Rahmenkonzeption Schuldnerberatung im Diakonischen Werk Bayern

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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung im Diakonischen Werk Bayern
Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
im Diakonischen Werk Bayern
Klarheit schaffen,
Wege finden
Schuldnerberatung
Arbeitskreis Schuldnerberatung im
Diakonischen Werk
Bayern
April 2008
Seite 0
Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
Inhaltsverzeichnis
1
Vorbemerkung ............................................................................................................................. 2
2
Schuldnerberatung als Aufgabenfeld der Diakonie................................................................. 4
3
Zielgruppe .................................................................................................................................... 5
4
Ziele der Schuldnerberatung...................................................................................................... 6
5
Grundsätze und Selbstverständnis der Beratung (Prinzipien der Beratung) ....................... 7
6
Aufgabengebiete und Arbeitsmethoden in der Schuldner- und Insolvenzberatung............ 8
7
Rahmenbedingungen .................................................................................................................. 9
8
Sozialpolitische Forderungen und Perspektiven ................................................................... 11
Anhänge
A
Beschreibung des Arbeitsspektrums der Schuldnerberatungsstellen im Diakonischen Werk Bayern
B
Statistikformular Basisdaten
Impressum
Seite 1
Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
1
Vorbemerkung
Die Schuldnerberaterinnen und -berater der Diakonie in Bayern und die Vertreterinnen und Vertreter der Trägerebene haben sich mit der vorliegenden Rahmenkonzeption auf eine gemeinsame Vorstellung verständigt, wie Schuldnerberatung der Diakonie heute gestaltet sein soll.
Sie soll Orientierung bieten für die Ausrichtung
der konkreten Arbeit diakonischer Schuldnerberatungsstellen und für den Aufbau neuer Stellen.
Sie soll deutlich machen, womit Sie rechnen
dürfen, wenn Sie - sei es als Ratsuchender, als
Vertreterin oder Vertreter einer Behörde, einer
Kommune, eines Landkreises, als Politikerin
oder Politiker, Arbeitgeber oder Gläubigervertreterin oder -vertreter - mit Schuldnerberatungsstellen der Diakonie in Bayern in Kontakt kommen.
Gleichzeitig heben wir uns damit bewusst ab von
anderen Anbietern von Schuldnerberatung:
kommerziellen Anbietern, Rechtsanwälten u.a.m.
Was machen wir anders - was zeichnet die
Schuldnerberatungsstellen der Diakonie aus?
Auszüge aus dem Leitbild des Diakonischen
Werkes der EKD:
o Wir nehmen den einzelnen Menschen
wahr.
o Darin sehen wir unseren Auftrag in der
Nachfolge Jesu.
o Wir schauen Not, Leid und Schwäche
als Teil des Lebens ins Gesicht.
o Wir wenden uns nicht ab, sondern lassen uns anrühren.
o Wir begleiten und beraten Menschen in
allen Lebenslagen.
o Wir pflegen und heilen, trösten, stärken
und fördern sie und bilden sie aus.
o Zugleich erheben wir unsere Stimme für
diejenigen, die nicht gehört werden.
o Gemeinsam mit anderen treten wir für
eine menschenwürdige Gesetzgebung,
chancengerechte Gesellschaft und eine
konsequente Orientierung am Gemeinwohl ein.
o Gerade in Zeiten des Umbruchs halten
wir an der Verheißung von Frieden und
1
Gerechtigkeit fest.
1
Das Leitbild Diakonie wurde auf der Diakonischen Konferenz in Bremen am 15. Oktober 1997 angenommen.
I.
Überschuldung
Kontext
im
gesellschaftlichen
Verschuldung ist in unserer Konsumgesellschaft
zunächst einmal „normal" und gewollt:
In fast allen Kaufhäusern und im Versandhandel
werden Ratenkäufe angeboten („erst kaufen,
dann zahlen"), Banken werben mit der Vergabe
von Kleinkrediten zur „Erfüllung lang gehegter
Wünsche". Das Prinzip unserer Eltern und Großeltern „erst sparen, dann kaufen" ist in unserer
Gesellschaft längst veraltet.
Zudem besteht in unserer Gesellschaft große
Unsicherheit im Umgang mit Geld und Konsum.
Zum Teil fehlen grundlegende Kenntnisse. In den
Lehrplänen der Schulen ist kein Unterrichtsfach
dafür vorgesehen. Nach unserer Erfahrung werden unzählige Verträge (Handy, Kredite, Baufinanzierungen, Ratenkäufe etc.) unterschrieben,
ohne genau zu wissen, was man unterschreibt.
Aggressive Vermarktungsstrategien und undurchschaubare Vertragsgestaltungen überfordern selbst
kritische Verbraucher.
Aber auch Haushalte ohne außerordentliche finanzielle Verpflichtungen müssen aufgrund der
Zunahme von befristeten Arbeitsverhältnissen und
der seit Jahren sinkenden Realeinkommen um
ihre Existenz fürchten:
Löhne, Gehälter und Renten wachsen seit Beginn der 90er Jahre langsamer als Energie- und
Lebenshaltungskosten steigen. Ebenfalls haben
sich seitdem die Kosten für Gesundheit, Alters2
vorsorge und öffentliche Leistungen erhöht.
"Hartz IV" hat mit der Abkehr vom Bedarfsdeckungsprinzip – zum Beispiel durch den fast
vollständigen Wegfall der einmaligen Beihilfen –
zur Vermehrung und Verschärfung prekärer Lebensverhältnisse beigetragen. Die kontinuierliche
Zunahme von Arbeitsverhältnissen im Niedriglohnsektor verstärkt diese Entwicklung.
Überschuldung ist nicht nur ein individuelles Problem, sondern Ausdruck einer sich verändernden
Gesellschaft, in der nicht mehr jeder Mensch ohne
Schwierigkeiten Schritt halten kann.
2
Bundeszentrale für politische Bildung: Wirtschaftswachstum
und Arbeitnehmereinkommen, 2005
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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
II. Individualbiographische
Überschuldung
Auslöser
von
Unvorhergesehene kritische individuelle Lebensereignisse können zur Überschuldung führen. Die
eingegangenen finanziellen Verpflichtungen können neben den Ausgaben des täglichen Lebensbedarfes nicht mehr eingehalten werden.
Wesentliche individualbiographische Ursachen
für Verschuldung bzw. Überschuldung sind:
o Arbeitslosigkeit
o Trennung / Scheidung
o Krankheit
o Niedrigeinkommen
o Gescheiterte Selbständigkeit
o Wirtschaftliche und rechtliche Unerfahrenheit des Schuldners bzw. der Schuldnerin (mangelnde Finanzkompetenz)
III. Steigende Überschuldung als soziologisches Phänomen
Neuere Zahlen gehen von 3,5 Millionen überschuldeter Privathaushalte bzw. 7,34 Millionen
3
Schuldnerinnen und Schuldner aus - mit weiter
4
steigender Tendenz.
"Zusätzlich gilt gut eine halbe Million Haushalte
als akut überschuldungsgefährdet. Ihr Monatsbudget reicht gerade noch, um ihren wiederkehrenden Zahlungspflichten nachzukommen. Allerdings verbleibt ihnen dabei so wenig Geld, dass
bereits kleine "Störungen" wie etwa die Reparatur der Waschmaschine oder steigende Energie5
preise den finanziellen Kollaps auslösen."
Eröffnete Verbraucherinsolvenzverfahren
120000
100000
80000
60000
40000
20000
0
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Hinter diesen "nackten Zahlen" stehen Einzelschicksale Betroffener. "Schulden sind die fast
immer begleitende, in vielen Fällen leider auch
hauptsächliche Ursache für gesellschaftlichen
Abstieg und Verarmung. Schuldner befinden sich
ganz schnell auf einer "Rutsche" ins soziale Abseits. Wird dieser Teufelskreis nicht von einer
Schuldnerberatungsstelle unterbrochen, bleibt
für die betroffenen Menschen am Ende oft nur
Sozialhilfeabhängigkeit oder ein Leben an der
Pfändungsfreigrenze mit allen ihren negativen
8
Folgen."
Die Verschärfung der Verschuldungssituation
schlägt sich auch in der Zunahme eröffneter
Insolvenzverfahren nieder: In 2007 haben
105.238 Personen und damit 9 % mehr als im
Vorjahr Verbraucherinsolvenz beantragt. 25.865
ehemals beruflich Selbständige haben ebenfalls
6
Insolvenz angemeldet.
Die stete Zunahme zeigt sich auch in der längerfristigen Betrachtung der stark angestiegenen
Zahl der eröffneten Verbraucherinsolvenzverfah7
ren:
3
Creditreform Wirtschaftsforschung: SchuldnerAtlas Deutschland, 2007
4
Vgl. hierzu: Verbraucherzentrale Bundesverband/Deutscher
Caritasverband/Deutsches Rotes Kreuz/Diakonisches Werk
der EKD (Hrsg.): Schuldenreport 2006, Berlin 2006, S. 17 ff.
5
Pressemitteilung des DW EKD zu: Verbraucherzentrale
Bundesverband/Deutscher Caritasverband/Deutsches Rotes
Kreuz/Diakonisches Werk der EKD (Hrsg.): Schuldenreport
2006, Berlin 2006
6
Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom
07.03.2008
7
Für die Jahre 1999 bis 2004 vgl. Verbraucherzentrale Bundesverband/Deutscher Caritasverband/Deutsches Rotes
Kreuz/Diakonisches Werk der EKD (Hrsg.): Schuldenreport
2006, Berlin 2006, S. 20 und für die Jahre 2005 bis 2007 vgl.
Pressemitteilungen des Statistischen Bundesamtes.
8
Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (Hrsg.): Der
neue Schuldenreport; Neuwied/Kriftel/Berlin 1995
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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
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Schuldnerberatung als Aufgabenfeld der Diakonie
Schuldenerlass, Schuld(en)vergebung und der
Einsatz für soziale Gerechtigkeit gehören zum
theologischen Erbe der Kirche. Schuldner- und
Insolvenzberatung ist somit ein originäres Kerngeschäft von Diakonie und Kirche. Auf der Basis
christlicher Nächstenliebe werden überschuldete
Menschen begleitet und beraten. Die christlichdiakonische und sozialethische Handlungsgrundlage begründet eine eindeutige Option für die
armen, diskriminierten und von Ausgrenzung
9
betroffenen Menschen.
Das Beratungsangebot der Diakonie ist offen für
alle Menschen. Der Schwerpunkt liegt in der
Beratung und Hilfe für Menschen aus sozial benachteiligten Gruppen und von Armut betroffenen Menschen. Diakonische Schuldnerberatung
hilft den Betroffenen und ihren Familien bei der
Überwindung der finanziellen Notsituation. Handlungsleitendes Prinzip ist dabei die Hilfe zur
Selbsthilfe. Im Sinne eines "ganzheitlichen Beratungsansatzes" bietet sie Unterstützung bei der
Überwindung der sozialen und psychischen Folgen der Existenzgefährdung durch Überschuldung. Sie begleitet und stärkt die Betroffenen bei
verfestigten und nur langfristig veränderbaren
Überschuldungsstrukturen. Ein weiteres wesentliches Ziel der Beratungsarbeit ist die Vermeidung erneuter Überschuldung.
Schuldnerberatung in der bayerischen Diakonie
bietet in der Regel außergerichtliche Einigungsversuche im Insolvenzverfahren an und begleitet
überschuldete Menschen in den verschiedenen
Verfahrensschritten. Die Diakonie sieht die von
der geltenden Insolvenzordnung geregelte Restschuldbefreiung nach einer erfolgreich abgeschlossenen „Wohlverhaltensphase“ in der alttestamentlichen Tradition des Schuldenerlasses.
Alle sieben Jahre sollten danach Schuldner von
10
ihrer Schuld entlastet werden. Dieses Erlassjahr bewahrte einerseits den Einzelnen und seine Familienangehörigen davor, langfristig in Armut und erdrückende Abhängigkeit zu geraten,
andererseits sah man die gesellschaftsstabilisierende Wirkung einer solchen Regelung, die
11
Neuanfänge für alle möglich machen sollte. Im
Anschluss an diese Tradition nimmt die Insolvenzordnung den Einzelnen zwar in Verantwortung, stellt jedoch Entlastung von dem in Aussicht, was auf absehbare Zeit das Leistungsvermögen übersteigt. Insofern honoriert das geltende Recht ernsthafte Bemühungen um die Befriedung der Gläubiger, verhindert eine auswegslose
Verstrickung in Schulden und eröffnet den Weg
zu einem Neuanfang in Würde.
Diakonische Schuldnerberatung sieht ihre Aufgabe auch in der Aufklärung der Öffentlichkeit
über Entstehung und Wirkungsmechanismen
von Überschuldung. Sie setzt sich für die Änderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen
von Überschuldung ein. Schuldnerberatung steht
hier in einer besonderen Verantwortung, da in
kaum einem Arbeitsbereich die gesamtgesellschaftlichen Zuspitzungen, Verarmungs- und
Exklusionsprozesse so deutlich offenbar werden.
9
Vgl. Segbers, F.: Der diakonische Auftrag zur Schuldnerberatung , in: Schuldnerberatung. Bericht der Fachtagung vom
23. bis 25. September 2002 in Gelnhausen. Diakonie Dokumentation 04/03, S. 16 und Diakonisches Werk der EKD
(Hrsg.): Schuldnerberatung als Dienstleistung in der Diakonie? Diakonie Texte 08/2007, S. 6 ff.
10
11
Vgl. 5. Mose 15, 1f.
Vgl. 3. Mose 25.
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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
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Zielgruppe
Die diakonische Schuldnerberatung steht allen
Bürgerinnen und Bürgern im jeweiligen örtlichen
Zuständigkeitsbereich offen; unabhängig von
deren Nationalität, Religion und Weltanschauung.
Das ganzheitliche Beratungsangebot richtet sich
an Menschen, die ver- oder überschuldet bzw.
von Überschuldung bedroht sind – an Einzelpersonen, Paare und Familien.
Ein Schwerpunkt diakonischer Schuldnerberatung ist die Beratung und Hilfe für von Armut
betroffene Menschen und sozial benachteiligte
Gruppen.
Immer mehr wird Schuldnerberatung auch von
Menschen mit (gescheiterten) Immobilienfinanzierungen, Kleingewerbetreibenden und
(gescheiterten) Selbständigen nachgefragt; hier
entscheidet jede Schuldnerberatungsstelle für
sich, ob sie ein entsprechendes Angebot zur
Verfügung stellt.
Unter der Voraussetzung einer Anerkennung als
geeignete Insolvenzberatungsstelle durch die
jeweilige Bezirksregierung ist es weiterhin Aufgabe in Sachen Verbraucherinsolvenz zu beraten und ggf. ein Verbraucherinsolvenzverfahren
einzuleiten.
Zusätzlich zur Einzelfallarbeit wird Fachberatung
für die Kolleginnen und Kollegen aus sozialen
Diensten und Beratungsstellen im Rahmen der
örtlichen Zuständigkeit gewährleistet und angeboten.
Öffentlichkeitsarbeit und Prävention sind unabdingbare Bestandteile der diakonischen Schuldnerberatung.
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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
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Ziele der Schuldnerberatung
Ziel der Beratung ist es, die Ratsuchenden bei
der Stabilisierung ihrer Lebensverhältnisse und
der Sanierung ihrer wirtschaftlichen Situation zu
unterstützen und ihr Selbsthilfepotential zu stärken und zu fördern. Primäres Ziel ist hier die
Sicherung der Existenz der Ratsuchenden (s.a.
Anhang A - Leistungskatalog I.3.). Weiteres Ziel
ist eine mögliche Schuldenregulierung (s.a. Anhang A - Leistungskatalog I.7. und IV. 1.-7.)
Daneben ist die Hilfe bei der Überwindung der
sozialen und psychischen Folgen der Existenzgefährdung und die Begleitung und Stärkung bei
einer unter Umständen nicht veränderbaren
Überschuldungssituation („ganzheitlicher Beratungsansatz“) unsere Aufgabe.
Weiterhin ist es Ziel der Schuldnerberatung, die
Öffentlichkeit über die Ursachen und Folgen von
Ver- und Überschuldung aufzuklären und die
(politischen) Rahmenbedingungen hierfür mit zu
gestalten. Hier gilt es Anwalt zu sein und Lobbyarbeit zu leisten, um den von Ausgrenzung und
Stigmatisierung Betroffenen eine Stimme zu
verleihen.
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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
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Grundsätze und Selbstverständnis der Beratung (Prinzipien der
Beratung)
Ganzheitlichkeit
Wir sehen den Menschen mit seinen Fähigkeiten, Ressourcen, Problemen und den Wechselwirkungen in seinen familiären, kulturellen und
beruflichen und gesellschaftlichen Bezügen. Die
Individualität des Einzelfalles ist Grundlage für
einen nachhaltigen Beratungsprozess.
Diakonische Schuldnerberatung handelt uneigennützig und berät unabhängig von wirtschaftlichen Interessen.
Kostenfreiheit für Ratsuchende
Das Beratungsangebot ist für Ratsuchende kostenfrei.
Offener Zugang für alle
Alle Hilfesuchenden haben Zugang zum Beratungsangebot - unabhängig von Konfession,
Weltanschauung, Einkommen und sozialer Stellung.
Professionalität und Nachhaltigkeit
Schuldnerberaterinnen und -berater der Diakonie
sind als Mitarbeitende im spezialisierten Fachdienst entsprechend hochqualifiziert und stehen
in unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen.
Auf diese Weise ist qualifizierte und kontinuierliche Begleitung auch langjähriger Entschuldungsprozesse sichergestellt.
Fort- und Weiterbildung / Supervision / Vernetzung
Die Mitarbeitenden der Beratungsstellen vor Ort
arbeiten im verbandlich-organisierten Netzwerk
Sozialarbeit der Diakonie - sowohl vor Ort, als
auch bayern- und bundesweit.
Auf diese Weise ist regelmäßiger fachlicher Austausch, juristische Rechtsberatung und die politische Interessenvertretung der von uns beratenen Menschen gewährleistet. Kontinuierliche
Fort- und Weiterbildung sowie die Möglichkeit
zur Supervision sind weitere Grundsätze der
Beratungsarbeit.
Freiwilligkeit
Schuldnerberatung der Diakonie respektiert die
lebenspraktische Autonomie der Hilfesuchenden.
Der freiwillige Entschluss der Hilfesuchenden,
das Angebot der Schuldnerberatung wahrnehmen zu wollen, ist Grundlage für einen erfolgreichen Beratungsprozess.
Vertraulichkeit und Verschwiegenheit
Die Inhalte der Beratung unterliegen der
Schweigepflicht. Eine von Respekt, Offenheit
und Vertrauen geprägte Beraterin-KlientenBeziehung ist Voraussetzung für dauerhaft erfolgreiche Veränderungsprozesse. Wir fühlen
uns als Mitarbeitende einer diakonischen Beratungsstelle hier besonders verpflichtet.
Ergebnisoffenheit und Prozessorientierung
Diakonische Schuldnerberatung versteht Beratung als dialogisch-kooperativen Prozess. Im
Gespräch mit den Hilfesuchenden werden unter
Einbeziehung der bei den Klienten vorhandenen
Sichtweisen, Ressourcen und Selbsthilfepotentiale individuelle Lösungsvorschläge entwickelt.
Schuldnerberatung als „Hilfe zur Selbsthilfe“
setzt eigenverantwortliche und aktive Mitarbeit
der Hilfesuchenden voraus.
Nachvollziehbarkeit
Das Vorgehen der Beraterin und des Beraters
wird für die Ratsuchenden transparent und
nachvollziehbar gestaltet.
Methodische Vielfalt
Die beraterische Grundhaltung wird praktisch
umgesetzt in methodischer Vielfalt. Je nach Beratungskontext, Anliegen der Klienten und beraterischem Ausbildungshintergrund reichen die
Methoden von Haushaltsberatung über rein finanziell-rechtliche Beratung, klientenzentrierte
Gesprächsführung, lösungs- und ressourcenorientierte, systemische Beratungsformen, aber
auch betriebswirtschaftlich-administrativ orientierte Methoden bis zu sozialer Gruppenarbeit,
Gemeinwesenarbeit und Öffentlichkeitsarbeit.
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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
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Aufgabengebiete und Arbeitsmethoden in der Schuldner- und
Insolvenzberatung
Die Aufgabengebiete und die Arbeitsmethoden
der Schuldnerberatungsstellen in den Diakonischen Werken haben vielfältige und an örtliche
Notwendigkeiten angepasste Schwerpunkte.
Hierzu gehört auch die Rechtsberatung in den
relevanten Arbeitsfeldern.
o
o
o
IV.
Die Arbeitsschwerpunkte sind in vier Aufgabengebiete unterteilt:
o
I.
Einzelfallarbeit
Krisenintervention
Basisberatung (Anamnese, Problembeschreibung, Zielfindung)
Existenzsicherung
Haushalts- und Budgetberatung
Forderungsüberprüfung,
Schuldnerschutz
Psychosoziale und präventive Beratung
Regulierung und Entschuldung
Beratung zum Umgang mit Geld und
Konsum
o
o
o
Strukturelle und Einzelfall überschreitende Arbeit
Informationsveranstaltungen
Öffentlichkeitsarbeit
Präventionsarbeit
Kooperation und Vernetzung mit diakonischen und externen Stellen
Gremienarbeit und Arbeitskreise
o
Qualitätssicherung und Evaluation
Fortbildung
o
o
o
o
o
o
o
o
II.
o
o
o
o
III.
o
o
o
o
Supervision
Erfahrungs- und Informationsaustausch
Statistik, Dokumentation und Tätigkeitsberichte
Aufgaben als staatlich anerkannte
geeignete Stelle im Verbraucherinsolvenzverfahren
Information über Ablauf und Bedingungen
Prüfung der Voraussetzungen für die Erlangung der Restschuldbefreiung im
Einzelfall
Durchführung eines außergerichtlichen
Einigungsversuchs, unter Berücksichtigung der Bedingungen des InsOVerfahrens
Erstellung einer Bescheinigung beim
Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuches
Hilfestellung bei der Antragstellung zur
Eröffnung des Insolvenzverfahrens und
Restschuldbefreiung
Begleitung und Unterstützung des Ratsuchenden im gerichtlichen Verfahren
Begleitung und Unterstützung des Ratsuchenden in der „Wohlverhaltensperiode“
Die detaillierte Beschreibung des Arbeitsspektrums der Schuldnerberatungsstellen im Diakonischen Werk Bayern ist als Anhang A der Rahmenkonzeption beigefügt.
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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
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Rahmenbedingungen
Personelle Ausstattung
Fachpersonal
In der Regel ist die Stelle mit einer Sozialpädagogin bzw. einem Sozialpädagogen mit spezieller Zusatzqualifikation im Bereich Schuldner- und
ggf. Insolvenzberatung zu besetzen.
Bei einer sozialpädagogischen Zusatzqualifikation kann die Stelle auch mit einem Mitarbeitenden besetzt werden, der über einen juristischen
oder wirtschaftswissenschaftlichen Studienabschluss verfügt.
Ergänzende Fachberatung ist für die Stellen, die
lediglich über eine personelle Mindestausstattung verfügen, sicherzustellen. Dies kann z. B.
durch einen Honorarvertrag mit einer juristischen
Fachkraft erfolgen.
Alle in der Insolvenzberatung tätigen Personen
müssen über zwei Jahre Berufserfahrung in einer Schuldnerberatungsstelle verfügen.
Rechtliche Beratung für Insolvenzberatungsstellen
Das Diakonische Werk Bayern stellt die Rechtsberatung der Insolvenzberatungsstellen durch
eine juristische Fachkraft sicher.
Verwaltung
Mindestausstattung: 0,5 Stelle Verwaltungskraft
In Stellen mit mehreren Beraterinnen und Beratern sollte pro Vollzeitstelle mindestens eine
halbe Stelle Verwaltung zur Verfügung stehen.
Ehrenamtliche Mitarbeitende
Eine Stelle, die ehrenamtliche Mitarbeitende
beschäftigt, muss zwingend über entsprechende
Kapazitäten hauptamtlicher Fachkräfte zur
Betreuung der ehrenamtlichen Mitarbeitenden
verfügen. Nähere Erläuterungen sind dem Positionspapier „Ehrenamt in der Schuldnerberatung“
zu entnehmen.
Büro- und Sachausstattung
Die Beratungsstelle muss über eigene Räume
verfügen. Eine adäquate technische Ausstattung
ist für die Beratung unumgänglich. Ferner ist
eine ordnungsgemäße Aktenverwaltung und
Statistik sicherzustellen.
Lage und Zugang
Die Stelle sollte möglichst barrierefrei zugänglich
sein. Sie ist durch entsprechende Beschilderung
zu kennzeichnen.
Die Zugangsvoraussetzungen (z. B. Anmeldung
über Telefonsprechstunde) sollten für die Klienten transparent sein.
In der Regel ist eine Terminvereinbarung für
Beratungsgespräche erforderlich.
Soweit keine anders lautenden Vorgaben im
Rahmen der Finanzierung gemacht werden,
steht die Beratung allen Personen des jeweiligen
Einzugsgebietes zur Verfügung. In der Regel
werden nur Verbraucher und keine aktiv selbständig tätigen Personen beraten.
Die Beratung erfolgt für die Klienten kostenfrei.
Rechtliche Grundlagen
o SGB II und SGB XII
Mit Inkrafttreten der Sozialgesetzbücher
II und XII zum 01.01.2005 wurden die
Rechtsgrundlagen für Schuldnerberatung bundesweit neu geregelt. Dadurch
differenziert sich der Zugang Betroffener
zur Schuldnerberatung jeweils nach deren Einkommens- bzw. Beschäftigungs12
status. Erst aus dem Kontext des Gesetzgebungsverfahrens erschließt sich
der Wille des Gesetzgebers: Schuldnerberatung soll kommunale Aufgabe und
Verpflichtung bleiben. Der Anspruch der
Betroffenen ergibt sich im einzelnen aus
§ 17 SGB I, §§ 6 und 16 SGB II und § 11
SGB XII sowie aus dem Grundsatz und
der Verpflichtung zur Daseinsvorsorge.
Die explizite Nennung der Schuldnerberatung als Leistung z.B. in § 16 Abs. 2
Nr. 2 SGB II soll diese "stärken und nicht
als Argument für deren Einschränkung
13
dienen."
Die differenziertere Neuregelung der
Rechtsgrundlagen sollte den praktischen
Zugang der Betroffenen nicht erschweren oder zu bürokratischem Mehraufwand führen.
o Insolvenzordnung
o Rechtsberatungsgesetz
bzw.
ab
01.07.2008 Rechtsdienstleistungsgesetz
12
Siehe.hierzu ausführlich u.a.: Krüger, B. u.a, Schuldnerberatung auf der Rechtsgrundlage des SGB XII und SGB II,
BAG-SB Informationen Ausgabe 2/2005, S.23 ff.
13
Ebd.
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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
Finanzierung
Die Finanzierung der Beratungsstellen sollte
durch eine pauschale Kosten deckende Stellenfinanzierung durch die Kommune erfolgen.
Für die Insolvenzberatung ist ebenfalls eine pauschale Stellenfinanzierung anzustreben.
Qualitätssicherung und Statistik
Die Beratungsstellen dokumentieren ihre Tätigkeit in zeitgemäßer Form.
Für die Erstellung der jährlichen Statistik stellt
das Fachreferat ein für alle Stellen einheitliches
Formular zur Verfügung (siehe Anhang B - Statistikformular Basisdaten), das auch eine EDVgestützte Erfassung ermöglicht. Die Stellen liefern einmal jährlich bis spätestens 31.03. die
statistischen Daten an das Fachreferat.
Rolle und Funktion des Diakonischen Werks
Bayern
Das Diakonische Werk Bayern unterstützt die
Beratungsstellen durch das Fachreferat Schuldnerberatung.
Das Fachreferat stellt den Beratungsstellen ein
Informationssystem zum fachlichen Austausch
zur Verfügung (www.schube.de). Eine entsprechende finanzielle und personelle Ausstattung
wird gewährleistet.
Ferner ist das Referat für die Fortbildungen und
die Organisation der Fachtagungen und Arbeitskreise zuständig. Die kontinuierliche Weiterbildung im Bereich der Schuldnerberatung wird
durch das Diakonische Werk Bayern sichergestellt. Die Vertretung auf Bundes- und Landesebene erfolgt durch das Fachreferat.
Das Diakonische Werk Bayern stellt die Rechtsberatung für die anerkannten Insolvenzberatungsstellen durch eine juristische Fachkraft
sicher.
Das Fachreferat ist ferner in Zusammenarbeit mit
den Beratungsstellen zuständig für die Weiterentwicklung und konzeptionelle Gestaltung des
Arbeitsbereiches.
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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
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Sozialpolitische Forderungen und Perspektiven
Überschuldung hat ein dramatisches Ausmaß
angenommen. Ein weiterer Anstieg ist absehbar.
Deshalb müssen die Beratungskapazitäten für
die Schuldnerberatung deutlich ausgeweitet
werden. Die personelle Ausstattung der Schuldnerberatungsstellen reicht bundesweit nur für die
Unterstützung von ca. 12 % der überschuldeten
14
Privathaushalte. Die Diakonie in Bayern fordert
deshalb die Umsetzung eines bedarfsgerechten
Schlüssels von einer Beratungsstelle mit zwei
Fachberatungskräften und einer Verwaltungskraft pro 50.000 Einwohner. Die Kommunen
stehen hier als zuständige Leistungsträger für
die Schuldnerberatung in der Verantwortung.
Nach einer Studie der Evangelischen Fachhochschule Berlin würde ein Ausbau der wohlfahrtsverbandlichen Schuldnerberatung die öffentliche
Hand finanziell entlasten. Danach spart ein Euro
Investition in die Schuldnerberatung zwei Euro
an sozialen Folgekosten.
Die Anzahl der Verbraucherinsolvenzverfahren
ist weiterhin stark steigend. Die vom Sozialministerium zur Verfügung gestellten Mittel waren in
den zurückliegenden Jahren jeweils bereits kurz
nach der Jahresmitte aufgebraucht. Zur Erfüllung
des Beratungsbedarfs bei der Insolvenzberatung
müssen die Fördermittel deutlich erhöht werden.
Die Inanspruchnahme der Beratung muss für die
Klienten kostenfrei bleiben. Die bereits unter
Punkt 2. erwähnte "Option für die Armen" durch
die Schuldner- und Insolvenzberatung lässt eine
Kostenbeteiligung nicht zu.
Eine – abzulehnende - Kostenbeteiligung der
Klienten verbunden mit der ungenügenden finanziellen Ausstattung der Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen würde unseriösen Kreditvermittlern und kommerziellen Schuldenregulierern eine noch bessere Grundlage für ihre Geschäftemacherei mit der Armut überschuldeter
Menschen bieten. Die für die Anerkennung als
geeignete Stellen nach Art. 116 AGSG i.V.m. §
14
Vgl. Schuldenreport 2006, hrsg. von Verbraucherzentrale
Bundesverband/Deutscher Caritasverband/Deutsches Rotes
Kreuz/Diakonisches Werk der EKD, 2006, S. 238 ff.
305 Abs. 1 Nr. 1 InsO zuständigen Bezirksregierungen müssen unseriös agierende gewerbliche
Schuldenregulierer von der Anerkennung ausschließen.
Maßnahmen und Projekte zur Überschuldungsprävention können einen wesentlichen Beitrag
zur gebotenen Verbesserung der "finanziellen
Allgemeinbildung" weiter Teile der Bevölkerung
leisten. Die diakonischen Schuldnerberatungsstellen sehen einen hohen Bedarf an entsprechenden Maßnahmen und Projekten. Zur Umsetzung bedarf es der Bereitstellung entsprechender staatlicher Mittel. Die Einbeziehung und
Einbindung der Kreditwirtschaft in einen "Präventionspool" ist anzustreben.
In Übereinstimmung mit den sozialpolitischen
Forderungen des Diakonischen Werks Bayern
muss der Entwicklung einer steigenden Zahl von
Menschen, die trotz Erwerbstätigkeit unter Armut
leiden ("working poor") mit der Einführung von
gesetzlich abgesichertem und Existenz sicherndem Mindestlohn entgegen getreten werden.
Die Regelleistung i.H.v. derzeit 347 Euro nach
dem SGB II reicht nicht aus, um eine Existenz
ohne Armut und Verschuldung bzw. Überschuldung zu ermöglichen. Sie muss auf mindestens
420 Euro erhöht werden.
Die seit vielen Jahren existierende unverbindliche Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft für
ein Girokonto für jedermann hat sich als unzureichend erwiesen. Der Anspruch auf ein Girokonto
muss durch eine verbindliche gesetzliche Regelung einklagbar gewährleistet werden. Zudem
muss ein wirksamer Schutz vor Kontopfändung
und Aufrechnung durch das Kreditinstitut gesetzlich geregelt werden.
Die Schuldnerberatungsstellen der Diakonie
werden sich auch in Zukunft engagiert und
nachhaltig für eine Verbesserung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zur Vermeidung und Bekämpfung von Überschuldung einsetzen.
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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
Anhang A
Beschreibung des Arbeitsspektrums der Schuldnerberatungsstellen im Diakonischen Werk Bayern
Diese Beschreibung des Arbeitsspektrums dient
der Konkretisierung und der Umsetzung der inhaltlichen Vorgaben und Anforderungen aus der
Rahmenkonzeption Schuldnerberatung des Diakonischen Werkes Bayern.
Sie ist Grundlage für die Darstellung der Leistungen unserer Schuldnerberatungsstellen gegenüber Dritten.
I.
Einzelfallarbeit
1. Krisenintervention
Klärung und Abwendung akuter existentieller
Bedrohungen, wie z.B. Wohnungsverlust, Kontoverlust, Inhaftierung, Stromsperre, Mittellosigkeit,
Suizidgefahr
2.
Basisberatung (Anamnese, Problembeschreibung, Zielfindung)
2.1. Information über die Arbeitsweise in der
Schuldnerberatung
2.2. Erheben der wirtschaftlichen und sozialen
Situation
2.2.1. Erfassung der persönlichen Daten, der
familiären und beruflichen Situation
2.2.2. Erstellung einer Einnahmen-Ausgaben
Übersicht
2.2.3. Erfassung der Gesamtverbindlichkeiten
2.2.4. Reflexion der materiellen Konsequenzen und sozialen Folgen der Überschuldung in der aktuellen Lebenssituation
2.2.5. Erfassung weiterer Probleme und Beurteilung der Auswirkungen auf die
Schuldnerberatung
2.3. Überprüfung der Notwendigkeit existenzsichernder Maßnahmen
2.4. Erstellen einer ersten Arbeitshypothese zu
Ursachen der Überschuldung
2.5. Klärung des Selbsthilfepotentials des
Schuldners/der Schuldnerin
2.6. Informationen zur Insolvenzordnung (InsO)
2.7. Beschreibung von Beratungszielen
2.8. Absprachen zur Zusammenarbeit, Auftragsklärung
3. Existenzsicherung
3.1. Sicherstellung des notwendigen Lebensunterhalts
3.1.1. Sozialleistungsberatung, Hilfe bei der
Antragstellung und Unterstützung bei
der Durchsetzung von Ansprüchen
3.1.2 Unterstützung bei der Regelung von
Unterhaltszahlungen
3.1.3. Informationen zum Zwangsvollstreckungsrecht
3.1.4. Überprüfung der Pfändungsbeträge
und ggf. Unterstützung bei der Erhöhung des Pfändungsfreibetrages
3.1.5. Beratung und Hilfestellung bei Kontenpfändungen, Einkommenspfändungen,
Lohnabtretung und Aufrechnung
3.1.6. Unterstützung bei der Reduzierung
bzw. Einstellung nicht zwingend notwendiger Ausgaben
3.2. Hilfen zum Erhalt der Wohnung und bei
vergleichbaren Notlagen
3.3. Hilfen zur Erhaltung des Arbeitsplatzes
3.4. Verhinderung von Ersatzfreiheitsstrafen und
Erzwingungshaft
3.5. Erhalt des Girokontos und Hilfe bei der Einrichtung eines Girokontos
4. Haushalts- und Budgetberatung
4.1. Unterstützung beim Erstellen bzw. Überprüfen des Haushaltsplans, beim Führen eines
Haushaltsbuches
4.2. Hinweise zur Realisierung von Einsparmöglichkeiten
4.3. Beratung und Hilfen zur wirtschaftlichen
Haushaltsführung und langfristige Finanzplanung
4.4. Versicherungsberatung
4.5. Kreditberatung
5.
Forderungsüberprüfung,
Schuldnerschutz
5.1. Hilfestellung beim Zusammenstellen, Ordnen, Aktualisieren der Schuldenunterlagen
5.2. Überprüfung der aktuellen Forderungen
nach Grund und Höhe
5.3. Hilfen zur Wahrnehmung der Schuldnerund Verbraucherrechte
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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
5.4. Vorbereitung anwaltlicher Vertretung und
Begleitung bei rechtlichen Auseinandersetzungen
5.5. Mitwirkung bei der Beantragung von Beratungs- und Prozesskostenhilfe
6. Psychosoziale und präventive Beratung
6.1. Klärung, Reflexion und Bewertung der individuellen Ursachen der Ver- und Überschuldung und des Konsumverhaltens
6.2. Klärung des Anspruchsniveaus und der
finanziellen Lebensplanung
6.3. Erarbeiten von Handlungsalternativen zur
Vermeidung erneuter Schuldenprobleme
6.4. Befähigung zum Leben an der Pfändungsgrenze
6.5. Klärung und Bearbeitung der in Zusammenhang mit Überschuldung stehenden Beziehungs- und Persönlichkeitsmuster
6.6. Motivationsarbeit
6.7. Stärkung der Selbsthilfepotentiale
6.8. Vermittlung zusätzlicher sozialer und anderer Beratungsangebote und Hilfen
7. Regulierung und Entschuldung
7.1. Erstellung und Umsetzung von Regulierungsplänen unter Beachtung folgender Aspekte:
7.1.1. Familieneinkommen und Unterhaltsverpflichtungen
7.1.2. Sicherungsrechte
7.1.3. Potentiell „rechtswidrige“ Forderungen
(Teilforderungen), z.B. Zinsen, Kosten
7.1.4. frei verfügbare Eigenmittel bzw.
Fremdmittel
des
Schuldners/der
Schuldnerin
7.2. Führung von Verhandlungen mit Gläubigern
zur Umsetzung des Regulierungsplanes
7.3. Entschuldung mit Hilfe Dritter
7.4. Begleitung während der Entschuldung
8.
8.1.
8.2.
8.3.
8.4.
8.5.
Beratung zum Umgang mit Geld und
Konsum
Enttabuisierung des Themas Geld
Umgang mit Geld im familiären und lebensgeschichtlichen Kontext
Selbstbewusster Umgang mit weniger Geld
Hinterfragen von Konsumverhaltensmustern, Einstellungen, Haltungen und Überzeugungen
Aufzeigen und Entwicklung anderer Verhaltensmuster
II. Strukturelle und Einzelfall überschreitende Arbeit
1. Informationsveranstaltungen
1.1. Themenspezifische Informationsveranstaltungen für Betroffene
1.2. Themenspezifische Informationsveranstaltungen für Multiplikatoren
2. Öffentlichkeitsarbeit
Nutzung von Presse, Rundfunk, Fernsehen,
Internet und anderer relevanter Medien zur:
2.1. Darstellung der Situation Überschuldeter
2.2. Darstellung der Arbeit der Schuldnerberatung
2.3. Information über soziale und rechtliche
Rahmenbedingungen
2.4. Information über sozialpolitische Themen
und Forderungen
2.5. Lobbyarbeit
3. Prävention
3.1. Entwicklung und Erstellung von Informationsmaterialien
3.2. Durchführung von Präventionsveranstaltungen
3.3. Schulung von Multiplikatoren
3.4. Anregung von und Mitwirkung bei Aktivitäten zur Verbesserung der Lebenssituation
Überschuldeter und zur Vermeidung von
Überschuldung durch sozial- und rechtspolitische Initiativen
4.
4.1.
4.2.
4.3.
4.4.
Kooperation und Vernetzung mit diakonischen und externen Stellen
Fachberatung
Vernetzung der Beratungsleistungen für
Überschuldete durch Zusammenarbeit mit
anderen sozialen Fachdiensten
Zusammenarbeit mit anderen Stellen:
Rechtsanwälte, Gerichte, Arbeitgeber, Gerichtsvollzieher, Behörden, u.a.
Zusammenarbeit und fachlicher Austausch
mit anderen Schuldnerberatungsstellen
5. Gremienarbeit und Arbeitskreise
5.1. Vertretung im Fachausschuss Schuldnerberatung der Landesarbeitsgemeinschaft der
öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege in
Bayern
5.2. Vertretung auf Bundesebene durch den
Landesreferenten
5.3. Mitarbeit im Arbeitskreis Schuldnerberatung
des Diakonischen Werkes Bayern
5.4. Mitarbeit in regionalen und überregionalen
Arbeitskreisen
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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
III. Qualitätssicherung und Evaluation
1. Fortbildung
1.1. Berufsbegleitende Anpassung der Fachlichkeit an neue Entwicklungen durch interne
und externe Fortbildung
1.2. Qualifizierte fachliche Einarbeitung neuer
Mitarbeitender und/oder die Möglichkeit der
Hospitation in bereits bestehenden Einrichtungen
2. Supervision
Reflexion und Aufarbeitung der Wechselwirkungen zwischen Ratsuchenden, institutionellen
Bedingungen und professionellem Handeln
3. Erfahrungs- und Informationsaustausch
3.1. Informeller Austausch zwischen Schuldnerberaterinnen und -beratern
3.2. Weiterentwicklung der fachlichen Arbeit in
den unter II. 5 genannten Arbeitskreisen
und Gremien
3.3. Vermittlung und Erstellung von Arbeitshilfen
4.
4.1.
4.2.
4.3.
4.4.
4.5.
Statistik, Dokumentation und Tätigkeitsberichte
Erstellung von Tätigkeitsberichten
Erfassung von statistischen Merkmalen
Erfassung von Beratungsangeboten und –
tätigkeiten
Gewinnung von Erkenntnissen zur Effektivierung der Beratungstätigkeit
Aufbereitung des statistischen Datenmaterials zur Dokumentation der sozialen Lage
der Betroffenen und der eigenen Arbeit gegenüber Öffentlichkeit, Politik und Kostenträgern
IV. Aufgaben Verbraucherinsolvenzverfahren als "geeignete Stelle"
1.
1.1.
1.2.
1.3.
1.4.
1.5.
1.6.
Information über Ablauf und Bedingungen, als Einzel- und/oder Gruppeninformation
Voraussetzungen
Verfahrenskosten
Versagensgründe
Vier Phasen des Ablaufes in der Restschuldbefreiung (außergerichtlich, Schuldenbereinigungsplan, Insolvenzverfahren,
„Wohlverhaltensperiode“)
Obliegenheitspflichten des Schuldners und
der Schuldnerin in der Abtretungsphase
„Abtretungsphase“ (Vorrang von Abtretungen, Treuhänder etc.)
1.7. Erlangung und Widerruf der Restschuldbefreiung
1.8. Ausgenommene Forderungen
2.
Prüfung der Voraussetzungen für die
Erlangung der Restschuldbefreiung im
Einzelfall
2.1. Rechtliche Gesichtspunkte
2.2. Wirtschaftliche Gesichtspunkte
2.3. Persönliche Gesichtspunkte
3.
Durchführung eines außergerichtlichen
Einigungsversuchs unter Berücksichtigung der Bedingungen des Insolvenzverfahrens
3.1. Zusammenstellen, ordnen, aktualisieren der
Schuldenunterlagen
3.2. Haushaltsberatung (siehe I.4.)
3.3. Psychosoziale Betreuung
3.4. Überprüfung der Forderungen nach Grund
und Höhe
3.5. Hilfen zur Wahrnehmung der Schuldnerund Verbraucherrechte
3.6. Erschließung anwaltlicher Vertretung und
Unterstützung
3.7. Mitwirkung bei der Beantragung von Beratungs- und Prozesskostenhilfe
3.8. Erstellung eines Regulierungsplanes unter
Beachtung unter anderem folgender Aspekte:
3.8.1. Familieneinkommen und Unterhaltsverpflichtungen
3.8.2. Sicherungsrechte potentieller „rechtswidriger“ Forderungen, z.B. Zinsen und
Gebühren
3.8.3. Frei verfügbare Eigenmittel bzw.
Fremdmittel des Schuldners bzw. der
Schuldnerin
3.8.4. potentiell erreichbare Abtretungsbeträge der Gläubiger im Insolvenzverfahren
3.9. Führung der Verhandlungen mit den Gläubigern im Sinne des außergerichtlichen Regulierungsplanes
3.10.Begleitung und Betreuung des Schuldners
bzw. der Schuldnerin bei Einhaltung des
außergerichtlichen Vergleichs
4.
Erstellung einer Bescheinigung beim
Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuches
4.1. Ausstellung der Bescheinigung
4.2. Dokumentation des außergerichtlichen Einigungsversuches
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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
5.
5.1.
5.2.
5.3.
5.4.
Hilfe bei der Antragstellung zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens und zur
Restschuldbefreiung
Erstellung von Gläubiger- und Forderungsverzeichnis
Erstellung eines Einkommens- und Vermögensverzeichnisses
Erstellung eines Schuldenbereinigungsplanes unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Planes auf die Sicherheiten der
Gläubiger
Ergänzende Anträge: Zustimmungsersetzung, Verfahrenskostenstundung, Einstellung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, Verzicht auf Anhörung
Begleitung der Ratsuchenden im gerichtlichen Verfahren
6.1. Unterstützung beim Schriftverkehr (Anträge,
Mitteilungen etc.) mit dem Insolvenzgericht,
ggf. Vermittlung anwaltlicher Vertretung
6.2. Unterstützung bei der Feststellung der Forderungen (z.B. Widerspruch), ggf. Vermittlung anwaltlicher Vertretung
6.3. Unterstützung bei persönlichen und sonstigen Problemlagen während des Verfahrens
7.
7.1.
7.2.
7.3.
6.
7.4.
Begleitung der Ratsuchenden in der
„Wohlverhaltensperiode“
Beratung in Obliegenheitsfragen
Unterstützung und Hilfestellung im Falle
eines Antrags auf Versagung der Restschuldbefreiung, ggf. Vermittlung anwaltlicher Vertretung
Beratung und Betreuung in Krisensituationen,
wie
Arbeitslosigkeit,
Trennung/Scheidung, Krankheit, aber auch bei
sonstigen Problemlagen
Hilfe bei der Einhaltung des Haushaltsplans
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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
Anhang B
Statistikformular Basisdaten
I. Organisation
Träger der Schuldnerberatungsstelle (Name):
Hauptsitz der Schuldnerberatungsstelle (Ort):
ggf. Ort/e von Außenberatungsstelle/n:
II. Personal
Anzahl der Schuldnerberater/innen (Anzahl in Köpfen):
Anzahl der Schuldnerberater/innen (Anzahl in Vollzeitäquivalent):
Verwaltungskraft/-kräfte (Anzahl in Köpfen):
Verwaltungskraft/-kräfte (Anzahl in Vollzeitäquivalent):
Ehrenamtliche Mitarbeitende (Anzahl in Köpfen):
Ehrenamtliche Mitarbeitende (Anzahl in Vollzeitäquivalent):
III. Klienten
1. Schuldnerberatung
1.1. Anzahl der Klienten insgesamt in Köpfen:
davon neue Klienten im Jahr:
davon mehrjährige Klienten:
1.2. ggf. zusätzliche - nicht unter III.1.1. enthaltene - Kontakte (bspw. telefonisch oder online; Mehrfachkontakte einzelner Klienten können nicht ausgeschlossen werden):
2. Insolvenzberatung
Anerkennung als geeignete Stelle liegt vor:
ja
nein
Anzahl der vorgerichtlichen Einigungen :
Anzahl der gescheiterten vorgerichtlichen Einigungsversuche:
Anzahl der eingeleiteten gerichtlichen Verbraucherinsolvenzverfahren:
Bitte ausgefülltes Formular bis spätestens zum 31.03. des Folgejahres an das Referat Schuldnerberatung im Diakonischen Werk Bayern übermitteln. Herzlichen Dank für Ihre Mitwirkung!
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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung
Impressum
Diakonisches Werk der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern –
Landesverband der Inneren Mission e.V.
Pirckheimerstraße 6
90408 Nürnberg
www.diakonie-bayern.de
Erarbeitet von den Mitgliedern des Arbeitskreises Schuldnerberatung
im Diakonischen Werk Bayern e.V.:
Michael Frank, Diakonisches Werk Bayern e.V.
Peter Schneider, Christophorus Gesellschaft Würzburg GmbH
Matthias Strecker, Diakonisches Werk Neustadt/Aisch e.V.
Ursula Weser, Diakonisches Werk Sulzbach-Rosenberg e.V.
Markus Willms, Diakonisches Werk Weißenburg-Gunzenhausen e.V.
Kontakt:
Michael Frank
Schuldnerberatung, Wohnungslosenhilfe, Straffälligenhilfe, Bahnhofsmission
Fachgruppe Offene Soziale Dienste
Pirckheimerstraße 6
90408 Nürnberg
Telefon: 0911 / 9354-439
Fax: 0911 / 9354-471
PC-Fax: 0911 / 9354-34-439
Email: [email protected]
www.schube.de
www.diakonie-bayern.de
April 2008
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