Fiat 500 – die süße, kleine Knutschkugel ist wieder da…

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Fiat 500 – die süße, kleine Knutschkugel ist wieder da…
AUTO
22. August 2007
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Fahrbericht
Fiat 500 – die süße, kleine Knutschkugel ist wieder da…
Knutschkugel nannten die deutschen Fans den legendären, zwischen 1957 und 1975 gebauten Fiat Nuova 500.
Jetzt ist die Kugel zurück – mit Frontantrieb, mindestens 69 PS und zu Preisen ab rund 10.500 Euro.
Mit dem Erfolg ist bei Fiat der Mut zurückgekehrt. Nach dem Grande Punto und dem Bravo soll jetzt die Neuauflage des Cinquecento den wirtschaftlichen Aufschwung fortsetzen.
Und das, obwohl die automobile Retro-Welle ziemlich abgeflaut ist. Lediglich der neue Mini Cooper verkauft sich gut, während modernen
Versionen anderer Klassiker eher ein
bescheidener Erfolg zuteil wurde –
man denke nur an den New Beetle.
Doch mit negativen Gedanken halten sich die Fiat-Männer nicht lange
auf. „Es ist nicht die Frage, wie viel
wir verkaufen, sondern wie viel
Exemplare der deutsche Markt bekommt“, tönt es selbstbewusst aus
der Frankfurter Deutschland-Zentrale. Große Worte und bescheidene
Ziele: 2007 sollen 2500 Cinquecento
verkauft werden, im nächsten Jahr
dann 15.000.
möglich. Je nach Geldbeutel und Gusto
kann man mehr oder weniger wichtige
Utensilien wie etwa einen elfenbeinfarbenen Duftverteiler oder einen FrontChrombügel erstehen.
Verspieltes Interieur
Auch wenn beim Interieur Hartplastik regiert, vermittelt das Cockpit einen jungen
und frischen Eindruck. Das Armaturenbrett ist in Wagenfarbe lackiert, und die
wenigen Bedienelemente sind übersichtlich angeordnet. Details, etwa die Fensterheber, erinnern sehr an den Panda. Völlig
überladen ist das zentrale Kombiinstrument mit Tacho und Drehzahlmesser in
einem. Bei diesem verwirrenden Zeigerspiel, das obendrein noch mit blinkenden
Anzeigen garniert wird, dürften wohl nur
„Star-Trek“-Fans durchblicken.
Müde Benziner, agiles Handling
Bei der Qualität hat Fiat wieder einen
Schritt nach vorn gemacht. Trotzdem: Wackelnde Knöpfe zeigen, dass man vom
Anspruch, besser als Toyota zu sein, noch
ein Stück entfernt ist. Immerhin absolvierte der 500 die Testfahrten ohne Klappern und Knarzen, eine Sache, an die
man sich bei Fiat erst noch gewöhnen
muss. Die Turiner sind so überzeugt von
der Qualität, dass sie in Italien fünf Jahre
(bis zu 500.000 Kilometer) Garantie gewähren. Zudem rechnet Fiat mit fünf
Sternen im Euro-NCAP-Test.
Beim Cinquecento stehen drei Motorenvarianten zur Auswahl. Zwei Benziner
mit 69 und 100 PS und ein Diesel mit 75
Pferdestärken. Bemerkenswert: Alle
Triebwerke erfüllen bereits jetzt die Euro5-Norm.
Und da Partnerlook bei dieser Klientel als Todsünde gilt, ist Individualität
beim 500 Trumpf. Insgesamt sind
rund 549.000 Ausstattungsvarianten
Es gab mal eine Zeit, da heimsten Italiens Motorenbauer wahre Lobeshymnen
für ihre spritzigen Aggregate ein. Die lahmen Benziner im Cinquecento sind nur
noch ein Abklatsch davon. Das 100-PSTriebwerk ist bei niedrigen Drehzahlen
antrittschwach und hat Mühe, die angegebene Höchstgeschwindigkeit von 182
km/h zu erreichen. Ein Tribut an die Euro-5-Norm, die das Temperament ziemlich einbremst. Dass beide Benziner für
den Stadtverkehr völlig ausreichen, steht
auf einem anderen Blatt. Am besten
passt der 75-PS-Diesel zum Turiner
Stadtflitzer. Er ist einigermaßen spritzig.
ESP kostet Aufpreis
Panoramablick
Das Platzangebot vorn ist für einen Kleinwagen von 3,55 Meter Länge beachtlich.
Erst ab einer Körpergröße von 1,88 Metern wird es um den Kopf herum eng. Die
Sitze sind bequem und bieten einigermaßen ausreichenden Seitenhalt. Im Fond
haben dagegen nur Kinder oder kleine Erwachsene Platz. Auch der Kofferraum hat
Technische Daten: Fiat 500 1,2 8V Fire
Typ
: Fiat 500 1,2 8V Fire
Motor
: Vierzylinder-Ottomotor
: 1242
Hubraum (cm3)
Leistung in PS (KW) bei U/min-1 : 69 (51) bei 5500
Max. Drehmoment (Nm) bei Umin-1 : 102 bei 3000
: 160
Höchstgeschwindigkeit (km/h)
Beschleunigung 0-100 km/h (Sek.) : 12,9
: 5-Gang, manuell
Getriebe
: Front
Antrieb
: super
Treibstoffsorte
: 865
Gewicht, Hersteller-angabe (kg)
: 10.500
Preis (Euro)
: Euro 5
Abgasnorm
: ABS, CD-Radio mit MP3, sieben Airbags,
Ergänzung:
elektrische Fensterheber, Zentralverriegelung,
elektrisch verstellbare Außenspiegel und
höhenverstellbares Lenkrad
kann man mit dem Cinquecento
flink um die Ecken wieseln. Der
Stadtflitzer kündigt durch stetig
wachsendes Untersteuern das Erreichen der Haftungsgrenze an und
bleibt so beherrschbar. Wenn es einmal eng wird, greift das ESP sanft
ein. Allerdings ist das Fahrstabilitätsprogramm nur beim Topmodell serienmäßig und kostet sonst rund 400
Euro Aufpreis.
Ab etwas über 10.000 Euro
Noch nicht auf Toyota-Niveau
Variantenreichtum
Der Fiat 500 basiert auf der PandaPlattform. Nur so ließ sich die extrem
kurze Entwicklungszeit von 18 Monaten verwirklichen. Außerdem half es,
dass man sich bei der Formensprache an einem kultigen Klassiker
orientieren konnte. Mit der vertrauten klassischen Cinquecento-Front,
den verschmitzt lächelnden Kulleraugen, den kurzen Überhängen und
dem Kuppeldach heimst der kleine
Italiener viele Sympathiepunkte ein
– vor allem bei der weiblichen Lifestyle-bewussten Zielgruppe.
mit einem Fassungsvermögen von 185 Litern kein Möbeltransporter-Format. Legt
man die Lehne der Rückbank um, passen bis zu 550 Liter hinein. Ein Lob verdient die gute Rundum-Sicht. Ganz im
Gegensatz zu den runden Kopfstützen.
Die sind zwar ansehnlich, aber zu hart.
Bei einem Aufprall besteht zusätzlich Gehirnerschütterungsgefahr.
Trotz seines kurzen Radstands von 2,30
Metern und einer Gesamtlänge von lediglich 3,55 Metern ist man im Fiat 500 erstaunlich kommod unterwegs. Selbst italienische Schlagloch-Pisten verlieren ihren Schrecken. Zum Großteil ist das der
verwindungssteifen Karosserie zu verdanken. Auch die Agilität kommt nicht
zu kurz. Trotz einer indirekten und um
die Mittellage indifferenten Lenkung
Keine Frage: Der neue Fiat 500 hat
das Zeug zum Kult-Flitzer. Auch
wenn diesseits der Alpen die Emotionen nicht ganz so hohe Wellen schlagen werden wie im Piemont, wird die
italienische Knutschkugel sicher ein
Verkaufshit. Das liegt vor allem am
gelungenen Design, das die klassischen Formen und Proportionen des
Urahns aufgreift und modern interpretiert, ohne sie zu verwässern.
Gute Serienausstattung
Der Grundpreis des Fiat 500 soll bei
etwa 10.500 Euro liegen, was angesichts des Gebotenen ein echter
Kampfpreis ist. Wo sonst bekommt
man sieben Airbags, eine Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung,
elektrische Fensterheber und ein
CD/MP3-Radio serienmäßig? Ganz
zu schweigen von dem nicht zu bemessenden Kult- und Lifestyle-Faktor. Für etwa 14.500 Euro gibt es
schließlich die Topversion mit manueller Klimaanlage und einem Lederlenkrad mit Radio-Fernbedienung.
Zum Vergleich: Ein karg ausgestatteter Mini Cooper One kostet genauso
viel.

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