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19. Wahlperiode
HESSISCHER LANDTAG
Kleine Anfrage
der Abg. Waschke (SPD) vom 22.07.2015
betreffend politische Neutralität der hessischen Schulen
und
Antwort
des Kultusministers
Vorbemerkung der Fragestellerin:
Die "Fuldaer Zeitung" berichtete über eine vertraglich abgesicherte Partnerschaft der CDUMittelstandsvereinigung Fulda und der staatlichen Realschule Konrad-Adenauer-Schule in Petersberg mit dem
Zweck, Praktikumsplätze für Schülerinnen und Schüler zu vermitteln.
Vorbemerkung des Kultusministers:
Die Schülerinnen und Schüler der Schulen mit dem Bildungsgang Realschule sollen eine allgemeine Bildung erhalten und entsprechend ihren Leistungen und Neigungen eine Schwerpunktbildung ermöglicht bekommen, die sie befähigt, nach Maßgabe der Abschlüsse ihren Bildungsweg in berufs- und studienqualifizierten Bildungsgängen fortzusetzen (§ 24 Abs. 1 Hessisches
Schulgesetz (HSchG)). Die Jugendlichen sollen also am Ende der Sekundarstufe I in der Lage
sein, eine ihren Kompetenzen entsprechende Berufs- oder Studienwahl zu treffen.
Nach dem Erlass zur Ausgestaltung der Berufs- und Studienorientierung in Schulen vom 8. Juni
2015 (ABl. S. 217 ff.) soll die Schule eine neutrale und umfassende Beratung über mögliche
schulische und betriebliche Ausbildungsgänge gewährleisten und so dazu beitragen, dass die
notwendigen fachlichen und überfachlichen Qualifikationen erworben werden (vgl. § 1 Abs. 1
Erlass zur Ausgestaltung der Berufs- und Studienorientierung in Schulen). Zu diesem Zweck
sollen Schulen im Prozess der Studien- und Berufsorientierung u.a. mit Verbänden und anderen
Institutionen kooperieren (vgl. § 9 Erlass zur Ausgestaltung der Berufs- und Studienorientierung
in Schulen).
Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:
Frage 1.
Nach welchen Grundsätzen werden Akteure, die sich an hessischen Schulen engagieren, als politisch neutral eingestuft?
Nach § 86 Abs. 3 HSchG haben Lehrkräfte zur Gewährleistung der Grundsätze des § 3 Abs. 1
HSchG in Schule und Unterricht politische Neutralität zu wahren. Die politische Neutralität ist
also an der Freiheit der Religion, der Weltanschauung, des Glaubens und des Gewissens sowie
an dem verfassungsmäßigen Recht der Eltern auf Erziehung ihrer Kinder zu orientieren. Sie ist
der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Empfindungen und Überzeugungen Andersdenkender
geschuldet (vgl. § 3 Abs. 1 HSchG).
Die Beurteilung, ob das Engagement eines Akteurs als politisch neutral einzustufen ist, ist daher
grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls und richtet sich vor allen Dingen nach Art und Inhalt
der geplanten Veranstaltung.
Frage 2.
Ist diese Partnerschaft zwischen der CDU-Mittelstandsvereinigung Fulda und der KonradAdenauer-Schule mit dem Gebot der staatlichen Neutralität in Schulen nach Auffassung der Landesregierung vereinbar?
Wenn ja, wie begründet sie dies?
Aus Sicht der Landesregierung ist die zwischen der Konrad-Adenauer-Schule in Petersberg und
der Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU geschlossene Vereinbarung mit dem Grundsatz der
politischen Neutralität vereinbar. Sie zielt ausschließlich auf Berufsorientierungsinhalte und
nicht auf politische Sachverhalte ab. Die Vereinbarung ist als Anlage beigefügt.
Eingegangen am 26. August 2015 · Ausgegeben am 28. August 2015
Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de
Drucksache
19/2287
26. 08. 2015
2
Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2287
Mit der Vereinbarung wird zwischen den beiden Akteuren eine Lernpartnerschaft in Bezug auf
die berufliche Orientierung der Realschulabsolventen der Schule geschlossen. Sie zielt im Sinne
des o.g. Erlasses darauf ab, die Schülerinnen und Schüler der Schule auf eine mögliche Berufsoder Studienwahl vorzubereiten. Sie sollen durch die Lernpartnerschaft praxisnahe Einblicke in
die Berufs- und Arbeitswelt und Informationen über allgemeine und betriebliche Abläufe und
Zusammenhänge erhalten, um das Verhalten im späteren Ausbildungs- und Arbeitsleben erfolgreich gestalten zu können. Sie erhalten darüber hinaus die Möglichkeiten aufgezeigt, die sich
mit einer Ausbildung in einem regionalen mittelständischen Unternehmen bieten.
Die Mittelstandsvereinigung stimmt darüber hinaus die betrieblichen Anforderungen mit den
schulischen Lerninhalten insbesondere im Fach Arbeitslehre ab, die im Bereich der Berufsorientierung möglichst praxisnah gestaltet werden sollen. Für die teilnehmenden Unternehmen ist die
Kooperation zusätzlich eine Chance, potenzielle Bewerberinnen und Bewerber für einen Ausbildungsplatz bereits frühzeitig kennen lernen zu können.
Im Rahmen der Zusammenarbeit sind Betriebserkundungen, das Bereitstellen von Praktikumsplätzen, Bewerbungstraining wie Vorstellungsgespräche und Assessment Center, die Präsentation einzelner Firmen im Unterricht, Informationsveranstaltungen für Schülerinnen und Schüler
sowie deren Eltern, die Teilnahme von Betriebsvertretern im Unterricht sowie Ausbildungsplatzbörsen geplant.
Die Kooperation mit der Mittelstandsvereinigung ermöglicht es der Schule einen schnellen Kontakt zu Firmen und Unternehmen herzustellen und so den Schülerinnen und Schülern eine Vielzahl von unterschiedlichen Ausbildungsberufen vorstellen zu können. Es besteht auch die Möglichkeit ohne aufwendige Recherche und Kontaktaufnahme auf individuelle Wünsche der Schülerinnen und Schüler eingehen zu können.
Frage 3.
Wie stellt sie sicher, dass Schülerinnen und Schüler über Praktika in Unternehmen neutral informiert werden?
Wie bereits dargelegt, zielt die Lernpartnerschaft zwischen der Konrad-Adenauer-Schule in Petersberg und der Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU darauf ab, Schülerinnen und Schüler
bei der Berufs- und Studienwahl zu unterstützen.
Darüber hinaus werden Betriebspraktika durch die Schule intensiv vor- und nachbereitet. Dazu
gehört u.a., dass die Schülerinnen und Schüler den gewählten Betrieb der Schule nennen und
die Leiterin oder der Leiter des Betriebspraktikums prüft, ob es sich um einen Betrieb handelt,
der geeignet ist, die Praktikumsziele zu erreichen (vgl. § 19 Abs. 6 Erlass über die Ausgestaltung der Berufs- und Studienorientierung). Die begleitenden Lehrkräfte haben somit die Möglichkeit, die politische Neutralität der vom Betrieb bereitgestellten Ausbilder der teilnehmenden
Betriebe sicherzustellen.
Wiesbaden, 19. August 2015
Anlagen
Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz
Anlage
zu KA 19/2287

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