAN OLE LUUK
ARIANE BEETSCHEN
Die französische Regierung ist bestrebt, die durch
MWST-Betrug [1] bedingten Steuerausfälle zu reduzieren. In Art. 94 des Nachtrags zum Haushaltsgesetz 2005
vom 30. 12. 2005 hat sie eine Änderung des französischen Steuergesetzbuches (Code Général des Impôts)
eingeführt, die weitreichende Konsequenzen für französische, vor allem aber für ausländische und damit
auch Schweizer Unternehmer hat, welche in Frankreich MWST-pflichtige Leistungen erbringen.
1. EINLEITUNG
Seit dem 1. 9. 2006 gilt das sog. Reverse-Charge-Verfahren
(Autoliquidation de la TVA) – von einigen Ausnahmen abgesehen – für sämtliche in Frankreich steuerpflichtigen Lieferungen und Dienstleistungen von nicht in Frankreich ansässigen Unternehmen. Vor diesem Hintergrund müssen
Schweizer Unternehmer mit MWST-pflichtiger Geschäftstätigkeit in Frankreich die steuerliche Behandlung ihrer Auslandumsätze überprüfen.
Bei im Inland steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätzen
ist nach dem Gemeinschaftsrecht grundsätzlich der leistende Unternehmer der Steuerschuldner [2]. Nur in Ausnahmefällen wird die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger verlagert. Dies bezeichnet man als sog.
Reverse-Charge-Verfahren. Im Anwendungsbereich des Reverse-Charge-Verfahrens fallen Steuerschuldnerschaft und
Vorsteuerabzug zusammen. Dadurch wird das dem MWSTSystem innewohnende Risiko des Fiskus, dass der leistende
Unternehmer die Mehrwertsteuer (MWST) nicht entrichtet, der
Leistungsempfänger aber den Vorsteuerabzug geltend macht,
beseitigt.
Der Steueranspruch des Fiskus ist besonders dann gefährdet, wenn er gegen einen im Ausland ansässigen Unternehmer durchgesetzt werden müsste. Gemeinschaftsrechtliche
Grundlage für die Verlagerung der Steuerschuld auf den
Leistungsempfänger ist für die Fallgruppe der Leistungen
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ausländischer Unternehmer Art. 21 Abs. 1 Bst. a Satz 2 der
6. MWST-Richtlinie. Danach können die EU-Mitgliedstaaten
«gemäss den von Ihnen festgelegten Bedingungen» vorsehen,
dass der Empfänger die MWST schuldet, wenn die steuerpflichtige Lieferung oder Dienstleistung von einem nicht im
Inland ansässigen Unternehmer erbracht wird [3].
In der Schweiz verwirklicht der Empfänger einer Dienstleistung von einem im Ausland ansässigen Unternehmen
zwar gesetzestechnisch einen «Umsatz» (sog. Dienstleistungsbezug aus dem Ausland), für den er die Steuer schuldet [4].
Von der materiellen Wirkung her wird er jedoch so behandelt,
als sei er – wie in den Fällen des Art. 21 Abs. 1 Bst. b Alt. 1 der
6. MWST-Richtlinie – als Leistungsempfänger Schuldner der
MWST für eine im Inland steuerpflichtige Dienstleistung
eines im Ausland ansässigen Leistungserbringers [5].
2. NEUREGELUNG
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die nachfolgend beschriebene Neuregelung in Frankreich das bereits vor dem
1. 9. 2006 bestehende Reverse-Charge-Verfahren nicht ersetzt,
sondern dessen Anwendungsbereich erweitert. Leistungen,
die also bereits vor dem 1. 9. 2006 zu einer Verlagerung der
Steuerschuld auf den Leistungsempfänger geführt haben [6],
bleiben von der Neuregelung unberührt.
2.1 Sachlicher Anwendungsbereich. Der sachliche Anwendungsbereich des Reverse-Charge-Verfahrens wird durch den
neu eingeführten Satz 2 des Art. 283 Abs. 1 des Code Général
des Impôts erheblich erweitert. Die Steuerschuld geht danach
mit Wirkung seit dem 1. 9. 2006 bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen auf seiten des Leistungsempfängers – von einigen Ausnahmen abgesehen – für sämtliche
Leistungen von nicht in Frankreich ansässigen Unternehmen
auf den Leistungsempfänger über.
Dies betrifft neu insbesondere folgende Umsätze von im
EU-Ausland oder nicht in der EU ansässigen Unternehmen:
é Lieferungen von Gegenständen in Frankreich; é Werklieferungen in Frankreich (einschliesslich Montage- oder
Installationslieferungen); é Dienstleistungen im Zusam-
JAN OLE LUUK, LL.M.,
ARIANE BEETSCHEN,
RECHTSANWALT,
AVOCAT, DIPLÔMÉE ESSEC;
MWST-EXPERTE FH;
CMS BUREAU FRANCIS
CMS VON ERLACH HENRICI
LEFEBVRE,
RECHTSANWÄLTE, ZÜRICH
NEUILLY-SUR-SEINE/F
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menhang mit einem in Frankreich gelegenen Grundstück
oder Gebäude; é in Frankreich erbrachte kulturelle, künstlerische, sportliche, wissenschaftliche, unterrichtende oder
unterhaltende Dienstleistungen; é Vermietung von Beförderungsmitteln durch nicht in der EU ansässige Unternehmer, die in Frankreich benutzt werden.
Lediglich für einige wenige, spezielle Leistungen ist ein
Übergang der Steuerschuld nicht vorgesehen [7].
Entgegen der bisherigen Regelung, nach welcher der im
Ausland ansässige leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger gesamtschuldnerisch für die MWST-Schuld hafteten, sieht die Neuregelung keine Haftung des ausländischen Leistungserbringers mehr für den Fall vor, dass der
französische oder in Frankreich für MWST-Zwecke registrierte ausländische Leistungsempfänger seinen steuerlichen
Pflichten nicht nachkommt.
2.2 Persönlicher Anwendungsbereich
2.2.1 Voraussetzungen hinsichtlich des Leistungsempfängers. Empfänger der Leistung im Sinne des Art. 283 Abs. 1 des Code
Général des Impôts ist grundsätzlich derjenige, der nach dem
zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, insbesondere als Vertragspartner (Auftraggeber) die Gegenleistung schuldet.
Leistungsempfänger ist folglich auch derjenige, der die Leistung von einem Dritten (Subakkordanten) als sog. Generalunternehmer bezieht und diese damit zugleich als eigene
gegenüber seinem Auftraggeber erbringt.
Die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens hängt
nicht davon ab, ob der Leistungsempfänger in Frankreich
ansässig ist. Eine Verlagerung der Steuerschuld auf den inoder ausländischen Leistungsempfänger tritt nach der gesetzlichen Neuregelung jedoch nur dann ein, wenn er in
Frankreich für MWST-Zwecke «identifiziert» ist, d. h. über
eine französische MWST-Nr. verfügt [8]. Folglich bleibt der
im Ausland ansässige Leistungserbringer Steuerschuldner
der französischen MWST, wenn er seine in Frankreich steuerpflichtige Leistung an einen nichtsteuerpflichtigen, französischen Abnehmer ohne französische MWST-Nr. oder an
ein ausländisches, in Frankreich aber nicht für MWST-Zwecke registriertes Unternehmen erbringt.
Zu beachten ist insoweit, dass auch nichtsteuerpflichtige
Personen [9] über eine französische MWST-Nr. verfügen können, z. B. wenn sie Umsätze erklären müssen, welche die Vergabe einer solchen Nummer erforderlich machen [10], oder
wenn sie zur MWST-Pflicht optieren. Ferner wird in der Praxis generell das Problem des ggf. veränderlichen Status des
Leistungsempfängers zu lösen sein. Für die Frage, ob eine
Verlagerung der Steuerschuld eintritt, kommt es grundsätzlich allein darauf an, ob der Leistungsempfänger im Zeitpunkt der Leistungserbringung tatsächlich über eine französische MWST-Nr. verfügt, und nicht etwa darauf, ob er zu
diesem Zeitpunkt für MWST-Zwecke registriert sein müsste.
2.2.2 Voraussetzungen hinsichtlich des Leistungserbringers. Hinsichtlich der Person des Leistungserbringers ist – wie bereits
vor der Neuregelung – massgebend, dass dieser nicht in Frankreich ansässig ist. Eine Verlagerung der Steuerschuld auf den
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Leistungsempfänger findet demnach nur dann statt, wenn
das Unternehmen, dem die fragliche Leistung nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zuzurechnen ist (Auftragnehmer), in Frankreich weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat noch eine Zweigniederlassung unterhält,
welche die Kriterien einer «festen Niederlassung» im Sinne
des Gemeinschaftsrecht erfüllt [11].
Der Umstand allein, dass ein ausländischer Unternehmer
in Frankreich ggf. für MWST-Zwecke registriert ist und ihm
eine französische MWST-Nr. erteilt wurde, ist allerdings kein
«Hinsichtlich der Person des
Leistungserbringers ist – wie bereits
vor der Neuregelung – massgebend,
dass dieser nicht in Frankreich
ansässig ist.»
Merkmal dafür, dass er in Frankreich ansässig ist und hindert daher – anders als in der Schweiz [12] – die Anwendbarkeit des Reverse-Charge-Verfahrens nicht.
3. BILLIGKEITSREGELUNG
DER VERWALTUNGSPRA XIS
Für die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens besteht
grundsätzlich kein Wahlrecht, d. h., die Steuerschuld geht
bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend
auf den Leistungsempfänger über. Allerdings hat die französische Direction Générale des Impôts in ihrer Verwaltungsanweisung vom 23. 6. 2006 [13] eine Billigkeitsregelung («Tolérance administrative») eingeführt, nach welcher der Leistungsempfänger und der jeweilige leistende Unternehmer
einvernehmlich auf die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens verzichten können. Dies setzt allerdings voraus, dass
der leistende Unternehmer der für die Steuererhebung zuständigen Behörde einen in Frankreich ansässigen Bürgen
(«Répondant») benennt, welcher sich verpflichtet, die dem
ausländischen Steuerpflichtigen obliegenden Formalitäten
zu erledigen und die Steuer an seiner Stelle abzuführen. Bei
einem nicht in der EU ansässigen Unternehmer ist dies zwingend dessen französischer Fiskalvertreter («Représentant
fiscal»). Ausserdem muss ein Verzicht schriftlich und mindestens für die Dauer eines Jahres vereinbart werden.
Die Anwendung der Billigkeitsregelung könnte sich – unter
Cash-Flow-Gesichtspunkten – insbesondere dann als vorteilhaft erweisen, wenn ein bisher nicht in Frankreich für MWSTZwecke registrierter Unternehmer in erheblichem Umfang
vorsteuerbelastete Leistungen in Frankreich bezieht. Die
Rückerstattung dieser Vorsteuern müsste dann nämlich
nicht über das administrativ und zeitlich aufwendige Verfahren nach der 8. bzw. 13. MWST-Richtlinie – in dessen Rahmen
u. a. sämtliche Originalrechnungen vorzulegen sind – beantragt werden, sondern könnte unmittelbar durch Verrechnung mit der Ausgangssteuer in der MWST-Abrechnung erfolgen. Aber auch für in Frankreich für MWST-Zwecke registrierte ausländische Unternehmer, die in ihren Abrechnungen
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regelmässig Vorsteuerüberhänge ausweisen, kann die Anwendung der Billigkeitsregelung interessant sein.
Ob der Leistungsempfänger allerdings im Einzelfall der
Anwendung der Billigkeitsregelung zustimmen wird, darf
vor dem Hintergrund der in diesem Fall eingreifenden Haftung für die MWST des leistenden Unternehmers bezweifelt
werden. In der Praxis wird daher der Verzicht auf die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens wohl hauptsächlich bei
verbundenen Unternehmen in Betracht kommen. Da der Verzicht mit jedem Leistungsempfänger einzeln vereinbart werden muss, wird die Regelung vor dem Hintergrund des damit
einhergehenden administrativen Aufwands einschliesslich
des Managements der – bei einer Vielzahl von Abnehmern –
ggf. verschiedenen MWST-Regime, aber auch aus Sicht des
ausländischen Leistungserbringers eher kritisch zu betrachten sein.
4. SONDERFÄLLE
4.1 Innergemeinschaftliche Erwerbe. Ausländische Unternehmen, die lediglich innergemeinschaftliche Erwerbe
und anschliessende Inlandslieferungen in Frankreich ausführen, müssen seit dem 1. 9. 2006 keine MWST-Abrechnungen mehr abgegeben. Die Steuerschuld aus ihren Lieferungen geht auf den Empfänger über und es besteht insoweit
keine Deklarationspflicht mehr. Der innergemeinschaftliche
Erwerb ist zudem gemäss Art. 262ter Abs. 2 Satz 3 des Code
Général des Impôts steuerbefreit und muss nicht erklärt werden. Allfällige Vorsteuern aus in Anspruch genommenen
Eingangsleistungen können in diesen Fällen ausschliesslich
im Verfahren nach der 8. bzw. 13. MWST-Richtlinie geltend
gemacht werden, sofern im übrigen nur Umsätze ausgeführt
werden, für welche der Leistungsempfänger die Steuer schuldet. Allerdings muss die mehrwertsteuerliche Registrierung
in Frankreich aufrechterhalten werden, da eine MWST-Nr. für
die Steuerfreistellung der innergemeinschaftlichen Lieferung des Vorlieferanten erforderlich ist und zudem weiterhin
für den innergemeinschaftlichen Erwerb Intrastat-Meldungen unter der französischen MWST-Nr. abzugeben sind.
4.2 Innergemeinschaftliche Lieferungen/Ausfuhrlieferungen. Sofern Lieferungen aus Frankreich in andere EUMitgliedstaaten oder in das Drittlandgebiet ausgeführt
werden, müssen die ausländischen Unternehmen in Frankreich ebenfalls registriert bleiben. Zwar muss bei Vorliegen
der materiellen und formellen Voraussetzungen der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen oder Ausfuhrlieferungen keine französische MWST ausgewiesen und
abgeführt werden. Es sind jedoch weiterhin MWST-Abrechnungen einzureichen, in denen diese steuerfreien Umsätze
zu deklarieren sind. In diesen Abrechnungen können nicht
nur die mit diesen Umsätzen zusammenhängenden, sondern – nach den allgemeinen Voraussetzungen – sämtliche
französischen Vorsteuern abgezogen werden. Erstattungsanträge nach der 8. bzw. 13. MWST-Richtlinie sind in diesen
Fällen also nicht erforderlich.
4.3 Leistungsketten ausländischer Unternehmer. In Fällen, in denen mehrere ausländische Unternehmer in die Er-
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bringung einer in Frankreich steuerpflichtigen Leistung
nacheinander eingeschaltet sind, ist die Prüfung, ob das Reverse-Charge-Verfahren zur Anwendung gelangt, jeweils
einzeln und strikt nach den gesetzlichen Voraussetzungen
vorzunehmen.
Sollte z. B. ein Schweizer Unternehmer in Frankreich unter
Verwendung von aus der Schweiz eingeführten Materialien
eine Werklieferung an einen steuerpflichtigen, französischen
Auftraggeber erbringen und sich dabei eines italienischen
Subakkordanten bedienen, so wäre der italienische Subakkordant verpflichtet, sich in Frankreich für MWST-Zwecke
«In der Schweiz ansässige leistende
Unternehmer sind auch im
Anwendungsbereich des novellierten
Reverse-Charge-Verfahrens weiterhin
verpflichtet, Rechnungen über ihre in
Frankreich steuerpflichtigen Leistungen
auszustellen.»
zu registrieren und mit französischer MWST abzurechnen,
sofern der Schweizer Generalunternehmer nicht über eine
französische MWST-Nr. verfügt [14]. Auf die Leistung des
Schweizer Generalunternehmers gegenüber dem französischen Auftraggeber fände hingegen das Reverse-ChargeVerfahren Anwendung, mit der Folge, dass dieser ohne
MWST abrechnen müsste und die an den italienischen Subakkordanten gezahlte Vorsteuer (und die getragene Einfuhrsteuer auf den in Frankreich eingeführten Materialien) nur
über das Erstattungsverfahren nach der 13. MWST-Richtlinie
geltend machen könnte [15]. Sollte das italienische Unternehmen in der Folge einen weiteren ausländischen Subakkordanten einschalten, würde dessen Steuerschuld wiederum
auf das für MWST-Zwecke in Frankreich registrierte italienische Unternehmen übergehen.
Aus diesem Beispielsfall wird deutlich, dass gerade bei Leistungsketten mehrerer ausländischer Unternehmer eine vorherige Abstimmung der Vertragspartner unbedingt erforderlich ist, da die Frage der Erfassung eines der beteiligten ausländischen Unternehmen für MWST-Zwecke in Frankreich
die mehrwertsteuerliche Abwicklung der von diesem Unternehmen bezogenen Leistungen determiniert.
5. PRAK TISCHE KONSEQUENZEN
FÜR SCHWEIZER UNTERNEHMER
Grundsätzlich bedeutet die Erweiterung des Reverse-ChargeVerfahrens in Frankreich für die davon als Leistungserbringer
betroffenen Schweizer Unternehmer eine erhebliche Erleichterung hinsichtlich der von ihnen in Frankreich zu erfüllenden mehrwertsteuerlichen Pflichten: Im Anwendungsbereich des Reverse-Charge-Verfahrens sind Schweizer Unternehmer als Leistungserbringer von der subjektiven
Steuerpflicht befreit und müssen sich folglich nicht mehr für
MWST-Zwecke in Frankreich registrieren bzw. eine bestehende
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Registrierung aufrechterhalten [16]. Ferner sind sie nicht mehr
für die Entrichtung der MWST in bezug auf ihre in Frankreich ausgeführten Umsätze verantwortlich und müssen in
Frankreich keinen Erklärungspflichten nachkommen.
Im einzelnen gilt es folgende Konsequenzen zu beachten:
5.1 Rechnungsstellung. In der Schweiz ansässige leistende Unternehmer sind auch im Anwendungsbereich des
novellierten Reverse-Charge-Verfahrens weiterhin verpflichtet, Rechnungen über ihre in Frankreich steuerpflichtigen Leistungen auszustellen [17]. Jedoch sollte in
diesen Rechnungen – an in Frankreich für MWST-Zwecke
regi strierte, in- oder ausländische Leistungsempfänger –
MWST nicht ausgewiesen werden. Die Verwaltungsanweisung vom 23. 6. 2006 [18] ist allerdings gerade in diesem Punkt
unglücklich formuliert, denn dort heisst es, dass auf den Ausweis der MWST verzichtet werden könne («Il est admis que
la facture [...] ne fasse pas mention de la TVA exigible»). Wegen
des gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes, dass Steuerschuldner auch derjenige ist, der MWST in einer Rechnung
(oder einem ähnlichen Dokument) ausweist [19], und eingedenk der nicht fern liegenden Möglichkeit, dass der Leistungsempfänger eine ausgewiesene MWST zu Unrecht abzieht, den
Umsatz irrtümlich aber nicht unter dem Reverse-Charge-Verfahren deklariert, hätte es näher gelegen, den MWST-Ausweis für unzulässig zu erklären [20] statt den Nichtausweis
der MWST «zuzulassen».
Ferner müssen Rechnungen einen Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers enthalten, z. B.:
«La TVA est due par le client (article 21-1-a de la 6ème directive
TVA) oder (article 283-1 CGI)». Nach Auffassung der Verfasser
geht die Steuerschuldnerschaft allerdings kraft Gesetzes auf
den Leistungsempfänger über und ist folglich nicht davon
abhängig, dass die Rechnung diesen Hinweis enthält und alle
weiteren gesetzlichen Rechnungsanforderungen [21] erfüllt
(z. B. die MWST-Nr. des Fiskalvertreters, sein vollständiger
Name und seine Anschrift bei nicht in der EU ansässigen registrierten Unternehmen).
5.2 Mehrwertsteuerliche Registrierung in Frankreich
5.2.1 Löschung der Registrierung. Sofern Schweizer Unternehmen in Frankreich ausschliesslich Leistungen erbringen, für
welche nach dem novellierten Reverse-Charge-Verfahren ein
Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger vorgesehen ist, sind sie seit dem 1. 9. 2006 grundsätzlich nicht
mehr verpflichtet, sich in Frankreich für MWST-Zwecke zu
registrieren und einen inländischen Fiskalvertreter zu bestellen. Für diese Unternehmen ist daher eine Löschung der
Registrierung zu beantragen, sofern sie aufgrund der alten
Rechtslage registriert waren.
Im Einzellfall kann allerdings die Aufrechterhaltung der
Registrierung zwecks Erfüllung fortbestehender Meldepflichten erforderlich sein [22].
5.2.2 Aufrechterhaltung der Registrierung. In verschiedenen Fallkonstellationen kann auch nach der Novellierung des Reverse-Charge-Verfahrens eine Verpflichtung bestehen, sich
als Schweizer Unternehmen für MWST-Zwecke in Frankreich
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zu registrieren oder eine bestehende Registrierung aufrechtzuerhalten.
Praktisch relevant sind insbesondere folgende Geschäftsvorfälle:
é in Frankreich der MWST unterliegende Leistungen an
nicht steuerpflichtige Leistungsempfänger ohne französische MWST-Nr.; é Lieferungen von Gegenständen in das
französische Warenlager eines Schweizer Unternehmens, die
aus anderen EU-Mitgliedstaaten bezogen werden (innergemeinschaftlicher Erwerb) [23]; é Lieferungen von Gegenständen aus Frankreich an Abnehmer im EU-Ausland (innergemeinschaftliche Lieferungen) oder im Drittlandsgebiet (Ausfuhrlieferungen); é Leistungen von Veranstaltern kultureller,
künstlerischer, sportlicher, wissenschaftlicher, unterrichtender oder unterhaltender Anlässe in Frankreich, die gegenüber für MWST-Zwecke in Frankreich nicht registrierten
Personen abrechnen; é in Frankreich steuerpflichtige Umsätze, die unter die Versandhandelsregelung fallen.
5.3 Erstattung der französischen Vorsteuer. Schweizer
Unternehmen, die in Frankreich ausschliesslich Leistungen
erbringen, für welche seit dem 1. 9. 2006 ein Übergang der
Steuerschuld auf den Leistungsempfänger vorgesehen ist,
können die Rückerstattung der von ihnen getragenen französischen MWST im Rahmen des Verfahrens nach der
13. MWST-Richtlinie beantragen.
6. FAZIT
Schweizer Unternehmen, die in Frankreich steuerpflichtige
Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen erbringen oder als dort für MWST-Zwecke registrierte Unternehmen von im Ausland ansässigen Unternehmen empfangen,
müssen analysieren, welche Auswirkungen die Erweiterung
des Reverse-Charge-Verfahrens auf die mehrwertsteuerliche
Behandlung ihrer Geschäftsvorfälle hat.
In diesem Zusammenhang gilt es für in Frankreich gegenwärtig für MWST-Zwecke registrierte Unternehmen, zunächst festzustellen, ob sie als ausländisches Unternehmen
ohne feste Niederlassung im Inland oder über eine französische Zweigniederlassung registriert sind. Im ersten Fall
schliesst sich die Prüfung an, ob die Registrierung nunmehr
gelöscht werden kann oder aufrechterhalten werden muss.
Diese Frage kann nur in bezug auf sämtliche nach den allgemeinen Ortbestimmungsregeln in Frankreich steuerbaren
Geschäftsvorfälle des leistenden Unternehmers und unter
Berücksichtigung des mehrwertsteuerlichen Status der jeweiligen Leistungsempfänger in Frankreich beantwortet
werden.
Da der Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger massgeblich davon abhängt, ob dieser für MWSTZwecke in Frankreich registriert ist oder nicht, sollten die
betroffenen Schweizer Unternehmen sämtliche Leistungsempfänger, gegenüber denen sie unter die Reverse-ChargeRegelung fallende und in Frankreich steuerpflichtige Leistungen erbringen, in einer Datenbank erfassen (und diesen
Datenbestand pflegen). Soweit die betroffenen Leistungsempfänger über eine französische MWST-Nr. verfügen, empfiehlt es sich, zumindest die Gültigkeit der MWST-Nr. über
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das MWST-Informationsaustauschsystem (MIAS) der Europäischen Kommission zu überprüfen [24], da der Schweizer
Unternehmer im Zweifelsfall belegen muss, an ein Unternehmen mit gültiger französischer MWST-Nr. geleistet zu
haben.
Je nach Ausgang der vorstehend beschriebenen Analyse
sind die erforderlichen Anpassungen im ERP-System, in der
Buchhaltung und im Rechnungswesen vorzunehmen.
Anmerkungen: * Für eine umfassende Darstellung der neuen Reverse-Charge-Regelung in Frankreich sei auf die Monographie: «L’autoliquidation
de la TVA», Rédaction des Editions Francis Lefebvre, Beetschen u. a., Dossiers pratiques (November
2006) verwiesen. 1) Betreffend den MWST-Betrug
hat die Europäische Kommission am 16. 4. 2004
einen Bericht über die EU-weite Zusammenarbeit
bei der Betrugsbekämpfung vorgelegt (KOM[2004]
260 endgültig). Die genaue Höhe der betrugsbedingten Einnahmenverluste lässt sich kaum ermitteln, jedoch schätzen einige EU-Mitgliedstaaten,
dass ihnen dadurch bis zu 10% des Netto-MWSTAufkommens entgeht. Vgl. auch die Mitteilung
der Kommission v. 31. 5. 2006 (KOM[2006] 254 endgültig) zur Notwendigkeit der Entwicklung einer
koordinierten Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des Steuerbetrugs einschliesslich des
MWST-Betrugs sowie zur Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung von unwissentlich in einen
MWST-Betrug einbezogenen Steuerpflichtigen:
EuGH, Urteil v. 12. 1. 2006 – verbundene Rs. C-354/
03, C-355/03 und C-484/03 (Optigen u. a.), ABl. EU,
C 74 v. 25. 3. 2006, 1 (noch nicht in Slg. veröffentlicht) sowie dazu bereits Luuk/Oesterhelt/
Winzap, EuGH Report 2/06, StR 2006, 423 ff.; Urteil v. 11. 5. 2006 – Rs. C-384/04 (FTI u. a.), ABl. EU,
C-165 v. 15. 7. 2006, 7 (noch nicht in Slg. veröffentlicht) sowie dazu bereits Luuk/Oesterhelt/Winzap,
EuGH Report 3/06, StR 2006, 649 ff.; Urteil v.
6. 7. 2006 – verbundene Rs. C-439/04 und C-440/04
(Kittel u. a.), noch nicht in Slg. veröffentlicht sowie
dazu bereits Luuk/Oesterhelt/Winzap, EuGH-Report 4/06, StR 2006, Seite 885 ff. 2) Vgl. Art. 21
Abs. 1 Bst. a Satz 1 der 6. MWST-Richtlinie. 3) Gemeinschaftsrechtlich zwingend vorgeschrieben
ist das Reverse-Charge-Verfahren allerdings nur
beim Bezug von sog. Katalogdienstleistungen im
Sinne des Art. 9 Abs. 2 Bst. e der 6. MWST-Richtlinie, die ein im Ausland ansässiger Steuerpflichtiger erbringt, sowie beim Empfang von innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen oder
selbständigen Nebenleistungen hierzu oder von
Vermittlungsleistungen oder Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen. Ebenfalls zwingend geht die Steuerschuldnerschaft auf den letzten Empfänger einer Lieferung von Gegenständen
im sog. innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft
über, wenn er im Inland ansässig ist und die Rechnung des nicht im Inland ansässigen Zwischenhändlers den formellen Anforderungen entspricht.
4) Vgl. Art. 5 Bst. d und Art. 10 Bst. a i. V. m. Art. 14
Abs. 3 MWSTG (CH). 5) Vor diesem Hintergrund
wird auch die Ausnahme des ausländischen Leistungserbringers von der subjektiven Steuerpflicht
in Art. 25 Abs. 1 Bst. c erster Halbsatz MWSTG
(CH) verständlich. 6) Dies betrifft die in Anm. 3
bezeichneten Fälle des gemeinschaftsrechtlich
zwingend vorgeschriebenen Reverse-Charge-Verfahrens. 7) U. a. Gebäudevermietung (für die zur
MWST optiert wurde), der Margenbesteuerung
unterliegende Umsätze und Einfuhren. 8) Dass
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Schliesslich kann erwogen werden, ob der Cash-Flow-Vorteil durch die Verrechnung der französischen Vorsteuern mit
der Ausgangssteuer oder die Vermeidung der besonderen
Risiken des Erstattungsverfahrens nach der 13. MWST-Richtlinie einen Verzicht auf die Anwendung des Reverse-ChargeVerfahrens rechtfertigt.
n
der Leistungsempfänger im Inland für Zwecke der
MWST erfasst ist, wird in Art. 21 Abs. 1 Bst. b der
6. MWST-Richtlinie bei den in Art. 28b Teil C, D,
E und F genannten Dienstleistungen explizit verlangt. Dessen ungeachtet halten einige EU-Mitgliedstaaten – u. a. Deutschland – die Registrierung des Leistungsempfängers im Inland für
MWST-Zwecke nicht für eine Anwendungsvoraussetzung des Reverse-Charge-Verfahrens (vgl.
Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen
v. 5. 12. 2001 – VI D1 – S7279 – 5/01, BStBl. 2001,
I-1013). Diese gemeinschaftswidrige und teleologisch nicht gerechtfertigte Praxis kann im Einzelfall dazu führen, dass ein im Ausland ansässiges
Unternehmen ohne Umsätze im Inland infolge
des Bezugs einer dem Reverse-Charge-Verfahren
unterfallenden Leistung von einem ebenfalls im
Ausland ansässigen Unternehmer im Inland steuerpflichtig wird. 9) Nichtsteuerpflichtige juristische Personen, steuerbefreite Personen, der Freibetragsregelung unterliegende Steuerpflichtige
(Kleinunternehmer) und pauschalierende Landwirte. 10) Z. B. bei Überschreiten des Schwellenwertes von EUR 10 000 pro Jahr bei innergemeinschaftlichen Erwerben. 11) Der EuGH fordert als
Voraussetzung einer «festen Niederlassung» im
Sinne des Art. 9 Abs. 1 der 6. MWST-Richtlinie ein
ständiges Zusammenwirken von persönlichen
und Sachmitteln, die für die Erbringung der betreffenden Dienstleistung erforderlich sind [vgl.
EuGH, Urteil v. 4. 7. 1985 – Rs. 168/84 (Berkholz),
Slg. 1985, 2251, Rz. 17 f.; Urteil v. 2. 5. 1996 – Rs. C231/94 (Faaborg-Gelting-Linien), Slg. 1998, I-2395
Rz. 17; Urteil v. 20. 2. 1997- Rs. C-260/95 (DFDS),
Slg. 1997, I-1005179 Rz. 20]. Eine Niederlassung
muss mithin über einen hinreichenden Grad an
Beständigkeit verfügen, in deren Rahmen Verträge abgefasst oder Entscheidungen über die Geschäftsführung getroffen werden können, d. h.
eine Struktur haben, die von der personellen und
technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der Leistungen ermöglicht [vgl. EuGH,
Urteil v. 17. 7. 1997 – Rs. C-190/95 (ARO Lease), Slg.
1997, I-4383, Rz. 16, 19; Urteil v. 7. 5. 1998 – Rs. C390/96 (Lease Plan), Slg. 1998, I-2553, Rz. 24, 26].
Zu beachten ist insoweit, dass ein ausländisches
Unternehmen, das über eine feste Niederlassung
in Frankreich verfügt, sowohl die von der Niederlassung in Frankreich erbrachten Leistungen als
auch diejenigen des ausländischen Hauptsitzes zu
versteuern hat. 12) Art. 10a MWSTG (CH) beschränkt den Anwendungsbereich des ReverseCharge-Verfahrens auf (Dienst-)Leistungen nach
Art. 14 Abs. 3 MWSTG (CH), «die ein im Inland
nicht steuerpflichtiger Unternehmer mit Sitz im
Ausland im Inland erbringt, der nicht zur Steuerpflicht optiert hat». Dies hat zur Folge, dass ein in
der Schweiz für MWST-Zwecke registriertes Unternehmen über sämtliche Inlandumsätze mit der
Eidg. Steuerverwaltung abrechnen muss. 13) Bulletin Officiel des Impôts, 3 A-9-06 N° 105. 14) Vgl.
Ausführungen zu Ziff. 2.2.1 oben. 15) In diesen
Zusammenhang müsste der Schweizer Generalunternehmer allerdings der Direction Générale des
Impôts einen in Frankreich ansässigen Fiskalvertreter benennen, der sich verpflichtet, die dem
Schweizer Unternehmen im Rahmen des Erstattungsverfahren obliegenden Formalitäten zu erledigen und allfällig zu Unrecht erstattete Vorsteuern zurückzuzahlen. 16) Soweit allerdings vorsteuerbelastete Leistungen in Frankreich bezogen
werden, kann gerade die Löschung der Registrierung für MWST-Zwecke in Frankreich auch einen
Nachteil bedeuten, da das Erstattungsverfahren
nach der 13. MWST-Richtlinie – nicht zuletzt
wegen der erfahrungsgemäss strikten Prüfung
der formellen Rechnungsanforderungen (vgl. dazu die Verwaltungsanweisung der Direction Générale des Impôts v. 7. 8. 2003, Bulletin Officiel des
Impôts, 3 C. A. N° 136) in Bezug auf die einzureichenden Originalbelege durch die französische
Steuerverwaltung – häufig zu Vorsteuerverlusten
führt. Auf die im Verhältnis zum französischen
Veranlagungsverfahren (mit Verrechnung der
französischen MWST und Vorsteuer) nachteiligen
Cash-Flow-Aspekte des Erstattungsverfahrens
wurde bereits unter Ziff. 3 hingewiesen. 17) Dass
das Recht auf Vorsteuerabzug bei dem ReverseCharge-Verfahren unterliegenden Eingangsleistungen nach dem Urteil des EuGH v. 1. 4. 2004 –
Rs. C-90/02 (Bockemühl) nicht von der Ausstellung einer ordnungsgemässen Rechnung abhängt
(vgl. dazu ausführlich: Luuk, Dienstleistungsbezüge aus dem Ausland – Vorsteuerabzug ohne
Rechnung?, FStR 2004, 287 ff.), ändert hieran
nichts. 18) Vgl. Anm. 13. 19) Vgl. Art. 21 Abs. 1
Bst. d der 6. MWST-Richtlinie. 20) So z. B. in
Deutschland (vgl. § 14a Abs. 5 Satz 3 USTG (DE)
und Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen v. 5. 12. 2001 – VI D1 – S7279 – 5/01, BStBl.
2001, I-1013, Rz. 16). 21) Vgl. dazu die Verwaltungsanweisung der Direction Générale des Impôts
v. 7. 8. 2003, Bulletin Officiel des Impôts, 3 C.
A. N° 136. 22) Vgl. Ausführungen zu Ziff. 4.1 oben.
23) Einschliesslich des fiktiven innergemeinschaftlichen Erwerbs in Fällen des Verbringens
eigener Waren aus dem EU-Ausland nach Frankreich. 24) http://ec.europa.eu/taxation_customs/
vies/de/vieshome.htm. Allerdings kann über die
MIAS-Datenbank der Europäischen Kommission
nicht geprüft werden, welchem Unternehmen die
fragliche MWST-Nr. erteilt worden ist. Ggf. sollte
daher eine qualifizierte Anfrage unter Einschluss
der Überprüfung des Namens und der Anschrift
des Abnehmers, dessen MWST-Nr. überprüft werden soll, an die Direction Générale des Impôts
gerichtet werden. I. d. R. wird eine einmalige bzw.
einmal jährliche Überprüfung genügen. Sollte es
sich im Einzelfall jedoch um sehr hohe Summen
handeln, kann es empfehlenswert sein, die MWSTNr. vor jeder Transaktion zu überprüfen, um Irrtümer durch Änderungen des MWST-lichen Status des Leistungsempfängers oder betrügerische
Absichten auszuschliessen.
D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R 2006 | 12
MWST
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R É SU M É
Élargissement du dispositif d’auto-liquidation en France:
nouvelle donne pour les opérateurs suisses
La date du 1er septembre 2006 marque,
en France, un bouleversement majeur
dans l’application des règles relatives au
redevable de la TVA pour les entreprises
étrangères effectuant des opérations
imposables en France et leurs clients
identifiés à la TVA dans ce pays. Depuis
cette date, en effet, les clients identifiés
à la TVA en France doivent procéder à
l’autoliquidation de la TVA sur leurs
achats imposables en France auprès
d’un fournisseur ou d’un prestataire qui
n’est pas établi dans ce pays. C’est en
conséquence toute l’approche de la gestion de la TVA qui est modifiée pour les
opérateurs français et étrangers, parmi
lesquels figurent les opérateurs établis
en Suisse. Ce nouveau cas d’autoliquidation de la taxe par le client (ou «reverse
charge») est d’une très large portée et a
pour objectif affiché la lutte contre la
fraude en matière de TVA.
Champ d’application et opérations
non concernées
Le nouveau dispositif d’autoliquidation
mis en place le 1er septembre 2006 n’a pas
eu pour conséquence de modifier toutes
les règles de TVA applicables. Les règles
autres que celles concernant le redevable
de la taxe n’ont, en effet, pas été affectées par la réforme. Mais les acteurs économiques doivent désormais appréhender et appliquer ces règles dans le cadre
du nouveau régime d’autoliquidation.
Demeurent ainsi inchangées les règles
de territorialité des livraisons de biens,
des prestations de services et des acquisitions intracommunautaires, ainsi que
les règles relatives à la délivrance et à
l’utilisation du numéro d’identification
à la TVA (étant observé que le nouveau
régime d’autoliquidation a pour conséquence de réduire les cas où les opérateurs étrangers doivent être identifiés à
la TVA en France).
Il en va de même des règles relatives
aux obligations des entreprises étrangères qui réalisent en France des opérations pour lesquelles elles sont soumises
à des obligations déclaratives dans ce
12 | 2006 D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R
pays (désignation d’un représentant fiscal pour les entreprises établies en dehors de la Communauté européenne,
possibilité de désignation d’un mandataire pour les entreprises établies dans
un autre Etat membre).
Demeurent également inchangées les
règles de récupération de la TVA par les
entreprises étrangères (procédure interne de droit commun si l’entreprise
réalise en France des opérations ouvrant
droit à déduction ou procédure spécifique «8ème/13ème directives TVA» si l’entreprise non établie en France ne réalise pas
d’opérations imposables en France).
En outre, le nouveau dispositif d’autoliquidation ne se substitue pas aux autres dispositifs d’autoliquidation qui
existaient déjà avant le 1er septembre
2006. Les opérations pour lesquelles un
mécanisme d’autoliquidation était déjà
prévu avant cette date restent donc soumises aux règles qui leur sont propres
(prestations immatérielles, services intracommunautaires, acquisitions intracommunautaires, etc.).
Enfin, certaines opérations particulières, pour lesquelles des dispositions
du Code Général des Impôts «CGI»
définissent un redevable différent ou
fixent des modalités particulières, ne
sont pas concernées par le nouveau dispositif d’autoliquidation et restent également soumises aux règles qui leur sont
propres. Tel est notamment le cas des
locations de locaux nus soumises à la
TVA sur option, des opérations soumises à la TVA «sur marge» et des importations.
Opérations concernées
Ce dispositif a vocation à s’appliquer à
toutes les livraisons de biens et prestations de services imposables en France
autres que celles déjà couvertes par un
dispositif d’autoliquidation spécifique
ou pour lesquelles des dispositions du
CGI définissent un redevable différent
ou fixent des modalités particulières.
En pratique, sont notamment concernées dès lors que les autres conditions
sont remplies: les livraisons internes de
biens (achat-revente par une entreprise
étrangère de biens situés en France, importation en France suivie d’une vente
interne, etc.), les livraisons de biens
après montage ou installation, les prestations des services se rattachant à un
immeuble situé en France, les prestations de transport interne, les prestations culturelles, artistiques, sportives,
scientifiques, éducatives ou récréatives
matériellement exécutées en France.
Clients concernés
Sont susceptibles d’être concernés par
le nouveau dispositif d’autoliquidation,
tous les clients des opérateurs établis
hors France dès lors qu’ils sont identifiés
à la TVA en France en vertu de l’un des
trois alinéas de l’article 286ter du CGI, et
ce qu’ils soient eux-mêmes établis ou non
en France. Entrent ainsi dans le champ
d’application du nouveau dispositif: les
entreprises françaises (y compris monégasques), les établissements stables
français des sociétés étrangères, les entreprises étrangères établies dans la Communauté européenne ou en dehors de
celle-ci lorsqu’elles sont tenues d’être
identifiées à la TVA en France, les personnes qui sont susceptibles d’entrer
dans la catégorie des PBRD (personnes
bénéficiant du régime dérogatoire à la
taxation des acquisitions intracommunautaires des biens) mais qui ne bénéficient pas du régime dérogatoire ou qui
ont exercé l’option pour soumettre leurs
acquisitions intracommunautaires à la
taxe.
En revanche, le dispositif d’autoliquidation ne s’applique pas lorsque le client
ne dispose pas d’un numéro d’identification TVA en France (particulier, étranger non-identifié à la TVA en France,
PBRD).
Fournisseurs et prestataires
concernés
Le nouveau dispositif d’autoliquidation
concerne les opérations effectuées par
les fournisseurs et prestataires de servi-
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MWST
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R É SU M É
ces établis hors de France. Sont donc
visés, sans distinction, tous les assujettis établis dans un autre Etat membre de
la Communauté européenne ainsi que
tous ceux établis en dehors de la Communauté européenne. La détention d’un
numéro d’identification TVA en France
par l’assujetti étranger n’a aucune incidence sur l’application du nouveau dispositif dès lors qu’il n’est pas établi en
France.
Conséquences pratiques
pour le client
Les opérations qui relèvent du nouveau
dispositif d’autoliquidation doivent être
facturées dans les conditions de droit
commun prévues par la réglementation
française. Les factures des fournisseurs
ou prestataires doivent ainsi faire apparaître toutes les mentions obligatoires.
Toutefois, elles ne doivent pas faire mention de la TVA exigible. En effet, la taxe
étant autoliquidée par le client, les factures doivent faire apparaître distinctement que la TVA est due par ce dernier
et mentionner les dispositions du CGI
(art. 283-1) ou de la 6ème directive TVA
(art. 21-1-a) justifiant que la taxe ne soit
pas collectée par le fournisseur ou le
prestataire.
Conéquences pratiques pour
le fournisseur ou le prestataire
étranger
Dans le cadre du nouveau dispositif
d’autoliquidation, il est donc capital
pour le fournisseur ou le prestataire
étranger de savoir si ses clients disposent ou non d’un numéro d’identification TVA en France. Outre le fait que cette
connaissance a une incidence sur ses
obligations en matière de facturation, ce
renseignement peut conditionner sa
propre situation au regard d’une identification à la TVA en France ainsi que ses
obligations en matière de déclaration et
de paiement de la taxe. Le fournisseur
ou le prestataire étranger doit donc répertorier l’ensemble de ses clients (français ou étrangers) avec lesquels il réalise
des opérations soumises à la TVA en
France relevant du régime d’autoliqui-
998
dation afin de leur demander s’ils disposent d’un numéro d’identification TVA
en France et, dans l’affirmative, de le lui
fournir. Il est recommandé de vérifier la
validité du numéro ainsi fourni par le
biais du système VIES (VAT Information
Exchange System) de la Commission de
l’Union européenne.
Lorsqu’il réalise exclusivement des
opérations pour lesquelles la taxe doit
être autoliquidée par le client, le fournisseur ou le prestataire étranger n’a
plus l’obligation (ni la possibilité) de
s’identifier à la TVA en France à ce titre.
En revanche, cette obligation demeure
lorsqu’il réalise des opérations au titre
desquelles il est redevable de la taxe
(opérations réalisées avec des clients non
identifiés à la TVA en France) ou pour
lesquelles il doit accomplir en France
des formalités déclaratives (acquisitions
intracommunautaires exonérées, exportations, livraisons intracommunautaires exonérées, etc.). Dans cette hypothèse, il doit lui-même tirer toutes les
conséquences de cette identification
vis-à-vis de ses propres fournisseurs ou
prestataires étrangers non établis en
France.
En ce qui concerne les modalités
d’exercice du droit à déduction, lorsque
le fournisseur ou le prestataire étranger
réalise en France exclusivement des opérations donnant lieu à autoliquidation
de la taxe par le client, il peut obtenir le
remboursement de la taxe ayant grevé
les dépenses qu’il a engagées en France
pour les besoins de son activité ouvrant
droit à déduction selon la procédure
«8ème/13ème directives TVA». Lorsque les
opérations réalisées en France ne sont
pas exclusivement des opérations donnant lieu à autoliquidation, le fournisseur ou le prestataire étranger peut
exercer la déduction de la taxe d’amont
supportée en France dans les conditions
de droit commun.
Tolérance administrative
du répondant
Le nouveau dispositif d’autoliquidation
constitue un régime auquel, en principe,
les opérateurs ne peuvent déroger. Tou-
tefois, il est apparu que les contraintes
financières et administratives que comporte ce dispositif pouvaient, notamment, constituer un obstacle aux échanges commerciaux avec l’étranger, le coût
du portage financier de la TVA pour les
entreprises étrangères étant en particulier susceptible d’entraîner une délocalisation par ces dernières de leurs flux
commerciaux dans certaines situations.
Afin de remédier à ces inconvénients,
l’administration a prévu une tolérance
(le régime dit du «répondant») qui permet de maintenir une sorte de statu quo
par rapport au régime antérieur au
1er septembre 2006. Ainsi, sur accord des
parties, le fournisseur ou le prestataire
étranger peut acquitter la taxe au nom
et pour le compte du client en désignant
à cet effet un assujetti tiers (le «répondant») qui s’engage à payer la taxe au
nom du fournisseur ou du prestataire
(sur une déclaration déposée au nom de
ce dernier), étant toutefois observé que
le client demeure le redevable légal de la
taxe et qu’il reste donc tenu d’acquitter
celle-ci lorsqu’elle n’a pas été payée par
le «répondant».
Cet aménagement, qui permet au fournisseur ou prestataire étranger d’imputer la TVA qu’il supporte sur ses dépenses sur la TVA ainsi déclarée, concerne
principalement les sociétés françaises et
étrangères faisant partie d’un même
groupe. Sa mise en œuvre effective est
donc beaucoup plus délicate entre parties tierces.
Conclusion
Les opérateurs suisses qui réalisent des
opérations soumises à la TVA en France
auprès de clients identifiés à la TVA en
France (clients français ou étrangers) ou
qui sont eux-mêmes les bénéficiaires de
telles opérations effectuées par d’autres
fournisseurs étrangers doivent analyser
et mesurer les conséquences de cette
réforme sur leur statut au regard de la
TVA française et veiller dans toute la
mesure possible à la mise en place d’un
régime qui permette la neutralité de
cette taxe. AB
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