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Germany Trade & Invest
Bereich Recht
- Ausländisches Wirtschafts- und Steuerrecht-
Recht kompakt:
Marokko
Informationen zum Wirtschaftsrecht in Marokko
Autor: Niko Sievert
Stand: Juni 2012
Bestellnummer: 15352
Germany Trade & Invest
Recht kompakt: Marokko
Inhalt
Allgemeines ....................................................................................................... 3
UN-Kaufrecht ..................................................................................................... 4
Gewährleistung .................................................................................................. 4
Sicherungsmittel ................................................................................................. 4
Immobilienrecht ................................................................................................. 5
Vertriebsrecht .................................................................................................... 6
Investitionsrecht ................................................................................................. 7
Gesellschaftsrecht ............................................................................................... 8
Aufenthaltsrecht ............................................................................................... 10
Arbeitsrecht ..................................................................................................... 10
Devisenverkehr/Zahlungsverkehr ........................................................................ 10
Gewerblicher Rechtsschutz ................................................................................. 11
Steuerrecht ...................................................................................................... 11
Rechtsverfolgung .............................................................................................. 13
Nützliche Internetadressen ................................................................................ 14
Publikationsangebot .......................................................................................... 14
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Recht kompakt: Marokko
Allgemeines
Marokko, gemäß der eigenen Staatsbezeichnung das Maghrebinische Königreich (alMamlaka al-Maghribīya), ist seit der Verfassungsreform 1996 eine konstitutionelle
Monarchie. Seit dem 24.7.1999 ist König Mohammed VI. Staatsoberhaupt. Zwar hat der
König weitgehende Befugnisse, das politische Tagesgeschäft führt aber der
Ministerpräsident.
Seine Unabhängigkeit erlangte Marokko von Frankreich und Spanien im Jahr 1956. Die
Amtssprache ist Arabisch; Geschäftssprache ist aufgrund der kolonialen Vergangenheit
Französisch. In einigen Gebieten ist auch Spanisch sehr verbreitet. Wegen des
ehemaligen spanischen Protektorats Westsahara und einiger vorgelagerter Inseln kam es
in der Vergangenheit immer wieder zu Zwischenfällen und Verstimmungen mit der
dortigen Unabhängigkeitsbewegung (Polisario), Spanien und Algerien. Die Vereinten
Nationen schalteten sich Ende der 80er Jahre in den Konflikt ein und ein
Waffenstillstandsabkommen wurde unterzeichnet. Gemäß dem West-Sahara Plan der
Vereinten Nationen sollte ein Referendum über die Zugehörigkeit zu Marokko bzw. die
Unabhängigkeit der Region abgehalten werden. Bis heute haben sich die Parteien aber
nicht darüber verständigen können, welche Personen wahlberechtigt sein sollen. Auf
Regierungsebene ist das Verhältnis zwischen Marokko und Algerien, welches die
Unabhängigkeitsbewegung unterstützt, nach wie vor angespannt, auch wenn sich in
letzter Zeit das Verhältnis zu entspannen scheint. So könnte eine Öffnung der Grenze
zwischen Marokko und Algerien, welche seit fast 20 Jahren geschlossen ist, noch in
diesem Jahr erfolgen.
Das marokkanische Rechtswesen orientiert sich weitgehend am französischen Recht.
Insbesondere das marokkanische Handelsgesetz von 1913 beruht im Wesentlichen auf
dem französischen Code de Commerce von 1807. Während auch der Allgemeine Teil des
marokkanischen Zivilgesetzbuchs in weiten Teilen dem französischen Zivilgesetzbuch
gleicht, finden sich im Besonderen Teil durchaus Elemente aus dem islamischen Recht.
Wie in den meisten arabischen Ländern findet darüber hinaus im Bereich des Erb- und
Familienrechts eine Form des islamischen Scharia-Rechts Anwendung.
In hierarchischer Reihenfolge kennt das marokkanische Recht an erster Stelle vom König
erlassene und vom Parlament verabschiedete Gesetze (dahirs und lois). Es folgen vom
Premierminister auf der Basis der dahirs und lois verabschiedete décrets. Aufgrund einer
Befugnis des Premierministers können auch die jeweiligen Fachminister sogenannte
arrêtés erlassen.
In den letzten 10 Jahren hat Marokko umfassende Reformanstrengungen unternommen,
deren Ziel die Liberalisierung des Marktes, die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der
einheimischen Industrie und die Steigerung ausländischer Investitionen war. In einem
Referendum, welches am 3.7.2011 stattfand, hat sich eine große Mehrheit der
Bevölkerung für eine Verfassungsreform ausgesprochen. Angestoßen wurde die Reform
von König Mohammed VI. im März 2011 als Reaktion auf die Revolutionen in Tunesien
und Ägypten. Die Verfassungsreform sieht insbesondere eine Reduzierung der Macht des
Königs, eine unabhängige Justiz und eine Stärkung der demokratisch gewählten
Parlamentarier vor.
Marokko ist Mitglied der Vereinten Nationen (UN), der Maghreb Union, der Arabischen
Liga und der WTO. Marokko ist wegen des Westsahara-Konflikts im Jahr 1984 aus der
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Vorgängerorganisation der Afrikanischen Union (AU) ausgetreten und derzeit auch kein
Mitglied der AU.
UN-Kaufrecht
Marokko hat das Wiener UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen
Warenkauf vom 11.4.1984 (CISG) bisher nicht unterzeichnet.
Gewährleistung
Das Gewährleistungsrecht ist in den Art. 532 ff. des Zivilgesetzbuches (Code des
Obligations et des Contrats) geregelt und kennt sowohl den Rechtsmangel (Art. 532 a
des Zivilgesetzbuches) als auch den Sachmangel (Art. 532 b des Zivilgesetzbuches). Die
im Rahmen des Rechtsmangels zu prüfende Besitzentziehung muss einer vollständigen
Besitzentziehung gleichstehen, also so erheblich sein, dass der Käufer die Sache ohne
den von der Besitzentziehung betroffenen Teil nicht gekauft hätte. Ein Sachmangel liegt
nicht bei einer nur unerheblichen Minderung des Wertes oder deren Tauglichkeit vor.
Zudem haftet der Verkäufer nicht für Mängel, die der Käufer kannte oder bei üblicher
Sorgfalt hätte erkennen können. Etwas anderes gilt nur, wenn der Verkäufer eine
Garantie abgegeben hat. Der Käufer hat Mängel innerhalb einer angemessenen Frist (in
der Regel 7 Tage) dem Verkäufer anzuzeigen.
An Gewährleistungsrechten kennt das marokkanische Recht die Wandelung, die
Minderung und den Schadensersatz. Bei der Wandelung gibt der Käufer die Sache und
die daraus gezogenen Gewinne an den Verkäufer zurück. Im Gegenzug erhält der
Verkäufer den Kaufpreis und etwaig entstandene Kosten, inklusive Aufwendungen. Ist die
Kaufsache untergegangen, hat der Käufer nur einen Anspruch auf Herausgabe des
vollständigen Kaufpreises (sprich Wandelung), wenn der Untergang auf den Mangel
zurückzuführen ist. Hat der Käufer die weitere Verschlechterung der bereits
mangelhaften Sache dagegen zu vertreten, so bleibt ihm nur die Minderung (Art. 564
Zivilgesetzbuch). Will der Käufer den Gegenstand hingegen ohnehin behalten, so
verzichtet er damit sowohl auf seinen Wandelungs- als auch auf seinen
Minderungsanspruch und ist in diesem Fall auf Schadensersatz beschränkt.
Die Gewährleistung kann gemäß Art. 544 des Zivilgesetzbuches auch vertraglich
ausgeschlossen werden, jedoch nur in Bezug auf den Schadensersatz, nicht in Bezug auf
die Rückerstattung des Kaufpreises. Gewährleistungsrechte verjähren bei beweglichen
Sachen innerhalb von 30 Tagen ab Übergabe.
Am 5.1.2011 hat Marokko zudem ein Verbraucherschutzgesetz verabschiedet. Es schützt
Verbraucher vor unangemessenen Vertragsklauseln, irreführender Werbung und gewährt
ihnen ein umfassendes Informationsrecht. Wird ein Produkt oder eine Dienstleistung mit
falscher oder irreführender Werbung beworben und entstehen dem Verbraucher daraus
Schäden, so steht ihm ein Schadensersatzanspruch zu.
Sicherungsmittel
Das marokkanische Recht kennt eine Vielzahl an Sicherungsmitteln; vom Aval oder der
Bürgschaft (cautionnement) über Eigentumsvorbehalt, die Abtretung von Forderungen,
die Schuldübernahme, den Schuldschein, die Verpfändung bis hin zur Hypothek. Die
entsprechenden gesetzlichen Regelungen finden sich insbesondere im Zivilgesetzbuch
von 1913 in der Fassung von 1995 (Dahir des Obligations et des Contrats), im
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Grundbuchgesetz von 1915 (Dahir fixant la législation applicable aux immeubles
immatriculés), im Handelsgesetzbuch von 1996 (Dahir n°1-74-447 formant code de
commerce) und dem Gesetz zur Geltendmachung von Forderungen gegen staatliche
Einrichtungen von 2000 (Dahir n°1-00-175 formant code de recouvrement des créances
publiques).
Exkurs: Trotz einer seit 1996 durchgeführten Reform des Insolvenzrechts und der
Einführung spezieller Handelsgerichte ist die Eintreibung von Forderungen im
Insolvenzfall immer noch schwierig und die Konkursquote in der Regel gering. Auch wenn
das Insolvenzgesetz gegenüber den noch aus dem Jahr 1913 stammenden Regelungen
deutlich verbessert wurde und in Kernpunkten bereits mit dem Insolvenzrecht der
Industrienationen übereinstimmt, insbesondere etwa der Schritt von der bloßen
Bestrafung des insolventen Unternehmens durch die Gläubiger hin zu einem durch den
Richter geleiteten Versuch des Erhalts des Unternehmens, so sind gerade im Bereich der
Umsetzung noch einige Schwierigkeiten vorhanden.
Übliche Zahlungsmethode im internationalen Geschäft ist daher, wie sonst auch, die
Lieferung gegen ein bestätigtes unwiderrufliches Akkreditiv (confirmed, unconditional,
irrevocable Letter of Credit payable on first demand). Vorkasse ist nur begrenzt möglich.
Für Investitionsgüter (des biens d'équipement) kann bis zu 40% des FOB-Wertes mittels
Vorkasse beglichen werden. Ansonsten ist Vorkasse nur bis zu einem Wert von 20.000
MAD (rund 1.800 Euro) und auch nur für bestimmte Produkte wie Ersatzteile und
Konsumgüter zulässig.
Anzumerken ist noch, dass - im Gegensatz zum deutschen Recht - das marokkanische
Recht nicht die Unterscheidung zwischen Verpflichtungs- und Übereignungsgeschäft
kennt. Der Käufer erwirbt grundsätzlich vielmehr bereits mit Abschluss des Vertrages das
Eigentum (Art. 491 Zivilgesetzbuch).
Immobilienrecht
Der Erwerb von Immobilien ist Ausländern grundsätzlich freigestellt. Ausgenommen ist
allein der Grundstückserwerb für Investitionen im Agrarsektor. Jedoch haben
ausländische Investoren im Agrarsektor in der Regel die Möglichkeit langjährige
Pachtverträge abzuschließen.
Die Parteien müssen den Kaufvertrag für ein Grundstück von einem Notar beglaubigen
lassen, welcher den Verkauf an das Office des Changes meldet. Üblich ist, dass ein
bereits rechtlich bindender „Vorvertrag“ abgeschlossen wird. Es ist dann eine Kaution von
10%-40% beim Notar zu hinterlegen. Im Anschluss daran erhält der Notar die
Grundeigentumsurkunde, welche zum Erwerb des Eigentums notwendig ist. Zu beachten
ist hier, dass alle Mitglieder der Familie zustimmen müssen, sofern es sich um einen
Weiterverkauf handelt. Dadurch kann sich der Verkauf beträchtlich in die Länge ziehen.
Im Anschluss daran erfolgt die Unterzeichnung des Kaufvertrages vor dem Notar und die
verbleibende Kaufsumme inklusive der Nebenkosten für Notar und Steuern wird fällig.
Neben dem Kaufpreis fallen in der Regel die folgenden weiteren Kosten an:



Registrierungsgebühr in Höhe von 3% des Grundstückswertes, sofern das
Grundstück entwickelt wird (sonst die übliche Gebühr in Höhe von 6% des
Grundstückswertes);
Notariatssteuer in Höhe von 0,5% des Grundstückswertes;
Landerhaltungssteuer in Höhe von 1% des Grundstückswertes;
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

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Gebühr des Notars, welche in der Regel mit 0,75% des Transaktionswertes
bemessen wird (Höhe der Gebühr ist Verhandlungssache);
Sonstige Kosten (zwischen 1.500 MAD und 3.000 MAD).
Für den Kauf sollte unbedingt ein marokkanischer Anwalt hinzugezogen werden.
Vertriebsrecht
Das marokkanische Handelsvertreterrecht ist im Wesentlichen dem französischem Recht
nachempfunden und findet sich im Code de Commerce n°15-95 (Artt. 393 ff).
Handelsvertreter nach marokkanischem Recht ist, wer für einen anderen in dessen
Namen Handelsgeschäfte abschließt. Von dieser Definition also gerade nicht erfasst wird
etwa der Vertragshändler, da dieser nicht in fremdem Namen und für fremde Rechnung
tätig wird. Soweit die besonderen Vorschriften nicht anwendbar sind, bleibt es bei den
allgemeinen Vorschriften des Auftragsrechts.
Das marokkanische Recht kennt keine Begrenzung der Handelsvertreteraktivitäten auf
marokkanische Staatsangehörige oder auf mehrheitlich in marokkanischer Hand
befindliche Gesellschaften. In der Vertragsgestaltung sind Prinzipal und Handelsvertreter
weitestgehend frei. Zwar unterliegt der Handelsvertretervertrag der Schriftform und ein
Handelsvertreter darf nicht gleichzeitig für konkurrierende Prinzipale tätig sein, in Bezug
auf Vergütung, Exklusivitätsvereinbarungen und Beendigung des Vertragsverhältnisses
sind die Parteien aber recht frei und die existierenden gesetzlichen Beschränkungen sind
wenig überraschend. Gesetzlich geregelt ist etwa, dass der Prinzipal im Fall einer
geschlossenen Exklusivitätsvereinbarung dem Handelsvertreter eine Provisionszahlung
auch ohne dessen Beteiligung am Vertragsabschluss schuldet, dass für einen befristeten
Zeitraum abgeschlossene Verträge sich bei faktischer Fortführung in unbefristete
Verträge umwandeln
können
oder
dass Vertreterverträge
im Fall
grober
Pflichtverletzungen einseitig ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden können.
Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt einen Monat pro Jahr des Bestehens des
Handelsvertretervertrages; maximal jedoch drei Monate. Die Vertragsparteien können zu
Gunsten des Handelsvertreters von dieser Regelung abweichen. Da das marokkanische
Recht die Pflichtverletzungen, die zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigen,
nicht näher definiert, bietet es sich bereits bei der Vertragsgestaltung an, eine
umfangreiche, aber ausdrücklich nicht abschließende Liste von außerordentlichen
Kündigungsgründen in den Vertrag aufzunehmen.
Bei Vertragsbeendigung hat der Handelsvertreter in der Regel einen Anspruch auf
Schadensersatz und eine Abfindung, wobei das marokkanische Recht diese Ansprüche
nicht trennt, sondern unter dem Begriff indemnité compensatrice du préjudice
zusammenfasst. Dieser Anspruch entsteht allerdings nicht, wenn die Beendigung auf
einer schweren Pflichtverletzung des Handelsvertreters beruht oder die Beendigung vom
Handelsvertreter ausgeht. Verlässliche Erfahrungswerte hinsichtlich der genauen
Berechnung der Abfindung liegen aber nicht vor. Die Höhe der Abfindung dürfte aber
deutlich hinter der in den Golfstaaten üblichen Abfindung zurückbleiben.
Eine Rechtswahlklausel im Handelsvertreterrecht ist nicht zulässig; marokkanisches
Recht ist im Rahmen der Handelsvertretung daher zwingend vorgeschrieben.
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Investitionsrecht
Grundsätzlich kann in Marokko jedermann frei investieren und bedarf keiner vorherigen
Genehmigung. Ausländer können also grundsätzlich bis zu 100% der Anteile an
marokkanischen Kapitalgesellschaften halten. Die Investitionsfördermaßnahmen stehen
ausländischen und inländischen Investoren gleichermaßen zur Verfügung. Allerdings
gelten in den Bereichen Landwirtschaft, Bankenwesen, im Erdgas- und -ölsektor sowie
für die Freihandelszonen Sonderregelungen.
Marokko und Deutschland haben ein Investitionsschutzabkommen (BGBl. 2004 II S. 333,
abrufbar unter www.bundesgesetzblatt.de) geschlossen.
Marokko ist ausländischen Investitionen gegenüber sehr offen und fördert diese. Um das
Verfahren für einen Investor zu vereinfachen, wurden die Agence Marocaine de
Développement des Investissements (AMDI) gegründet, an die sich der Investor wenden
kann. Diese, als sog. One-Stop-Shop gedachte Einrichtung kann den Investor bei den
verschiedensten Fragen im Zusammenhang mit seiner Investition beraten. Sollte eine
Investition konkretere Züge annehmen wird allerdings in der Regel die regionale
Investitionsförderabteilungen
(centres régionaux d‘investissement) übernehmen.
Investitionen mit einem Volumen von mehr als 200 Mio. MAD (entspricht ca. 18 Mio.
Euro) werden allerdings nicht von den regionalen Investitionsförderabteilungen betreut,
sondern direkt vom Ministerium. Die AMDI verfügt über ein Außenbüro in Frankfurt am
Main (Bockenheimer Landstraße 17-19, 60325 Frankfurt, Tel.: 069 710 455 222, email:
[email protected]).
Das Investitionsgesetz aus dem Jahr 1995 gibt - als Rahmengesetz - die Grundlinien der
Investitionsförderung
vor.
Aus
diesem
Gesetz
und
den
zugehörigen
Ausführungsbestimmungen ergeben sich Investitionsanreize für exportorientierte
Unternehmen, Investitionen in den Freihandelszonen sowie Investitionen in besonderen
Regionen, von besonderer Größe oder in bestimmten Branchen. Weitere steuerliche
Investitionsanreize ergeben sich jeweils auch aus den Jahressteuergesetzen.
Generell gilt für neue Investitionsvorhaben, dass Werkzeuge oder Maschinen, die für
selbiges gekauft werden, von der Umsatzsteuer befreit sind. Zudem entfällt beim Kauf
eines Grundstücks für das Investitionsprojekt ein Teil der Registrierungsgebühr, so dass
nur noch 3% des Grundstückswertes zu zahlen sind.
Exportorientierte und einige neugegründete Unternehmen kommen in den Genuss der
folgenden Vergünstigungen:

Steuerbefreiung für die ersten 5 Jahre (Handelslizenzsteuer, Körperschaftsteuer,
allgemeine Einkommensteuer, Mehrwertsteuer);

Nach 5 Jahren gilt ein Körperschaftsteuersatz in Höhe von 17.5%.
In diversen Industriezonen und der Freihandelszone in Tangier gelten jeweils noch
weitergehende Investitionsfördermaßnahmen: Für die Freihandelszone in Tangier gilt
etwa, neben der Befreiung von Zöllen und Abgaben in Zusammenhang mit dem
Grundstückserwerb (vgl. oben „Landerhaltungssteuer“ im Abschnitt Immobilienrecht) und
der steuerlichen Befreiung von Lizenzgebühren für 15 Jahre, dass die Körperschaftsteuer
nach Ablauf der 5-jährigen vollkommenen Steuerbefreiung nicht nur auf 17,5%, sondern
für die folgenden 20 Jahre auf 8,75% reduziert ist (anschließend 17,5%). Die
Einkommensteuer ist in den Freihandelszonen für die ersten 5 Jahre erlassen und für die
darauf folgenden 20 Jahre um 80% reduziert.
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Der aufgrund von Art. 17 des Investitionsgesetzes geschaffene Fonds de promotion de
l’investissement (FPI) sieht unter der Voraussetzung, dass mehr als 200 Mio. MAD (rund
18 Mio. Euro) investiert werden und/oder dauerhaft mindestens 250 Arbeitsplätze
geschaffen werden und/oder das Vorhaben in einer der bevorzugten Provinzen
durchgeführt wird (Al Hoceima, Berkane, Boujdour, Chefchaouen, Es-Semara, Guelmim,
Laâyoune, Larache, Nador, Oued-Ed-Dahab, Oujda-Angad, Tanger-Assilah, Fahs-BniMakada, Tan-Tan, Taounate, Taourirt, Tata, Taza et Tétouan) und/oder eine
Technologieübertragung stattfindet und/oder das Investitionsvorhaben zum Schutz der
Umwelt beiträgt, weitere Investitionsanreize vor:



bis zu 20% des Grundstückspreises können vom Staat erstattet werden;
bis zu 5% der Investitionssumme können vom Staat übernommen werden (in
ländlichen Gebieten sogar bis zu 10%);
bis zu 20% der Ausbildungskosten für Personal können vom Staat übernommen
werden;
Zudem sind Investitionsvorhaben, die den Wert von 200 Mio. MAD überschreiten, von
Einfuhrabgaben für Maschinen und Materialien, die zur Umsetzung der Investition
benötigt werden, befreit (dies beinhaltet auch eine Mehrwertsteuerbefreiung für die
Dauer von 36 Monaten).
Der Fond Hassan II (Fonds Hassan II pour le développement économique et social
(F.H.II)) unterstützt Investitionsprojekte im Bereich der Autozulieferindustrie,
Elektroindustrie, Luftfahrzeugindustrie, Umweltschutztechnologie, Textilindustrie und
Biotechnologie. Gefördert werden neue Investitionsvorhaben mit einem Volumen von
mindestens 5 Mio. MAD (etwa 450.000 Euro), wobei mindestens 2,5 Mio. MAD auf
Ausrüstung entfallen müssen.
Die Förderung durch den Fond Hassan II beträgt bis zu 30% der Baukosten der
Investition, jedoch nicht mehr als 2.000 MAD (etwa 180 Euro) pro Quadratmeter, nicht
mehr als 10% der gesamten Investitionssumme und nicht mehr als insgesamt 20 Mio.
MAD (etwa 1,8 Mio. Euro). Die Förderung durch den Fond Hassan II kann parallel zu den
anderen Investitionsförderungen in Anspruch genommen werden.
Gesellschaftsrecht
Für ausländische Investoren kommen in der Regel - neben einer Zweigniederlassung oder
einer Repräsentanz - nur zwei Gesellschaftstypen in Frage: die Société Anonyme (S.A.)
und die Société à Responsabilité Limitée (S.A.R.L.). Die maßgeblichen rechtlichen
Vorschriften sind das Handelsgesetzbuch, Gesetz Nr. 17/1995 (geändert durch Gesetz Nr.
20/2005) und Gesetz Nr. 5/1996 (geändert durch Gesetz Nr. 24/2010).
Marokkanische Mitgesellschafter sind grundsätzlich weder bei der S.A., noch bei der
S.A.R.L. erforderlich und ausländische Unternehmen können sich zu 100% an
inländischen Unternehmen beteiligen. Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten nur in
einigen wenigen Wirtschaftssektoren, insbesondere der Landwirtschaft, sowie der
Phosphat- und Bergbauindustrie. Es bestehen jedoch Hinweise, dass sich dies
insbesondere in der Phosphatindustrie demnächst ändern könnte.
Die S.A. entspricht im Prinzip einer deutschen Aktiengesellschaft und ist im Gesetz über
Aktiengesellschaften (loi no. 17-95 geändert durch loi no. 20-05) geregelt. Das
Mindestkapital beträgt 300.000 MAD (etwa 27.000 Euro), falls die Aktien an der Börse
gehandelt werden sogar 3 Mio. MAD. Zur Gründung einer SA sind mindestens 5
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Gesellschafter erforderlich. Deren Haftung ist auf die Einlage beschränkt. Es gibt zwei
organisatorische Alternativen für die Führung und Kontrolle einer S.A. Beiden
Alternativen gemein ist die Existenz einer Gesellschafterversammlung (assmemblée
générale). Diese wählt in jedem Fall die Mitglieder des Verwaltungsrates (conseil
d’administration). Die Mitglieder des Verwaltungsrates (zwischen 3 und 12) werden als
administrateurs bezeichnet und werden für einen Zeitraum von maximal 3 Jahren (durch
Gesellschaftsvertrag) bzw. maximal 6 Jahren (durch Gesellschafterversammlung)
bestellt. Auch juristische Personen können als administrateur bestimmt werden und
werden dann durch eine von ihr zu bestimmende natürliche Person, welche den gleichen
Pflichten unterliegt wie sonstige administrateurs, vertreten. Die administateurs wählen
einen Präsidenten (président du conseil d’administration).
Eine organisatorische Alternative ist nun, dass der Verwaltungsrat selbst die
Geschäftsführung ausübt. In diesem Fall des zweigliedrigen Systems übernimmt die
Geschäftsführung der Präsident und wird dann als président directeur général bezeichnet.
Ihm können sog. directeurs généraux zur Seite gestellt werden. Letztere können, müssen
aber nicht dem Verwaltungsrat angehören oder Aktionäre sein. Dabei ist zu beachten,
dass die Zahl der Verwaltungsratsmitglieder, die keine Funktion als président oder
directeur général wahrnehmen, oder die Angestellte der S.A. sind, größer sein muss, als
die Zahl derer, die solche Positionen bekleiden. Alternativ dazu kann in einem
dreigliedrigen System die Geschäftsführung an einen directeur général übertragen
werden. Der Verwaltungsrat nimmt in diesem Fall Aufgaben war, welche bei einer
deutschen AG in den Aufgabenbereich der Hauptversammlung und des Aufsichtsrats
fallen.
Bei der Gründung einer S.A. fallen Kosten für die Namensregistrierung (190 MAD), die
Registrierung der Satzung (20 MAD pro Seite), Registrierung beim Finanzministerium
(1.350 MAD) und Stempelsteuer (20 MAD) an. Zudem entsteht eine Gebühr in Höhe von
0,5% des Grundkapitals bei der Eintragung der Gesellschaft. Weitere Kosten entstehen
durch die Beauftragung eines Notars bzw. Rechtsanwalts, welcher den Gründungsprozess
begleitet.
Die S.A.R.L. ist vergleichbar mit einer deutschen GmbH und ist im Gesellschaftsgesetz
(loi no. 5-96, geändert durch loi no. 24-10) geregelt. Es ist möglich eine Ein-MannGesellschaft zu gründen, diese darf dann aber keine weitere Ein-MannTochtergesellschaft gründen. Die maximale Anzahl der Gesellschafter beträgt 50. Wird
diese Zahl überschritten muss die S.A.R.L. in eine S.A. umgewandelt werden. Mit der
Gesetzesüberarbeitung durch loi no. 24-10 ist kein Mindestkapital mehr erforderlich
(zuvor war ein Mindestkapital von 10.000 MAD vorgesehen). Die Geschäftsführung
obliegt dem oder den Geschäftsführer(n), welche(r) nicht Gesellschafter sein muss
(müssen). Bestimmt wird die Geschäftsführung durch die Gesellschafterversammlung.
Die Gründungskosten sind im Wesentlichen identisch mit den bei der Gründung einer SA
anfallenden Kosten.
Anders als die eigenständigen Gesellschaftsformen S.A. und S.A.R.L. haben
Zweigniederlassungen
keine
eigene
Rechtspersönlichkeit.
Die
ausländische
Gesellschaft haftet also vollumfänglich für die Verbindlichkeiten der Zweigniederlassung.
Die Zweigniederlassung (succursale) muss im Handelsregister registriert werden. Die
Registrierung gleicht der von S.A. und S.A.R.L. Zudem wird sie in steuerlicher Hinsicht
wie eine eigenständige marokkanische Gesellschaft behandelt, nur die Gründungskosten
sind etwas niedriger.
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Eine Repräsentanz kann, wie üblich, keine eigene geschäftliche Tätigkeit entfalten
(insbesondere also keine Einnahmen erzielen) und dient vornehmlich der Kontaktpflege
mit den Kunden vor Ort, zur Anbahnung von Geschäftsabschlüssen oder dem Sammeln
von Informationen.
Aufenthaltsrecht
Zur Einreise nach Marokko ist ein gültiger Personalausweis erforderlich. Deutsche
Staatsangehörige müssen kein Besuchsvisum beantragen. Für ein Geschäftsvisum ist
unter anderem ein Einladungsschreiben des marokkanischen Geschäftspartners
vorzulegen. Nähere Informationen zur Visumserteilung sind auf der Homepage der
marokkanischen Botschaft in Berlin zu finden.
Eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag des marokkanischen Arbeitgebers
ausgestellt.
Arbeitsrecht
Der Mindestlohn beträgt in der Landwirtschaft 60,63 MAD pro Tag und in den übrigen
Branchen 10,64 MAD pro Stunde. In der Industrie, im Handel und im
Dienstleistungssektor beträgt die wöchentliche Arbeitszeit 44 Stunden. In der
Landwirtschaft wird die wöchentliche Stundenzahl von der Lokalregierung je nach
Jahreszeit und Bedarf festgelegt.
Das marokkanische Arbeitsrecht ist vornehmlich im Code du Travail (loi no. 65-99)
geregelt. Es kann eine Probezeit vereinbart werden. Diese darf jedoch für Führungskräfte
nicht mehr als 3 Monate und für Angestellte nicht mehr als 6 Wochen betragen, wobei die
Probezeit jedoch einmalig um den gleichen Zeitraum verlängert werden kann. Ein
Arbeitsvertrag kann befristet, unbefristet oder auf Abschluss eines bestimmten Projekts
geschlossen werden. Dabei ist ein befristeter Vertrag allerdings nur zulässig, wenn es
dafür einen sachlichen Grund (etwa Saisonarbeit oder ein vorübergehender Ersatz für
einen Arbeitnehmer) gibt. Schriftform ist nicht vorgeschrieben, sollte sie jedoch gewählt
werden, so sind zwei Exemplare des Vertrages zu erstellen. Eine Kündigung kann sich
aus verhaltensbedingten Gründen (etwa Weitergabe von Geheimnissen, Beleidigungen,
Drogenkonsum, unentschuldigte Abwesenheit) aber auch betriebsbedingt ergeben.
Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf eine Abfindung im Fall der betriebsbedingten
Kündigung (bis zu 240 Stundenlöhne bei einer Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren). Bei
leichten Verstößen des Arbeitnehmers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten kommen
Sanktionen des Arbeitgebers in Betracht.
Die Sozialabgaben betragen insgesamt rund 26%, wobei hiervon rund 19,5% auf den
Arbeitgeber und 6,5% auf den Arbeitnehmer entfallen. Gerade im Bereich höherer
Einkommen kann dieser Prozentsatz auch niedriger ausfallen, da etwa für Gesundheitsund Rentenversicherungsabgaben eine Beitragsobergrenze von 6.000 MAD besteht.
Zwischen Marokko und Deutschland besteht ein Sozialversicherungsabkommen (BGBl.
1986 II S. 550 ff).
Devisenverkehr/Zahlungsverkehr
Gewinne aus Investitionen und aus deren Beendigung können ohne Einschränkungen ins
Ausland ausgeführt werden. Ausländer können ohne vorherige Genehmigung sowohl
Konten in fremder Währung als auch Konten in der Landeswährung halten. Soll der Erlös
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aus dem Verkauf oder der Liquidation einer Investition ausgeführt werden, so ist ein
formeller Transferantrag beim Office de Changes zu stellen.
Gewerblicher Rechtsschutz
Das Urheberrecht ist im Gesetz Nr. 2-00 (loi relative à la protection de la propriété
industrielle), zuletzt ergänzt und geändert durch Gesetz Nr. 34-05, geregelt. Marokko hat
die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst unterzeichnet.
Werke der Kunst, Literatur und Wissenschaft unabhängig von Art, Bedeutung oder Zweck
werden zu Lebzeiten und 70 Jahre über den Tod des Urhebers hinaus geschützt.
Designs und industrielle Modelle sind nach Registrierung für die Dauer von 5 Jahren
geschützt. Dieser Schutz kann zweimal für die Dauer von jeweils weiteren 5 Jahren
verlängert werden.
Das Patentrecht ist in loi no. 17-97 relative à la protection de la propriété industrielle,
sowie dem Ergänzungsgesetz loi no 31-05 geregelt. Die Schutzfrist für Patente beträgt
20 Jahre, wobei allerdings die Gebühren rechtzeitig bezahlt werden müssen. Die
Abtretung des Patents oder die Lizenzierung der Erfindung muss beim Patent- und
Markenamt registriert werden, sonst ist sie Dritten gegenüber nicht gültig. Wird ein
Patent innerhalb von vier Jahren ab Antragstellung oder innerhalb von drei Jahren ab
Erteilung nicht benutzt, so kann einem Dritten eine Zwangslizenz eingeräumt werden.
Marokko hat den Vertrag über die Internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des
Patentwesens unterzeichnet.
Das Markenrecht ist ebenfalls in Gesetz Nr. 17/1997 und Gesetz Nr. 31/2005 geregelt.
Audio und Geruchsmarken können gemäß der Neufassung des Gesetzes ebenfalls
geschützt werden. Marokko hat die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des
gewerblichen Eigentums sowie das Abkommen von Nizza über die internationale
Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken
unterzeichnet.
Steuerrecht
Zwischen
Marokko
und
Deutschland
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) in Kraft.
ist
seit
dem
8.10.1974
ein
Der Körperschaftsteuersatz liegt grundsätzlich bei 30%; für Banken, Leasing- und
Versicherungsgesellschaften beträgt er 37%. Allerdings existieren, wie bereits oben
geschildert, zahlreiche Vergünstigungen auf die Körperschaftsteuer.
Zu nennen sind etwa die Steuerfreistellung für die ersten fünf Jahre und ein anschließend
reduzierter Steuersatz in Höhe von 17,5% für Exportunternehmen, sowie die
Steuerfreistellung für Unternehmen in der Tangier Freihandelszone. Anzumerken ist
insoweit jedoch, dass Gewinne von Unternehmen in der Tangier Freihandelszone ab dem
1.01.2012 dem normalen Körperschaftsteuersatz unterfallen werden (der anzuwendende
Steuersatz wird sich bis Ende 2015 jährlich um 2,5%-Punkte erhöhen).
Das Finanzgesetz 2011 hat die Gewinne für in der Tourismusbranche tätige Unternehmen
mit denen von Exportunternehmen gleichgestellt. Das bedeutet, dass auch solche
Unternehmen für die ersten 5 Jahre von der Steuer befreit sind und im Anschluss nur
einer Körperschaftsteuer in Höhe von 17,5% unterliegen. Eine vergleichbare Regelung
gilt für Niederlassungen in der Casablanca Finance City für den Export von
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Recht kompakt: Marokko
Dienstleistungen; auf diese Gewinne fällt nach einer Freistellung von 5 Jahren nur ein
Körpersteuersatz in Höhe von 8,75% an. Für Unternehmen mit einem Umsatz von
maximal 3 Millionen MAD (ohne Umsatzsteuer) gilt ein Steuersatz von 15%.
Für Unternehmen in ausgewiesenen Entwicklungsregionen gilt für die ersten 5 Jahre ein
auf 17,5% reduzierter Körperschaftsteuersatz (davon ausgenommen sind nicht-ansässige
Unternehmen, die Lieferungen in diese Regionen vornehmen oder dort Projekte
durchführen). Diese Steuervergünstigung wird allerdings bis 2015 auslaufen (Erhöhung
der Steuer um 2,5%-Punkte pro Jahr).
Weiterhin können sich Ausländische Ingenieur- oder Bauunternehmen, die Projekte in
Marokko durchführen, statt der 30%igen Körperschaftsteuer (inkl. sämtlichen zulässigen
Abschreibungen und Abzügen) auch für eine Pauschalbesteuerung entscheiden. Die Höhe
dieser Pauschalsteuer beträgt 8% des Auftragswertes (exkl. Umsatzsteuer).
Abzugsfähige Aufwendungen sind grundsätzlich die Kosten, die im Rahmen der
Geschäftsausübung entstehen, also insbesondere der Kauf von Gütern und Material sowie
Personalkosten. Nicht abzugsfähig sind dagegen Strafen und - sofern kein
entsprechendes Doppelbesteuerungsabkommen existiert - auch keine ausländischen
Steuern.
Die Abschreibung von Wirtschaftsgütern erfolgt auf der Basis von Kaufpreis und
erwarteter
Lebensdauer.
Sowohl
die
lineare
als
auch
die
degressive
Abschreibungsmethode sind zulässig. Bei der degressiven Methode wird abhängig von
der erwarteten Lebensdauer die lineare Abschreibungsrate um einen Faktor multipliziert
(gilt nicht für Immobilien und Transportfahrzeuge).
Erwartete Lebensdauer (Jahre)
Multiplikator
3 bis 4
1,5
5 bis 6
2
über 6
3
Einige lineare Abschreibungsraten:
Wirtschaftsgut
jährliche Abschreibungsrate
Gründungskosten
20%
Wohngebäude
4%
Geschäftsgebäude
5% oder 10%
Fahrzeuge
20% oder 25%
Maschinen und Ausrüstung
10%
Computer und Software
15%
Ein Verlustvortrag kann für maximal 4 Jahre vorgenommen werden.
Die Einkommensteuer ist progressiv gestaffelt bis zum Höchstsatz von 38%.
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Einkommen (MAD)
Steuersatz
Bis 30.000
0%
30.001-50.000
10%
50.001-60.000
20%
60.001-80.000
30%
80.001-180.000
34%
über 180.000
38%
Der Umsatzsteuersatz liegt grundsätzlich bei 20%. Daneben existieren reduzierte
Umsatzsteuersätze in Höhe von 14% (etwa Immobilienmakler und Spediteure), 10%
(etwa Gastronomie und Tourismusbranche) und 7% (etwa Medikamente, Treibstoff,
Wasser, Elektrizität). Einige Grundnahrungsmittel sowie Exportwaren sind von der
Umsatzsteuer befreit. Ausländer ohne ständige geschäftliche Einrichtung, welche
umsatzsteuerpflichtige Lieferungen oder Leistungen erbringen, müssen sich ebenfalls
beim marokkanischen Finanzamt registrieren und gegebenenfalls Umsatzsteuer zahlen.
Umsatzsteuerpflichtig sind Warenlieferungen, wenn die Lieferung in Marokko in Empfang
genommen wird. Leistungen sind umsatzsteuerpflichtig, sofern sie in Marokko genutzt
werden. Das aus dem europäischen Raum bekannte Reverse-Charge-Verfahren wird
in Marokko nicht angewendet. Nicht-ansässige natürliche oder juristische Personen
müssen im Rahmen ihrer Registrierung einen Umsatzsteuerrepräsentanten benennen,
welcher für die Umsatzsteuerverbindlichkeiten gegenüber den Finanzbehörden haftet.
Zudem wird eine Kommunalsteuer in Höhe von 10% des Wertes einer Immobilie fällig.
Liegt das Grundstück im ländlichen Bereich, so ist diese Kommunalsteuer auf 6%
reduziert. Für kommunale Dienstleistungen wird zudem eine Steuer in Höhe von 13,5%
auf Geschäftsausstattung und 3% auf den Grundstückswert berechnet. Während der
ersten 5 Jahre nach ihrer Gründung sind Unternehmen von diesen Steuern befreit.
Marokko erhebt eine Quellensteuer in Höhe von 10% auf Dividenden, Zinsen und
Lizenzgebühren. Bei Zahlungen an Unternehmen, welche keine Betriebsstätte in Marokko
unterhalten, behalten marokkanische Unternehmen gemäß der marokkanischen
Gesetzeslage grundsätzlich eine Quellensteuer in Höhe von 10% ein und führen diese an
das
Finanzamt
ab
–
unabhängig
von
anderslautenden
Regelungen
in
Doppelbesteuerungsabkommen. Der Betroffene muss dann gegebenenfalls beim
marokkanischen Finanzamt eine Erstattung beantragen. Marokko hat außerdem eine
Steuer auf den Gewinntransfer der Zweigstelle an das ausländische Mutterhaus
eingeführt. Diese liegt ebenfalls bei 10%.
Rechtsverfolgung
Die wesentlichen Bestimmungen finden sich in der Zivilprozessordnung (Code de
Procédure Civile). Zwar ist eine anwaltliche Vertretung vor Gericht in der Regel nicht
vorgeschrieben, zu einer anwaltlichen Vertretung in Rechtsstreitigkeiten ist aber gerade
für Ausländer dringend zu raten. Grundsätzlich gilt, dass die anwaltliche Beratung in
Marokko gerade für Ausländer bzw. ausländische Unternehmen nicht besonders preiswert
ist. Eine Gebührenordnung existiert nicht, so dass die Vergütung vorab verhandelt
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werden muss. Erfolgshonorare sind zwar durchaus üblich, verstoßen jedoch gegen das
Gesetz und sind daher nichtig.
Grundsätzlich ist eine Klage bei dem Gericht des Wohnsitzes/Sitzes des Beklagten
einzureichen. Falls der Beklagte keinen Wohnsitz in Marokko hat, kann die Klage auch
beim Gericht des Wohnsitzes/Sitzes des Klägers eingereicht werden. Das marokkanische
Recht enthält keine Angaben zur Zulässigkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen, so dass
davon auszugehen ist, dass ein marokkanisches Gericht eine entsprechende Klausel nicht
anerkennen würde.
Bevor die Entscheidung eines ausländischen Gerichts in Marokko vollstreckt werden kann,
muss sie in einem Exequaturverfahren für vollstreckbar erklärt werden. Zwar prüft das
marokkanische Gericht nicht die Verbürgung der Gegenseitigkeit, das ausländische
Gericht muss aber auch nach marokkanischen Maßstäben zuständig gewesen sein und es
müssen (wie üblich) die wesentlichen Verfahrensgrundsätze eingehalten worden sein.
Zudem prüft das marokkanische Gericht, ob das ausländische Urteil mit dem ordre public
in Einklang steht. Im Bereich des Vertriebsrechts ist dies in der Regel nicht der Fall, so
dass man davon ausgehen kann, dass ausländische Urteile aus diesem Rechtsgebiet in
Marokko nicht für vollstreckbar erklärt werden.
Marokko ist Mitglied des International Center for Settlement of Investment Disputes
(ICSID), der Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards
von 1958 und der Convention on the Settlement of Investment Disputes between States
and Nationals of Other States von 1965. Grundsätzlich werden Schiedsklauseln daher von
den marokkanischen Gerichten bei grenzüberschreitenden Sachverhalten anerkannt.
Etwas anderes gilt hier (wie oben bereits erwähnt) im Bereich des Vertriebsrechts, da die
gesamten Handelsvertreterregelungen dem ordre public unterliegen.
Nützliche Internetadressen
http://www.animaweb.org/en/index.php (ANIMA Investment Network)
http://www.oc.gov.ma/portal/ (Office des Changes)
http://www.invest.gov.ma (Amt für Investitionsförderung in Marokko)
http://www.diplomatie.ma/default.aspx (marokkanisches Außenministerium)
http://www.mcinet.gov.ma (Ministerium für Industrie und Handel)
http://www.ompic.org.ma (Marken und Patentamt)
http://www.finances.gov.ma (marokkanisches Finanzministerium)
http://www.invest.gov.ma/fr/index.jsp?idmod=2f&idrub=202
Investitionsförderungsabteilungen)
(Liste
der
regionalen
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Das komplette Publikationsangebot Recht steht Ihnen unter www.gtai.de/recht zum
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www.gtai.de/recht-kompakt.
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des
Aufsichtsrates:
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Ruth
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Herkes,
Staatssekretärin
im
Registergericht: Amtsgericht Charlottenburg ∙ Registernummer: HRB 107541 B
Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und vom Beauftragten
der Bundesregierung für die neuen Bundesländer aufgrund eines Beschlusses des
Deutschen Bundestages.
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