Das Rundum-Sorglos-Paket

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Das Rundum-Sorglos-Paket
© 2007 Carl Hanser Verlag, München
www.cad-cam.de
Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern.
DESIGNERWERKZEUG
P R AX I S
Das Rundum-Sorglos-Paket
Wa s h a b e n d e r A p p l e I I c , H a n s g r o h e - D u s c h k ö p f e , Ka Vo - Z a h n a r z t s t ü h l e , W i n d o w s X P u n d d a s
Te r m i n a l 1 d e s F r a n k f u r t e r F l u g h a f e n s g e m e i n s a m ? I h r A u s s e h e n w u r d e v o n F r o g D e s i g n m i t h i l f e v o n 3 D - C A D k o n z i p i e r t . S e i t 19 9 4 a r b e i t e t F r o g D e s i g n m i t P r o / E n g i n e e r ; d a b e i g r e i f e n d i e
Designer auf das Softwarehaus Inneo für Softwaresupport und Hardware zurück.
IN DER GARAGE GING`S LOS. Frog
Design ist eine der weltweit bekanntesten Designschmieden, deren
Markenzeichen es ist, dass sich die
Designs eben nicht auf einer bestimmten, Frog-spezifischen, sondern vielmehr auf einer kundenspezifischen Linie bewegen. Gegründet
wurde das Unternehmen 1964 von
Hartmut Esslinger in der sprichwörtlichen Garage im Schwarzwaldort Altensteig.
Den Namen ›Frog Design‹ erhält
das Unternehmen 1982 mit dem
Sprung über den großen Teich, wo
in Kalifornien ein zweites Büro eröffnet wird. Erster Kunde war der
Fernsehhersteller Wega, der später
von Sony aufgekauft wurde, was
wiederum für Esslinger die Chance
bedeutete, in Japan Fuß zu fassen.
Erfolge feierte er auch mit dem
Hansgrohe-Duschkopf Tribel, und
bei der Zusammenarbeit mit KaVo
Dental, Hersteller von Einrichtungen und Instrumenten für Zahnärzte und Dentallabore. 1980 begann
die
Zusammenarbeit
mit Steve Jobs, bei der als
Meilenstein des Computerdesigns der Apple IIc
entstand.
In den 1990er-Jahren
prägte Frog Design den
Markenauftritt der Lufthansa. Die Ausstattung
der Check-in-Counter
und der Lounges thematisiert die Formensprache der JU52 aus der
Gründerzeit der Lufthansa. Im Jahr 2000 begannen die Arbeiten am
Visual Design von Windows XP, auch der Internetauftritt von Dell, der
Internet- und Messeauftritt von SAP und viele
Disney-Produkte wurden bei Frog in Form gebracht.
Neben das Produktdesign trat im Laufe der
Zeit eine ganze Palette
Berthold Engler,
Senior Designer bei
Frog Design:»Das Design muss grob feststehen, bevor man
das Volumenmodell
aufbaut, weil man
vorher wissen sollte,
wie das Endergebnis
aussieht, um Parameter und Constraints
richtig setzen zu können.« (Alle Bilder:
Frog Design)
an
Dienstleistungen,
vom Branding, also dem
Aufbau und Einsatz von
Marken über Webdesign,
Multimediadesign, Softwareentwicklung, Engineering oder Beratung.
Frog Design hat heute
neun Standorte; der
Hauptsitz befindet sich
in Palo Alto, weitere USBüros finden sich in
Austin, New York, San
Francisco, San Jose und
Seattle. In China wurde
ein Büro in Shanghai eröffnet, auch in Mailand
ist Frog vertreten; die
deutsche Niederlassung
ist seit 2004 in Herrenberg. Über 350 Mitarbeiter arbeiten für Frog Design.
Die CAD-Geschichte
bei Frog Design reicht,
wie erwähnt, weit zurück: 1987 wurde im daCAD CAM 9-10 / 2 0 0 7
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Die direkte Umsetzung der Flächendaten in reale Modelle ist den Designern ein
Anliegen.
maligen Büro in Sunnyvale, Kalifornien, ein Hochleistungsrechner mit
dem 3D-System MEDS installiert,
ein Jahr später auch in Deutschland.
Berthold Engler, Senior Designer
und seit 1988 bei Frog Design, er-
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heit der Kunden noch gar kein
CAD-System nutzte.
Anfang der 1990er-Jahre wurde
vier Jahre lang Icem DDN eingesetzt, 1995 in den USA beziehungsweise 1996 in Deutschland kam
dann Pro/E ins
Haus. Eine ZeitF r o g p r ä s e n t i e r t d e m K u n d e n l i e b e r M o d e l l e . lang wurden beiI m B i l d n ä m l i c h l a s s e n s i c h P r o p o r t i o n e n u n d de Systeme parallel eingesetzt, aber
H a p t i k s c h l e c h t e r o d e r g a r n i c h t b e u r t e i - die enge Zul e n . F ü r V i l l e r o y & B o c h h a t d i e F i r m a sammenarbeit
zwischen
den
d e s h a l b s c h o n k o m p l e t t e B a d e w a n n e n i n Frog-Studios
O r i g i n a l g r ö ß e g e f r ä s t . machte eine einheitliche Systemlandschaft notinnert sich: »Das war ein wahnsinwendig. Mit Pro/E weitete sich der
nig teures Gerät, die AnschaffungsCAD-Einsatz bei Frog dann auch
kosten lagen bei etwa 1,5 Mio. DM,
aus. War Engler ursprünglich der
die jährlichen Wartungskosten bei
einzige Full-Time- CAD-Anwender
85 000 DM. Aber wir konnten erstim deutschen Büro, bekam er schon
mals direkt unsere Formen, die wir
zu Icem-Zeiten einen weiteren Kolin 3D erzeugt hatten, in die Realität
legen.
umsetzen. Wir nutzten von Anfang
Pluspunkt:
an CAM, um gefräste Modelle zu erPa r a m e t r i k v o n P r o / E
stellen, Renderings waren für uns
weniger wichtig.
Seit der Einführung von Pro/E sind
Das Problem bei dem Schritt
weltweit über 20 Arbeitsplätze invom Entwurf zum realen Modell ist,
stalliert worden. Der Hauptgrund
dass eine 2D-Zeichnung zu viel
für die Entscheidung für Pro/E war
Interpretationsspielraum für Modie Parametrik, die gerade im Dedellbauer und Werkzeugmacher
signbereich sehr wertvolle Dienste
lässt. Mit CAM konnten wir schon
leistet, wie Engler sagt: »Wir standen
unsere Flächendaten 1:1 im Modell
beispielsweise beim Design einer
umsetzen.«
Settop-Box vor der Aufgabe, die geZu dieser Zeit spielte der Datensamte Box um 20 Prozent zu vergröaustausch noch eine untergeordnete
ßern. Wir hatten am Design parallel
Rolle, da die überwiegende Mehrzur Elektronikentwicklung gearbei16
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tet, und es stellte sich heraus, dass
die Elektronik im Innern unseres
Gehäuses größer ausfiel als geplant.
Da das Pro/E-Modell entsprechend
aufgebaut war, ließen sich alle Gehäuseteile durch Verändern weniger
Hauptmaße auf die neue Größe anpassen.«
Der Prozess bei Frog Design ist in
drei Phasen eingeteilt: Designfindung, Designdefinition und Produktionsbegleitung. In der ersten
Phase werden nach dem Briefing
durch den Kunden Skizzen und erste 3D-Modelle erstellt. Hierbei
kommt je nach Ausrichtung des
Projekts – eher design- oder eher
techniklastig – Alias oder Pro/E zum
Aufbau der Flächenmodelle zum
Einsatz, danach werden die ersten
PU-Schaummodelle gefräst. Wurde
Alias eingesetzt, übernehmen die
Designer die Daten in Pro/E, um
NC-Programme zu erstellen. Schon
in diesem Stadium werden Trennungen zwischen den Teilen des Gehäuses festgelegt.
Am Ende der ersten Phase stehen
ein oder mehrere lackierte PUSchaummodelle, die dem Kunden
präsentiert werden. »Wir präsentieren dem Kunden grundsätzlich lieber Modelle«, erläutert Engler, »im
Bild nämlich lassen sich Proportionen und Haptik schlechter oder gar
nicht beurteilen. Für Villeroy &
Boch haben wir schon komplette
Badewannen in Originalgröße gefräst.«
In der zweiten Phase wird das
Produkt von Grund auf in Pro/E
modelliert. Stehen die Flächen grob
fest, wird ein Volumenkörper daraus
erzeugt und im Falle eines Gehäuses
die Wandstärke festgelegt. »Das Design muss grob feststehen, bevor
man das Volumenmodell aufbaut«,
sagt Engler, »weil man schon in etwa
wissen muss, wie das Endergebnis
aussieht, um Parameter und Constraints richtig setzen zu können.«
Referenzdatein
nacheinander aufbauen
Die Frog-Designer setzen dabei eine
spezielle Vorgehensweise ein, bei der
sie mehrere Referenzdateien aufeinander aufbauen lassen. In der unter-
sten Referenzdatei sind ausschließlich die Hauptkurven und Flächen
des Produkts gespeichert, das Volumenmodell und die technischen
Elemente werden in davon abhängigen Dateien abgelegt. Dies hat den
Vorteil, dass zum einen der Kunde in
der oberen Datei seine technischen
Features anbringen kann, ohne in
Gefahr zu kommen, das ursprüngliche Design zu verändern; zum anderen können die Designer durch Veränderung der Hauptgeometrien
auch noch in einer sehr späten Phase
Designänderungen durchführen.
»Das CAD-Modell muss dann
auf Kundenseite durchregeneriert
werden, damit dieser die Änderungen in die Teileebene übernehmen
kann«, so Engler weiter. »Wenn die
Teile gut aufgebaut sind, sind wir bis
zum Ende der Konstruktionsphase
sehr flexibel. Zu Projektbeginn legen
wir zusammen mit dem Kunden
den Modell- und Datenaufbau fest.
Die Arbeit, die man in diesen Punkt
investiert, rechnet sich bis zum Ende
des Prozesses vielfach.« Der Aufbau
des Modells spiegelt sozusagen die
Arbeitsteilung zwischen Designer
und Kunde wider.
Engler ergänzt: »Früher setzten
wir in Phase 2 noch oft Alias ein,
heute zu etwa achtzig Prozent Pro/E.
Die Flächenfunktionen sind besser
als bei den meisten parametrischen
Systemen und bieten uns die Möglichkeiten, die wir für unsere Modellierung benötigen. Auch wenn der
Kunde kein Pro/E einsetzt, lassen
sich die Modelle über Step oder Iges
meist problemlos weitergeben. Für
Simulationen nutzen wir in den
USA Pro/Mechanica, ansonsten
überwiegend Pro/E Foundation.
Das spezielle Design-Modul ISDX
von PTC benutzen wir in Deutschland noch nicht, da dieses Modul
nicht bei allen unseren Kunden vorhanden ist.«
Sind Modellierung und Design
abgeschlossen, beginnt die dritte
Phase, auch hier bilden die Pro/EDaten die Basis für die Auswahl und
Gestaltung der Produktionsabläufe,
für die Begutachtung der Serienwerkzeuge und die Überwachung
des Serienanlaufs. Beim Werkzeugund Formenbau ist es ein großer
Vorteil, dass nach Aussagen Englers
über 70 Prozent der Formenbauer
mit Pro/E arbeiten, der Datenaustausch also völlig nahtlos möglich
ist. Die Kunden buchen je nach Bedarf den Dienstleistungsumfang aus
dem Frog-Portfolio; nicht selten
kommt es dabei vor, dass die Kunden die Leistung sukzessive erweitern. So wollte Schalterhersteller
Popp eigentlich lediglich eine neue
Schalterserie gestalten lassen, am
Ende übernahm Frog Design das
komplette Engineering. Auch Storagehersteller Maxtor fragte ursprünglich ein Design für ein neues
Gerät an. Am Ende überarbeitete
Frog Design nicht nur die gesamte
Produktpalette, sondern auch die
Oberfläche der zugehörigen Backup- und Verwaltungssoftware.
»Ursprünglich wurden wir von
PTC betreut«, sagt Bertold Engler,
»doch 1997, als PTC seine Vertriebspolitik änderte, wurden wir an
P R AX I S
Der Aufbau des Modells spiegelt die Arbeitsteilung zwischen Designer und Kunde wider. Hier
Fräs- (oben) und 3D-CAD-Modell (unten) einer SetTop-Box.
Rand, heute Inneo, weitergegeben.
Zunächst waren wir darüber nicht
glücklich – wir fürchteten um den
Draht zum Softwarehersteller –,
doch es stellte sich schnell ein gutes
Verhältnis ein.
Anfänglich hatten wir SGI-Hardware, mit dem Umstieg auf Windows wechselten wir auf HP-Maschinen. Jetzt beziehen wir unsere
komplette Hard- und Software von
Inneo.«
Ralf Steck
@
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