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12.11.2007, 16:23
Restaurantkritiker Manfred Kohnke
"In vielen Lokalen sind die Produkte drittklassig"
Von Patricia Bröhm
Manfred Kohnke ist ein gefürchteter Gast. Der Chefredakteur des deutschen
"Gault Millau" kennt die Marotten der Küchenchefs und Grenzen der
Restaurantkritik.
Mehrmals pro Woche verzehrt er - berufsbedingt - ein mehrgängiges Menü der
Spitzenklasse. Manfred Kohnke, der Chefredakteur des deutschen "Gault Millau",
bewertet und porträtiert seit 25 Jahren die deutsche Gastronomie - mal ironisch,
mal polemisch und immer "ohne Unfehlbarkeitsanspruch", wie er im Interview mit
der SZ sagt.
Manfred Kohnke: Minderwertige Qualität entgeht seiner Nase nicht so leicht. (© Foto: dpa)
SZ: Herr Kohnke, Sie haben in Saarbrücken Klaus Erfort zum "Küchenchef des
Jahres 2008" gekürt. Was hat er, was andere nicht haben?
Manfred Kohnke: Klaus Erfort hat diese intelligente Form der Kreativität. Was er
sich ausdenkt, hat immer Hand und Fuß, ist nachvollziehbar vom Gedankengang
her. Sein Ideenreichtum ist beeindruckend, zum Beispiel bei einem mit Langustine
gefüllten Raviolo aus Milchhaut in grünem Gazpacho oder bei Gänsestopfleber in
hauchdünnem, gepfeffertem Ananasmantel. In seinem Perfektionsstreben hat er
nur ein Ziel: dass es uns Gästen schmeckt.
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SZ: Auch in der Gastronomie gibt
es Trends, bestimmte Produkte,
die plötzlich auf jeder Karte
auftauchen, so dass man sie bald
nicht mehr sehen kann. Was sind
aktuell die größten Nervensägen?
Kohnke: Balsamico ist ja schon
länger schick, vor allem deshalb,
weil man damit auf weißen Tellern
so schöne Pünktchen und
Schnörkel malen kann. Zur Zeit
wird auch gerne alles, was sich
nicht wehren kann, mit Chili geschärft, vom Hummer bis zur Schokolade. In Mode
gekommen sind Kaviarsubstitute, zum Beispiel vom Lachs oder Hering. Eine
Landplage sind auch die stark nach Nichts schmeckenden Sommertrüffel. Und
natürlich das kalte Gurkensüppchen im Reagenzglas, das verfolgt einen durch
ganz Deutschland.
SZ: Welche Qualifikation braucht man, um für den Gault Millau als Tester
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zu arbeiten?
Kohnke: Es gibt zwei Tester-Systeme. Entweder Sie beschäftigen Profis, also
gelernte Köche, Oberkellner und Hotelfachleute wie die Kollegen vom Michelin.
Unser Team besteht dagegen aus ,,gelernten'' Feinschmeckern, die im Brotberuf
als Journalisten, Ärzte oder Juristen arbeiten. Beide Systeme haben ihre Nachteile:
Welcher Koch wird denn Tester? Ein erfolgreicher Koch sicher nicht. Und wie genau
definiert sich ein Feinschmecker? Jeder kann sich dafür halten, jeder andere kann
das anzweifeln. Man muss sich schon den Gegenwert eines Reihenhäuschens
einverleibt haben, um solide testen zu können.
SZ: Wieviele Tester beschäftigen Sie in Deutschland?
Kohnke: Das Team besteht aus 27 Leuten. Viele unter ihnen gehen aus
beruflichen Gründen gut essen, entweder mit Geschäftspartnern oder weil sie als
Journalisten darüber schreiben. Die Restaurantkritik betreiben sie nebenberuflich.
Sie bekommen von uns ihre Auslagen erstattet. In diesem Jahr wurden insgesamt
292 300 Euro Spesen gemacht.
SZ: Treten Ihre Tester anonym auf?
Kohnke: Im Prinzip ja. Aber Leute, die gerne und viel essen gehen, sind oft als
Stammgäste bekannt. Und dann kann man relativ schnell dahinterkommen, ob
jemand Tester ist. Küchenchefs wie Harald Wohlfahrt, Dieter Müller oder Joachim
Wissler führen Karteikarten über das, was ihre guten Gäste bestellen. So ein
Kochkünstler würde mir niemals zum vierten Mal die Rote-Beete-Terrine mit
Meerrettich vorsetzen. Das bedeutet aber auch, dass sie einen Tester anhand der
besprochenen Gerichte relativ leicht identifizieren können.
SZ: Im Gegensatz zum Michelin, der seine Wertungen höchstens mit ein, zwei
kargen Sätzen erläutert, ist der Gault Millau bekannt für seine ausführlichen
Beurteilungen, die Sie gerne auch mit einer Prise Polemik abschmecken.
Kohnke: Die spitze Zunge ist unser Markenzeichen. Der Gault Millau wurde 1969
von den französischen Journalisten Henri Gault und Christian Millau gegründet. In
Frankreich hat die Restaurantkritik einen ganz anderen Anspruch als bei uns, es ist
eine Art intellektuelle Florettfechterei. Für Deutschland musste ich einen anderen
Stil entwickeln. Er ist geprägt durch meine Zeit als junger Redakteur beim Spiegel,
spitz und frech, aber immer juristisch abgesichert.
SZ: Wenn Sie über einen Gastronomen schreiben, er sei ein Womanizer oder über
die Frau eines bekannten Küchenchefs, sie trage die kürzesten Röcke der
deutschen Gastronomie, dann reizen Sie die Grenzen der Restaurantkritik schon
ziemlich weit aus.
Kohnke: Für letzteres habe ich mich ja später entschuldigt. Aber mal ehrlich: Der
Gault Millau lebt von diesen kleinen Sottisen. Es kann doch keiner behaupten, der
Gault Millau sei so wichtig, weil nur wir beurteilen können, ob eine Sauce 17 oder
18 Punkte verdient. Er wird vor allem als amüsanter Lesestoff goutiert, der auch mal
die Schadenfreude bedient. Wenn man ein Restaurant niedermacht, muss man nur
aufpassen, dass man nicht in die Schmähkritik gerät.
SZ: Wo genau verläuft die Grenze?
Kohnke: Man darf nicht schreiben ,,es war aus der Dose'', aber man kann
schreiben ,,es schmeckte wie aus der Dose''. Sie können auch nur vermuten, dass
ein Koch Geschmacksverstärker benutzt. Ich würde aber annehmen, dass von den
1120 Restaurants, die wir im Buch haben, mindestens 900 ab und zu ein
wenig nachhelfen.
SZ: Gibt es eine Möglichkeit für den Gast, das zu erkennen?
Kohnke: Schwierig. Wenn man nach einem Abendessen unruhig schläft, kann das
ein Hinweis sein. Andererseits ist oft eine gewisse Alkoholmenge im Spiel, die
genauso für den schlechten Schlaf verantwortlich sein kann. Wirklich ausschließen
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würde ich Glutamat & Co nur bei den großen Küchenchefs. Aber konkret vorwerfen
können Sie es niemandem, außer er bekennt sich selbst dazu, wie vor einigen
Jahren Jean-Claude Bourgueil.
SZ: Was ist das größte Problem der deutschen Spitzengastronomie?
Kohnke: Es gibt immer noch zu wenige Lieferanten von guten Produkten. In vielen
deutschen Restaurants ist die Produktqualität gerade bei Fischen und
Krustentieren drittklassig.
SZ: Wo sehen Sie die Lösung?
Kohnke: Die besten Restaurants müssten sich zusammentun und sagen, wir
erhöhen den Menüpreis auf Pariser Niveau. Wir nehmen ab sofort 225 Euro für das
Menü, dann können wir bessere Produkte einkaufen. Die Preise in der deutschen
Spitzengastronomie haben ja im Vergleich zu Frankreich, London oder New York
puren Schnäppchencharakter.
SZ: Kochen Sie auch selbst?
Kohnke: Nein. Man kann auch Balletkritiker sein, ohne den Hintern so hoch zu
kriegen wie Nurejew.
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(SZ vom 13.11.2007/mmk)
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