Das Betreuungsrecht
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Das Betreuungsrecht
Amtsgericht Zeven Stand: 21.11.2013 Hinweise zum Betreuungsrecht Allgemeines Neben der tatsächlichen Pflege einer hilfebedürftigen Person muss ggf. auch ihre Vertretung gegenüber Dritten geregelt werden. Dies kann mittels einer förmlichen Betreuung (§§ 1896 ff. BGB) geschehen. Voraussetzungen für die Einrichtung einer förmlichen Betreuung Die betroffene Person ist volljährig; Hilfsbedürftigkeit liegt vor, aufgrund einer psychischen Krankheit (hierzu gehören alle körperlich nicht begründbaren seelischen Erkrankungen; ferner seelische Störungen, die körperliche Ursachen haben, beispielsweise als Folge von Krankheiten (z.B. einer Hirnhauterkrankung) oder von Verletzungen des Gehirns. Auch Abhängigkeitserkrankungen (Sucht) können bei entsprechendem Schweregrad psychische Krankheiten sein. Dasselbe gilt schließlich für Neurosen oder Persönlichkeitsstörungen („Psychopathien”)) einer geistigen Behinderung (hierunter fallen die angeborenen sowie die während der Geburt oder durch frühkindliche Hirnschädigung erworbenen Intelligenzdefekte verschiedener Schweregrade) einer seelischen Behinderung (dies sind bleibende psychische Beeinträchtigungen, die als Folge von psychischen Erkrankungen entstanden sind; geistige Auswirkungen des Altersabbaus werden hierzu gerechnet) einer körperlichen Behinderung (allerdings nur, soweit sie die Fähigkeit zur Besorgung der eigenen Angelegenheiten wenigstens teilweise aufheben oder wesentlich behindern, z.B. dauernde Bewegungsunfähigkeit); Vorhandensein eines Fürsorgebedürfnisses (Eine Betreuerbestellung erfolgt nur, „wenn Betroffene auf Grund dieser Krankheit oder Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht zu besorgen vermögen”, z.B. Vermögens-, Renten- oder Wohnungsprobleme, Fragen der Gesundheitsfürsorge, Aufenthalt); es existieren keine anderen Hilfsmöglichkeiten Solange die betroffene Person in der Lage ist, eine Vorsorgevollmacht zu erteilen, sollte diese Möglichkeit unbedingt in Betracht gezogen werden, da hierdurch ein gerichtliches Verfahren erspart werden kann; Gegen den freien Willen der betroffenen Person kann eine Betreuung durch das Gericht nicht eingerichtet werden. Dies kann nur dann anders sein, wenn die Person insoweit krankheitsbedingt keinen „freien Willen“ mehr bilden kann. Hinweise zu möglichen Vollmachten finden Sie hier: Vollmachten Seite 1 von 5 Amtsgericht Zeven Stand: 21.11.2013 Zuständigkeit Ausschließlich zuständig ist in dieser Reihenfolge: 1. das Gericht, bei dem die Betreuung anhängig ist, wenn bereits ein/e Betreuer/in bestellt ist; 2. das Gericht, in dessen Bezirk d. Betroffene ihren/seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; 3. das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge hervortritt; 4. das Amtsgericht Schöneberg in Berlin, wenn d. Betroffene Deutsche/r ist. Keine Entmündigung Grundsätzlich bedeutet eine Betreuung nicht, dass die betroffene Person nicht mehr selbst handeln darf. Mit der Einrichtung der Betreuung wird eine Person nicht „automatisch" geschäftsunfähig. Dieser Grundsatz kann nur dann und nur ausnahmsweise durchbrochen werden, wenn es dringend erforderlich ist, d. Betreuten zu schützen, weil eine erhebliche Gefahr besteht, dass sie/er sich selbst schadet. Zu diesem Zweck kann das Gericht bezüglich eines genau zu bestimmenden Aufgabenkreises einen Einwilligungsvorbehalt anordnen. Ein Einwilligungsvorbehalt bewirkt z. B., dass d. Betreute zwar noch Kleinigkeiten von ihrem/seinem "Taschengeld" kaufen kann, bei umfangreicheren Geschäften aber immer die Zustimmung der Betreuerin/des Betreuers benötigt. Stimmt d. Betreuer/in nicht zu, so ist der durch d. Betroffene/n geschlossene Vertrag unwirksam. Verfahrensbeginn Mit der Einrichtung der Betreuung befasst sich die Richterin bzw. der Richter des Betreuungsgerichts. In dem richterlichen Verfahren zur Einrichtung der Betreuung wird geprüft, ob alle oben genannten Voraussetzungen vorliegen. Das richterliche Verfahren beginnt mit einem entsprechenden Antrag bzw. einer Anregung. Ein Antrag auf Einrichtung einer Betreuung kann formlos erfolgen, also entweder mittels Einreichung eines einfachen Schreibens oder unter Zuhilfenahme der Geschäftsstelle des Amtsgerichts oder der Betreuungsstelle des Landkreises. Der Antrag sollte mindestens enthalten: den Vor- und Zunamen sowie Anschrift der betroffenen Person, ggf. ihren derzeitigen Aufenthaltsort; eine Darstellung der Gründe für die Notwendigkeit einer Betreuung, insbesondere auch Angaben darüber, ob die hilfebedürftige Person sich zu der Betreuung äußern kann; ein ärztliches Attest hinsichtlich der Krankheit d. Betroffenen Einen entsprechenden Antrag finden Sie hier: Anregung einer Betreuung Seite 2 von 5 Amtsgericht Zeven Stand: 21.11.2013 Verfahrenspfleger/in Wenn die betroffene Person nicht selbst einen Antrag auf Einrichtung einer Betreuung gestellt hat, wird sie zunächst über das Verfahren informiert und gebeten, sich dazu zu äußern. Kann sich die hilfebedürftige Person nicht mehr äußern oder den Sinn und Zweck des Verfahrens nicht verstehen, bekommt sie eine Verfahrenspflegerin bzw. einen Verfahrenspfleger, wenn das Gericht dies zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person für erforderlich erachtet. D. Verfahrenspfleger/in soll den tatsächlichen Willen der betroffenen Person gewissenhaft erforschen, um in dem Verfahren zur Einrichtung der Betreuung alles erklären zu können, was ansonsten die betroffene Person selbst geäußert hätte. Ärztliches Gutachten, Betreuungsbehörde, persönliche Anhörung Im Laufe des Verfahrens zur Einrichtung der Betreuung wird ein ärztliches Gutachten eingeholt und die Betreuungsbehörde angehört. Die Betreuungsbehörde ist eine Abteilung des Landkreises, die zum einen die Aufgabe hat, Betreuer auf Wunsch zu unterstützen und zu beraten, und zum anderen das Gericht bei der Klärung der Frage unterstützt, ob und in welchen Umfang eine Betreuung erforderlich ist. Zum Schluss hört d. Richter/in d. Betroffene/n persönlich an. Erst wenn die persönliche Anhörung stattgefunden hat und alle Voraussetzungen vorliegen wird eine Betreuung eingerichtet. Mindestens alle sieben Jahre überprüft d. Betreuungsrichter/in von Amts wegen die Notwendigkeit der weiteren Betreuung. Aufgabenkreise In dem Beschluss zur Einrichtung der Betreuung wird bestimmt, welchen Aufgabenkreis d. Betreuer/in hat. Das können einzelne Angelegenheiten (z.B. Behördengänge, unterbringungsähnliche Maßnahmen) oder auch größere Bereiche (z.B. die Vermögenssorge oder die Gesundheitsfürsorge) sein. Der Aufgabenkreis Vermögenssorge umfasst z. B. die wirtschaftlich sinnvolle Verwaltung des Vermögens. Dabei soll auf die Wünsche und Bedürfnisse der betreuten Person die größtmögliche Rücksicht genommen. Beträge, die nicht für die laufenden Ausgaben benötigt werden, sollen mündelsicher angelegt werden. Die Gesundheitsfürsorge beinhaltet z. B. neben der Befreiung von der Schweigepflicht und der Einsichtnahme in Krankenunterlagen vor allem die Zustimmung zu Heilbehandlungen. Im Rahmen des Aufgabenkreises übernimmt d. Betreuer/in die gesetzliche Vertretung d. Betreuten, sowohl vor Gerichten als auch gegenüber Dritten, soweit dies erforderlich ist. Hilfen im Alltag wie Haushaltsführung, Säubern der Wohnung, Transport von Gegenständen, Räumung und Renovierung einer Wohnung, Fahrten zu ärztlichen Seite 3 von 5 Amtsgericht Zeven Stand: 21.11.2013 Untersuchungen usw. soll eine gerichtlich bestellte Betreuerin / ein gerichtlich bestellter Betreuer nur organisieren, nicht aber tatsächlich durchführen. Verfahren des Rechtspflegers / der Rechtspflegerin Wenn die richterliche Entscheidung über die Einrichtung der Betreuung vorliegt, wird d. Betreuer/in von d. Betreuungsrechtspfleger/in für das Amt verpflichtet. Dies erfolgt in der Regel in einem persönlichen Gespräch, in welchem d. neue Betreuer/in über die anstehenden Aufgaben informiert wird und der Betreuerausweis ausgehändigt wird. Zu Beginn der Betreuung muss jede Betreuerin / jeder Betreuer dem Gericht eine Aufstellung über das Vermögen d. Betreuten geben. Auf der Grundlage des Vermögensverzeichnisses legt d. Betreuer/in dem Gericht einmal jährlich ein Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben aus dem Vermögen d. Betroffenen vor. Dieser Rechnungslegung müssen alle Kontoauszüge und sonstigen Belege beigefügt werden. Das Gericht kontrolliert die Rechnungslegung und erhält so einen genauen Überblick über die Arbeitsweise der Betreuerin / des Betreuers. Im Übrigen erstattet d. Betreuer/in dem Gericht mindestens einmal jährlich einen Bericht über die angefallenen Arbeiten und die aktuelle Situation d. Betreuten. Betreuungsgerichtliche Genehmigung Es gibt einige Angelegenheiten, in denen d. Betreuer/in zusätzlich zu ihren/seinen Erklärungen eine betreuungsgerichtliche Genehmigung benötigt. Im Rahmen der Vermögenssorge ist eine solche Genehmigung z. B. notwendig, wenn ein Grundstück d. Betreuten verkauft werden soll. Im Rahmen der Gesundheitsfürsorge kann die Genehmigung des Betreuungsgerichtes z. B. für die Zustimmung zu ärztlichen Eingriffen erforderlich sein, wenn diese Eingriffe eine erhebliche Gefahr für das Leben d. Betroffenen darstellen. Auch für das Genehmigungsverfahren wird ggf. ein/e Verfahrenspfleger/in bestellt, um den tatsächlichen Willen d. Betroffenen in das Genehmigungsverfahren einbringen zu können. Wird eine Genehmigung erteilt, so sendet das Betreuungsgericht den entsprechenden Beschluss an d. Betreuer/in, um ihr/ihm eine letzte Gelegenheit zur Prüfung der Angelegenheit zu geben. Will d. Betreuer/in von der Genehmigung Gebrauch machen, so muss sie/er dies d. Vertragspartner/in mitteilen. Anderenfalls wird der Vertrag nicht wirksam. Ende der Betreuung Sofern die Betreuung nicht zuvor aufgehoben werden kann (z. B. bei Genesung der hilfebedürftigen Person) endet die Betreuung spätestens mit dem Tod d. Betreuten. Die Beerdigung und die weitere Regelung des Nachlasses fallen nicht in den Aufgabenkreis einer Betreuerin / eines Betreuers. Seite 4 von 5 Amtsgericht Zeven Stand: 21.11.2013 Die Erben haben einen Anspruch auf Vorlage einer Schlussrechnung durch d. Betreuer/in. Sie können aber auch auf die Schlussrechnung und den Schlussbericht verzichten und sich nur alle Unterlagen der Verstorbenen bzw. des Verstorbenen von der Betreuerin bzw. dem Betreuer aushändigen lassen. Seite 5 von 5