u bahn london umgangssprachlich

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u bahn london umgangssprachlich
ERASMUS- Erfahrungsbericht
Physik am Imperial College London
Studienjahr 2010/11
Carolin Arand
1. Vorbereitung
1.1 Betreuungspersonen:
In Freiburg: Dr. Wolfgang Kamke und Prof. Alexander Blumen
In London: für Physik: Andrew Knight und für das gesamte College: Adrian
Hawksworth.
1.2 Anmelde- und Einschreibeverfahren:
Die Bewerbung und Anmeldung für ERASMUS ist gar nicht so kompliziert wie
man oftmals hört. Den gesamten Weg wird man an die Hand genommen und
die ganze Zeit während des Verfahrens drauf hingewiesen, was der nächste
Schritt ist.
Zunächst bezeugt man erst mal ganz unverbindlich sein Interesse im Oktober/
November und erst im Januar muss man eine Bewerbung und ein
Motivationsschreiben abgeben. Wenn man angenommen wurde, folgen dann
Leistungsübersicht und Learning Agreement.
Für das Learning Agreement kann man sich die „Undergraduate Syllabuses“
anschauen, wo alle angebotenen Vorlesungen gelistet und erklärt sind. Da
sich das Vorlesungsverzeichnis in den Jahren kaum ändert, kann man sich
dort sehr gut die Vorlesungen raussuchen. Allerdings ist es nicht schlimm,
wenn man nochmal ein paar Änderungen vornehmen möchte, da man in
London sowieso alle Vorlesungen, die man besuchen möchte, erst noch
anmelden muss.
Die Anmeldung am College in London verläuft auch sehr unkompliziert: Bis
Ende April muss man sich am Imperial College angemeldet haben. Nach der
Anmeldung wird man per Email über die Entwicklung des Anmeldeverfahrens
auf dem Laufenden gehalten und schließlich Anfang/ Mitte Mai aufgefordert
sich für einen Wohnheimsplatz zu bewerben. Aber Achtung: Auch wenn die
Engländer sehr schnell sind Emails zu beantworten und versuchen sich an
Fristen zu halten, so schaffen sie es nicht immer. Mein Angebot für ein
Zimmer kam zwei Wochen nach der eigentlichen Frist (Anfang September
statt Mitte August). Zu der Zeit war ich leider im Urlaub und habe grade die 5Tages-Frist, das Angebot anzunehmen, verpasst. Ich konnte das zwar durch
eine Email noch retten, aber auf die Aufregung hätte ich gerne verzichtet.
1.3 Anreise
Ich bin wegen des Gewichts meines Gepäcks mit der Bahn nach London
gefahren und kann das auch nur weiterempfehlen. Wenn man sich früh genug
kümmert kommt man ab 49€ von Deutschland nach London. Ich war von
Tübingen aus 9½ h unterwegs, aber die Fahrt empfand ich als sehr
angenehm und mir haben auch viele Leute mit meinen Koffern geholfen.
1.4 Vorbereitung für das Auslandsjahr
Ich habe für dieses Jahr vorher keinen Sprachkurs belegt, da ich der Meinung
war, dass 9 Jahre Englischunterricht reichen sollten. Dies hat sich bestätigt: In
der Vorlesungen konnte ich sehr gut folgen und auch in das
Umgangssprachliche Englisch kommt man sehr schnell rein. Wer sich
trotzdem nicht mehr ganz so sicher im Englischen fühlt, kann kostenlos einen
Sprachkurs am Imperial machen. Das haben viele meiner Freunde dort
gemacht und sie waren alle mit der Qualität der Kurse sehr zufrieden.
Ansonsten habe ich in Vorbereitung auf London vorher in einem Reiseführer
gestöbert. Die besten Sachen und Geheimtipps stehen aber natürlich in
keinem Reiseführer drin.
2. Aufenthalt in London
Das englische Studienjahr unterscheidet sich etwas von dem deutschen
System. Das Jahr ist dort in Trimester oder Terms im Gegensatz zu unseren
Semestern eingeteilt. Die Vorlesungen finden in den ersten zwei Terms (von
Oktober bis Dezember und von Januar bis März) statt. Im dritten Term finden
dann fast alle Klausuren statt bis auf wenige Ausnahmen.
2.1 Betreuung
Die Betreuung am Imperial ist sehr gut. Andrew Knight, der ERASMUSKoordinator für Physik, hat immer ein offenes Ohr und versucht einem zu
helfen. Außerdem kriegt man auch mit fünf bis sechs anderen Studenten
einen Mentor zugeteilt. Diese Mentoren sind Ansprechpartner für alle
Probleme das Studium betreffend (Organisation, aber auch fachliche
Probleme). Yvonne Unruh, die Mentorin für die Freiburger Studenten, machte
einen Journalclub, wo jeder einen Vortrag über ein zumindest
Physikverwandtes Thema halten musste.
Ansonsten gibt es für alle kleinen und größeren Probleme und Fragen das
Student Hub, das einem immer versucht weiter zu helfen. Das Student Hub ist
außerdem für Wohnheim, Studiengebühren und die allgemeine Organisation
des Studiums zuständig.
Für fachliche Fragen kann man immer zu den Dozenten gehen, die
wöchentlich eine Sprechstunde anbieten.
2.2 Vorlesungen
Da ich in Freiburg scheinfrei bin, habe ich in London Vorlesungen nach
meinen Interessen gehört, viele davon werden in Freiburg nicht angeboten.
• Atomic & Molecular physics: Dozent: Dr. Juliet Pickering
Die Vorlesung war sehr anschaulich und gut erklärt, allerdings war es mir
manchmal doch zu einfach und zu langsam.
• Dynamical Systems & Chaos: Dozent: Dr. Berkshire
Diese Vorlesung hat mir besonders gut gefallen. Der Stoff war nicht besonders
schwierig, aber sehr interessant. Außerdem hat der Dozent ständig Witze
gemacht (zur Verdeutlichung des SIR-Modells hat er uns ein Paper über die
Ausbreitung von Zombies vorgestellt) und den Stoff auf eine begeisternde Art
rübergebracht.
• Environmental physics: Dozent: Clewley, Ekin-Daukes, Czaja
Diese Vorlesung war zu Anfang sehr allgemein und nicht allzu informativ. Der
Teil über die Funktionsweise des Klimas und verschiedener Kraftwerkstypen
war jedoch sehr interessant. Die Vorlesung ist nicht schwer, aber gibt einem
ein Gefühl für Klimaforschung.
• Lasers, Optics & Biophotonics: Dozent: Paul French
Die Vorlesung war sehr gut und eine gute Einführung in Laser physics.
Außerdem gab es hier ein gedrucktes Skript, das in der Vorlesung immer
ausgeteilt wurde.
• Medical Imaging: Dozent: Robert Eckersley, Christopher Dunsby
Eine gute Vorlesung und auch gut erklärt. Leider war das Skript vollkommen
unverständlich und nicht zu gebrauchen.
• Plasma physics: Dozent: Robert Kingham
Das Thema war sehr interessant, aber die Vorlesung ging im Stoff leider sehr
langsam voran, wodurch es etwas langweilig wurde. Außerdem wurde dann
auf den Übungsblättern alles abgearbeitet, was man in der Vorlesung nicht
geschafft hat (das war so ziemlich alles). Die Klausur war dementsprechend
extrem schwer bis nicht lösbar in der zur Verfügung stehenden Zeit.
• Quantum field theory: Dozent: Daniel Waldram
Eine sehr schwere Theorievorlesung, vergleichbar mit deutschen
Theorievorlesungen. Das handgeschriebene Skript war nicht sehr gut
aufgebaut.
• Quantum Optics: Dozent: Stefan Scheel
Die Vorlesung war sehr interessant und auch sehr gut erklärt. Außerdem gab
es ein sehr gutes Skript dazu.
• Project:
Die Studenten am Imperial College müssen im Laufe ihres Studiums ein bis
zwei Forschungsprojekte machen. Die Abteilung nehmen aber auch (oder
gerade) gerne Austauschstudenten, da diese oft gut arbeiten. Ich entschied
mich um genügend ECTS-Punkte zu sammeln auch dafür eins zu machen. Es
werden von sehr vielen theoretischen und experimentellen Arbeitsgruppen
Themen angeboten, aber wenn man eine gute Idee hat, kann auch ein neues
Thema angemeldet werden. Es hatte sehr viel Spaß gemacht und man lernt
das wissenschaftliche Arbeiten kennen; ich kann es also sehr empfehlen.
2.3 Klausuren
Wie schon gesagt finden die meisten Klausuren am Ende des Jahres
innerhalb von 2-3 Wochen statt. Da es keine Übungsgruppen gibt, macht so
gut wie keiner die Übungsblätter während des Jahres und man muss am
Ende alles nachholen. Ich würde empfehlen die Übungsblätter trotzdem zu
machen, auch wenn es schwerfällt.
Für die Klausuren habe ich ungefähr sechs Wochen intensiv gelernt. Diese
Zeit braucht man aber auch, um alles nachzuholen und die Blätter plus
Übungsklausuren durchzurechnen.
Die Klausuren sind in England ganz anders als in Deutschland: Es wird nicht
auf Verständnis, sondern nur auf Wissen geprüft, da man zu wenig Zeit hat
um wirklich nachzudenken. Dementsprechend fand ich die Klausuren sehr
schwer, allerdings habe ich auch gehört, dass sie dieses Jahr besonders
schwer waren.
3. Leben in London
3.1 Wohnen
Wohnen in London ist sehr teuer. Man zahlt für ein Zimmer normal so um die
120-170£ pro Woche und dann wohnt man relativ weit weg. Deshalb würde
ich empfehlen in ein Wohnheim zu gehen.
Ich war im Wilson House, das bei Paddington, nördlich des Hyde Parks
gelegen ist. Es ist eins der weitest entferntesten Wohnheime des Imperial
College, dafür das größte und es hat seine eigene Sporthalle plus Squash
Courts. Außerdem darf man das Schwimmbecken des St. Mary Hospitals
direkt hinter dem Wohnheim kostenlos mitbenutzen.
Ich hatte mich auf ein Einzelzimmer beworben und auch angegeben, dass
mir das Einzelzimmer wichtiger ist als der Preis. Bei mir hat das auch
geklappt, ich hatte ein Einzelzimmer und habe 120£ pro Woche gezahlt, was
für diese Gegend sehr billig ist. Ich habe jedoch sehr viele Freunde die
dasselbe angegeben haben und dann weder in dem gewünschten
Einzelzimmer noch in dem angegebenen Wohnheim waren.
Mein Zimmer war in Ordnung: hell, ordentlich. Der Lebensstandard in London
deutlich niedriger als man es von Deutschland gewohnt ist, alles ist sehr
heruntergekommen. Das geht einem aber auch in privat gemieteten Zimmern
so.
Im Wohnheim wird einem leider kein Bettzeug und kein Geschirr gestellt, man
muss sich also selbst darum kümmern. Es wird ein Starterset angeboten mit
allen Kochutensilien und Bettwäsche. Es ist nicht empfehlenswert das zu
kaufen, da die Qualität sehr schlecht ist. Ich würde eher empfehlen ein großes
Paket von Deutschland aus zu schicken (man zahlt für 20kg 32€ für ein Paket,
das Starterset kostet um die 60£).
3.2 Freizeitgestaltung
Die englischen Colleges bieten ein sehr weitläufiges Freizeitangebot, mit dem
deutschen Vereinssystem vergleichbar. Es gibt für jeden Sport, jede religiöse,
musikalische oder sonstige Neigung einen Club und unter den 320
verschiedenen Clubs wird bestimmt jeder was finden. Man sollte jedoch nicht
den Fehler machen sich bei zu viel anzumelden, das kann man zeitlich und
kostenmäßig einfach nicht schaffen.
Ansonsten hat London natürlich selbst noch wahnsinnig viel zu bieten. Neben
den kostenlosen Museen bietet London auch viele für Studenten sehr
günstige Konzerte an.
Solche Sachen und die Clubs werden am Anfang des Jahres auf der
„Fresher’s Fair“ vorgestellt. Es lohnt sich dort hinzugehen.
Den Rest von London einfach selbst entdecken!
3.3 Kosten
Bei diesem überwältigenden Angebot versteht es sich fast von selbst, dass
das Geld irgendwie anfängt sich selbstständig zu machen und wegzurennen.
London ist teuer, in jeder Hinsicht und man braucht vermutlich mehr als
doppelt so viel Geld wie in Freiburg, vor allem wenn man in dem Jahr auch
was erleben will und nicht immer nur zu Hause sitzt. Durch Studentenangebote (manchmal muss man danach fragen) und durch das Feiern im
Collegeeigenen Pub „568“ kann man aber viel Geld sparen.
3.4 Konto
Ich habe in London ein Konto bei NatWest, die zu der Zeit noch eine Filiale auf
dem Campus hatten, aufgemacht. Das kann ich nur empfehlen, da man mit
einer englischen Karte bei jeder Bank kostenlos Geld abheben und auch
überall problemlos ohne extra Kosten bezahlen kann (die Briten zahlen alles
und jeden Betrag mit Karte). Man zahlt lediglich für die Überweisung 7£
Gebühren. Mittlerweile hat nur noch Santander eine Filiale auf dem Campus.
3.5 Telefon
Für mein Handy habe ich mir in England eine „Pay as you go“- Simkarte
geholt. Da gibt es mittlerweile sehr günstige Angebote, die einem geradezu
aufgedrängt werden auf der Straße: für 1pence/Minute auf alle Mobiltelefone
und auch ins Ausland.
Im Zimmer hat man auch ein Festnetztelefon mit dem man kostenlos
innerhalb des Wohnheims telefonieren kann, auf das man aber Geld laden
muss, um Gespräche außerhalb des Wohnheims zu führen.
3.6 Versicherungen
Wenn man sich länger als 6 Monate in Großbritannien aufhält, ist man
automatisch über das national health system (NHS) kostenlos versichert, man
muss sich nur registrieren, die Formulare dafür kriegt man aber automatisch
beim Einzug. Das Imperial College hat seine eigene Krankenstation bei der
man sich anmelden muss. Eine extra Auslands-Krankenversicherung kann
nicht schaden, ist aber nicht unbedingt nötig.
Das Zimmer im Wohnheim ist grundversichert, man kann sich aber auch dort
noch eine Extraversicherung holen, wenn man sehr wertvolle Sachen hat.
3.7 Transport
Das Bus- und U-Bahnsystem in London ist sehr gut ausgebaut und funktioniert
sehr gut. Da aber eine Einzelfahrt mit der Tube 4£ und mit dem Bus 2£ kostet,
lohnt es sich eine Oystercard zu holen, am besten direkt wenn man ankommt
zum Schalter gehen. Dadurch wird der Fahrtpreis auf 1.90/1.30£ reduziert und
die Karte bucht automatisch ein Tagesticket drauf, wenn man an einem Tag
mal sehr viel fährt. Eine Monatskarte lohnt sich normalerweise nicht, da diese
80£ kostet und man, wenn man im Wohnheim wohnt, selten so viel fährt.
4. Zusammenfassung
London ist eine tolle Stadt und das Imperial College ist eine tolle Uni. Ich kann nur
empfehlen dort hinzugehen! Man lernt so viel dabei, nicht nur fachlich…
Bei Fragen helfe ich gerne weiter: [email protected]