Rahmenkonzeption Schuldnerberatung im Diakonischen Werk Bayern
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Rahmenkonzeption Schuldnerberatung im Diakonischen Werk Bayern
Rahmenkonzeption Schuldnerberatung Rahmenkonzeption Schuldnerberatung im Diakonischen Werk Bayern Klarheit schaffen, Wege finden Schuldnerberatung Arbeitskreis Schuldnerberatung im Diakonischen Werk Bayern April 2008 Seite 0 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung Inhaltsverzeichnis 1 Vorbemerkung ............................................................................................................................. 2 2 Schuldnerberatung als Aufgabenfeld der Diakonie................................................................. 4 3 Zielgruppe .................................................................................................................................... 5 4 Ziele der Schuldnerberatung...................................................................................................... 6 5 Grundsätze und Selbstverständnis der Beratung (Prinzipien der Beratung) ....................... 7 6 Aufgabengebiete und Arbeitsmethoden in der Schuldner- und Insolvenzberatung............ 8 7 Rahmenbedingungen .................................................................................................................. 9 8 Sozialpolitische Forderungen und Perspektiven ................................................................... 11 Anhänge A Beschreibung des Arbeitsspektrums der Schuldnerberatungsstellen im Diakonischen Werk Bayern B Statistikformular Basisdaten Impressum Seite 1 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung 1 Vorbemerkung Die Schuldnerberaterinnen und -berater der Diakonie in Bayern und die Vertreterinnen und Vertreter der Trägerebene haben sich mit der vorliegenden Rahmenkonzeption auf eine gemeinsame Vorstellung verständigt, wie Schuldnerberatung der Diakonie heute gestaltet sein soll. Sie soll Orientierung bieten für die Ausrichtung der konkreten Arbeit diakonischer Schuldnerberatungsstellen und für den Aufbau neuer Stellen. Sie soll deutlich machen, womit Sie rechnen dürfen, wenn Sie - sei es als Ratsuchender, als Vertreterin oder Vertreter einer Behörde, einer Kommune, eines Landkreises, als Politikerin oder Politiker, Arbeitgeber oder Gläubigervertreterin oder -vertreter - mit Schuldnerberatungsstellen der Diakonie in Bayern in Kontakt kommen. Gleichzeitig heben wir uns damit bewusst ab von anderen Anbietern von Schuldnerberatung: kommerziellen Anbietern, Rechtsanwälten u.a.m. Was machen wir anders - was zeichnet die Schuldnerberatungsstellen der Diakonie aus? Auszüge aus dem Leitbild des Diakonischen Werkes der EKD: o Wir nehmen den einzelnen Menschen wahr. o Darin sehen wir unseren Auftrag in der Nachfolge Jesu. o Wir schauen Not, Leid und Schwäche als Teil des Lebens ins Gesicht. o Wir wenden uns nicht ab, sondern lassen uns anrühren. o Wir begleiten und beraten Menschen in allen Lebenslagen. o Wir pflegen und heilen, trösten, stärken und fördern sie und bilden sie aus. o Zugleich erheben wir unsere Stimme für diejenigen, die nicht gehört werden. o Gemeinsam mit anderen treten wir für eine menschenwürdige Gesetzgebung, chancengerechte Gesellschaft und eine konsequente Orientierung am Gemeinwohl ein. o Gerade in Zeiten des Umbruchs halten wir an der Verheißung von Frieden und 1 Gerechtigkeit fest. 1 Das Leitbild Diakonie wurde auf der Diakonischen Konferenz in Bremen am 15. Oktober 1997 angenommen. I. Überschuldung Kontext im gesellschaftlichen Verschuldung ist in unserer Konsumgesellschaft zunächst einmal „normal" und gewollt: In fast allen Kaufhäusern und im Versandhandel werden Ratenkäufe angeboten („erst kaufen, dann zahlen"), Banken werben mit der Vergabe von Kleinkrediten zur „Erfüllung lang gehegter Wünsche". Das Prinzip unserer Eltern und Großeltern „erst sparen, dann kaufen" ist in unserer Gesellschaft längst veraltet. Zudem besteht in unserer Gesellschaft große Unsicherheit im Umgang mit Geld und Konsum. Zum Teil fehlen grundlegende Kenntnisse. In den Lehrplänen der Schulen ist kein Unterrichtsfach dafür vorgesehen. Nach unserer Erfahrung werden unzählige Verträge (Handy, Kredite, Baufinanzierungen, Ratenkäufe etc.) unterschrieben, ohne genau zu wissen, was man unterschreibt. Aggressive Vermarktungsstrategien und undurchschaubare Vertragsgestaltungen überfordern selbst kritische Verbraucher. Aber auch Haushalte ohne außerordentliche finanzielle Verpflichtungen müssen aufgrund der Zunahme von befristeten Arbeitsverhältnissen und der seit Jahren sinkenden Realeinkommen um ihre Existenz fürchten: Löhne, Gehälter und Renten wachsen seit Beginn der 90er Jahre langsamer als Energie- und Lebenshaltungskosten steigen. Ebenfalls haben sich seitdem die Kosten für Gesundheit, Alters2 vorsorge und öffentliche Leistungen erhöht. "Hartz IV" hat mit der Abkehr vom Bedarfsdeckungsprinzip – zum Beispiel durch den fast vollständigen Wegfall der einmaligen Beihilfen – zur Vermehrung und Verschärfung prekärer Lebensverhältnisse beigetragen. Die kontinuierliche Zunahme von Arbeitsverhältnissen im Niedriglohnsektor verstärkt diese Entwicklung. Überschuldung ist nicht nur ein individuelles Problem, sondern Ausdruck einer sich verändernden Gesellschaft, in der nicht mehr jeder Mensch ohne Schwierigkeiten Schritt halten kann. 2 Bundeszentrale für politische Bildung: Wirtschaftswachstum und Arbeitnehmereinkommen, 2005 Seite 2 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung II. Individualbiographische Überschuldung Auslöser von Unvorhergesehene kritische individuelle Lebensereignisse können zur Überschuldung führen. Die eingegangenen finanziellen Verpflichtungen können neben den Ausgaben des täglichen Lebensbedarfes nicht mehr eingehalten werden. Wesentliche individualbiographische Ursachen für Verschuldung bzw. Überschuldung sind: o Arbeitslosigkeit o Trennung / Scheidung o Krankheit o Niedrigeinkommen o Gescheiterte Selbständigkeit o Wirtschaftliche und rechtliche Unerfahrenheit des Schuldners bzw. der Schuldnerin (mangelnde Finanzkompetenz) III. Steigende Überschuldung als soziologisches Phänomen Neuere Zahlen gehen von 3,5 Millionen überschuldeter Privathaushalte bzw. 7,34 Millionen 3 Schuldnerinnen und Schuldner aus - mit weiter 4 steigender Tendenz. "Zusätzlich gilt gut eine halbe Million Haushalte als akut überschuldungsgefährdet. Ihr Monatsbudget reicht gerade noch, um ihren wiederkehrenden Zahlungspflichten nachzukommen. Allerdings verbleibt ihnen dabei so wenig Geld, dass bereits kleine "Störungen" wie etwa die Reparatur der Waschmaschine oder steigende Energie5 preise den finanziellen Kollaps auslösen." Eröffnete Verbraucherinsolvenzverfahren 120000 100000 80000 60000 40000 20000 0 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Hinter diesen "nackten Zahlen" stehen Einzelschicksale Betroffener. "Schulden sind die fast immer begleitende, in vielen Fällen leider auch hauptsächliche Ursache für gesellschaftlichen Abstieg und Verarmung. Schuldner befinden sich ganz schnell auf einer "Rutsche" ins soziale Abseits. Wird dieser Teufelskreis nicht von einer Schuldnerberatungsstelle unterbrochen, bleibt für die betroffenen Menschen am Ende oft nur Sozialhilfeabhängigkeit oder ein Leben an der Pfändungsfreigrenze mit allen ihren negativen 8 Folgen." Die Verschärfung der Verschuldungssituation schlägt sich auch in der Zunahme eröffneter Insolvenzverfahren nieder: In 2007 haben 105.238 Personen und damit 9 % mehr als im Vorjahr Verbraucherinsolvenz beantragt. 25.865 ehemals beruflich Selbständige haben ebenfalls 6 Insolvenz angemeldet. Die stete Zunahme zeigt sich auch in der längerfristigen Betrachtung der stark angestiegenen Zahl der eröffneten Verbraucherinsolvenzverfah7 ren: 3 Creditreform Wirtschaftsforschung: SchuldnerAtlas Deutschland, 2007 4 Vgl. hierzu: Verbraucherzentrale Bundesverband/Deutscher Caritasverband/Deutsches Rotes Kreuz/Diakonisches Werk der EKD (Hrsg.): Schuldenreport 2006, Berlin 2006, S. 17 ff. 5 Pressemitteilung des DW EKD zu: Verbraucherzentrale Bundesverband/Deutscher Caritasverband/Deutsches Rotes Kreuz/Diakonisches Werk der EKD (Hrsg.): Schuldenreport 2006, Berlin 2006 6 Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 07.03.2008 7 Für die Jahre 1999 bis 2004 vgl. Verbraucherzentrale Bundesverband/Deutscher Caritasverband/Deutsches Rotes Kreuz/Diakonisches Werk der EKD (Hrsg.): Schuldenreport 2006, Berlin 2006, S. 20 und für die Jahre 2005 bis 2007 vgl. Pressemitteilungen des Statistischen Bundesamtes. 8 Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (Hrsg.): Der neue Schuldenreport; Neuwied/Kriftel/Berlin 1995 Seite 3 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung 2 Schuldnerberatung als Aufgabenfeld der Diakonie Schuldenerlass, Schuld(en)vergebung und der Einsatz für soziale Gerechtigkeit gehören zum theologischen Erbe der Kirche. Schuldner- und Insolvenzberatung ist somit ein originäres Kerngeschäft von Diakonie und Kirche. Auf der Basis christlicher Nächstenliebe werden überschuldete Menschen begleitet und beraten. Die christlichdiakonische und sozialethische Handlungsgrundlage begründet eine eindeutige Option für die armen, diskriminierten und von Ausgrenzung 9 betroffenen Menschen. Das Beratungsangebot der Diakonie ist offen für alle Menschen. Der Schwerpunkt liegt in der Beratung und Hilfe für Menschen aus sozial benachteiligten Gruppen und von Armut betroffenen Menschen. Diakonische Schuldnerberatung hilft den Betroffenen und ihren Familien bei der Überwindung der finanziellen Notsituation. Handlungsleitendes Prinzip ist dabei die Hilfe zur Selbsthilfe. Im Sinne eines "ganzheitlichen Beratungsansatzes" bietet sie Unterstützung bei der Überwindung der sozialen und psychischen Folgen der Existenzgefährdung durch Überschuldung. Sie begleitet und stärkt die Betroffenen bei verfestigten und nur langfristig veränderbaren Überschuldungsstrukturen. Ein weiteres wesentliches Ziel der Beratungsarbeit ist die Vermeidung erneuter Überschuldung. Schuldnerberatung in der bayerischen Diakonie bietet in der Regel außergerichtliche Einigungsversuche im Insolvenzverfahren an und begleitet überschuldete Menschen in den verschiedenen Verfahrensschritten. Die Diakonie sieht die von der geltenden Insolvenzordnung geregelte Restschuldbefreiung nach einer erfolgreich abgeschlossenen „Wohlverhaltensphase“ in der alttestamentlichen Tradition des Schuldenerlasses. Alle sieben Jahre sollten danach Schuldner von 10 ihrer Schuld entlastet werden. Dieses Erlassjahr bewahrte einerseits den Einzelnen und seine Familienangehörigen davor, langfristig in Armut und erdrückende Abhängigkeit zu geraten, andererseits sah man die gesellschaftsstabilisierende Wirkung einer solchen Regelung, die 11 Neuanfänge für alle möglich machen sollte. Im Anschluss an diese Tradition nimmt die Insolvenzordnung den Einzelnen zwar in Verantwortung, stellt jedoch Entlastung von dem in Aussicht, was auf absehbare Zeit das Leistungsvermögen übersteigt. Insofern honoriert das geltende Recht ernsthafte Bemühungen um die Befriedung der Gläubiger, verhindert eine auswegslose Verstrickung in Schulden und eröffnet den Weg zu einem Neuanfang in Würde. Diakonische Schuldnerberatung sieht ihre Aufgabe auch in der Aufklärung der Öffentlichkeit über Entstehung und Wirkungsmechanismen von Überschuldung. Sie setzt sich für die Änderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen von Überschuldung ein. Schuldnerberatung steht hier in einer besonderen Verantwortung, da in kaum einem Arbeitsbereich die gesamtgesellschaftlichen Zuspitzungen, Verarmungs- und Exklusionsprozesse so deutlich offenbar werden. 9 Vgl. Segbers, F.: Der diakonische Auftrag zur Schuldnerberatung , in: Schuldnerberatung. Bericht der Fachtagung vom 23. bis 25. September 2002 in Gelnhausen. Diakonie Dokumentation 04/03, S. 16 und Diakonisches Werk der EKD (Hrsg.): Schuldnerberatung als Dienstleistung in der Diakonie? Diakonie Texte 08/2007, S. 6 ff. 10 11 Vgl. 5. Mose 15, 1f. Vgl. 3. Mose 25. Seite 4 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung 3 Zielgruppe Die diakonische Schuldnerberatung steht allen Bürgerinnen und Bürgern im jeweiligen örtlichen Zuständigkeitsbereich offen; unabhängig von deren Nationalität, Religion und Weltanschauung. Das ganzheitliche Beratungsangebot richtet sich an Menschen, die ver- oder überschuldet bzw. von Überschuldung bedroht sind – an Einzelpersonen, Paare und Familien. Ein Schwerpunkt diakonischer Schuldnerberatung ist die Beratung und Hilfe für von Armut betroffene Menschen und sozial benachteiligte Gruppen. Immer mehr wird Schuldnerberatung auch von Menschen mit (gescheiterten) Immobilienfinanzierungen, Kleingewerbetreibenden und (gescheiterten) Selbständigen nachgefragt; hier entscheidet jede Schuldnerberatungsstelle für sich, ob sie ein entsprechendes Angebot zur Verfügung stellt. Unter der Voraussetzung einer Anerkennung als geeignete Insolvenzberatungsstelle durch die jeweilige Bezirksregierung ist es weiterhin Aufgabe in Sachen Verbraucherinsolvenz zu beraten und ggf. ein Verbraucherinsolvenzverfahren einzuleiten. Zusätzlich zur Einzelfallarbeit wird Fachberatung für die Kolleginnen und Kollegen aus sozialen Diensten und Beratungsstellen im Rahmen der örtlichen Zuständigkeit gewährleistet und angeboten. Öffentlichkeitsarbeit und Prävention sind unabdingbare Bestandteile der diakonischen Schuldnerberatung. Seite 5 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung 4 Ziele der Schuldnerberatung Ziel der Beratung ist es, die Ratsuchenden bei der Stabilisierung ihrer Lebensverhältnisse und der Sanierung ihrer wirtschaftlichen Situation zu unterstützen und ihr Selbsthilfepotential zu stärken und zu fördern. Primäres Ziel ist hier die Sicherung der Existenz der Ratsuchenden (s.a. Anhang A - Leistungskatalog I.3.). Weiteres Ziel ist eine mögliche Schuldenregulierung (s.a. Anhang A - Leistungskatalog I.7. und IV. 1.-7.) Daneben ist die Hilfe bei der Überwindung der sozialen und psychischen Folgen der Existenzgefährdung und die Begleitung und Stärkung bei einer unter Umständen nicht veränderbaren Überschuldungssituation („ganzheitlicher Beratungsansatz“) unsere Aufgabe. Weiterhin ist es Ziel der Schuldnerberatung, die Öffentlichkeit über die Ursachen und Folgen von Ver- und Überschuldung aufzuklären und die (politischen) Rahmenbedingungen hierfür mit zu gestalten. Hier gilt es Anwalt zu sein und Lobbyarbeit zu leisten, um den von Ausgrenzung und Stigmatisierung Betroffenen eine Stimme zu verleihen. Seite 6 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung 5 Grundsätze und Selbstverständnis der Beratung (Prinzipien der Beratung) Ganzheitlichkeit Wir sehen den Menschen mit seinen Fähigkeiten, Ressourcen, Problemen und den Wechselwirkungen in seinen familiären, kulturellen und beruflichen und gesellschaftlichen Bezügen. Die Individualität des Einzelfalles ist Grundlage für einen nachhaltigen Beratungsprozess. Diakonische Schuldnerberatung handelt uneigennützig und berät unabhängig von wirtschaftlichen Interessen. Kostenfreiheit für Ratsuchende Das Beratungsangebot ist für Ratsuchende kostenfrei. Offener Zugang für alle Alle Hilfesuchenden haben Zugang zum Beratungsangebot - unabhängig von Konfession, Weltanschauung, Einkommen und sozialer Stellung. Professionalität und Nachhaltigkeit Schuldnerberaterinnen und -berater der Diakonie sind als Mitarbeitende im spezialisierten Fachdienst entsprechend hochqualifiziert und stehen in unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen. Auf diese Weise ist qualifizierte und kontinuierliche Begleitung auch langjähriger Entschuldungsprozesse sichergestellt. Fort- und Weiterbildung / Supervision / Vernetzung Die Mitarbeitenden der Beratungsstellen vor Ort arbeiten im verbandlich-organisierten Netzwerk Sozialarbeit der Diakonie - sowohl vor Ort, als auch bayern- und bundesweit. Auf diese Weise ist regelmäßiger fachlicher Austausch, juristische Rechtsberatung und die politische Interessenvertretung der von uns beratenen Menschen gewährleistet. Kontinuierliche Fort- und Weiterbildung sowie die Möglichkeit zur Supervision sind weitere Grundsätze der Beratungsarbeit. Freiwilligkeit Schuldnerberatung der Diakonie respektiert die lebenspraktische Autonomie der Hilfesuchenden. Der freiwillige Entschluss der Hilfesuchenden, das Angebot der Schuldnerberatung wahrnehmen zu wollen, ist Grundlage für einen erfolgreichen Beratungsprozess. Vertraulichkeit und Verschwiegenheit Die Inhalte der Beratung unterliegen der Schweigepflicht. Eine von Respekt, Offenheit und Vertrauen geprägte Beraterin-KlientenBeziehung ist Voraussetzung für dauerhaft erfolgreiche Veränderungsprozesse. Wir fühlen uns als Mitarbeitende einer diakonischen Beratungsstelle hier besonders verpflichtet. Ergebnisoffenheit und Prozessorientierung Diakonische Schuldnerberatung versteht Beratung als dialogisch-kooperativen Prozess. Im Gespräch mit den Hilfesuchenden werden unter Einbeziehung der bei den Klienten vorhandenen Sichtweisen, Ressourcen und Selbsthilfepotentiale individuelle Lösungsvorschläge entwickelt. Schuldnerberatung als „Hilfe zur Selbsthilfe“ setzt eigenverantwortliche und aktive Mitarbeit der Hilfesuchenden voraus. Nachvollziehbarkeit Das Vorgehen der Beraterin und des Beraters wird für die Ratsuchenden transparent und nachvollziehbar gestaltet. Methodische Vielfalt Die beraterische Grundhaltung wird praktisch umgesetzt in methodischer Vielfalt. Je nach Beratungskontext, Anliegen der Klienten und beraterischem Ausbildungshintergrund reichen die Methoden von Haushaltsberatung über rein finanziell-rechtliche Beratung, klientenzentrierte Gesprächsführung, lösungs- und ressourcenorientierte, systemische Beratungsformen, aber auch betriebswirtschaftlich-administrativ orientierte Methoden bis zu sozialer Gruppenarbeit, Gemeinwesenarbeit und Öffentlichkeitsarbeit. Seite 7 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung 6 Aufgabengebiete und Arbeitsmethoden in der Schuldner- und Insolvenzberatung Die Aufgabengebiete und die Arbeitsmethoden der Schuldnerberatungsstellen in den Diakonischen Werken haben vielfältige und an örtliche Notwendigkeiten angepasste Schwerpunkte. Hierzu gehört auch die Rechtsberatung in den relevanten Arbeitsfeldern. o o o IV. Die Arbeitsschwerpunkte sind in vier Aufgabengebiete unterteilt: o I. Einzelfallarbeit Krisenintervention Basisberatung (Anamnese, Problembeschreibung, Zielfindung) Existenzsicherung Haushalts- und Budgetberatung Forderungsüberprüfung, Schuldnerschutz Psychosoziale und präventive Beratung Regulierung und Entschuldung Beratung zum Umgang mit Geld und Konsum o o o Strukturelle und Einzelfall überschreitende Arbeit Informationsveranstaltungen Öffentlichkeitsarbeit Präventionsarbeit Kooperation und Vernetzung mit diakonischen und externen Stellen Gremienarbeit und Arbeitskreise o Qualitätssicherung und Evaluation Fortbildung o o o o o o o o II. o o o o III. o o o o Supervision Erfahrungs- und Informationsaustausch Statistik, Dokumentation und Tätigkeitsberichte Aufgaben als staatlich anerkannte geeignete Stelle im Verbraucherinsolvenzverfahren Information über Ablauf und Bedingungen Prüfung der Voraussetzungen für die Erlangung der Restschuldbefreiung im Einzelfall Durchführung eines außergerichtlichen Einigungsversuchs, unter Berücksichtigung der Bedingungen des InsOVerfahrens Erstellung einer Bescheinigung beim Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuches Hilfestellung bei der Antragstellung zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Restschuldbefreiung Begleitung und Unterstützung des Ratsuchenden im gerichtlichen Verfahren Begleitung und Unterstützung des Ratsuchenden in der „Wohlverhaltensperiode“ Die detaillierte Beschreibung des Arbeitsspektrums der Schuldnerberatungsstellen im Diakonischen Werk Bayern ist als Anhang A der Rahmenkonzeption beigefügt. Seite 8 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung 7 Rahmenbedingungen Personelle Ausstattung Fachpersonal In der Regel ist die Stelle mit einer Sozialpädagogin bzw. einem Sozialpädagogen mit spezieller Zusatzqualifikation im Bereich Schuldner- und ggf. Insolvenzberatung zu besetzen. Bei einer sozialpädagogischen Zusatzqualifikation kann die Stelle auch mit einem Mitarbeitenden besetzt werden, der über einen juristischen oder wirtschaftswissenschaftlichen Studienabschluss verfügt. Ergänzende Fachberatung ist für die Stellen, die lediglich über eine personelle Mindestausstattung verfügen, sicherzustellen. Dies kann z. B. durch einen Honorarvertrag mit einer juristischen Fachkraft erfolgen. Alle in der Insolvenzberatung tätigen Personen müssen über zwei Jahre Berufserfahrung in einer Schuldnerberatungsstelle verfügen. Rechtliche Beratung für Insolvenzberatungsstellen Das Diakonische Werk Bayern stellt die Rechtsberatung der Insolvenzberatungsstellen durch eine juristische Fachkraft sicher. Verwaltung Mindestausstattung: 0,5 Stelle Verwaltungskraft In Stellen mit mehreren Beraterinnen und Beratern sollte pro Vollzeitstelle mindestens eine halbe Stelle Verwaltung zur Verfügung stehen. Ehrenamtliche Mitarbeitende Eine Stelle, die ehrenamtliche Mitarbeitende beschäftigt, muss zwingend über entsprechende Kapazitäten hauptamtlicher Fachkräfte zur Betreuung der ehrenamtlichen Mitarbeitenden verfügen. Nähere Erläuterungen sind dem Positionspapier „Ehrenamt in der Schuldnerberatung“ zu entnehmen. Büro- und Sachausstattung Die Beratungsstelle muss über eigene Räume verfügen. Eine adäquate technische Ausstattung ist für die Beratung unumgänglich. Ferner ist eine ordnungsgemäße Aktenverwaltung und Statistik sicherzustellen. Lage und Zugang Die Stelle sollte möglichst barrierefrei zugänglich sein. Sie ist durch entsprechende Beschilderung zu kennzeichnen. Die Zugangsvoraussetzungen (z. B. Anmeldung über Telefonsprechstunde) sollten für die Klienten transparent sein. In der Regel ist eine Terminvereinbarung für Beratungsgespräche erforderlich. Soweit keine anders lautenden Vorgaben im Rahmen der Finanzierung gemacht werden, steht die Beratung allen Personen des jeweiligen Einzugsgebietes zur Verfügung. In der Regel werden nur Verbraucher und keine aktiv selbständig tätigen Personen beraten. Die Beratung erfolgt für die Klienten kostenfrei. Rechtliche Grundlagen o SGB II und SGB XII Mit Inkrafttreten der Sozialgesetzbücher II und XII zum 01.01.2005 wurden die Rechtsgrundlagen für Schuldnerberatung bundesweit neu geregelt. Dadurch differenziert sich der Zugang Betroffener zur Schuldnerberatung jeweils nach deren Einkommens- bzw. Beschäftigungs12 status. Erst aus dem Kontext des Gesetzgebungsverfahrens erschließt sich der Wille des Gesetzgebers: Schuldnerberatung soll kommunale Aufgabe und Verpflichtung bleiben. Der Anspruch der Betroffenen ergibt sich im einzelnen aus § 17 SGB I, §§ 6 und 16 SGB II und § 11 SGB XII sowie aus dem Grundsatz und der Verpflichtung zur Daseinsvorsorge. Die explizite Nennung der Schuldnerberatung als Leistung z.B. in § 16 Abs. 2 Nr. 2 SGB II soll diese "stärken und nicht als Argument für deren Einschränkung 13 dienen." Die differenziertere Neuregelung der Rechtsgrundlagen sollte den praktischen Zugang der Betroffenen nicht erschweren oder zu bürokratischem Mehraufwand führen. o Insolvenzordnung o Rechtsberatungsgesetz bzw. ab 01.07.2008 Rechtsdienstleistungsgesetz 12 Siehe.hierzu ausführlich u.a.: Krüger, B. u.a, Schuldnerberatung auf der Rechtsgrundlage des SGB XII und SGB II, BAG-SB Informationen Ausgabe 2/2005, S.23 ff. 13 Ebd. Seite 9 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung Finanzierung Die Finanzierung der Beratungsstellen sollte durch eine pauschale Kosten deckende Stellenfinanzierung durch die Kommune erfolgen. Für die Insolvenzberatung ist ebenfalls eine pauschale Stellenfinanzierung anzustreben. Qualitätssicherung und Statistik Die Beratungsstellen dokumentieren ihre Tätigkeit in zeitgemäßer Form. Für die Erstellung der jährlichen Statistik stellt das Fachreferat ein für alle Stellen einheitliches Formular zur Verfügung (siehe Anhang B - Statistikformular Basisdaten), das auch eine EDVgestützte Erfassung ermöglicht. Die Stellen liefern einmal jährlich bis spätestens 31.03. die statistischen Daten an das Fachreferat. Rolle und Funktion des Diakonischen Werks Bayern Das Diakonische Werk Bayern unterstützt die Beratungsstellen durch das Fachreferat Schuldnerberatung. Das Fachreferat stellt den Beratungsstellen ein Informationssystem zum fachlichen Austausch zur Verfügung (www.schube.de). Eine entsprechende finanzielle und personelle Ausstattung wird gewährleistet. Ferner ist das Referat für die Fortbildungen und die Organisation der Fachtagungen und Arbeitskreise zuständig. Die kontinuierliche Weiterbildung im Bereich der Schuldnerberatung wird durch das Diakonische Werk Bayern sichergestellt. Die Vertretung auf Bundes- und Landesebene erfolgt durch das Fachreferat. Das Diakonische Werk Bayern stellt die Rechtsberatung für die anerkannten Insolvenzberatungsstellen durch eine juristische Fachkraft sicher. Das Fachreferat ist ferner in Zusammenarbeit mit den Beratungsstellen zuständig für die Weiterentwicklung und konzeptionelle Gestaltung des Arbeitsbereiches. Seite 10 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung 8 Sozialpolitische Forderungen und Perspektiven Überschuldung hat ein dramatisches Ausmaß angenommen. Ein weiterer Anstieg ist absehbar. Deshalb müssen die Beratungskapazitäten für die Schuldnerberatung deutlich ausgeweitet werden. Die personelle Ausstattung der Schuldnerberatungsstellen reicht bundesweit nur für die Unterstützung von ca. 12 % der überschuldeten 14 Privathaushalte. Die Diakonie in Bayern fordert deshalb die Umsetzung eines bedarfsgerechten Schlüssels von einer Beratungsstelle mit zwei Fachberatungskräften und einer Verwaltungskraft pro 50.000 Einwohner. Die Kommunen stehen hier als zuständige Leistungsträger für die Schuldnerberatung in der Verantwortung. Nach einer Studie der Evangelischen Fachhochschule Berlin würde ein Ausbau der wohlfahrtsverbandlichen Schuldnerberatung die öffentliche Hand finanziell entlasten. Danach spart ein Euro Investition in die Schuldnerberatung zwei Euro an sozialen Folgekosten. Die Anzahl der Verbraucherinsolvenzverfahren ist weiterhin stark steigend. Die vom Sozialministerium zur Verfügung gestellten Mittel waren in den zurückliegenden Jahren jeweils bereits kurz nach der Jahresmitte aufgebraucht. Zur Erfüllung des Beratungsbedarfs bei der Insolvenzberatung müssen die Fördermittel deutlich erhöht werden. Die Inanspruchnahme der Beratung muss für die Klienten kostenfrei bleiben. Die bereits unter Punkt 2. erwähnte "Option für die Armen" durch die Schuldner- und Insolvenzberatung lässt eine Kostenbeteiligung nicht zu. Eine – abzulehnende - Kostenbeteiligung der Klienten verbunden mit der ungenügenden finanziellen Ausstattung der Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen würde unseriösen Kreditvermittlern und kommerziellen Schuldenregulierern eine noch bessere Grundlage für ihre Geschäftemacherei mit der Armut überschuldeter Menschen bieten. Die für die Anerkennung als geeignete Stellen nach Art. 116 AGSG i.V.m. § 14 Vgl. Schuldenreport 2006, hrsg. von Verbraucherzentrale Bundesverband/Deutscher Caritasverband/Deutsches Rotes Kreuz/Diakonisches Werk der EKD, 2006, S. 238 ff. 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO zuständigen Bezirksregierungen müssen unseriös agierende gewerbliche Schuldenregulierer von der Anerkennung ausschließen. Maßnahmen und Projekte zur Überschuldungsprävention können einen wesentlichen Beitrag zur gebotenen Verbesserung der "finanziellen Allgemeinbildung" weiter Teile der Bevölkerung leisten. Die diakonischen Schuldnerberatungsstellen sehen einen hohen Bedarf an entsprechenden Maßnahmen und Projekten. Zur Umsetzung bedarf es der Bereitstellung entsprechender staatlicher Mittel. Die Einbeziehung und Einbindung der Kreditwirtschaft in einen "Präventionspool" ist anzustreben. In Übereinstimmung mit den sozialpolitischen Forderungen des Diakonischen Werks Bayern muss der Entwicklung einer steigenden Zahl von Menschen, die trotz Erwerbstätigkeit unter Armut leiden ("working poor") mit der Einführung von gesetzlich abgesichertem und Existenz sicherndem Mindestlohn entgegen getreten werden. Die Regelleistung i.H.v. derzeit 347 Euro nach dem SGB II reicht nicht aus, um eine Existenz ohne Armut und Verschuldung bzw. Überschuldung zu ermöglichen. Sie muss auf mindestens 420 Euro erhöht werden. Die seit vielen Jahren existierende unverbindliche Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft für ein Girokonto für jedermann hat sich als unzureichend erwiesen. Der Anspruch auf ein Girokonto muss durch eine verbindliche gesetzliche Regelung einklagbar gewährleistet werden. Zudem muss ein wirksamer Schutz vor Kontopfändung und Aufrechnung durch das Kreditinstitut gesetzlich geregelt werden. Die Schuldnerberatungsstellen der Diakonie werden sich auch in Zukunft engagiert und nachhaltig für eine Verbesserung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zur Vermeidung und Bekämpfung von Überschuldung einsetzen. Seite 11 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung Anhang A Beschreibung des Arbeitsspektrums der Schuldnerberatungsstellen im Diakonischen Werk Bayern Diese Beschreibung des Arbeitsspektrums dient der Konkretisierung und der Umsetzung der inhaltlichen Vorgaben und Anforderungen aus der Rahmenkonzeption Schuldnerberatung des Diakonischen Werkes Bayern. Sie ist Grundlage für die Darstellung der Leistungen unserer Schuldnerberatungsstellen gegenüber Dritten. I. Einzelfallarbeit 1. Krisenintervention Klärung und Abwendung akuter existentieller Bedrohungen, wie z.B. Wohnungsverlust, Kontoverlust, Inhaftierung, Stromsperre, Mittellosigkeit, Suizidgefahr 2. Basisberatung (Anamnese, Problembeschreibung, Zielfindung) 2.1. Information über die Arbeitsweise in der Schuldnerberatung 2.2. Erheben der wirtschaftlichen und sozialen Situation 2.2.1. Erfassung der persönlichen Daten, der familiären und beruflichen Situation 2.2.2. Erstellung einer Einnahmen-Ausgaben Übersicht 2.2.3. Erfassung der Gesamtverbindlichkeiten 2.2.4. Reflexion der materiellen Konsequenzen und sozialen Folgen der Überschuldung in der aktuellen Lebenssituation 2.2.5. Erfassung weiterer Probleme und Beurteilung der Auswirkungen auf die Schuldnerberatung 2.3. Überprüfung der Notwendigkeit existenzsichernder Maßnahmen 2.4. Erstellen einer ersten Arbeitshypothese zu Ursachen der Überschuldung 2.5. Klärung des Selbsthilfepotentials des Schuldners/der Schuldnerin 2.6. Informationen zur Insolvenzordnung (InsO) 2.7. Beschreibung von Beratungszielen 2.8. Absprachen zur Zusammenarbeit, Auftragsklärung 3. Existenzsicherung 3.1. Sicherstellung des notwendigen Lebensunterhalts 3.1.1. Sozialleistungsberatung, Hilfe bei der Antragstellung und Unterstützung bei der Durchsetzung von Ansprüchen 3.1.2 Unterstützung bei der Regelung von Unterhaltszahlungen 3.1.3. Informationen zum Zwangsvollstreckungsrecht 3.1.4. Überprüfung der Pfändungsbeträge und ggf. Unterstützung bei der Erhöhung des Pfändungsfreibetrages 3.1.5. Beratung und Hilfestellung bei Kontenpfändungen, Einkommenspfändungen, Lohnabtretung und Aufrechnung 3.1.6. Unterstützung bei der Reduzierung bzw. Einstellung nicht zwingend notwendiger Ausgaben 3.2. Hilfen zum Erhalt der Wohnung und bei vergleichbaren Notlagen 3.3. Hilfen zur Erhaltung des Arbeitsplatzes 3.4. Verhinderung von Ersatzfreiheitsstrafen und Erzwingungshaft 3.5. Erhalt des Girokontos und Hilfe bei der Einrichtung eines Girokontos 4. Haushalts- und Budgetberatung 4.1. Unterstützung beim Erstellen bzw. Überprüfen des Haushaltsplans, beim Führen eines Haushaltsbuches 4.2. Hinweise zur Realisierung von Einsparmöglichkeiten 4.3. Beratung und Hilfen zur wirtschaftlichen Haushaltsführung und langfristige Finanzplanung 4.4. Versicherungsberatung 4.5. Kreditberatung 5. Forderungsüberprüfung, Schuldnerschutz 5.1. Hilfestellung beim Zusammenstellen, Ordnen, Aktualisieren der Schuldenunterlagen 5.2. Überprüfung der aktuellen Forderungen nach Grund und Höhe 5.3. Hilfen zur Wahrnehmung der Schuldnerund Verbraucherrechte Seite 12 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung 5.4. Vorbereitung anwaltlicher Vertretung und Begleitung bei rechtlichen Auseinandersetzungen 5.5. Mitwirkung bei der Beantragung von Beratungs- und Prozesskostenhilfe 6. Psychosoziale und präventive Beratung 6.1. Klärung, Reflexion und Bewertung der individuellen Ursachen der Ver- und Überschuldung und des Konsumverhaltens 6.2. Klärung des Anspruchsniveaus und der finanziellen Lebensplanung 6.3. Erarbeiten von Handlungsalternativen zur Vermeidung erneuter Schuldenprobleme 6.4. Befähigung zum Leben an der Pfändungsgrenze 6.5. Klärung und Bearbeitung der in Zusammenhang mit Überschuldung stehenden Beziehungs- und Persönlichkeitsmuster 6.6. Motivationsarbeit 6.7. Stärkung der Selbsthilfepotentiale 6.8. Vermittlung zusätzlicher sozialer und anderer Beratungsangebote und Hilfen 7. Regulierung und Entschuldung 7.1. Erstellung und Umsetzung von Regulierungsplänen unter Beachtung folgender Aspekte: 7.1.1. Familieneinkommen und Unterhaltsverpflichtungen 7.1.2. Sicherungsrechte 7.1.3. Potentiell „rechtswidrige“ Forderungen (Teilforderungen), z.B. Zinsen, Kosten 7.1.4. frei verfügbare Eigenmittel bzw. Fremdmittel des Schuldners/der Schuldnerin 7.2. Führung von Verhandlungen mit Gläubigern zur Umsetzung des Regulierungsplanes 7.3. Entschuldung mit Hilfe Dritter 7.4. Begleitung während der Entschuldung 8. 8.1. 8.2. 8.3. 8.4. 8.5. Beratung zum Umgang mit Geld und Konsum Enttabuisierung des Themas Geld Umgang mit Geld im familiären und lebensgeschichtlichen Kontext Selbstbewusster Umgang mit weniger Geld Hinterfragen von Konsumverhaltensmustern, Einstellungen, Haltungen und Überzeugungen Aufzeigen und Entwicklung anderer Verhaltensmuster II. Strukturelle und Einzelfall überschreitende Arbeit 1. Informationsveranstaltungen 1.1. Themenspezifische Informationsveranstaltungen für Betroffene 1.2. Themenspezifische Informationsveranstaltungen für Multiplikatoren 2. Öffentlichkeitsarbeit Nutzung von Presse, Rundfunk, Fernsehen, Internet und anderer relevanter Medien zur: 2.1. Darstellung der Situation Überschuldeter 2.2. Darstellung der Arbeit der Schuldnerberatung 2.3. Information über soziale und rechtliche Rahmenbedingungen 2.4. Information über sozialpolitische Themen und Forderungen 2.5. Lobbyarbeit 3. Prävention 3.1. Entwicklung und Erstellung von Informationsmaterialien 3.2. Durchführung von Präventionsveranstaltungen 3.3. Schulung von Multiplikatoren 3.4. Anregung von und Mitwirkung bei Aktivitäten zur Verbesserung der Lebenssituation Überschuldeter und zur Vermeidung von Überschuldung durch sozial- und rechtspolitische Initiativen 4. 4.1. 4.2. 4.3. 4.4. Kooperation und Vernetzung mit diakonischen und externen Stellen Fachberatung Vernetzung der Beratungsleistungen für Überschuldete durch Zusammenarbeit mit anderen sozialen Fachdiensten Zusammenarbeit mit anderen Stellen: Rechtsanwälte, Gerichte, Arbeitgeber, Gerichtsvollzieher, Behörden, u.a. Zusammenarbeit und fachlicher Austausch mit anderen Schuldnerberatungsstellen 5. Gremienarbeit und Arbeitskreise 5.1. Vertretung im Fachausschuss Schuldnerberatung der Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege in Bayern 5.2. Vertretung auf Bundesebene durch den Landesreferenten 5.3. Mitarbeit im Arbeitskreis Schuldnerberatung des Diakonischen Werkes Bayern 5.4. Mitarbeit in regionalen und überregionalen Arbeitskreisen Seite 13 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung III. Qualitätssicherung und Evaluation 1. Fortbildung 1.1. Berufsbegleitende Anpassung der Fachlichkeit an neue Entwicklungen durch interne und externe Fortbildung 1.2. Qualifizierte fachliche Einarbeitung neuer Mitarbeitender und/oder die Möglichkeit der Hospitation in bereits bestehenden Einrichtungen 2. Supervision Reflexion und Aufarbeitung der Wechselwirkungen zwischen Ratsuchenden, institutionellen Bedingungen und professionellem Handeln 3. Erfahrungs- und Informationsaustausch 3.1. Informeller Austausch zwischen Schuldnerberaterinnen und -beratern 3.2. Weiterentwicklung der fachlichen Arbeit in den unter II. 5 genannten Arbeitskreisen und Gremien 3.3. Vermittlung und Erstellung von Arbeitshilfen 4. 4.1. 4.2. 4.3. 4.4. 4.5. Statistik, Dokumentation und Tätigkeitsberichte Erstellung von Tätigkeitsberichten Erfassung von statistischen Merkmalen Erfassung von Beratungsangeboten und – tätigkeiten Gewinnung von Erkenntnissen zur Effektivierung der Beratungstätigkeit Aufbereitung des statistischen Datenmaterials zur Dokumentation der sozialen Lage der Betroffenen und der eigenen Arbeit gegenüber Öffentlichkeit, Politik und Kostenträgern IV. Aufgaben Verbraucherinsolvenzverfahren als "geeignete Stelle" 1. 1.1. 1.2. 1.3. 1.4. 1.5. 1.6. Information über Ablauf und Bedingungen, als Einzel- und/oder Gruppeninformation Voraussetzungen Verfahrenskosten Versagensgründe Vier Phasen des Ablaufes in der Restschuldbefreiung (außergerichtlich, Schuldenbereinigungsplan, Insolvenzverfahren, „Wohlverhaltensperiode“) Obliegenheitspflichten des Schuldners und der Schuldnerin in der Abtretungsphase „Abtretungsphase“ (Vorrang von Abtretungen, Treuhänder etc.) 1.7. Erlangung und Widerruf der Restschuldbefreiung 1.8. Ausgenommene Forderungen 2. Prüfung der Voraussetzungen für die Erlangung der Restschuldbefreiung im Einzelfall 2.1. Rechtliche Gesichtspunkte 2.2. Wirtschaftliche Gesichtspunkte 2.3. Persönliche Gesichtspunkte 3. Durchführung eines außergerichtlichen Einigungsversuchs unter Berücksichtigung der Bedingungen des Insolvenzverfahrens 3.1. Zusammenstellen, ordnen, aktualisieren der Schuldenunterlagen 3.2. Haushaltsberatung (siehe I.4.) 3.3. Psychosoziale Betreuung 3.4. Überprüfung der Forderungen nach Grund und Höhe 3.5. Hilfen zur Wahrnehmung der Schuldnerund Verbraucherrechte 3.6. Erschließung anwaltlicher Vertretung und Unterstützung 3.7. Mitwirkung bei der Beantragung von Beratungs- und Prozesskostenhilfe 3.8. Erstellung eines Regulierungsplanes unter Beachtung unter anderem folgender Aspekte: 3.8.1. Familieneinkommen und Unterhaltsverpflichtungen 3.8.2. Sicherungsrechte potentieller „rechtswidriger“ Forderungen, z.B. Zinsen und Gebühren 3.8.3. Frei verfügbare Eigenmittel bzw. Fremdmittel des Schuldners bzw. der Schuldnerin 3.8.4. potentiell erreichbare Abtretungsbeträge der Gläubiger im Insolvenzverfahren 3.9. Führung der Verhandlungen mit den Gläubigern im Sinne des außergerichtlichen Regulierungsplanes 3.10.Begleitung und Betreuung des Schuldners bzw. der Schuldnerin bei Einhaltung des außergerichtlichen Vergleichs 4. Erstellung einer Bescheinigung beim Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuches 4.1. Ausstellung der Bescheinigung 4.2. Dokumentation des außergerichtlichen Einigungsversuches Seite 14 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung 5. 5.1. 5.2. 5.3. 5.4. Hilfe bei der Antragstellung zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens und zur Restschuldbefreiung Erstellung von Gläubiger- und Forderungsverzeichnis Erstellung eines Einkommens- und Vermögensverzeichnisses Erstellung eines Schuldenbereinigungsplanes unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Planes auf die Sicherheiten der Gläubiger Ergänzende Anträge: Zustimmungsersetzung, Verfahrenskostenstundung, Einstellung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, Verzicht auf Anhörung Begleitung der Ratsuchenden im gerichtlichen Verfahren 6.1. Unterstützung beim Schriftverkehr (Anträge, Mitteilungen etc.) mit dem Insolvenzgericht, ggf. Vermittlung anwaltlicher Vertretung 6.2. Unterstützung bei der Feststellung der Forderungen (z.B. Widerspruch), ggf. Vermittlung anwaltlicher Vertretung 6.3. Unterstützung bei persönlichen und sonstigen Problemlagen während des Verfahrens 7. 7.1. 7.2. 7.3. 6. 7.4. Begleitung der Ratsuchenden in der „Wohlverhaltensperiode“ Beratung in Obliegenheitsfragen Unterstützung und Hilfestellung im Falle eines Antrags auf Versagung der Restschuldbefreiung, ggf. Vermittlung anwaltlicher Vertretung Beratung und Betreuung in Krisensituationen, wie Arbeitslosigkeit, Trennung/Scheidung, Krankheit, aber auch bei sonstigen Problemlagen Hilfe bei der Einhaltung des Haushaltsplans Seite 15 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung Anhang B Statistikformular Basisdaten I. Organisation Träger der Schuldnerberatungsstelle (Name): Hauptsitz der Schuldnerberatungsstelle (Ort): ggf. Ort/e von Außenberatungsstelle/n: II. Personal Anzahl der Schuldnerberater/innen (Anzahl in Köpfen): Anzahl der Schuldnerberater/innen (Anzahl in Vollzeitäquivalent): Verwaltungskraft/-kräfte (Anzahl in Köpfen): Verwaltungskraft/-kräfte (Anzahl in Vollzeitäquivalent): Ehrenamtliche Mitarbeitende (Anzahl in Köpfen): Ehrenamtliche Mitarbeitende (Anzahl in Vollzeitäquivalent): III. Klienten 1. Schuldnerberatung 1.1. Anzahl der Klienten insgesamt in Köpfen: davon neue Klienten im Jahr: davon mehrjährige Klienten: 1.2. ggf. zusätzliche - nicht unter III.1.1. enthaltene - Kontakte (bspw. telefonisch oder online; Mehrfachkontakte einzelner Klienten können nicht ausgeschlossen werden): 2. Insolvenzberatung Anerkennung als geeignete Stelle liegt vor: ja nein Anzahl der vorgerichtlichen Einigungen : Anzahl der gescheiterten vorgerichtlichen Einigungsversuche: Anzahl der eingeleiteten gerichtlichen Verbraucherinsolvenzverfahren: Bitte ausgefülltes Formular bis spätestens zum 31.03. des Folgejahres an das Referat Schuldnerberatung im Diakonischen Werk Bayern übermitteln. Herzlichen Dank für Ihre Mitwirkung! Seite 16 Rahmenkonzeption Schuldnerberatung Impressum Diakonisches Werk der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern – Landesverband der Inneren Mission e.V. Pirckheimerstraße 6 90408 Nürnberg www.diakonie-bayern.de Erarbeitet von den Mitgliedern des Arbeitskreises Schuldnerberatung im Diakonischen Werk Bayern e.V.: Michael Frank, Diakonisches Werk Bayern e.V. Peter Schneider, Christophorus Gesellschaft Würzburg GmbH Matthias Strecker, Diakonisches Werk Neustadt/Aisch e.V. Ursula Weser, Diakonisches Werk Sulzbach-Rosenberg e.V. Markus Willms, Diakonisches Werk Weißenburg-Gunzenhausen e.V. Kontakt: Michael Frank Schuldnerberatung, Wohnungslosenhilfe, Straffälligenhilfe, Bahnhofsmission Fachgruppe Offene Soziale Dienste Pirckheimerstraße 6 90408 Nürnberg Telefon: 0911 / 9354-439 Fax: 0911 / 9354-471 PC-Fax: 0911 / 9354-34-439 Email: [email protected] www.schube.de www.diakonie-bayern.de April 2008 Seite 17