Die Höhe der Verzinsung der Kaution Einsichtnahme in

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Die Höhe der Verzinsung der Kaution Einsichtnahme in
NEUES MIET- UND
W O H N R E C H T
NOVEMBER 2011
11
www.immolex.at
289 – 320
Mietrecht
Die Höhe der Verzinsung der Kaution
Wohnungseigentumsrecht
Einsichtnahme in das Bankkonto
der Eigentümergemeinschaft
Steuerrecht
Umsatzsteuersatz bei mehrstufiger
Vermietung 10%?
Forum Immobilientreuhänder
Zum Provisionsanspruch des Maklers –
Verdienstlichkeit, adäquater
Kausalzusammenhang
§§ 18, 20, 31, 34
WEG 2002;
§ 38 BWG;
§§ 1002 f, 1358 f
ABGB
Eigen-/Anderkonto
der Eigentümergemeinschaft;
Kontoeinsichtsrecht
des WE;
Durchbrechung des
Bankgeheimnisses
Zum Recht auf Einsichtnahme
in das Bankkonto der
Eigentümergemeinschaft im
Lichte des Bankgeheimnisses
Untersucht wird die Frage, ob dem einzelnen WE ein (subsidiäres) Einsichtsrecht in das
Konto der Eigentümergemeinschaft bei der Bank auch ohne Entbindung vom Bankgeheimnis
zugestanden werden kann.
DANIELA EHRLICH
A. Ausgangssituation
Ein Verwalter legt über mehrere aufeinander folgende
Jahre falsche Abrechnungen, indem er zum Schaden
der Eigentümergemeinschaft umfangreiche Ausgaben
verrechnet, die dem Konto der Eigentümergemeinschaft nicht angelastet hätten werden dürfen, da diese
Aufwendungen weder liegenschaftsbezogen waren
noch Verwaltungsausgaben darstellten.
Daraus ergibt sich folgendes Problem: Ein Verfahren über die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Abrechnung dauert durch alle Instanzen in der Regel zwei
Jahre. Während der Rechtsanhängigkeit eines solchen
Verfahrens wird es der Verwalter idR ablehnen, freiwillig Kontoeinsicht zu gewähren, sondern den rk
Gerichtsauftrag hiezu abwarten. Die WE können daher erst mit beträchtlicher zeitlicher Verzögerung die
Kontobewegungen prüfen. Es liegt nahe, dass WE
unter diesen Umständen das Konto direkt bei der
Bank einsehen möchten. Einige Banken vertreten
nun den Standpunkt, dass für eine direkte Einsichtnahme durch einen WE ein Beschluss der Mehrheit
der WE samt Entbindung vom Bankgeheimnis zugunsten des Einsichtnehmenden vorgewiesen werden
muss. Das führt zu einer äußerst unbefriedigenden Situation für die Eigentümergemeinschaft.
B. Rechtslage und Rechtsprechung
zur Kontoeinsicht
Gemäß § 20 Abs 6 WEG 2002 idF WRN 2006 hat
„der Verwalter alle die Eigentümergemeinschaft be296 immolex 2011
treffenden Ein- und Auszahlungen entweder über
ein für jeden Wohnungseigentümer einsehbares
Eigenkonto der Eigentümergemeinschaft oder über
ein ebenso einsehbares Anderkonto durchzuführen“.1) Zur Frage der Kontoeinsicht enthalten die Gesetzesmaterialien der WRN 2006 keine Hinweise.
In JAB (AB 1050 BlgNR 21. GP 6) heißt es zu
§ 20 Abs 6 WEG 2002: „,Einsehbarkeit des Kontos
bedeutet selbstverständlich nicht etwa, dass jeder
Wohnungseigentümer mit einer Kontokarte auszustatten wäre, mit deren Hilfe er dann unmittelbar
beim Bankinstitut den Kontostand abfragen könnte.
Vielmehr ist diese Anordnung so zu verstehen, dass
jedem Wohnungseigentümer jederzeit Einsicht in
die Bankbelege und -auszüge über dieses Konto zu gewähren ist.“
In der hL sind folgende höchst unterschiedliche
Meinungen vorzufinden:
& „neutrale“ Position mit Beschränkung auf den Inhalt des JAB (s Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht 2002 II 37 u 149; Illedits, Das Wohnungseigentum3 Rz 707; Feil, WEG5 96;
,
WOHNUNGSEIGENTUMSRECHT
Mag. Daniela Ehrlich, M. A. S., ist RA in Wien. Kontakt: ehrlich@beplaw.
com
1) Mit der WRN 2006 wurde klargestellt, dass es dem Verwalter bis zu
einer gegenteiligen Weisung freisteht, ein Eigen- oder Anderkonto zu
führen, die Eigentümergemeinschaft kann ihn jedoch zu einem Eigenkonto verpflichten (Prader, WEG 20022 [2006] § 20 Anm 13). Zur
Einsichtmöglichkeit in die Rücklage vgl § 31 Abs 2 zweiter Satz
WEG 2002.
WOHNUNGSEIGENTUMSRECHT
Annahme eines Auskunftsanspruchs gegenüber
dem Verwalter (s Schauer, Die Eigentümergemeinschaft, wobl 2002, 135, [140], der diesen
„vorsichtig“ bejaht, sowie Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht
§ 20 WEG 2002 Rz 62, eindeutig bejahend);
& Einsichtsberechtigung nur unter Angabe von
Gründen (s Dirnbacher, WEG 2002 – Auswirkungen für den Verwalter, ImmZ 2002, 373
[379], und gleichlautend ders, WEG idF WRN
2006, 202; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und
Wohnrecht21 § 20 WEG 2002 Rz 28: Erforderlich sind Anführung einer Begründung und entsprechende Terminvereinbarung [mit dem Verwalter]);
& Einsichtsrecht beschränkt auf den Zeitraum unmittelbar nach Rechnungslegung und wichtige
Gründe (s Derbolav/Langer/Popper et al, Wohnungseigentumsrecht 2006, 154, sowie bereits
in WEG 2002 [87]).
Nach einer Bewertung der zitierten Lehrmeinungen
kommt der OGH2) in seiner bisher einzigen Entscheidung zur Kontoeinsicht zu dem Schluss, dass
Adressat der Kontoeinsicht der Verwalter ist. Anders
als in obiger Ausgangssituation (s P 1) war in dieser
Entscheidung nur die Frage strittig, ob der Verwalter
in das Bankkonto laufend, also über die jährliche Belegeinsicht hinaus, Einsicht zu gewähren hat.
Dazu der OGH in oben zitierter Entscheidung:
Der Verwalter ist Machthaber und hat – da Sonderregelungen nicht bestehen3) – gem § 1012 ABGB
„dem WE die Kontoauszüge, so oft dieser es verlangt, vorzulegen“. Die Rechnungslegung kann
demnach jederzeit4) verlangt werden, soweit keine
abweichenden gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen bestehen.5)
Eine Grenze für die Einsichtnahme in das Konto
sei erst beim Rechtsmissbrauch (Schikaneverbot iSd
§ 1295 Abs 2 ABGB) zu ziehen.6) Dafür ist der Verwalter beweispflichtig, der jedoch für die Einsichtnahme – unter Berufung auf das Schikaneverbot –
seinerseits wieder keine Begründung verlangen oder
eine Beschränkung auf gewisse Zeiträume zur Diskussion stellen darf.7) Ein Verwalter, der sich unbegründet (fortgesetzt) weigert, die Einsicht zu gewähren,
begeht eine grobe Pflichtverletzung, die seine sofortige (gerichtliche) Kündigung rechtfertigt.8)
&
C. Bankgeheimnis
Gem § 38 Abs 1 BWG dürfen „Kreditinstitute, ihre
Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigte [. . .]
Geheimnisse, die ihnen ausschließlich aufgrund der
Geschäftsverbindungen mit Kunden oder aufgrund
des § 75 Abs 3 (Anm: Meldung von Informationen
durch die OeNB) anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten
(Bankgeheimnis). [. . .] Die Geheimhaltungspflicht
gilt zeitlich unbegrenzt.“9)
Das Bankgeheimnis steht im Verfassungsrang
(§ 38 Abs 5), dessen Bestimmungen kommt Höherrangigkeit gegenüber einfachen Gesetzen zu. In einfachen Gesetzen enthaltene Ausnahmen vom Bank-
geheimnis müssen unter § 38 Abs 2 subsumierbar
sein.10)
Eine Verletzung ist gerichtlich strafbar (§ 101
BWG).
1. Kundenstellung und Bankgeheimnis
Das Bankgeheimnis besteht grundsätzlich nur gegenüber dem eigenen Kunden. Der Geheimnisherr
(Kunde) kann jederzeit Auskunft verlangen und über
den Geheimhaltungsanspruch verfügen, indem er
ausdrücklich und schriftlich der Offenlegung zustimmt (§ 38 Abs 2 Z 5 BWG).11)
Bei einer Mehrheit von Konto- bzw Depotinhabern steht das Auskunftsrecht jedem Einzelnen zu,
unabhängig von der Regelung bezüglich der Verfügungsbefugnis.12) Nach hA wird die Bedeutung
des Kundenwillens an der Geheimhaltung bejaht,
wobei nicht auf dessen subjektiven Geheimhaltungswillen, sondern allein auf das objektive Geheimhaltungsinteresse iS einer typisierten Betrachtung abzustellen ist.13)
2) OGH 5. 2. 2008, 5 Ob 11/08 s. Entscheidungsbesprechungen: Call,
wobl 2008/63; Friedl, ecolex 2008/181; Prader, immolex 2008/118,
wobei die genannten Autoren die Frage, wer Adressat der Pflicht zur
Einsichtsgewährung ist, nicht thematisieren.
3) Gem § 20 Abs 7 WEG 2002 können die dem Verwalter als Machthaber nach dem 22. Hauptstück des 2. Teils des ABGB auferlegten Verbindlichkeiten weder aufgehoben noch beschränkt werden.
4) Eine Koppelung an die jährliche Belegeinsicht gem § 34 WEG 2002
wurde verneint. Zur Frage der Häufigkeit betont Friedl (s ecolex
2008/181), dass das Rechnungslegungsbegehren laufend wiederholt
werden kann, jedoch nach § 904 iVm § 1418 ABGB die Natur der
Sache zu berücksichtigen sei (unter Berufung auf Zeiller, Commentar
III/1, 287; Stubenrauch, Commentar III [1856] 216 und später II8
[1903] 234; Stanzl in Klang IV/12, 842); Prader (immolex 2008/
279) hält eine regelmäßige Einsicht innerhalb einer 6-Monats-Frist
für nicht schikanös (in Anlehnung an § 20 Abs 5 iVm § 27 Abs 2
WEG 2002).
5) Apathy in Schwimann3 § 1012 ABGB Rz 12; Strasser in Rummel3
§ 1012 ABGB Rz 18; P. Bydlinski in KBB2 § 1012 ABGB Rz 3;
RIS-Justiz RS0019564.
6) Die Rechtsmissbrauchsgrenze könnte einen weiteren Streitpunkt zwischen Verwalter und WE bilden, falls jener zunächst die Einsicht gewährt, dann aber unter Verweis auf Schikane die Einsicht verweigert;
dem WE bliebe in dem Fall nur der Weg über das Gericht.
7) Zu Recht: Friedl, ecolex 2008/181.
8) Ebenso Friedl, aaO.
9) Diese Norm schreibt § 23 KWG fort (OGH 3 Ob 281/01 x SZ 69/
119).
10) § 38 Abs 1 – 4 BWG kann vom NR nur mit höherem Quorum abgeändert werden (Anwesenheit der Hälfte, Zustimmung durch mind 2/3
der Abgeordneten). Nach Laurer sei davon jede materielle Änderung
der Rechtslage betroffen, einschließlich des Wortlauts des § 38 oder
anderer Stellen des BWG (s Laurer in BWG3 § 38 Rz 31). Nach Sommer/Hirsch wird durch § 38 Abs 5 BWG kein verfassungsrechtlich gewährleistetes „Recht auf ein Bankgeheimnis“ eingeräumt, sondern ein
qualifizierter Schutz vor Abänderungen gewährt, § 38 BWG genießt
höheren Bestandschutz (s Sommer/Hirsch in Dellinger, BWG § 38
Rz 28 unter Verweis auf OGH 1. 12. 1998, 10 Ob 322/98 w).
11) OGH 2 Ob 176/04 b.
12) Sommer/Hirsch, aaO § 38 Rz 66; Jabornegg/Strasser/Floretta, Bankgeheimnis 102; Apathy in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht2 I 2/35.
13) Da § 38 Abs 5 BWG einen ausdrücklichen Verzicht durch den Kunden verlangt, wird abgeleitet, dass ohne Verzicht nur ein objektiver
Geheimhaltungswille des Kunden maßgeblich sein kann; idS Sommer/Hirsch, aaO § 38 Rz 34; ähnlich Jabornegg/Strasser/Floretta, Bankgeheimnis 40, Apathy in Apathy/Iro/Koziol, aaO I 2/45.
immolex 2011 297
WOHNUNGSEIGENTUMSRECHT
2. Kundeneigenschaft der
Wohnungseigentümergemeinschaft
Die Verfügungsberechtigung ergibt sich aus dem
Kontovertrag, beinhaltet die Rechtszuständigkeit hinsichtlich der Forderungen, die in das Konto eingestellt werden, und steht dem Kontoinhaber zu. Bei
juristischen Personen sind deren organschaftliche
Vertreter verfügungsberechtigt. Deren Umfang richtet sich grundsätzlich nach den Regelungen der Vertretungsbefugnis (Einzel-, Kollektivrecht etc) in der
Satzung.14)
Die Zeichnungsbefugnis ist das von der Verfügungsberechtigung des Kontoinhabers abgeleitete
Recht, über das Konto Dispositionen vorzunehmen
oder diese zu widerrufen.15)
Die Eigentümergemeinschaft gilt als juristische
Person (§ 2 Abs 5 iVm § 18 Abs 1 u 2 WEG), der bestellte Verwalter ist deren gesetzlicher Vertreter. Nach
Ansicht des OGH ist die Eigentümergemeinschaft
idR Verbraucher, solange sie keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.16)
Entgegen der früheren hL und Rsp ist seit der
WRN 2006 ausdrücklich normiert, dass für ein
Handeln der Eigentümergemeinschaft bei Bestellung
eines Verwalters in der Regel nur (iS von „ausschließlich“) dieser vertretungsbefugt ist (§ 18
Abs 3 Z 1 lit a). Ausnahmen von dieser ausschließlichen Vertretungsbefugnis bestehen in Fragen des rechtlichen Verhältnisses zwischen Eigentümergemeinschaft und Verwalter (§ 18 Abs 3 Z 1
lit b), bei Interessenkollision und bestelltem Eigentümervertreter (§ 18 Abs 3 Z 1 lit c, § 22) und bei
Gefahr im Verzug; in letztgenanntem Fall kann
bzw allenfalls muss der Einzelne handeln (§ 30
Abs 3 letzter Satz), in den anderen Fällen vertritt
die Mehrheit der WEer bzw der Eigentümervertreter
die Eigentümergemeinschaft.17)
§ 20 Abs 6 WEG sieht die Einrichtung eines
„Eigenkontos“ der Eigentümergemeinschaft oder eines „Anderkontos“ vor. Anderkonten sind Treuhandkonten, die für bestimmte Berufsgruppen (ua
Immobilienmakler und Immobilienverwalter) unter
bestimmten berufsspezifischen Bedingungen einrichtbar sind.18) Kontoinhaberin ist die Eigentümergemeinschaft mit dem Verwalter als (treuhändig) Verfügungsberechtigtem.
D. Durchbrechung des
Bankgeheimnisses zugunsten
der Eigentümergemeinschaft
und/oder eines einzelnen WEers?
Falls der Verwalter die Einsichtnahme in die Bankbelege grundlos verweigert und deshalb mit einer sofortigen (gerichtlichen) Kündigung rechnen muss,
ist eine Frage des rechtlichen Verhältnisses zwischen
Eigentümergemeinschaft und Verwalter betroffen
und damit eine Ausnahme von der Vertretungsbefugnis des Verwalters gegeben. Die Eigentümergemeinschaft wird in dem Fall durch die Mehrheit
der WEer vertreten (§ 18 Abs 3 Z 1 lit b). Genügt
ein von der Mehrheit der WEer unterfertigtes Auskunftsersuchen unter Bezugnahme auf die Ableh298 immolex 2011
nung der Einsichtsgewährung durch den Verwalter,
um direkt bei der Bank das Eigen-/Ander-Konto
einsehen zu können?
1. Durchbrechungsfälle des § 38 Abs 2 BWG
Das Bankgeheimnis entfällt in den in § 38 Abs 2
angeführten Fällen (bei Straf-/Finanzverfahren,
Verlassenschaften, Pflegschaftssachen, banküblichen
Auskünften, bei ausdrücklicher Kundenentbindung
etc). Nach hL ist jedoch diese Aufzählung nicht abschließend; in bestimmten Fällen könne darüber hinaus eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses gerechtfertigt sein.19)
2. Kontoeinsichtsbefugnis der Eigentümergemeinschaft/des WEers als Ausnahme
gem § 38 Abs 2 BWG oder als Fall einer
zivilrechtlichen Durchbrechung des Bankgeheimnisses?
Weder die zitierte Rsp zu § 20 Abs 6 WEG noch die
Fälle des § 38 Abs 2 lassen eine klare Subsumtion unter eine dieser Ausnahmen zu. Geht man davon aus,
dass die Eigentümergemeinschaft in Streitfällen mit
dem Verwalter (wie im Weigerungsfalle) durch die
Mehrheit der WE vertreten wird, liegt – genau genommen – eine gesetzlich vorgesehene Änderung
der Vertretungsbefugnis vor. Aufgrund dieser Zuständigkeitsänderung – vom Verwalter zur Mehrheit
der WEer – erscheint eine Entbindung vom Bankgeheimnis nicht notwendig. Dadurch ändert sich die
Kontoinhaberschaft der Eigentümergemeinschaft
nicht und es geht damit keine Interessenkonfliktsituation (wie sie bei einigen Ausnahmebestimmungen
des § 38 Abs 2 sehr wohl vorkommen kann) einher.
Die Eigentümergemeinschaft hat bezogen auf ihr Eigenkonto keine vom Verwalter unterschiedlichen Interessen,20) geht es ihr doch zu allererst um die Informationen bezüglich des Kontos. Eine Entbindung
vom Bankgeheimnis wäre nur nötig, falls ein Dritter
(der nicht zugleich WEer ist) in Vertretung für die
Mehrheit Einsicht nehmen soll.
Einem solchen Recht der WEer auf Einsichtnahme ließe sich entgegenhalten, dass § 20 Abs 6
WEG – von der fehlenden Subsumierbarkeit unter
§ 38 Abs 2 abgesehen – nicht in dem in § 38
Iro in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht2 I 1/39, 1/64, 1/74.
Iro in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht2 I 1/80.
OGH 26. 1. 2005, 7 Ob 22/04 t ua.
Prader, WEG 20022 § 18 Anm 6.
Iro in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht2 I 1/170, 1/226.
Sommer/Hirsch, aaO Rz 161 unter Verweis auf die dort zitierte Lehre
wie zB: Jabornegg/Strasser/Floretta, Bankgeheimnis 93; Avancini in
Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht I 2/63; Iro in Avancini/Iro/
Koziol, Bankvertragsrecht II 7/70; Wilhelm, ecolex 1995, 542 (545):
Jabornegg, ÖBA 1997, 663 (665); Apathy, ÖBA 2006, 33 (35); Apathy
in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht2 I 2/62. AA Haushofer/
Schinnerer/Ulrich, KWG § 23 Anm 11; Binder, SWK 1985 A V 9
(12); Nach Laurer, BWG2 § 38 Rz 2, ist eine Durchbrechung des
Bankgeheimnisses auf einfachgesetzlicher Ebene durch andere Normen nicht möglich; dennoch anerkennt dieser trotzdem einige Fälle
der zulässigen Durchbrechung, wie zB die Drittschuldnerauskunft
gem § 301 EO; ahnlich Arnold, ZGV-Service 1981/1 (12, 18).
20) Auch bei einem Anderkonto wäre dies zu verneinen.
14)
15)
16)
17)
18)
19)
WOHNUNGSEIGENTUMSRECHT
Abs 5 definierten, qualifizierten Gesetzgebungsverfahren zustande gekommen ist und deshalb dem
Vorrang des Geheimnisschutzes nicht derogieren
kann.
Es bleibt also noch zu prüfen, ob eine Ausnahme
aufgrund von Interessenabwägung zulässig wäre.
Obzwar eine allgemeine dogmatische Fundierung
fehlt, stützt sich die Rsp im Wesentlichen darauf, dass
ausnahmsweise den Interessen des Kreditinstituts
oder Dritter der Vorrang vor dem Geheimhaltungsinteresse des Kunden einzuräumen ist.21)
Unter Berücksichtigung des Umstands, dass das
Bankgeheimnis ursprünglich als Schutz vor behördlichen Auskunftswünschen konzipiert worden ist und
der historische Gesetzgeber des KWG an eine Kollision von Privatinteressen nicht dachte, lehnt der
OGH einen generellen Vorrang des § 38 ab. Es ist
im Einzelfall zu prüfen, ob § 38 als „lex generalis“ abweichenden privatrechtlichen Spezialregelungen derogiert (hat).22) Nach der hL23) steht § 38 Abs 5 einer
Lückenschließung (iS einer Anerkennung von weiteren Ausnahmebestimmungen) bei der Lösung von Interessenskonflikten zwischen Privaten unter Rückgriff
auf den allgemeinen Gedanken einer Güter- und Interessenabwägung nicht entgegen.
In der Rsp wurden vor allem Durchbrechungen
des Bankgeheimnisses in Bezug auf zivilrechtliche
Auskunfts- und Aufklärungspflichten anerkannt,
etwa gegenüber einem Bürgen oder Pfandbesteller
vor Abschluss eines Sicherheitenvertrags mit diesen
hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit des Hauptschuldners.24) Tritt ein Verbraucher als Mitschuldner,
Bürge oder Garant bei, obliegt dem Kreditinstitut
gem § 25 c KSchG bei Gefährdung der Zahlungsverpflichtung eine besondere Warnpflicht gegenüber
dem Interzedenten, sonst haftet dieser nur, wenn er
seine Verpflichtung trotz einer solchen Information
übernommen hätte.25) Auch nach Abschluss eines
Sicherheitenvertrags bestehen nach allgemeinem Zivilrecht (als unselbständige vertragliche Nebenpflichten) Informationspflichten des Gläubigers gegenüber
dem Sicherheitenbesteller. Der OGH bejaht gem
§§ 1358, 1364, 1366 ABGB einen Auskunftsund Rechnungslegungsanspruchs des Drittpfandbestellers sowie des Bürgen gegenüber der Gläubigerbank, dessen Erfüllung ermöglichen soll, den Umfang seiner Haftung zu bestimmen. Die Weigerung,
solche Auskünfte an Personen zu erteilen, die diese
zur Rechtsdurchsetzung benötigen, wird als Rechtsmissbrauch gewertet. Dem steht auch nicht das
Bankgeheimnis entgegen,26) die Verschwiegenheitspflicht tritt hinter die Drittinteressen zurück.27)
Noch deutlicher fällt die Interessenabwägung bei einer Legalzession, bei der der Dritte in die Rechtsposition des Kreditinstituts als Gläubiger eingetreten
ist, für den Dritten und gegen das Bankgeheimnis
aus.28) Folgt man diesen Prinzipien, könnte eine
Durchbrechung des Bankgeheimnisses zugunsten eines einzelnen WEers aus folgenden Gründen angedacht werden:
& Der einzelne WE ist verpflichtet, zur Abwehr von
Schäden tätig zu werden; etwa besteht bei drohendem Schaden eine Meldepflicht des einzelnen WE
gegenüber dem Verwalter und wenn dieser oder
&
die Eigentümergemeinschaft nicht handelt, sogar
die Pflicht, selbst notwendige Maßnahmen zur
Abwehr von ernsten Schäden zu setzen (§ 30
Abs 3 WEG).
In Analogie zu dem ersatzweisen Handlungsgebot
des einzelnen WE könnte dem einzelnen WE
Kontoeinsicht gewährt werden, sofern er gegenüber der Bank seine Eigentümer-Eigenschaft
und die Weigerung des Verwalters, Einsicht zu
geben, nachweist. Da der Verwalter gem Rsp (s
P 2) die Einsicht, „so oft es der Machtgeber verlangt“, zu gewähren hat, handelt er bei grundloser
Weigerung jedenfalls rechtsmissbräuchlich. Seitens der Bank könnte eine Kausalitätsprüfung in
Bezug auf einen allfälligen Schaden, wie § 30
Abs 3 WEG es vorsieht, entfallen. In Bezug auf
den Vorrang der Interessen des WE vor dem Geheimnisschutz wären die Fälle der Interzedentenhaftung analog heranzuziehen.
Grundsätzlich ist ein Exekutionstitel gegen die Eigentümergemeinschaft nur in die Rücklage oder
in die laufenden Wohnungsbeiträge (einschließlich Forderungsexekution gegen die Eigentümergemeinschaft in Bezug auf zu leistende Zahlungen
einzelner WE) vollstreckbar. Erst bei erfolgloser
Exekutionsführung gegen die Eigentümergemeinschaft normiert das WEG eine anteilige Ausfallshaftung der Miteigentümer (§ 18 Abs 4 WEG).
Fraglich ist, ob im Hinblick auf die „bloß“ subsidiäre Haftung des einzelnen WE bereits bei erstmaliger Auskunftsverweigerung des Verwalters
die Interessensabwägung zugunsten des WE
durchschlägt oder erst, wenn der Haftungsfall eintritt. Die Konstellation ist mit der eines Ausfallsbürgen vergleichbar,29) dessen Haftung und Regressansprüche (außer in Fällen des § 1356
ABGB) grundsätzlich erst nach erfolgloser Geltendmachung beim Hauptschuldner eintreten.
IdS wäre eine Durchbrechungswirkung in Bezug
auf das Bankgeheimnis wohl erst bei Eintritt eines
Haftungsfalls anzunehmen.
21) Sommer/Hirsch, aaO § 38 Rz 322.
22) OGH 2. 2. 1984, 6 Ob 613/83 JBl 1984, 614; ähnlich Jabornegg/
Strasser/Floretta, Bankgeheimnis 94; Wilhelm, ecolex 1995, 542
(545); Sommer/Hirsch, aaO § 38 Rz 324.
23) Sommer/Hirsch, aaO § 38 Rz 325; sowie die hL, etwa Jabornegg/Strasser/Floretta, Bankgeheimnis 142 und 150; Apathy in Apathy/Iro/Koziol,
Bankvertragsrecht2 I 2/63 und 2/145 ff ua; aA Laurer, BWG3 § 38
Rz 2.
24) Sommer/Hirsch, aaO § 38 Rz 337; OGH 25. 5. 1983, 3 Ob 526/83
SZ 56/81 ua; vgl auch Harrer in Schwimann, ABGB3 § 1300 Rz 88
mwN; Rsp-Übersicht bei Greiter, Bankgeheimnis 16; idS auch
Avancini, JBl 1985, 193 (201); Arnold, ÖBA 1986, 359 (360) ua.
25) Sommer/Hirsch, aaO § 38 Rz 338.
26) Sommer/Hirsch, aaO § 38 Rz 342, 343; 5 Ob 510/85 ÖBA 1986/4,
411 (Jabornegg); 6 Ob 590/91 ÖBA 1992/338, 654 (Jabornegg) ua;
Gamerith in Rummel 3 § 1358 Rz 3 u § 1364 Rz 7; Mader/W. Faber
in Schwimann, ABGB3 II/3 § 1364 Rz 14 u § 1368 Rz 18; Avancini
in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht I 2/69; Apathy in Apathy/
Iro/Koziol, Bankvertragsrecht2 I 2/134; aA Laurer, BWG3 § 38 Rz 2.
27) Sommer/Hirsch, aaO § 38 Rz 343.
28) 6 Ob 613/83 JBl 1984, 614 ua.
29) OGH Wien 29. 9. 1997, 10 R 26/97 k.
immolex 2011 299
WOHNUNGSEIGENTUMSRECHT
SCHLUSSSTRICH
Wird grundsätzlich anerkannt, dass die Eigentümergemeinschaft gegenüber der Bank das Recht auf Kontoeinsicht hat, und geht man weiters davon aus, dass
dieses Recht dann wirksam wird, wenn der Verwalter die Auskunft darüber verweigert (Fall des Übergangs der Vertretungsbefugnis auf die Mehrheit der
WE), dann könnte ein entsprechendes schriftliches
Ersuchen der Mehrheit ausreichen, um die Kontrolle
des Verwalterhandelns gegenüber der kontoführenden Bank umzusetzen, ohne dass diese sich auf das
Bankgeheimnis berufen könnte oder müsste.
300 immolex 2011
Im Lichte der zivilrechtlichen Rsp zur Durchbrechung
des Bankgeheimnisses lassen sich durchaus Argumente
für eine Interessensabwägung zugunsten des Auskunft
verlangenden WE finden. Eine klare gesetzliche Regelung, in welchen Zeitabständen und unter welchen
Voraussetzungen eine (direkte) Einsichtnahme bei der
Bank zulässig sein soll, erscheint jedoch aufgrund des
weiten Auslegungsspielraums in Bezug auf die Rechtsmissbrauchsgrenze und im Sinne eines gesetzmäßigen
Fundaments (Art 38 Abs 5 BWG iVm Art 18 B-VG)
geboten.