Berliner Testament - wirtschaftsrecht

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Berliner Testament - wirtschaftsrecht
Das Berliner Testament
Besonderheiten und
Fallstricke
§
Von RA Dr. Ulrich Zacharias
Berlin - Adlershof
ANWALTSKANZLEI
DR. U. ZACHARIAS
Das „klassische“ Berliner Testament:
„Wir setzen uns gegenseitig zum
Alleinerben ein. Erben des Überlebenden sollen unsere Kinder sein“
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ANWALTSKANZLEI
DR. U. ZACHARIAS
Vermögensrechtliche Folgen
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ANWALTSKANZLEI
Einheitslösung: Das Vermögen des
Verstorbenen verschmilzt mit dem
Vermögen des Überlebenden zu einer
Einheit (Vollerbe) und geht nach
dessen Tod auf die Kinder über
(Schlusserbe).
Trennungslösung: Der Überlebende
erhält das Vermögen des Verstorbenen
als Sondervermögen, rechtlich getrennt
von seinem eigenen Vermögen. Nach
dem Tod des Überlebenden gehen
zwei Vermögensmassen auf die Kinder
über. (Vor- und Nacherbschaft)
Im Zweifel: Einheitslösung!
DR. U. ZACHARIAS
Erbrechtliche Folgen
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DR. U. ZACHARIAS
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Enterbung der Kinder beim Tod
des/der Erstversterbenden
Risiko des Schlusserben
Wiederverheiratungsklauseln
Pflichtteilsrechte und
Pflichtteilskumulation
Bindungswirkung der
gemeinschaftlichen Testamente
Beispiel: Berliner Testament
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ANWALTSKANZLEI
Friedrich ist Eigentümer mehrerer
Mietshäuser in Berlin. Von den Mieteinnahmen leben er und seine Frau
Karin. Auch nach seinem Tod soll Karin
von den Mieteinnahmen leben können,
nach ihrem Tod sollen auf jeden Fall
die Kinder die Häuser erben. Friedrich
und Karin errichten ausdrücklich ein
Berliner Testament, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben und als
Schlusserben die Kinder einsetzen.
Nach Friedrichs Tod will Karin die Häuser verkaufen und ihren Lebensabend
in Spanien verbringen. Können die
Kinder den Verkauf verhindern?
DR. U. ZACHARIAS
Steuerrechtliche Folgen
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2 Vollerbfälle
Steuerkumulation
Keine Ausnutzung aller potentiellen
Freibeträge (nach dem Tode des
Erstversterbenden der Ehegatte und
die Kinder, nach dem Tode des
Überlebenden noch einmal die Kinder)
Ausnutzung der Vergünstigungen bei
Übertragung von Betriebsvermögen?
Überblick:
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Gesetzliches Erbrecht
Pflichtteilsrecht
Testamentsformen
Eheliches Güterrecht
Erbschaftssteuerrecht
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Gesetzliches Erbrecht
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DR. U. ZACHARIAS
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Tritt ein, wenn keine wirksame
letztwillige Verfügung vorhanden ist
Erben 1. Ordnung: Abkömmlinge des
Erblassers: Kinder, Enkel, Urenkel
Stiefkinder, adoptierte Kinder?
Erben 2. Ordnung: Eltern, Geschwister
und deren Abkömmlinge
Erben 3. Ordnung: Großeltern und
deren Abkömmlinge
Ehegattenerbrecht
Pflichtteilsrecht
Erbrecht des FGB
Beispiel 1: Erben 1. Ordnung
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§
Rudi Meier stirbt 3 Jahre nach seiner
Ehefrau, die zusammen mit der
gemeinsamen Tochter Jenny bei
einem tragischen Autounfall ums
Leben gekommen war. Er hinterlässt 2
Söhne, Rudolf und Karl, beide
verheiratet, Karl hat 4 Kinder. Welche
Rechte kann der Ehemann von Jenny
und dessen beiden Töchter aus der
Ehe geltend machen?
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Beispiel 1:
Frau Meier
† (2001)
Jenny + M
† (2001)
T1
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T2
Ergebnis
Rudolf
1/3
Karl
1/3
T1 + T2 1/6
+
Rudi Meier
† (2004)
Rudolf + F
Karl + F
K1 K2
K3
K4
Jennys Mann
K1 -K4
(-)
(-)
Beispiel 2: Erben 2. Ordnung
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Die verwitwete Erika stirbt kinderlos.
Es leben noch ihre Mutter und die
Schwestern Ruth und Nellie. Erikas
verstorbener Bruder Heiner hatte
zwei Söhne, die wissen wollen, ob
sie etwas von der Tante Erika erben.
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Beispiel 2:
Mutter
Ruth
Nellie
+
Heiner †
Neffe 1
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Ergebnis
Mutter
Ruth
Nellie
Neffe 1 + 2
Vater †
1/2
1/6
1/6
je 1/12
Neffe 2
Erika † + M †
Das Testament
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Testierfreiheit und ihre Grenzen
Testierfähigkeit und Bescheinigung
Testamentsformen und Aufbewahrung
Spezialfall: gemeinschaftliches
Testament
Testamentswiderruf
Testamentsauslegung
Testamentsanfechtung
Testamentsvollstreckung
Internationales Testamentsformenrecht
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Der Pflichtteil
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soll verhindern, dass die nächsten
Verwandten (Abkömmlinge, Ehegatten,
Eltern) leer ausgehen
besteht in der Hälfte des Wertes des
gesetzlichen Erbteils als Geldanspruch
kann auch als Pflichtteilsrestanspruch
geltend gemacht werden
entsteht mit dem Erbfall
kann nicht durch Schenkungen zu
Lebzeiten geschmälert werden
(Pflichtteilsergänzungsanspruch)
ist übertragbar und kann gepfändet
werden
verjährt in 3 Jahren
Der Zugewinnausgleich
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Der Zugewinnausgleich ist eine
schuldrechtliche Geldforderung
diese verjährt in 3 Jahren nach
Beendigung des Güterstandes
Die Ausgleichsforderung beträgt die
Hälfte des Betrages, um den der
Zugewinn des einen Ehegatten den
des anderen übersteigt
der Zugewinn ist der Betrag, um den
das Endvermögen eines Ehegatten
das Anfangsvermögen übersteigt
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Berechnungsmodell
Zugewinn des Ehemannes:
Endvermögen abzüglich Anfangsvermögen
Zugewinn der Ehefrau:
Endvermögen abzüglich Anfangsvermögen
Zugewinnausgleich:
Zugewinn des Ehemannes abzüglich
Zugewinn der Ehefrau geteilt durch 2
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AV F
AV M
Zugewinn M
./.
Zugewinn F
x ½ = Zugewinnausgleich
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EV M
EV F
Der Zugewinn im Todesfall
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Der gesetzliche Erbteil des Ehepartners
ist neben Verwandten 1. Ordnung 1/4,
neben Verwandten 2. Ordnung 1/2. Das
gilt unabhängig vom Güterstand.
Um eine komplizierte Zugewinnberechnung und Streit zwischen den
Erben zu vermeiden, ist der Zugewinn im
Todesfall pauschal geregelt (1/4 des
Erbes neben dem gesetzlichen Erbteil).
Der überlebende Ehegatte kann
allerdings die Erbschaft ausschlagen und
den Zugewinn sowie den kleinen
Pflichtteil verlangen
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Erbschaftsausschlagung
gegen Abfindung
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wenn eine sinnvolle testamentarische
Gestaltung fehlt oder sich die
finanziellen Verhältnisse erheblich
verändert haben, lässt sich dies
manchmal durch fristgerechte
Ausschlagung der Erbschaft gegen
Zahlung einer Abfindung ausbessern
die Abfindung gilt steuerlich als
Zuwendung des Verstorbenen, nicht
des tatsächlichen Erben
Ausschlagungsfrist ist 6 Wochen
kurz!!!
Erbschaftssteuerrecht
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Steuerklassen und Steuersätze
Freibeträge und Mehrfachnutzung
Versorgungsfreibeträge
Zugewinnausgleich
Eigenheim
Betriebsvermögen
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Persönliche Freibeträge
Erwerber
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Ehegatte
Kinder oder Enkel
übrige Pers. d.
Steuerkl. I
Pers. der
Steuerklasse II
Pers. der
Steuerklasse III
Persönliche
Freibeträge
307.000 €
205.000 €
51.200 €
10.300 €
5.200 €
Versorgungsfreibeträge für
Ehegatten, Kinder und Enkel
Erwerber
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Ehegatte
Kinder oder Enkel
Bis 5 Jahre
5 bis 10 Jahre
10 bis 15 Jahre
15 bis 20 Jahre
20 bis 27 Jahre
Versorgungsfreibeträge
256.000 €
52.000 €
41.000 €
30.700 €
20.500 €
10.300 €
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Steuertarif
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Wert des steuerpflichtigen Klasse Klasse Klasse
Erwerbs
I
II
III
Bis
52.000 €
7%
12 %
17 %
Bis
256.000 €
11 %
17 %
23 %
Bis
512.000 €
15 %
22 %
29 %
Bis
5.113.000 €
19 %
27 %
35 %
Bis
12.783.000 €
23 %
32 %
41 %
Bis
25.565.000 €
27 %
37 %
47 %
Über
25.565.000 €
30 %
40 %
50 %
Beispiel : Ehegattenerbrecht, kleiner Pflichtteil
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Der Chirurg Bernhard stirbt mit 67
Jahren und hinterlässt seiner Ehefrau
und seinen beiden Söhnen ein Vermögen von 900.000 Euro. Sie hatten sich
an der Charité kennengelernt, die Frau
wurde zu Beginn ihrer beruflichen Tätigkeit schwanger, kümmerte sich um die
Kinder und den Haushalt und gab ihren
Beruf auf. Sie lebten in Zugewinngemeinschaft, wobei der Zugewinn nur bei
Bernhard in Höhe von 800.000 Euro
eingetreten war. Es gibt kein Testament.
Lösung:Ehefrau 2 x ¼ = ½ , Söhne je ¼
Erbschaftssteuern: ca. 2 x 1.400 €
Alternative: Ehefrau schlägt aus, fordert
den Zugewinn (400.000 Euro) und den
kleinen Pflichtteil (1/8) = 462.500 Euro
Abwandlung:
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DR. U. ZACHARIAS
Bernhard hat mit seiner Frau ein
Berliner Testament gemacht. Die
Hinterbliebenen wissen nicht, was sie
tun sollen, die Söhne sollen schon jetzt
einen Teil erben und alle wollen
Steuern sparen.
Lösung: Im Zweifel Einheitsprinzip =
Ehefrau ist Vollerbe, Kinder sind
Schlußerben (doppelte Versteuerung)
Steuern: ca. 50 T€ + 2 x 27 T€ =104 T€
oder: Ausschlagung gegen
„Abfindungsregelung“