Berechnung des zu versteuernden Einkommens

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Berechnung des zu versteuernden Einkommens
Entlohnung und Besteuerung des Arbeitnehmers
Antragsveranlagung (früher Lohnsteuerjahresausgleich genannt) kann er sich vier Jahre lang
Zeit lassen. Die freiwillige Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 muss also spätestens am
31. Dezember 2013 abgegeben werden.
Viele Arbeitnehmer unterliegen jedoch einer Pflichtveranlagung, wenn sie z. B. noch weitere
Einkunftsarten haben (z. B. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung). Wer verpflichtet ist,
eine Einkommensteuererklärung abzugeben, für den gilt als Abgabetermin grundsätzlich der
31. Mai des folgenden Jahres (für das Jahr 2009 ist das der 31. Mai 2010).
Zum Antrag auf Einkommensteuerveranlagung gehören für Arbeitnehmer
●
der vierseitige Hauptvordruck ESt 1A (für allgemeine Angaben, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen);
●
die Anlage N (für Angaben zum Arbeitslohn, zu vermögenswirksamen Leistungen und zu den
Werbungskosten);
●
weitere Vordrucke für jede Einkunftsart.
Beispiel Babette Harnack muss eine Pflichtveranlagung durchführen lassen, da sie mehr als eine Einkunftsart hat. Sie hätte auch freiwillig eine Einkommensteuererklärung abgegeben, da ihre Werbungskosten und Sonderausgaben über den Pauschalbeträgen liegen. Sie hat zwei Einkunftsarten und muss
zum Hauptvordruck noch zwei Anlagen (Anlage GSE für ihre Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, Anlage
N für ihre Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit) beim Finanzamt einreichen.
3.3.3 Ermittlung des zu versteuernden Einkommens
Die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer ist das zu versteuernde Einkommen, das
der Steuerpflichtige im Kalenderjahr bezogen hat. Nach § 2 EStG wird es stufenweise ermittelt.
Schema zur Berechnung des zu versteuernden Einkommens (stark vereinfacht):
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Einkünfte aus selbstständiger Arbeit
Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit
Einkünfte aus Kapitalvermögen
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Sonstige Einkünfte
⎧
⎪
⎨
⎪
⎩
⎧⎪
⎨
⎪⎩
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Gewinneinkünfte
Betriebseinnahmen
– Betriebsausgaben
= Gewinn
Einnahmen
Überschusseinkünfte – Werbungskosten
= Überschuss
= Summe der Einkünfte
– Altersentlastungsbetrag (1 596,00 EUR), Entlastungsbetrag (1 308,00 EUR)
= Gesamtbetrag der Einkünfte
– Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen
= Einkommen
– Kinderfreibetrag (1 932,00 EUR je Kind und Elternteil) bzw. Erziehungsfreibetrag1 (1 080,00
EUR je Kind und Elternteil)
= zu versteuerndes Einkommen
Aus dem Schema sind der Umfang der Besteuerung und die verwendeten Begriffe ersichtlich.
Diese werden im Folgenden erläutert.
1
Bei Bezug von Kindergeld entfällt der Kinder- bzw. Erziehungsfreibetrag.
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Einkunftsarten – sieben an der Zahl
Unter Einkunft ist der Reinertrag bzw. -verlust aus einer Einkunftsart zu verstehen. Dabei kann
jede Einkunftsart mehrere Einkunftsquellen haben.
Gewinneinkünfte
Die Gewinneinkünfte im Überblick:
Einkunftsart
Mögliche Einkunftsquellen
– Land- und
Forstwirtschaft
(§§ 13–14a EStG)
Einkünfte aus dem Betrieb von Land- und Forstwirtschaft, Weinbau,
Gartenbau, Obstbau, Gemüsebau, Baumschulen; aus der Tierzucht, der
Binnenfischerei, der Teichwirtschaft usw.
– Gewerbebetrieb
(§§ 15–17 EStG)
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen;
Gewinnanteile der Gesellschafter einer OHG, einer KG u. Ä.; Gewinne aus
der Veräußerung eines Gewerbebetriebes oder eines Gesellschafteranteils
– Selbstständige
Arbeit
(§ 18 EStG)
Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit (insbesondere die selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende
oder erzieherische Tätigkeit, die selbstständige Berufstätigkeit der Ärzte,
Rechtsanwälte, Notare, Ingenieure, Architekten, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Heilpraktiker, Journalisten, Dolmetscher usw.); Vergütungen für die
Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied
Bei den Gewinneinkunftsarten werden die Einkünfte als Gewinn ermittelt.
Überschusseinkünfte
Die Überschusseinkünfte im Überblick:
Einkunftsart
Mögliche Einkunftsquellen
– Nichtselbstständige
Arbeit
(§§ 19–19 a EStG)
Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und
Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst
gewährt werden; Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder
und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstverträgen;
– Kapitalvermögen
(§ 20 EStG)
Dividenden inländischer Gesellschaften, Investmenterträge (Zins- und
Dividendenanteil), Einnahmen aus Zinsen jeglicher Art. Gewinne aus
der Veräußerung von Wertpapieren, die nach dem 31.12.2008 erworben
wurden. Bei Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht und Lebensversicherungen für den Erlebensfall der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge usw.
– Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG)
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen;
– Sonstige Einkünfte
(§§ 22–23 EStG)
Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen (insbesondere Renten);
Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften (ergeben sich bei der
Veräußerung von Grundstücken, wenn weniger als 10 Jahre zwischen
Anschaffung und Veräußerung liegen); Einkünfte aus gelegentlichen
Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände.
Entlohnung und Besteuerung des Arbeitnehmers
Bei den Überschusseinkunftsarten ergeben sich die Einkünfte als Überschuss der Einnahmen
über die Werbungskosten. Das kann auch ein Verlust sein.
Werbungskosten
Werbungskosten sind alle Aufwendungen, die getätigt werden müssen, um Einnahmen zu erzielen, zu sichern und zu erhalten (EStG § 9).
Sie können nur bei den Überschusseinkunftsarten entstehen und sind bei der Einkunftsart abzusetzen, bei der sie entstanden sind. Gegenstände, die über mehrere Jahre hinweg genutzt
werden und deren Anschaffungskosten über 410,00 EUR (ohne Umsatzsteuer) betragen, sind
auf die Nutzungsdauer zu verteilen (Lohnsteuerrichtlinien Abschnitt 44).
Beispiel
Werbungskosten bei der Einkunftsart „Nichtselbstständige Arbeit“:
Werbungskosten
Beruflich bedingte Fahrtund Verpflegungskosten
Arbeitsmittel für
berufliche Aufgaben
Andere Werbungskosten
– Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
– Mehraufwand für doppelte Haushaltsführung
– Mehraufwand für Verpflegung bei längerer
Abwesenheit
– Verpflegungsmehraufwand
und Übernachtungskosten
bei beruflicher Auswärtstätigkeit
u. a.
– Einrichtungs- und Raumkosten beruflich notwendiger Arbeitszimmer1
– Anschaffung und Reinigung typischer Berufskleidung
– Fachbücher
– Fachzeitschriften
u. a.
– Beiträge zu Berufsverbänden
– Bewerbungskosten
– Umzugskosten, sofern
sie beruflich veranlasst
waren
– Weiterbildung aus beruflichen Gründen
– Kinderbetreuungskosten2
– u. a.
Beispiel Babette Harnack hat ein eigenes Auto, mit dem sie fünfmal pro Woche zur Arbeit fährt (im Jahr
sind das 250 Tage – 30 Urlaubstage = 220 Arbeitstage). Sie legt bis zu ihrer Arbeitsstelle 33 Entfernungskilometer zurück. Zusätzlich kann sie Gewerkschaftsbeiträge, Arbeitsmittel, Kosten des IHK-Kurses „Büroorganisation mit Access“ und Kontoführungsgebühren für ihr Gehaltskonto absetzen.
Hilde errechnet folgende Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit:
Fahrtkosten zur Arbeitsstelle
Gewerkschaftsbeiträge
Arbeitsmittel
Fortbildungskosten
Kontoführungsgebühren
220 Tage · 0,30 EUR/km · 33 km
etwa 1 % des Gehalts (27 312,00 EUR)
Fachbücher, -zeitschriften
IHK-EDV-Kurs
für Gehaltskonto
Summe der Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit
1
2
2 178,00 EU R
273,00 EUR
337,00 EUR
200,00 EUR
12,00 EUR
3 000,00 EUR
Abzugsfähig, wenn das häusliche Arbeitszimmer der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit ist oder ein anderer Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht.
Erwerbstätige Alleinerziehende und Paare, bei denen beide Partner erwerbstätig sind, können für ihre Kinder von der Geburt an bis zum
14. Lebensjahr zwei Drittel aller Kosten, bis zu maximal 4 000,00 EUR pro Jahr und Kind, als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben von der
Steuer absetzen.
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Aus Gründen der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens sind folgende Pauschbeträge abzuziehen, wenn keine höheren Werbungskosten nachgewiesen werden (EStG § 9 a):
●
Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit: Arbeitnehmerpauschbetrag von 920,00 EUR.
●
Einnahmen aus Kapitalvermögen: Sparerpauschbetrag von 801,00 EUR (hier sind keine weiteren Werbungskosten absetzbar).
●
Bei wiederkehrenden Bezügen, z. B. Leibrente (sonstige Einkünfte): Pauschbetrag von
102,00 EUR.
Die Pauschbeträge dürfen jedoch nicht zu einem Verlust aus der betreffenden Einkunftsart führen.
Bei den einzelnen Einkunftsquellen bzw. Einkunftsarten können positive (Gewinne) oder negative Einkünfte (Verluste) erzielt werden. Alle Einkünfte ergeben zusammen die Summe der Einkünfte. Dies führt dazu, dass Verluste sowohl innerhalb der einzelnen Einkunftsart (bei mehreren Einkunftsquellen) als auch zwischen mehreren Einkunftsarten ausgeglichen werden können
(Verlustausgleich)1. Dabei ist zu beachten, dass die Kosten der privaten Lebensführung (z. B. für
den Unterhalt der Familie, für Urlaubsreise) weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten abziehbar sind.
Beispiel Berechnung der Summe der Einkünfte und des Gesamtbetrags der Einkünfte: Babette Harnack
hatte sowohl Gewinn- als auch Überschusseinkünfte erzielt. Sie gibt als Nebenbeschäftigung betriebsinterne EDV-Kurse für interessierte Mitarbeiter und hatte Einnahmen aus selbstständiger Arbeit in Höhe
von 3 200,00 EUR. Um diese Kurse optimal vorzubereiten, hatte sie Aufwendungen in Höhe von 200,00
EUR (z. B. Abschreibungen für einen Personalcomputer mit Laserdrucker, usw.). Babette Harnack hatte
außerdem Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 700,00 EUR.
Berechnung des Gesamtbetrags der Einkünfte
Einkünfte aus
selbstständiger Arbeit
Betriebseinnahmen
– Betriebsausgaben
Einkünfte aus
nicht selbstständiger Arbeit
Bruttolohn
– Werbungskosten
Einkünfte aus
Kapitalvermögen
Einnahmen
– Sparerpauschbetrag
Summe der Einkünfte
– Altersentlastungsbetrag
Gesamtbetrag der Einkünfte
3 200,00 EU R
200,00 EUR2
3 000,00 EUR
27 312,00 EUR2
3 000,00 EUR
24 312,00 EUR
700,00 EUR
801,00 EUR
0,00 EUR
27 312,00 EUR
0,00 EUR
27 312,00 EUR
Sonderausgaben
Sonderausgaben sind Aufwendungen der Lebensführung, die aus sozial-, wirtschafts- oder finanzpolitischen Gründen steuerlich begünstigt werden (EStG § 10). Sie sind weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben.
1
2
Ausnahme: Von einem Kreditinstitut bescheinigte Verluste aus Kapitaleinkünften sind nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechenbar. Sie können nur mit Kapitaleinkünften des laufenden Jahres bei anderen Banken oder mit Kapitaleinkünften der Folgejahre verrechnet
werden (EStG § 20 Abs. 6). Dabei dürfen z. B. Verluste aus Aktienverkäufen nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden.
2 000,00 EUR/Monat · 13,5 Monatsgehälter = 27 000,00 EUR + Überstunden = 27 312,00 EUR
Entlohnung und Besteuerung des Arbeitnehmers
Überblick über die Sonderausgaben
Einkunftsart
Mögliche Einkunftsquellen
Vorsorgeaufwendungen
Abzugsfähig ist mindestens die Vorsorgepauschale. Diese
errechnet sich aus 36 %1 der Altersvorsorgeaufwendungen zuzüglich sonstiger Vorsorgeaufwendungen.
– Altersvorsorgeaufwendungen: Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und Beiträge für eine nicht übertragbare private Rentenversicherung („Rürup-Rente“)
– Sonstige Vorsorgeaufwendungen: Beiträge zur gesetzlichen
bzw. privaten Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen-, Unfall-,
Berufsunfähigkeits-, Risikolebens-, Haftpflichtversicherung.
Insgesamt sind höchstens 1 500,00 EUR (Verheiratete: 3 000,00
EUR) pro Jahr abzugsfähig.
Übrige Sonderausgaben
Abzugsfähig ist mindestens der Sonderausgabenpauschbetrag in
Höhe von 36,00 EUR (Verheiratete: 72,00 EUR).
– Unbeschränkt abzugsfähig: Kirchensteuer, Renten und dauerhafte Lasten, wenn besondere Verpflichtungsgründe vorliegen
u. a.
– Beschränkt abzugsfähig: Kosten der Erstausbildung bis
4 000,00 EUR, Spenden und Beiträge bis zur Höhe von insgesamt 20 % des Gesamtbetrags der Einkünfte (§§ 10 b,
34 g EStG), Unterhaltsleistungen an geschiedenen oder
dauernd getrennt lebenden Ehegatten bis 13 805,00 EUR
Kinderbetreuungskosten (bis 4000,00 EUR)2 u. a.
Beispiel Babette Harnack wurden laut Lohnsteuerbescheinigung 5 100,00 EUR Lohnsteuer, 250,00 EUR
Kirchensteuer und 2 600,00 EUR Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung abgezogen.
Ihre sonstigen Vorsorgeaufwendungen betragen insgesamt 2 500,00 EUR. Für die Caritas und das Rote
Kreuz hat sie insgesamt 67,00 EUR gespendet.
Bei Arbeitnehmern wird zur Abgeltung ihrer Vorsorgeaufwendungen bei der Lohnsteuerberechnung eine Vorsorgepauschale berücksichtigt. Es lohnt sich die tatsächlichen abzugsfähigen
Vorsorgeaufwendungen geltend zu machen, wenn diese die Vorsorgepauschale übersteigen
(Höchstbetragsrechnung). Das Finanzamt führt in jedem Fall eine Günstigerrechnung durch.
Beispiel Ermittlung der Vorsorgepauschale für Babette Harnack:
1
2
3
Altersvorsorgeaufwendungen
Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung
höchstens 32 %2 sind abziehbar
2 600,00 EUR
936,00 EUR
+ Sonstige Vorsorgeaufwendungen
höchstens 1 500,00 EUR sind abziehbar
2 500,00 EUR
1 500,00 EU R
Vorsorgepauschale
2 436,00 EUR
Stand 2009: 36 %, danach jährlich bis 2025 um 4 Prozentpunkte ansteigend
Nicht erwerbstätige Alleinerziehende und Paare, bei denen nur ein Elternteil erwerbstätig ist, können für ihre 3- bis 6-jährigen Kinder generell
zwei Drittel der Kinderbetreuungskosten, bis zu maximal 4000 EUR pro Jahr und Kind, als Sonderausgaben steuerlich geltend machen.
Stand 2009: 36 %, danach jährlich bis 2025 um 4 Prozentpunkte ansteigend
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Das Finanzamt führt bei Arbeitnehmern eine Günstigerprüfung durch, um mindestens die bisherige Vorsorgepauschale1 (= 2 001,00 EUR) berücksichtigen zu können.
Ermittlung der abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen für Babette Harnack:
Altersvorsorgeaufwendungen
Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung
Höchstbeitrag
höchstens 68 %2 vom niedrigeren Betrag sind abziehbar
– Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung
Abzugsfähige Altersvorsorgeaufwendungen
5 200,00 EUR
20 000,00 EUR
3 536,00 EU R
2 600,00 EU R
936,00 EUR
+ sonstige Vorsorgeaufwendungen
höchstens 1 500,00 EUR sind abziehbar
2 500,00 EU R
1 500,00 EU R
Abzugsfähige Vorsorgeaufwendungen
2 436,00 EUR
Bei Babette Harnack sind die abzugsfähigen tatsächlichen Vorsorgeaufwendungen genauso
hoch wie die Vorsorgepauschale. Sie kann 2 436,00 EUR absetzen.
Ermittlung der übrigen Sonderausgaben für Babette Harnack:
Unbeschränkt abziehbar
Kirchensteuer
Beschränkt abziehbar
Spenden
Übrige Sonderausgaben insgesamt
250,00 EUR
67,00 EUR
317,00 EUR
AußergewöhnlicheBe lastungen
Neben den Sonderausgaben können außergewöhnliche Belastungen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Eine außergewöhnliche Belastung eines Steuerfplichtigen liegt dann
vor, wenn er zwangsläufig größere Aufwendungen hat als die überwiegende Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands
(EStG § 33). Absetzbar sind nur finanzielle Belastungen in angemessener Höhe.
Zwangsläufig sind Aufwendungen dann, wenn sich der Steuerpflichtige ihnen nicht entziehen
kann aus
●
rechtlichen Gründen (z. B. Unterhaltspflicht gegenüber seinen Eltern);
●
tatsächlichen Gründen (z. B. nicht erstattete Krankheitskosten, Beerdigungskosten);
●
sittlichen Gründen (z. B. Unterstützung eines bedürftigen Bruders). Unterhaltsleistungen
sind nur bei gesetzlicher Unterhaltspflicht steuerlich abzugsfähig. Für Lebensgemeinschaften
und Geschwister gibt es eine Härteklausel (EStG § 33 a)
Steuerlich kann nur der Teil der allgemeinen außergewöhnlichen Aufwendungen abgesetzt
werden, der die zumutbare Belastung übersteigt und nicht von anderen Stellen (z. B. Versicherungen) erstattet worden ist. Die zumutbare Belastung beträgt zwischen 1 % und 7 % des
Gesamtbetrags der Einkünfte, je nach Familienstand, Kinderzahl und Höhe der Einkünfte.
1
2
Durch das Alterseinkünftegesetz, das die nachgelagerte Besteuerung von Altersbezügen regelt, unterliegen seit 2005 die gesetzlichen Renten
schrittweise der Besteuerung. Bis zum Jahr 2040 steigt für neu hinzukommende Rentnerjahrgänge der jeweilige Steueranteil und hat dann
100 % erreicht. Im Gegenzug erfolgt eine schrittweise Steuerbefreiung der Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bis
zum Jahr 2025. Dazu wurde für das Lohnsteuerabzugsverfahren die Höhe der Vorsorgepauschale neu gebildet. Neben den pauschalierten
Arbeitnehmeranteilen zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung wird nun auch der Arbeitnehmerbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt. Insbesondere bei Arbeitnehmern mit geringem Arbeitslohn ist jedoch eine Günstigerprüfung erforderlich, um
mindestens die bisherige Vorsorgepauschale berücksichtigen zu können.
Stand 2009: 68 %, danach jährlich bis 2025 um 2 Prozentpunkte ansteigend
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Lernfeld 9
Die genannten Probleme können nur gelöst werden, wenn es gelingt, für ein lang anhaltendes
Wirtschaftswachstum zu sorgen. Es gilt, eine tragfähige Binnenkonjunktur zu schaffen. Hierdurch würden sich auch die Sozialabgaben senken und durch höhere Steuereinnahmen die
Staatsschulden abbauen lassen. Zumindest aber könnte die jährlich schon übliche Neuverschuldung des Staates allmählich verringert werden. Dies erfordert in Zukunft große Anstrengungen
der Wirtschaftspolitik.
4.4 Gesamtwirtschaftliche Ziele und Zielkonflikte
In einer sozialen Marktwirtschaft kann der Staat nicht alle gesteckten Ziele direkt erreichen.
Ziel der Wirtschaftspolitik ist es somit, für die folgenden Ziele Rahmenbedingungen zu schaffen,
damit die Wirtschaftssubjekte (Unternehmen, Haushalte) sich entfalten können.
MagischesV iereck
Im Stabilitätsgesetz sind die wirtschaftspolitischen Ziele gesetzlich festgelegt:
●
Vollbeschäftigung,
●
außenwirtschaftliches Gleichgewicht und
●
Geldwertstabilität,
●
stetiges Wirtschaftswachstum.
Dem Wirtschaftswachstum kommt in der sozialen Marktwirtschaft eine Schlüsselrolle zu. Ein
anhaltendes und deutliches Wirtschaftswachstum ist praktisch die Voraussetzung für die Erreichung der anderen Ziele.
Die grundsätzlichen Ziele der Wirtschaftspolitik
Wirtschaftswachstum
Vollbeschäftigung
Stabilität
Außenwirtschaftliches
Gleichgewicht
Verteilungsund soziale
Gerechtigkeit
Umweltschutz
Die Summe
aller Güter
und Leistungen (Sozialprodukt) soll
stetig zunehmen. Es sollen
so viele Güter
wie möglich
zur Verfügung
stehen.
Ein möglichst hoher
Beschäftigungsgrad ist
anzustreben.
Arbeitslosigkeit soll
vermieden
werden.
Die Wirtschaft
soll keinen
übermäßigen
KonjunkturSchwankungen
(siehe Kap.
5) unterliegen, und der
Geldwert soll
stabil sein.
Dieses Ziel
wurde in der
Bundesrepublik
nie ernsthaft
angestrebt. Viel
wichtiger war
immer, Exportüberschüsse zu
erreichen, für
immer „Exportweltmeister“ zu
sein.
Der Lebensstandard der
Menschen soll
nicht nur von
ihrer Leistungsfähigkeit abhängen. Hohe
Einkommen und
Erträge sollen
auf Leistungsschwache umverteilt werden.
Dieses relativ
neue zusätzliche Ziel soll
bewirken, dass
die natürlichen
Lebensgrundlagen auch
für zukünftige
Generationen
erhalten bleiben
und nicht zerstört werden.
Diese Ziele gleichzeitig zu erreichen, ist oftmals nicht möglich. Deswegen wird auch häufig vom
„Magischen Viereck“ bzw. vom „Magischen Vieleck“ gesprochen. Im „Vieleck“ sind noch die
wirtschaftspolitischen Ziele „Gerechte Einkommens- und Vermögensverteilung“ und „Umweltschutz“ hinzugekommen.
Wann gelten die Ziele des „Magischen Vierecks“ als erreicht?
●
Von Vollbeschäftigung kann man noch bis zu einer Arbeitslosenquote von etwa 2 % reden.
●
Geldwertstabilität ist bei einer Inflationsrate von 1 bis 1,5 % erreicht.
●
Ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht liegt bei einem annähernd ausgeglichenen Verhältnis von Export und Import vor.
●
Das Wirtschaftswachstum sollte nach Möglichkeit deutlich über 2 % liegen.
Soziale Marktwirtschaft
Mögliche Zielharmonien – das passt zusammen
1. Wachstum und Vollbeschäftigung
Wirtschaftswachstum ist die Voraussetzung dafür, dass neue Arbeitsplätze geschaffen oder
bestehende erhalten werden können. Der durch Rationalisierung zwangsläufig hervorgerufene
Arbeitsplatzabbau kann nur durch ein deutliches Wirtschaftswachstum wettgemacht werden.
2. Vollbeschäftigung und gerechte Einkommens- und Vermögensverteilung
Bei einem hohen Beschäftigungsstand (geringe Arbeitslosigkeit) gelingt es den Arbeitnehmern
eher, hohe Tariflöhne auszuhandeln. Damit ist auch eine gerechtere Einkommensverteilung verbunden. Durch die Möglichkeit, mehr zu sparen, entsteht auch Vermögen in Arbeitnehmerhand.
Mögliche Zielkonflikte – häufig hausgemacht
1. Wachstum und Geldwertstabilität
Zur Zeit wird in Deutschland vor allem Wachstum erhofft – was für den Abbau von Arbeitslosigkeit
die Voraussetzung schlechthin ist. Aber ein zu rasantes Wirtschaftswachstum verträgt sich auf
Dauer nicht mit der Erhaltung einer stabilen Währung. Inflationsgefahr1 entsteht durch eine zu
rasche Erhöhung der Kreditnachfrage und der damit verbundenen Ausweitung der Geldmenge.
Die zuständige Notenbank müsste – um ihrer Aufgabe gerecht zu werden – die Zinsen erhöhen
und die Geldmenge verknappen. Dies verhindert eine Überhitzung der Wirtschaft.
Das „Magische Viereck“ des Stabilitätsgesetzes
Stetiges
Wirtschaftswachstum
Geldwertstabilität
Vollbeschäftigung
Außenwirtschaftliches
Gleichgewicht
Bereich des
Stabilitätsgesetzes
Erweiterung zum „Magischen Sechseck“
Außerhalb des
Stabilitätsgesetzes
Gerechte
Einkommensund Vermögensverteilung
Erhalt einer
lebenswerten
Umwelt
Eine gerechte Einkommens- und Vermögensverteilung sowie der Umweltschutz werden
von Ökonomen inzwischen als gleichwertige Staatsziele gefordert
1
Inflation = Geldentwertung; Prozess ständiger Preisniveausteigerungen
211
Die Wirtschaft im Zeichen der Globalisierung
6.3 Chancen und Risiken der Globalisierung für die
Automobilbranche
Der Begriff „Globalisierung“ wird auch benutzt, um auf mögliche Folgen einer weltweiten Wirtschaftskrise vor allem für die deutsche Exportindustrie – und damit auch für unsere Arbeitsplätze – hinzuweisen. Immerhin: Alle deutschen Hersteller von weltweiter Bedeutung haben in den
90er-Jahren auch in den damaligen Krisenregionen Asien, Lateinamerika und auch in Russland
Produktionskapazitäten und schlagkräftige Handelsstrukturen aufgebaut.
Die momentane Krise trifft die Exportnation Deutschland besonders hart. Aber auch diese
schlimme Rezession geht irgendwann zu Ende. Dann aber wird Deutschland für den nächsten
Boom – gerade in den aufstrebenden, oben genannten Schwellenländern – gut aufgestellt sein.
Vor allem China ist für die nächsten Jahre ein unglaublich großer und besonders schnell wachsender Absatzmarkt. Jeder Automobilhersteller aus Europa, den USA und aus Japan wird ihn für
sich erobern wollen. Doch Welthandel ist niemals eine Einbahnstraße. Das Riesenreich China
schickt sich an, als Automobil-Exportland den Etablierten Konkurrenz zu machen. Schon für
die nächsten Jahre wird geschätzt, dass China den Deutschen den 3. Rang als Exportnation
ablaufen wird. Ein TV-Kommentar hat anlässlich der Präsentation eines (noch) mittelmäßigen
Mittelklassefahrzeugs aus China geunkt, Deutschlands Autobauer würden bald nur noch
Nischenprodukte auf dem Weltmarkt verkaufen können. Es sollte aber beachtet werden, dass
Erfindergeist und Ingenieurskunst aus Deutschland es bisher immer noch geschafft haben,
Autos zu bauen, die in die ganze Welt verkauft und dort von ihren Besitzern mit beträchtlichem
Stolz gefahren werden.
Langfristig überwiegen die Chancen, die die Globalisierung und die damit neu entstehenden
Absatzmärkte gerade für deutsche Unternehmen bieten. Alle großen Automobilhersteller sind –
gezwungenermaßen – auf Partnersuche. Sie haben erkannt, dass nur die weltweite Präsenz ihr
Überleben langfristig sichert.
Gleichzeitig versuchen alle Autoproduzenten, ihre Marktanteile zu erhöhen. Dies kann gutgehen,
wenn neue Märkte hinzukommen und auf den alten Märkten neue Käuferschichten erschlossen
werden. Vorhersehbar ist jetzt schon ein Boom der Kleinstwagen, ideal für die Megacities der
Zukunft und umweltfreundlich im Umgang mit dem knapper werdenden Erdöl.
Bei kaum noch wachsenden Absatzzahlen wird dagegen ein noch schärferer Wettbewerb um
Kunden die Folge sein. Diese treten ihrerseits dem Autoverkäufer immer selbstbewusster, immer
besser informiert gegenüber, Feilschen um Rabatte ist an der Tagesordnung. Dies beeinträchtigt
die Gewinnaussichten sowohl der Händler als auch der Hersteller. Erfolgreiche Unternehmen
schließen sich mit anderen zusammen. So werden aus Konkurrenten gemeinsam agierende Partner. Sie verbessern ihre ohnehin schon starke Stellung gegenüber den Zulieferern, entwickeln
gemeinsam die Automobile der Zukunft, ergänzen sich in ihren Produkten und sparen dabei
Milliarden an Entwicklungs- und Verwaltungskosten („Synergieeffekte“). Man nimmt an, dass in
weniger als zehn Jahren nur noch fünf große Automobilkonzerne als „Global Player“ existieren
werden.
Wie die folgende Grafik zeigt, hat die deutsche Automobilindustrie seit Jahren Produktionen
im Ausland aufgebaut, sicher auch zu Lasten deutscher Standorte und Arbeitsplätze. Dass hierfür sowohl Marketing- als auch Kostenerwägungen ausschlaggebend waren und sind, ist hinreichend bekannt. Aber auch hier gibt es erste Anzeichen einer Umkehr. Produktionsstandorte
im westeuropäischen Ausland produzieren inzwischen auch nicht mehr preiswerter als das als
„Hochlohnland“ kritisierte Deutschland.
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