Eine altbekannte Fischart in neuer Qualität

Transcription

Eine altbekannte Fischart in neuer Qualität
:
N e u e S e r ie
Kabeljau aus
norwegischer
Aquakultur
Eine altbekannte
Fischart in neuer Qualität
Das Kabeljaufarming hat in den letzten Jahren beachtliche Fortschritte gemacht. FischMagazin möchte seine Leser in einer
neuen Serie über die Aquakultur des Kabeljaus, seine Aufzucht vom Ei bis zum vermarktungsfähigen Fisch informieren. Wir
berichten, wie weit die Entwicklung des Kabeljaufarmings vorangeschritten ist, an welchen Problemen man arbeitet und
welche Lösungen sich abzeichnen.
S
einetwegen wurden Kriege
geführt, Inseln entdeckt und
große Teile Nordamerikas
besiedelt, heißt es im Klappentext
zu Mark Kurlanskys Buch „Kabel50 FischMagazin 10 / 2008
jau. Der Fisch, der die Welt veränderte“. Mag sein, dass der Titel
vielleicht etwas zu dick aufträgt,
doch die Rolle, die diese Fischart
über viele Jahrhunderte gespielt
hat, kann tatsächlich kaum hoch
genug wertgeschätzt werden.
Die Kabeljaufischerei ernährte
Millionen Menschen – nicht nur
in den nordischen Ländern. Ge-
trocknete und gesalzene Kabeljauprodukte handelte man schon
über Grenzen von Ländern und
Kontinenten hinweg, als das Wort
Globalisierung noch gar nicht
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Man hatte in der anfänglichen Euphorie
einfach die Schwierigkeiten unterschätzt,
Te il 1
Te il 2
Schwierigkeiten
der Kabeljauzucht im industriellen Maßstab unterschätzt
Teil 3
Man kann darüber streiten, ob der Kabeljau
tatsächlich die Welt verändert hat. Unbestreitbar ist jedoch, dass die Welt den Kabeljau, genauer gesagt den Zustand zahlreicher
atlantischer Bestände, verändert hat. Vor
Laicherbestand und Eierbrütung
Teil 4
Fangmengen in den letzten
50 Jahren deutlich gefallen
Das weckte Hoffnungen, die – wie wir heute
wissen – reichlich überzogen waren. Noch
vor wenigen Jahren prognostizierten viele
Experten, dass die Kabeljauzucht wesentlich schneller und dynamischer wachsen
werde als die Lachsproduktion. Gut 400.000
t werde allein Norwegen im Jahr 2015 produzieren. Inzwischen zeichnet sich ab, dass
solche Mengen in so kurzer Zeit kaum zu
schaffen sein werden.
Geschichte des Kabeljaufarmings
Larvenaufzucht und Ongrowing
Teil 5
erfunden war. Der Kabeljau beeinflusste
wie keine andere Fischart die Entwicklung
in seinen Herkunftsregionen; Größe und
Qualität der Kabeljaufänge entschieden
über Wohl und Wehe, die wirtschaftliche
Prosperität ganzer Landstriche. Damals wie
heute ist dieser Fisch aber vor allem eines:
ein hochwertiges, gesundes, schmackhaftes
und deshalb zu Recht überaus geschätztes
Lebensmittel.
Welche Folgen die übermäßige Fischerei
auf diesen Fisch haben kann, zeigt sich besonders einprägsam vor der Ostküste Nordamerikas. In den 1960er Jahren wurden dort
jährlich noch ungefähr 1,5 Mio. t Kabeljau
gefangen, jetzt ist die Fangmenge auf klägliche 40.000 t geschrumpft. Dem weltweiten Appetit auf Kabeljau haben diese Entwicklungen keinen Abbruch getan – doch
woher soll der Fisch kommen, wenn nicht
mehr genügend gefangen wird? Als Lösung
des Problems bietet sich die Aquakultur
an, denn ähnlich wie Lachs, Forelle oder
Tilapia lässt sich auch Kabeljau in Farmen
produzieren. In mancherlei Hinsicht eignet
sich Kabeljau sogar besser für die Farmaufzucht als der Lachs, wie erste Versuche in
Norwegen, Kanada und UK zeigten.
Biologie des Kabeljaus und Voraussetzungen für seine Aquakultur
Farmaufzucht in
schwimmenden Netzgehegen
Teil 6
Foto: NSEC
allem in den letzten Jahrzehnten, in denen
der fischereiliche Druck so angewachsen
ist, dass einige Kabeljaubestände unterhalb
sicherer biologischer Grenzen gerutscht
sind. Diese Grenze gibt die Mindestbiomasse an, die notwendig ist, um den Bestand auf
dem gewünschten (fischereilich nutzbaren)
Niveau zu halten. In den letzten 50 Jahren
sind die Jahresfänge an Kabeljau im Nordatlantik von durchschnittlich 2,5 bis 3 Mio. t
auf Mengen deutlich unter 1 Mio. t gefallen.
Im Jahr 2006 wurden laut FAO-Statistik lediglich 823.482 t Kabeljau legal gefangen.
Neue Serie:
Kabeljau – Inhalt
Verarbeitung des Farmkabeljaus
Teil 7
Das Kabeljaufarming hat in den letzten
Jahren beachtliche Fortschritte gemacht.
Die Produktion steigt und ist wesentlich
stabiler geworden.
Märkte, Preise, Perspektiven
+++ Körperbau, Färbung und Lebensweise +++ Verbreitungsgebiet +++ Ernährung und Fortpflanzung +++ Umweltansprüche +++ Eignung für die Aquakultur
+++ Gliederung des Farmprozesses +++
+++ Capture-based Aquaculture +++
Erbrütung zur Stützung der Wildbestände
+++ Larvenaufzucht in Mesokosmen +++
Fortschritte in der Erbrütungstechnologie
+++ Besatzprogramme +++ Probleme
des Farmings +++
+++ Hatcheries +++ Laicherbestand
+++ Fütterung der Elterntiere +++ Natürliches Ablaichen +++ Eigewinnung und
-erbrütung +++ Staatliche und private
Zuchtprogramme +++
+++ Besatzdichten +++ Fütterung mit
angereicherten Rotatorien +++ Weaning
+++ Green Water +++ Verhinderung von
Kannibalismus +++ Krankheitsprophylaxe
+++ Alternative Aufzuchtverfahren +++
Fütterung mit Wildplankton +++
+++ Bauweise der Netzgehege +++
Verhalten der Farmfische +++ Futter und
Fütterung +++ Problem der vorzeitigen
Reifung +++ Escapes +++ Entwicklung
von Vakzinierungsprogrammen +++
+++ Kontinuität der Farmproduktion
+++ Unterschiede und Gemeinsamkeiten
zwischen Farm- und Wildkabeljau +++
Integrierte Unternehmen +++ Ablauf des
Verarbeitungsprozesses +++ Typische
Produkte +++ Anstieg der Produktionsmenge +++ Farmprojekte in anderen
Ländern +++
+++ Produktionskosten +++ Preisniveau
und Einsparungsreserven +++ Marketing
und Zielmärkte +++ Bio-Produktion +++
FischMagazin 10 / 2008
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[ skandinavien ]
die mit der Kabeljauzucht im
industriellen Maßstab verbunden sind. Mehr noch als die
technischen und biologischen
Probleme setzten den frühen Kabeljaufarmern oft die finanziellen
Belastungen zu. Kabeljaufarming
ist nicht nur technologie- sondern auch kapitalintensiv. Als die
Norweger vor 40 Jahren mit der
Lachszucht begannen, gab es auf
Farmkabeljau unter Preisdruck zu
setzen. Wer unter solchen Marktbedingungen mit der Kabeljauzucht beginnt, braucht deshalb
nicht allein Geld und Fachwissen,
sondern auch Courage und Pioniergeist.
Doch es ist auch unübersehbar,
dass das Kabeljaufarming in den
letzten Jahren beachtliche Fort-
– wie beim Lachs – ganzjährig mit
frischem Kabeljau aus Aquakultur
versorgt werden können.
Bei vielen potentiellen Kunden
wächst das Interesse am Kabeljau
aus Aquakultur, selbst wenn er
etwas teurer sein sollte als seine
gefischten „wilden“ Artgenossen.
Ein neuer Trend, der nicht allein
von der breiten öffentlichen Dis-
Farmkabeljau lässt sich marktgerecht das ganze Jahr über in kontrollierter Qualität produzieren und ist
jederzeit frisch verfügbar.
dem Markt praktisch keine wilden
Atlantiklachse mehr.
Die Nachfrage für Lachs aus der
Farm musste erst geschaffen werden, das Produkt konnte jedoch
ohne Konkurrenz und den damit
verbundenen Preisdruck starten. Beim Kabeljau ist die Situation entgegengesetzt: der Markt
für den Fisch ist vorhanden, die
Nachfrage groß. Dafür gibt es aber
noch wilden Kabeljau aus der Fischerei. Zwar nicht mehr genug,
um alle Wünsche zu befriedigen,
aber noch ausreichend, um den
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schritte gemacht hat. Vor allem in
Norwegen, wo man sehr viel Geld
in Forschung und Entwicklung
gesteckt hat, um die Technologie
voranzutreiben und praktische
Lösungen für offene Fragen der
Kabeljauaufzucht zu finden. Das
Engagement beginnt sich auszuzahlen, das Geschäft mit dem
Farmkabeljau reift langsam zu
einer regulären Industrie. Immer mehr Farmbetriebe werden
gegründet, die Produktion steigt
allmählich und ist wesentlich
stabiler geworden. Der Zeitpunkt
rückt näher, an dem die Märkte
kussion um die Überfischung einiger Kabeljaubestände und dem
Wunsch der Verbraucher nach
mehr Nachhaltigkeit getrieben
wird. Es sind auch Qualität und
Frische, mit denen Farmkabeljau überzeugt. Die norwegischen
Farm­kabeljau-Exporte sind von
2002 bis 2006 um fast das Fünfzehnfache gestiegen.
Norwegen ist Pionier
der Kabeljauzucht
Interessanter und spannender
könnte die Situation also kaum
sein. Wir werden Zeitzeugen
einer Entwicklung, die das Potential hat, den Weißfischmarkt
in absehbarer Zukunft stark zu
verändern. Kabeljau aus der Fischerei wird auch weiterhin wirtschaftlich bedeutend bleiben,
doch daneben wird der Farmkabeljau den ihm gebührenden
Platz finden. Marktgerecht in
kontrollierter Qualität produziert, das ganze Jahr über frisch
verfügbar.
Noch sind längst nicht alle Probleme der Aufzucht gelöst, neben
den Erfolgen wird es auch manchen Fehlschlag geben. Doch
die Produktion hat begonnen
und gewinnt an Dynamik. Mit
unserer Serie konzentrieren wir
uns hauptsächlich auf Norwegen. Wie in der Lachszucht gehört
das Fjordland auch beim Kabeljaufarming zu den Pionieren der
Entwicklung. Mit einer Jahresproduktion von fast 15.000 t ist Norwegen schon jetzt der weltweit
größte Produzent für Farmkabeljau. Das ist zwar noch nicht allzu
viel, doch die Menge dürfte wohl
schnell wachsen.
In
Norwegens
Aquakultur
herrscht eine Aufbruchstimmung
wie in den Anfangsjahren der
Lachszucht. Es wird kräftig investiert, Unternehmen der Branche fusionieren, man erschließt
neue Märkte. Wer wissen will, was
Märkte und Verbraucher in den
nächsten Jahren erwartet, muss
mk
nach Norwegen blicken.
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