Jus-Letter - wirtschaftsrecht

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Jus-Letter - wirtschaftsrecht
RECHTSANWÄLTE DR. ZACHARIAS & PARTNER
Jus-Letter
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Inhaltsverzeichnis
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Arbeitsrecht
1. Rückkehr aus der Teilzeitbeschäftigung
2. Befristung und Gleichbehandlungsgrundsatz
Bankrecht
3. Haftung der Bank für fehlerhafte Anlageberatung
Erbrecht
4. Fehlgeschlagene Anfechtung
Gesellschaftsrecht
5. MoMiG, eine Novelle zum GmbH-Gesetz
6. Haftung wegen verkürzter Firmenbezeichnung am Telefon
7. Haftung des Geschäftsführers für fehlende Sozialversicherungsbeiträge
1. Rückkehr aus der Teilzeitbeschäftigung
In einem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall arbeitete die Klägerin als
Verkaufsstellenleiterin 37,5 Std. wöchentlich in einem Drogeriemarkt. Ab Herbst
2004 wollte sie Teilzeit arbeiten. Sie vereinbarte mit dem Arbeitgeber, dass sie
wöchentlich nur noch 20 Wochenstunden als Verkäuferin arbeitet. Nach der Personalorganisation des Arbeitgebers werden Verkäuferinnen nur als Teilzeitkräfte,
Verkaufsstellenleiterinnen dagegen nur in Vollzeit beschäftigt. Im Herbst 2005
wollte die Klägerin wieder Vollzeit arbeiten und bewarb sich auf mehrere offene
Stellen als Verkaufsstellenleiterin eines Drogeriemarkts. Eine entsprechende
Stelle erhielt sie erst im Dezember 2006. Mit ihrer Klage verlangte sie die ent-
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gangene Mehrvergütung für den Zeitraum Herbst 2005 bis November 2006, die
sie auf einer höheren Position als Verkaufsstellenleiterin erhalten hätte.
Mit Erfolg. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) regelt in § 9: „Der Arbeitgeber hat einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, der ihm den Wunsch nach
einer Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, bei
der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes ... bevorzugt zu berücksichtigen ...“
Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die offenen Stellen als Verkaufsstellenleiterin in den anderen Märkten des Arbeitgebers „entsprechende freie Arbeitsplätze“ im Sinne dieser Vorschrift seien. Dies gelte zwar im Grundsatz nur
für solche Stellen, die vergleichbare Tätigkeiten beinhalteten und vergleichbare
Anforderungen stellten wie der bisherige Arbeitsplatz. Ein Anspruch auf Übertragung einer höherwertigen und besser vergüteten Tätigkeit bestehe im Grundsatz
daher nicht. Allerdings sei hier die Vorbeschäftigung der Klägerin als Verkaufsstellenleiterin zu berücksichtigen. Es sei das Ziel des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, Teilzeitbeschäftigung auch auf gehobenen Positionen zu fördern. Dem
widerspräche es, wenn Arbeitnehmer, die zum Zweck einer Teilzeitbeschäftigung
auf eine auf eine niedrigere Stelle wechselten, damit rechnen müssten, bei einem
späteren Wunsch auf Arbeitszeitverlängerung nicht auf ihre ursprüngliche Stelle
zurückkehren zu können. Der Arbeitgeber hätte die Klägerin daher baldmöglichst
auf einer der freien Verkaufsleiterstellen beschäftigen müssen. Für die Zeit, in
der er es unterlassen hat, schuldet er die Vergütungsdifferenz als Schadensersatz.
(BAG, Urteil vom 16.09.2008 – 9 AZR 781/07)
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Rechtsanwalt Dr. Sebastian Silberg
2. Befristung und Gleichbehandlungsgrundsatz
Im Arbeitsrecht gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz. Er bedeutet im Prinzip,
dass der Arbeitgeber einzelne Mitarbeiter nicht ohne nachvollziehbaren Grund
ungleich im Sinne von schlechter als andere Mitarbeiter behandeln darf. Dabei
wird eine wichtige Einschränkung jedoch häufig übersehen. Diese Regel gilt nur
für sog. kollektive Tatbestände, also wenn der Arbeitgeber aufgrund einer kollektiven Regelung eine Gruppe von Mitarbeitern begünstigt und einzelne andere
ohne rechtfertigenden Grund von der Begünstigung ausschließt: Ein Beispiel sind
Zuwendungen an die Belegschaft aufgrund von Betriebsvereinbarungen oder
Gesamtzusagen, z. B. Weihnachtsgeld. In diesem Fall braucht der Arbeitgeber
einen guten Grund, wenn er einzelne Teile der Belegschaft von der Zuwendung
ausnimmt.
Auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berief sich auch der Kläger in einem jüngst
vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall. Er war aufgrund eines befristeten
Arbeitsvertrages als Außendienstmitarbeiter eingestellt worden. Gleichzeitig hatte
der Arbeitgeber mit 18 weiteren Mitarbeitern entsprechende befristete Verträge
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abgeschlossen, die er mit diesen nach Ablauf der Befristung verlängerte. Die Befristungen erfolgten ohne Sachgrund. Dies geht nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz nur bis zu einer maximalen Beschäftigungsdauer von 2 Jahren.
Darüber hinaus kann ein Arbeitgeber Verträge befristen, wenn er einen „sachlichen Grund“ für die Befristung hat.
Der Kläger erhielt kein Verlängerungsangebot. Unter dem Gesichtspunkt der
Gleichbehandlung klagte er vor dem Arbeitsgericht auf Weiterbeschäftigung.
Ohne Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz hier nicht gelte. Mit der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen wolle das Teilzeit- und Befristungsgesetz Arbeitgebern gerade ermöglichen,
„frei und ohne Bindung an sachliche Gründe“ über eine Weiterbeschäftigung zu
entscheiden. Dies werde dem Arbeitgeber genommen, wenn man seine Entscheidung an Kriterien wie etwa dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz messen würde.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt übrigens auch nicht bei Kündigungen. Auch
das liegt letztlich daran, dass eine Kündigung eine individuelle, nicht eine kollektive Entscheidung ist. Festzuhalten ist aber, dass auch wenn der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gilt, der Betroffene immerhin noch durch das Allgemeine
Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschützt ist. Der Arbeitgeber darf also auch
bei der Entscheidung über die Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses keine diskriminierenden Motive walten lassen.
(BAG, Urteil vom 13.08.2008 – 7 AZR 513/07)
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3. Haftung der Bank für fehlerhafte Anlageberatung
Immer wieder wird in der Presse davon berichtet, dass Bankberater ihren Kunden hoch komplizierte Wertpapiere verkauft haben, die zu unerwarteten Verlusten geführt haben. In einem solchen Fall hat im Dezember letzten Jahres das
Landgereicht Hamburg ein Urteil zu Gunsten des Anlegers gefällt. Ein Anlageberater hatte seinem Kunden ein „Alpha Express Zertifikat II“ verkauft. Ein Zertifikat
ist eine Schuldverschreibung. Aber anders als bei einer klassischen Schuldverschreibung erhält der Anleger keine feste Verzinsung, sondern er wird am Erfolg
oder Misserfolg eines Börsengeschäftes beteiligt. Läuft das Börsengeschäft gut,
erhält er eine feine Verzinsung, läuft es schlecht, kann der Anleger sein Geld
teilweise oder sogar ganz verlieren. Beim „Alpha Express Zertifikat II“ geht es
letztlich um eine Wette darüber, wie sich zwei Aktienindices, d.h. zwei Kennzahlen über Aktienkörbe zu einander entwickeln. Konkret ging um den „DAX 30“ und
den „DJ Euro Stoxx Select Dividend 30“, zwei Kennzahlen, über die ein Privatanleger in aller Regel nichts weiß. Letztlich handelte es sich nach Einschätzung des
Gerichts um ein „reines Spekulationspapier mit Wettcharakter“. Als der Kunde
das Wertpapier nach rund 7 Monaten verkaufte, musste er einen Verlust von 35
% des eingesetzten Kapitals hinnehmen. Dafür sprach ihm das Landgericht
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Hamburg einen Schadensersatz zu. Das Wertpapier entsprach nicht den Anlagezielen, die der Kunde bisher bei der Bank verfolgt hatte. Auch war das Gericht
der Überzeugung, dass der Bankberater den Kunden nicht hinreichend deutlich
und verständlich über die hohen Risken aus dem Wertpapier informiert hatte. An
diese Informationspflicht der Bank stellt das Gericht in solchen Fällen hohe Anforderungen.
(LG Hamburg, Urteil vom 15.12.2008 – 318 O 4/08)
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Rechtsanwalt Dr. Jürgen Lindemann
4. Fehlgeschlagene Anfechtung
Wer erbt, kann sich überlegen, ob er die Erbschaft annimmt oder nicht. Bei überschuldetem Nachlass sollte man die Erbschaft ausschlagen, um nicht die Schulden zu erben. Die Frist für die Ausschlagung ist kurz: sechs Wochen ab Kenntnis
vom Anfall der Erbschaft. Wie bei jeder Erklärung kann man sich auch bei der
Ausschlagung einer Erbschaft irren. Zum Beispiel über den Wert des Nachlasses. Dann stellt sich, wie in folgendem Fall des OLG Düsseldorf, die Frage, ob
man die Ausschlagung anfechten kann:
Ein Sohn wurde von der Kriminalpolizei informiert, dass seine Mutter tot in der
Wohnung aufgefunden sei. Man habe festgestellt, dass sich auf ihrem Girokonto
ein größerer Geldbetrag befinde. Seine Mutter hatte jedoch immer geklagt, dass
sie kein Vermögen besitze. Daher schlug der Sohn die Erbschaft aus, weil er
meinte, dass der Nachlass „wohl eher“ überschuldet sei. Später erfuhr er, dass
der Nachlass einen Wert von ca. 128.000,00 € habe und wollte die Ausschlagung
der Erbschaft anfechten.
Ohne Erfolg. Zwar hatte der Sohn hier irrig angenommen, der Nachlass sei überschuldet. Der Irrtum war auch der Grund für die Ausschlagung der Erbschaft.
Dennoch hat das OLG Düsseldorf der Anfechtung den Erfolg versagt. Eine Anfechtung sei nur möglich, wenn der Irrtum „auf einer falschen Vorstellung hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses, also hinsichtlich des Bestands
an Aktiva und Passiva“ beruhe. Hier hatte der Sohn bei der Ausschlagung keine
konkreten Vorstellungen über Aktiva und Passiva im Nachlass, sondern ging nur
pauschal von der Überschuldung aus. Diese pauschale Fehlvorstellung berechtige nicht zur Anfechtung.
Die Begründung erscheint wenig überzeugend, wahrscheinlich wollte das Gericht
den Sohn dafür bestrafen, dass er trotz der Mitteilung der Polizei von der größeren Summe auf dem Girokonto sich nicht genauer informiert hat. Als praktische
Konsequenz ergibt sich: In der Ausschlagungserklärung sollte man möglichst genau festhalten, von welchen Nachlassaktiva und –passiva man bei der Ausschlagung ausgegangen ist. Dann ist es später leichter – oder überhaupt erst möglich
– eine Irrtumsanfechtung zu begründen.
(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.09.2008 – 3 Wx 123/08)
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Rechtsanwalt Dr. Ulrich Zacharias
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5. MoMiG, eine Novelle zum GmbH-Gesetz
Das GmbH-Gesetz stammt aus dem Jahr 1892. Dies belegt, wie erfolgreich diese Gesellschaftsform ist. Allerdings ist es immer wieder notwendig, das Gesetz
den aktuellen Anforderungen des Geschäftsverkehrs anzupassen. Ein solches
Änderungsgesetz, das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur
Bekämpfung von Missbräuchen (kurz MoMiG), trat am 1. November 2008 in
Kraft. Drei Ziele verfolgte der Gesetzgeber:
a) Das Recht der GmbH soll vereinfacht werden. Bei Gesellschafterdarlehen in
der Insolvenz kommt es nicht mehr darauf an, ob sie in der „Krise“ der GmbH
gewährt wurden. Stattdessen gilt die Frist von 1 Jahr. Darlehen, die innerhalb
eines Jahres vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen
Gesellschafter zurückgezahlt wurden, kann der Insolvenzverwalter zurückverlangen. Liegt der Rückzahlungszeitpunkt früher, kann der Gesellschafter das
Geld behalten. Allerdings muss der Geschäftsführer aufpassen, dass ihm
nicht der Vorwurf gemacht werden kann, er habe durch die Rückzahlung des
Gesellschafterdarlehens eine Ursache für die spätere Insolvenz gesetzt.
Vereinfacht wurden auch die Vorschriften für die Kapitalerhöhung: Wenn eine
GmbH das Geld aus einer Barkapitalerhöhung dazu verwendet, um kurze Zeit
später Maschinen oder andere Anlagegüter vom Gesellschafter zu erwerben,
wurde häufig in diesem Verhalten eine verdeckte Sacheinlage gesehen. Das
hatte zur Folge, dass der gesamte Betrag der Kapitalerhöhung noch einmal
gezahlt werden musste. Künftig gibt es nur noch eine sogenannte Differenzhaftung: Auch bei einer verdeckten Sacheinlage ist die Bareinzahlung auf die
Kapitalerhöhung grundsätzlich wirksam, allerdings muss der Betrag, um den
der wahre Wert der verdeckten Sacheinlage hinter dem deklarierten Wert zurückbleibt, nachgezahlt werden.
b) Es soll eine Gesellschaftsform geschaffen werden, deren Gründung praktisch
keinen Kapitaleinsatz erfordert.
Die Gründung einer GmbH erfordert auch weiterhin ein Stammkapital von
25.000,-- €, das bei der Gründung zumindest zur Hälfte eingezahlt werden
muss. Dies gilt jetzt auch uneingeschränkt für die Ein-Personen-GmbH: Auch
eine einzelne Person kann nunmehr in der Weise eine GmbH gründen, dass
nur die Hälfte des Stammkapitals, also mindestens 12.500,-- € aufgebracht
wird.
Neu ist die „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“. Es handelt sich um eine Spezialform der GmbH, bei der
kein Mindestkapital vorgeschrieben ist. Praktisch braucht man nur die Gründungskosten, die im Extremfall sogar nur rund € 300,-- betragen können.
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Wichtig ist, dass nach Begleichung der Kosten der Gründung die Gesellschaft
noch mit 1 € intaktem Kapital dasteht. Allerdings gibt es für diese Gesellschaftsform Beschränkungen der Gewinnentnahme: Ein Viertel des Jahresgewinns muss einer gesetzlichen Rücklage zugeführt werden. Wenn die Gesellschaft so viel Rücklagen angesammelt hat, dass das Stammkapital auf
mindestens 25.000,-- € angehoben werden kann, dann kann sie in eine
GmbH umbenannt werden und es gelten keine Sondervorschriften mehr.
c) Zum Dritten will der Gesetzgeber das sogenannte „Bestattungsunwesen“
bekämpfen. Im Normalfall wird eine GmbH durch eine Liquidation, d.h.
durch Verwertung aller Wirtschaftsgüter und Bezahlung aller Verbindlichkeiten beendet. Reicht das Vermögen nicht zur Begleichung aller Verbindlichkeiten aus, dann bleibt der Weg der Insolvenz. Um das geordnete Insolvenzverfahren zu vermeiden, wurde bisweilen eine unredliche „Firmenbestattung“ durchgeführt: Der Geschäftsbetrieb wurde eingestellt und die Gesellschaftsanteile ins Ausland verkauft, so dass im Inland noch nicht einmal
eine Adresse übrig blieb, unter der ein Gläubiger eine Klage zustellen
konnte. Durch eine Reihe von Vorschriften soll sichergestellt werden, dass
bei den letzten inländischen Gesellschaftern Verantwortung für die Stellung
eines Insolvenzantrages bleibt und eine Zustellung der Klageschrift im Inland möglich bleibt.
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6. Haftung wegen verkürzter Firmenbezeichnung am Telefon
Der Geschäftsführer einer Luxemburger SARL (die einer deutschen GmbH entspricht) am Telefon Baumaterialen bestellt und dabei als Rechungsadresse die
Firmenbezeichnung ohne den Rechtsformzusatz SARL angegeben. Er hat als
Firmenbezeichnung also nicht „S-Immobilien SARL“ (d.h. GmbH), sondern nur
„S-Immobilien“ genannt.
Deshalb meinte das Oberlandesgericht Saarbrücken, dass der Lieferant darauf
vertrauen durfte, dass mindestens eine natürliche Person für die Verbindlichkeiten der SARL/GmbH haftet. Er brauchte nicht damit zu rechnen, dass er an eine
Gesellschaft liefert, für die keine natürliche Person einsteht. Also haftet der Geschäftsführer wie ein Vertreter nach den Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung
für die Forderungen des Lieferanten.
Dabei weist das Gericht darauf hin, dass man im Geschäftsverkehr nicht immer
den vollen Firmennamen mit dem Rechtsformzusatz nennen muss. Häufig
kommt es nur darauf an, das Unternehmen so zu bezeichnen, dass man es von
anderen Unternehmen unterscheiden kann. Dann ist es auch ohne negative Folgen möglich, im Gespräch eine einprägsame Verkürzung der Firmenbezeichnung
zu benutzen. Insbesondere wird auf die Rechtsform regelmäßig kein entscheiwww.wirtschaftsrecht-adlershof.de
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dendes Gewicht gelegt, solange die Firmenbezeichnung dem Zweck dient, das
Unternehmen von anderen Unternehmen zu unterscheiden.
Anders ist es, wenn es dem Gesprächspartner darauf ankommt, die genaue Unternehmensbezeichnung zu erfahren, weil er sich über das Risiko aus dem Vertrag im Klaren sein will. Dies ist z. B. der Fall, wenn er nach der genauen Rechnungsanschrift fragt. Denn dann braucht er die genaue Firmenbezeichnung, um
sich ein Bild über die Bonität des Unternehmens machen zu können; gegebenenfalls will er auch eine Kreditauskunft einholen. Dann kann eine falsche Unternehmensbezeichnung bei einem mündlichen Vertragsabschluss zu einem
Rechtsschein führen, der eine persönliche Haftung der handelnden Person auslöst.
(OLG Saarbrücken, Urteil vom 21-10.2008, Az: 4 U 385/07)
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7. Haftung des Geschäftsführers für fehlende Sozialversicherungsbeiträge
Auch in den letzten Monaten hat der BGH wieder Entscheidungen gefällt, in denen es darum ging, dass ein Geschäftsführer einer GmbH wegen zu knapper Liquidität die Beiträge für die Sozialversicherung seiner Arbeitnehmer nicht abgeführt hat. Dies kann neben strafrechtlichen Konsequenzen zu einer Haftung des
Geschäftsführers führen.
Der BGH hatte Gelegenheit, die Grundzüge der Rechtslage noch einmal wie folgt
zusammenzufassen: In der Krise hat ein Geschäftsführer drei Wochen lang Zeit
zu überlegen, ob die GmbH zahlungsunfähig und damit insolvent ist oder ob nur
eine Zahlungsstockung vorliegt, so dass er die Geschäfte weiterführen kann.
Kommt er nach reiflicher Überlegung zu dem Entschluss weiter zu machen, muss
er Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung oder Arbeitnehmeranteile von
Lohnsteuer zahlen. Sonst macht er sich persönlich schadensersatzpflichtig, wenn
wider Erwarten doch eine Insolvenz eintritt. Genauso entscheidet auch der Bundesfinanzhof: Reicht das Geld nicht zur vollständigen Zahlung der Löhne und der
Lohnsteuer, so darf der Geschäftsführer die Löhne nur entsprechend gekürzt
auszahlen und muss mit den dann übrig bleibenden Mitteln die anteilige Lohnsteuer an das Finanzamt abführen.
In diesem Zusammenhang hat der BGH entschieden, dass sich diese Haftung
nicht auf die Säumniszuschläge erstreckt. Das Sozialgesetzbuch (SGB) verpflichtet den Zahlungspflichtigen zwar zur Zahlung von Säumniszuschlägen in Höhe
von einem Prozent des rückständigen Betrags für jeden angefangenen Monat
der Säumnis. Für solche Säumniszuschläge haftet der Geschäftsführer aber
nicht automatisch, wenn er sie nicht zahlt, obwohl er noch Geld in der Kasse hat.
BGH, 29.9.2008, Az: II ZR 162/07 und 14.7.2008, Az: II ZR 238/07
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Aus unserer Kanzlei
Im Herbst 2008 hat sich unsere Kanzlei
verstärkt. Herr Rechtsanwalt Dr. Jürgen Lindemann ist insbesondere im
Gesellschaftsrecht und Bankrecht tätig.
Er stammt aus Niedersachsen und hat
im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes promoviert.
Nach seinem Studium war er über 20
Jahre für eine deutsche Bank in Bremen, Düsseldorf, Berlin und Paris tätig.
In seiner anwaltlichen Tätigkeit hat er
sich von Anfang an auf die Beratung
und Begleitung von mittelständischen
Unternehmen konzentriert.
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RA Dr. Jürgen Lindemann
RA Dr. Sebastian Silberg
RA Dr. Ulrich Zacharias
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