KONFLIKT - pmcc consulting

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KONFLIKT - pmcc consulting
Konfliktmanagement
in Projekten
Der Streit ist der Vater aller Dinge
Konflikte in Projekten sind nichts Besonderes.
Haben wir nicht ständig gegensätzliche Interessen?
Allerdings: Ist jede Diskussion um den Endtermin, über
Projektziele oder den Ressourceneinsatz ein Konflikt?
Thomas Lieb
Was ist ein Konflikt?
Ist das ein Konflikt? Wahrscheinlich.
Und diese Situation ist sogar recht typisch
Stellen wir uns folgende Kommunikation vor:
für das, was wir als „Konflikt“ bezeichnen.
Und dafür, was einen Konflikt von einer
Projektleiter (PL): „Könnten Sie mir bitte
Situation unterscheidet, in der man sich
kurz Ihr Konzept zuschicken?“
einfach uneinig ist.
Teammitglied (TM): „Wieso das denn?“
Merkmale eines Konflikts (vgl. Abb. 1):
PL: „Weil ich Ihr Projektleiter bin und das
verlangen kann!“
Konflikte sind eine „Eskalation“. Die
TM: „Sie können von mir gar nichts verlan-
Situation schaukelt sich auf. Jeder will
gen. Sie haben mir gar nichts zu sagen!“
der Verletzung durch den anderen noch
PL: „Das ist doch wieder typisch für Sie.
einen draufsetzen. Diese Eskalation
Ich mache Sie fertig!“
erfolgt häufig so schnell und eigendyna-
TM: „Echt?! Sie können doch noch nicht
misch, dass die Beteiligten schnell die
einmal das …!“
Kontrolle verlieren.
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Konfliktmanagement in Projekten
Abb. 1: Konflikte als soziale Konstruktion
Konflikte passieren auf der Beziehungs-
dass uns jemand innerhalb eines Kon-
ebene. Und hier sind auch die – häufig
flikts „anschießt“, für dessen Verständnis
rational nicht festzumachenden – Grün-
ist seine Kommunikation aber vielleicht
de zu finden, warum wir in gewissen
nur „etwas rau“.
Situationen in einen Konflikt geraten.
Aber durch die Eskalation wird es auch
Letztlich bedeutet das, dass wir also zwi-
schnell „persönlich“. Wichtig ist: Solange
schen Konfliktursache und dem eigentli-
man noch auf der Sachebene kommuni-
chen Konflikt unterscheiden müssen (darin
ziert und nach einer Lösung sucht, kann
liegt dann auch der Schlüssel zur Kon-
man nicht von einem Konflikt sprechen.
fliktprävention). Und Achtung: Es muss in
Konflikte zeichnen sich durch eine fehlen-
einem Konflikt nicht immer laut werden. Oft
de lösungsorientierte Kommunikation aus.
wird der Ton rau, aber nicht immer werden
Und das macht den Unterschied aus: Wir
Konflikte offen ausgetragen.
kommunizieren auch während eines Kon-
flikts. Aber hier geht es nicht mehr darum,
Wie entstehen Konflikte?
das Problem zu lösen, sondern nur noch
darum, den anderen anzugreifen…
Jede Person kann recht unterschiedlich auf
Konflikte sind immer eine soziale Kon-
Konfliktursachen reagieren. Warum sucht
struktion. Ist es nicht interessant, dass
man einmal in einer konfliktträchtigen Situ-
man selbst schon das Gefühl haben
ation die destruktive Auseinandersetzung
kann, in einem (offenen) Konflikt zu
und beim nächsten Mal aber nicht?
stecken, während die Opponenten noch
gar nichts von dem Konflikt mitbekom-
In der systemischen Sichtweise wird die
men haben? Wie alles im Leben sind
Kausalität für einen Konflikt als ein zirkulärer
auch Konflikte Konstruktionen, was
Prozess definiert, in dem es weniger darum
bedeutet, dass jeder Situationen anders
geht, isolierte Worte oder Aktionen und de-
wahrnimmt bzw. interpretiert. Daher
ren quantitative und qualitative Merkmale zu
kann es sein, dass wir selbst denken,
untersuchen, als vielmehr die Interaktionen
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Konfliktmanagement in Projekten
PL
PL
PL
Chaos
PT
= Ausgeglichen
= Balanciert
Konflikte
PT
PT
– Unsicherheit
– Orientierungs-
–
–
+
+
losigkeit
+ EntwicklungsChance für PTM
Konflikt
Überschneidung
Ausverhandeln
Loslassen PL
Abb. 2: Funktionsaufteilung PL – Team
und Beziehungsdynamiken zwischen den
insbesondere in der Vielzahl von organi-
Beteiligten in den Fokus der Analyse zu rü-
satorischen Konflikten durch mangelnde
cken. Häufig zu beobachtende Muster sind:
formale Macht oder latente Erwartungen an
die Projektmitarbeiter. Als häufige Konflikt-
Eine Veränderung in Bezug auf die
ursache kann man hier unklare Rollendefi-
Personen des sozialen Systems, in dem
nitionen oder unterschiedliche Erwartungen
man sich bewegt, führt zum Konflikt …
beobachten. So ist in vielen Projekten die
Subjektive Deutungen von Ereignissen
Rolle von Projektleitern nicht sauber definiert,
oder Aktionen/Reaktionen führen zum
sie wissen nicht, was sie dürfen (und nicht
Konflikt …
dürfen), welchen Zugriff sie auf die Mitarbei-
Veränderungen (latenter) Verhaltensre-
ter haben und was sie eigentlich technisch
geln im System führen zum Konflikt …
entscheiden dürfen (vgl. Abb. 2). Umgekehrt
(Wahrgenommene) Veränderungen
wissen oft Stakeholder, Linienverantwort-
von Interaktionsstrukturen führen zum
liche, Lieferanten nicht, wer eigentlich ihr
Konflikt …
Ansprechpartner ist oder welche Entschei-
Irritationen oder Input der Systemumwel-
dungen er treffen darf. Wir sprechen hier von
ten führen zum Konflikt …
organisatorischen Konflikten. Das bedeutet,
dass die Schnittstellen zwischen Linie und
Der letzte Punkt ist in Projekten besonders
Projekt, die Kompetenzen von Projektleitern,
interessant. Jeder Projektleiter und Projekt-
die Zuordnung von Aufgaben und Verant-
mitarbeiter wird von seinen eigenen Umwel-
wortungen nicht klar geregelt sind. Dies
ten direkt beeinflusst. Es kann daher sein,
wiederum führt in Projekten zu Konflikten auf
dass wir in „ein und derselben Situation“ mal
persönlicher Ebene. Ganz nach dem Lehr-
entspannt reagieren und einmal sofort die
satz „organisatorische Mängel werden durch
Auseinandersetzung suchen, einfach auf-
persönliche Konflikte kompensiert“.
grund der (wahrgenommenen und interpre-
tierten) Erwartungen durch den Projektauftraggeber, den Chef, der Stakeholder etc.
Wie kann ich Konflikte
vermeiden?
Die Beeinflussung von Konflikten und Kon-
Persönlichen Konflikten bzw. Konflikten auf
fliktparteien durch Umwelten zeigt sich
der persönlichen Ebene kann man nur mit
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Konfliktmanagement in Projekten
Schulung der eigenen sozialen Kompeten-
Wie man organisatorischen Konflikten
zen vorbeugen. Bei der Entwicklung der
vorbeugen kann, verrät bereits der Begriff
persönlichen sozialen Kompetenzen sollte
selbst – im Grunde könnte man die Konflikt-
man vor allem auf Folgendes achten:
prävention mit „gutem und vollständigem
Projektmanagement“ zusammenfassen.
In Frage stellen und entwickeln des
Vorrangig zu beachten ist:
eigenen Kommunikationsverhaltens.
Ein Sprichwort besagt: „Ein Wort kann
Teilen alle Beteiligten, der Projektauftrag-
töten“. Mit nur einem kleinen, unbedach-
geber und die Stakeholder eine gemein-
ten Wort kann man nicht beabsichtigte
same Sichtweise der Projektziele?
Wirkungen erzielen. Konflikte lassen
Ist der Projektstrukturplan, der Control-
sich nicht wirklich vermeiden, aber man
ling- und der Anforderungsmanagement-
kann sein persönliches Kommunika-
Prozess mit allen abgestimmt?
tionsverhalten derart verändern, dass
Sind die Rollen inklusive der gegensei-
man andere nicht kränkt oder auf andere
tigen Erwartungen beschrieben und
Weise verletzt …
abgestimmt? Hat jeder seiner jeweiligen
In Frage stellen der eigenen Verhaltens-
Rolle (freiwillig) zugestimmt?
muster und deren Wirkung auf andere.
Sind die Kommunikationsstrukturen
Alles, was wir tun, jedes Verhaltensmus-
abgestimmt und für alle tragbar?
ter von uns ist gut begründet und ist in
Hat sich das Team Spielregeln gegeben,
sich selbst gesehen auch gut und richtig.
denen auch die Stakeholder zustimmen
Wir wissen aber nie wirklich, wie unser
und die dafür geeignet sind, eine Team-
Verhalten auf andere wirkt und welche
kultur zu ermöglichen?
Assoziationen sie damit verbinden. Hier
geht es vor allem um die Selbstreflexion
eigener Verhaltensweisen und darum,
Wie verhalte ich mich am
besten in Konflikten?
wie andere einen sehen.
Reflektion der eigenen Persönlichkeit,
Da Konflikte auf der Beziehungsebene
Lebensmotive, Motivatoren. Das geht
entstehen, soziale Konstruktionen sind und
noch eine Ebene tiefer. Warum ist es
damit sehr individuell sind, kann man hier-
mir so wichtig, schnelle Entscheidungen
auf keine pauschale Antwort geben. Grund-
zu treffen? Warum kann ich die Einmi-
sätzliche Empfehlungen könnten aber sein:
schung anderer nicht aushalten? Wir
gehen grundsätzlich immer davon aus,
Decke Konflikte nicht zu, sonst kommen
dass unsere eigene Sicht der Dinge die
sie morgen in schärferer Form wieder.
richtige ist. Und: Wir können uns kaum
Nütze die Energie der Konflikte für die
vorstellen, dass ein Teammitglied oder
Weiterentwicklung deines Projektes.
eine Führungskraft die Welt ganz anders
Finde heraus, an welchen „Konflikt-
sieht und ihm auch ganz andere Motiva-
spielen“ du beteiligt bist. Und welche
toren wichtig sind als uns selbst.
Rolle du spielst.
Reflektion von Selbst- und Fremdbild
Reflektiere Konfliktmuster vor und in
- die Conclusio. Der ständige Abgleich
Projektcontrolling-Schleifen gemeinsam
zwischen Selbst- und Fremdbild und
mit deinem Team.
ein kontinuierliches Feedback zwischen
Hinterfrage Konflikte nach destruktiven
Projektleiter, Team und Stakeholder kann
und konstruktiven Elementen sowie
Konflikten eminent vorbeugen.
deren Auswirkungen.
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Konfliktmanagement in Projekten
Konflikte
sind nicht
nur in Projekten etwas
ganz Normales, entscheidend ist der
Umgang mit
ihnen.
Problem beschreiben
aus eigener Sicht
Problem beschreiben
aus der anderen Sicht
Konsens herstellen
dass ein Problem besteht,
dass es jetzt gelöst werden soll,
dass es gemeinsam geschehen soll
was eine positive Lösung kennzeichnet
Lösungsalternativen
entwickeln, bewerten, auswählen
Umsetzung
Planen, vereinbaren, durchführen,
Erfolg bewerten
Abb. 3: Mögliche Schritte in Konfliktlösungsgesprächen in Projekten
Natürlich geht es für jeden in einem
ja schon, dass Konflikte vor allem auf der
Konflikt erst einmal um die persönliche
Beziehungsebene zu lokalisieren sind. Wir
Ebene. Fast jeder fühlt sich in einer
reagieren (zum Teil sehr) emotional und uns
Konfliktsituation unwohl und möchte mit
„platzt der Kragen“. Diese Affekte stellen
möglichst wenigen Blessuren aus ihr raus.
eine direkte Interaktion zwischen den Kon-
Führungskräfte erhalten in solchen Fällen
fliktbeteiligten dar. Es gilt nunmehr, den
inzwischen spezielle Unterstützung, die
eigenen Affekt zu regulieren, aber auch,
aber vielen Projektleitern fehlt. Auch kann
dem Gegenüber zu signalisieren wie man
man beobachten, dass es in Projekten
seinen Affekt wahrnimmt.
häufig emotionaler und aggressiver zugeht. Und mit steigender Emotionalität
wird es zunehmend schwieriger ausreichend Abstand herzustellen, der nötig ist,
Wie sollte ich in Konflikten versuchen zu kommunizieren, um
den Konflikt zu lösen?
um den Konflikt möglichst wertneutral zu
betrachten. Aber dieser Abstand ist wich-
Zur Affektregulierung kann eine wertschät-
tig. Da es weder neutrales noch objekti-
zende Kommunikation beitragen. Hier
ves Wissen über den jeweiligen Konflikt
versuchen wir, die Haltung des anderen
gibt, ist für eine systemische Konfliktana-
zu akzeptieren und anzuerkennen, um so
lyse ein stetiger Wechsel des Blickwinkels
eine Basis für eine gemeinsame Lösung
zwischen dem Gesamtsystem und den
des Konflikts zu schaffen. Folgender „roter
Perspektiven der jeweiligen Subsysteme
Faden“ kann dafür Orientierung geben:
essentiell (vgl. Abb. 3).
Rapport herstellen (vertrauensvolle, posiZusätzlich zu diesem persönlichen Umgang
tive Beziehung). Wir versuchen, mit dem
mit Konflikten zählen wir zwei wichtige
Opponenten eine erste Arbeitsgrundlage
Aspekte: Affektregulierung und wert-
zu schaffen, indem wir nach Gemein-
schätzende Kommunikation. Wir wissen
samkeiten suchen und nicht Unterschie-
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Konfliktmanagement in Projekten
außerhalb
indirekt
direkt
ICH
KANN
… mitwirken
…nichts verändern
Abb. 4: Einflussbereiche bei Konflikten in Projekten
de betonen. Das Minimum an Rapport,
dass der Konfliktpartner zwar persönlich
das man erreichen kann und muss, ist
der Lösung zustimmen möchte, aber
die gegenseitige Zusage, den Konflikt
seine Umwelten das nicht zulassen.
lösen zu wollen.
Akzeptanz. Wir hören dem Gegenüber
Konflikte sind unvermeidbar, ja sogar not-
zu. Dabei gilt es nicht sich zu rechtferti-
wendig, denn sie ermöglichen auch Wei-
gen, sondern die Sichtweise und Wahr-
terentwicklung, Erkennen und Umdenken.
nehmung des anderen zu akzeptieren.
Konflikte sind (nicht nur in Projekten) etwas
Denn aus seiner Sichtweise hat er
ganz Normales, entscheidend ist der Um-
recht …
gang mit ihnen, die Einstellung und letztlich
Anerkennung. Wir paraphrasieren positiv
die Projektkultur, die etabliert wird (vgl.
die emotionale und affektive Bedeutung
Abb. 4). Konflikte brauchen Aufmerksam-
der Sichtweise des Gegenübers. Wir
keit und Energie und mit den vorgestellten
versuchen uns in seine Rolle zu begeben.
Techniken zur die Konfliktvermeidung,
Wir wertschätzen die positiven Anteile, die
-vorsorge und -bewältigung können sie
er zu der Zusammenarbeit geleistet hat.
jedenfalls eine Chance für neue Lösungen
Reframing. Wir versuchen nun, die
sein. Denn eines ist sicher: Nichtstun ist
Situation in einen anderen Kontext (oder
keine Option!
„Rahmen“) zu setzen. Dem Geschehen
wird so eine andere Bedeutung oder ein
anderer Sinn zugewiesen, was vor allem
bedeutet, dem anderen die eigene Sichtweise und Motivation zu erläutern.
Lösung. Nun sollten beide Parteien
Thomas Lieb, PMP
Managing Partner
M0049/151/40010789
soweit sein, dass sie wieder an einer
[email protected]
gemeinsamen Lösung arbeiten können.
www.pmcc-consulting.com
Wenn die Schritte „Akzeptanz“ und „Reframing“ gut funktioniert haben, liegt die
Lösung eigentlich schon auf dem Tisch!
Angebot. Zu bedenken ist, dass jede Lösung nur ein Angebot sein kann. Besonders, wenn es sich um einen organisatorischen Konflikt handelt, kann es sein,