Die Nutzung einer Wohnung zu touristischen Zwecken ist eine

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Die Nutzung einer Wohnung zu touristischen Zwecken ist eine
Immobilienrecht: FH-Doz. Mag. Kothbauer informiert
Ausgabe 31/2014 | 30. Juli 2014
Wohnungseigentum:
Die
Nutzung
einer
Wohnung zu touristischen Zwecken ist eine
genehmigungsbedürftige Umwidmung
(§ 828 Abs 1 ABGB; § 16 Abs 2 Z 1 WEG)
Der OGH (5 Ob 59/14h) hat festgestellt, dass
die touristische Nutzung eines als Wohnung
pflichtig),
gewidmeten
der
Wohnungseigentumsobjekts
selbst dann eine nach § 16 Abs 2 WEG
weil
genannten
das
Vorliegen
Voraussetzung
einer
für
das
Änderungsrecht zweifelhaft ist, so bedarf es
Umwidmung
der Zustimmung aller Wohnungseigentümer
darstellt, wenn von einer solchen Umwidmung
(= Sachverfügung nach § 828 Abs 1 ABGB).
nur eine einzige Wohnung im Haus betroffen
Die fehlende Zustimmung kann auf Antrag
ist. Dass es bei einer touristischen Nutzung
bei Vorliegen aller negativen (§ 16 Abs
einer
genehmigungsbedürftige
einer
2 Z 1 WEG) wie auch positiven (§ 16 Abs 2
höheren Frequentierung des Wohnhauses
Wohnung
Z 2 WEG) Voraussetzungen durch einen
durch
Beschluss
ständig
zwangsläufig
wechselnde
zu
hausfremde
des
Außerstreitrichters
ersetzt
Personen kommt und damit die Möglichkeit
werden (§ 52 Abs 1 Z 2 WEG), der somit
einer
über
Beeinträchtigung
Interessen
anderer
schutzwürdiger
Wohnungseigentümer
die
Genehmigungsfähigkeit
genehmigungsbedürftigen
besteht, liege auf der Hand.
entscheiden hat.

Rechtlicher Hintergrund:
Liegt
für
eine
einer
Maßnahme
zu
genehmigungsbedürftige
Maßnahme weder die Zustimmung aller
Nach
§
16
Abs
Wohnungseigentümer
(einschließlich
2
WEG
zu
der
übrigen Wohnungseigentümer noch eine
Änderungen
Genehmigung durch den Außerstreitrichter
ist
Widmungsänderungen)
an
vor,
so
handelt
der
die
Änderung
seinem Wohnungseigentumsobjekt auf seine
vornehmende
Kosten berechtigt; dabei gilt Folgendes:
unerlaubt
Die Änderung darf weder eine Schädigung
unerlaubte Eigenmacht können sich die
des Hauses noch eine Beeinträchtigung
anderen Wohnungseigentümer im Wege
schutzwürdiger
der Eigentumsfreiheitsklage (§ 523 ABGB) zur
Interessen
Wohnungseigentümer,
keine
der
anderen
besonders
Beeinträchtigung
der
auch
Wohnungseigentümer
eigenmächtig.
Gegen
diese
Wehr setzen.
äußeren
Erscheinung des Hauses, noch eine Gefahr

Sachverhalt:
für die Sicherheit von Personen, des Hauses
oder
von
anderen
Sachen
zur
Folge
Der von einem anderen Wohnungseigentümer
haben (Z 1). Werden für eine Änderung
beklagte
auch allgemeine Teile der Liegenschaft in
vermietete seine Wohnung als „Appartement
Anspruch genommen, so muss die Änderung
A***** M*****“ für 2 bis 4 Personen über
überdies entweder der Übung des Verkehrs
das Internet und auch über den örtlichen
entsprechen oder einem wichtigen Interesse
Tourismusverband I*****, also im Weg einer
des Wohnungseigentümers dienen (Z 2).
„touristischen“ Vermarktung, bislang über
Wohnungseigentümer
M.
M.
Zeiträume von 2 bis 30 Tage, also auf
Erweist
sich
eine
Änderung
als
„kurzfristige“ Dauer.
genehmigungsbedürftig (= genehmigungs-
www.onlinehausverwaltung.at
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Immobilienrecht: FH-Doz. Mag. Kothbauer informiert
Ausgabe 31/2014 | 30. Juli 2014
 Rechtliche Beurteilung des OGH:
Wohnung zwangsläufig zu einer höheren
Frequentierung
des
Wohnhauses
durch
Der in § 16 Abs 2 WEG verwendete Begriff
ständig wechselnde hausfremde Personen
„Änderungen“ ist weit auszulegen und umfasst
kommt, liegt auf der Hand. Wenn das
insbesondere auch die im Gesetz ausdrücklich
Berufungsgericht aufgrund dieser Sachlage
genannten
bei
Widmungsänderungen.
Jede
1
einer
nach
den
typischerweise
schutzwürdiger
anderer
genutzten Wohnanlage die Möglichkeit einer
bringen
Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen
könnte, wofür also schon die Möglichkeit
anderer Wohnungseigentümer bejaht hat,
einer
dann liegt darin auch dann eine vertretbare
Interessen
Wohnungseigentümer
mit
Beeinträchtigung
sich
genügt,
bedarf
zu
Feststellungen
solche Änderung, die eine Beeinträchtigung
Dauerwohnzwecken
Mitglieder
der
Einzelfallbeurteilung,
oder
der
Wohnanlage nur eine solche Wohnung,
Genehmigung durch den Außerstreitrichter
nämlich jene des Beklagten, im dargestellten
in einem Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2
Sinn verwendet wird. Da sich somit keine
WEG. Vom Streitrichter ist in einem solchen
erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502
der
Zustimmung
aller
Eigentümergemeinschaft
2
Fall
nur
die
der
Änderung
Genehmigungsbedürftigkeit
und
die
eigenmächtige
wenn
in
dieser
Abs 1 ZPO stellt, ist die Revision des Beklagten
unzulässig und zurückzuweisen.
Rechtsanmaßung als Vorfrage über die
Berechtigung
des
Unterlassungs-
und

Anmerkung:
Wiederherstellungsbegehrens zu prüfen; die
Genehmigungsfähigkeit ist dagegen nicht
Bereits in der – im vorliegenden Judikat
Gegenstand dieses Verfahrens.3
mehrfach
erwähnten
–
Entscheidung
3
Ob 158/11y war der OGH zur Feststellung
Der OGH hat bereits ausgesprochen, dass die zu
gelangt,
Fremdenverkehrszwecken
Beherbergungsverträgen
vorgenommene
Vermietung
eines
als
Wohnung
gewidmeten
Wohnungseigentumsobjekts
dass
der
Abschluss
nicht
von
der
Widmung von Wohnungseigentumsobjekten
als
Wohnungen
entspricht.
Vom
hier
hat
sich
für die Dauer von jeweils 3 bis 7 Tagen eine
gegenständlichen
genehmigungspflichtige Widmungsänderung
der
darstellt.4
unterschieden, dass dort gleich mehr als
damalige
Sachverhalt
Fall
lediglich
dadurch
ein Drittel aller Wohnungen eines Hauses
Zum Sachverhalt: Mit dieser Entscheidung
(insgesamt
steht die vom Berufungsgericht auch im
touristischen Nutzung zugeführt wurden.
vorliegenden
Einzelfall
Genehmigungspflicht
es
bei
einer
im
zehn
Wohnungen)
einer
angenommene
Einklang.
touristischen
Dass
Nutzung
der
Über
die
Genehmigungsfähigkeit
der
Umwidmung war im vorliegenden (streitigen)
Unterlassungsverfahren (wie auch in der
Entscheidung 3 Ob 158/11y) indes nicht zu
1 5 Ob 277/04b; 3 Ob 158/11y (= Newsletter vom 9.
Mai 2012) mit weiteren Nachweisen.
urteilen.
2 5 Ob 207/01d und 3 Ob 158/11y (= Newsletter vom
9. Mai 2012), jeweils mit weiteren Nachweisen.
3 RIS-Justiz RS0083156 [T20]; siehe jüngst etwa 5 Ob
25/13g (= Newsletter vom 4. Dezember 2013) oder
5 Ob 204/13f (= Newsletter vom 14. Mai 2014).
4 3 Ob 158/11y (= Newsletter vom 9. Mai 2012).
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